Gewandung als Marktbesucher – Wie „ernst“ sollte man es nehmen?

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Ich bin Friedrich von Isenberg, frisch im Forum und – wie ich in meiner Vorstellung schon erzählt habe – neuerdings ein großer Fan von Mittelaltermärkten. Seit gut einem Jahr gehe ich mit meiner Freundin auf Märkte, meistens alle ein bis zwei Monate. Das Ambiente dort begeistert mich jedes Mal aufs Neue, und inzwischen habe ich mir fest vorgenommen, mir eine eigene Gewandung zuzulegen. Einfach, weil’s die Stimmung für mich noch mal schöner macht – ein bisschen so, wie wenn man sich im Stadion ein Trikot überwirft. Das gehört für mich irgendwie dazu.

In den letzten Wochen habe ich mich also ein wenig eingelesen, was man so tragen könnte. Dabei bin ich auf unzählige Forenbeiträge, Blogartikel und YouTube-Videos gestoßen – und da ist mir etwas aufgefallen, was mich ein bisschen nachdenklich gemacht hat.

Es scheint eine ziemliche Bandbreite zu geben, was die Erwartung an Gewandungen angeht. Besonders wenn es um „authentisch vs. unauthentisch“ geht, wird es oft schnell leidenschaftlich. Ich habe dabei den Eindruck gewonnen, dass unauthentische Darstellungen recht häufig abgewertet werden – oft ohne genau zu sagen, ob sich diese Kritik auf Mitglieder von Reenactment- oder Living History-Gruppen bezieht (die ja von sich aus einen sehr hohen Anspruch an Authentizität haben) oder eben auch auf einfache Marktbesucher wie mich, die einfach Spaß an der Sache haben möchten.

Mein Ziel ist es eigentlich (noch) nicht, eine historisch halbwegs authentische Darstellung auszuarbeiten. Ich will keine Epoche exakt abbilden, keine Lagergruppe gründen und auch keine intensiven Quellenstudien betreiben – ich will mir nur eine Gewandung zusammenstellen, in der ich mich wohlfühle und mit der ich in die Marktstimmung eintauchen kann. Und alles andere könnte sich dann vielleicht ja sogar noch entwickeln. Übertrieben gesagt könnte da jetzt aber ein Kapuzenumhang, ein Fell und vielleicht sogar ein Trinkhorn am Gürtel dabei sein – so wie ein Fan im Stadion, der eben auch mal mit einem alten Trikot oder einem billigen Nachdruck auftaucht.

Dann aber kam mir der Gedanke: Was, wenn das gar nicht so locker gesehen wird? Was, wenn das – um beim Fußballvergleich zu bleiben – gar nicht das alte Trikot ist, sondern eher das Trikot vom Erzfeind mitten in der Heimkurve? Natürlich weiß ich, dass man als Besucher theoretisch auch im Prinzessin-Lilifee-Kostüm auf einen Mittelaltermarkt könnte. Aber trotzdem möchte ich nicht respektlos wirken oder den Eindruck erwecken, ich würde all die Leute, die sich intensiv mit Darstellung und Recherche beschäftigen, vor den Kopf stoßen.

Daher meine Frage an euch:
Wie sehr achtet ihr – speziell aus der Perspektive erfahrener Marktgänger oder Gewandeter – auf die Gewandungen einfacher Besucher? Gibt es da ungeschriebene Regeln oder ist die Devise eher „Hauptsache, alle haben Spaß“? Würde man mit einer Fantasie-Gewandung wie „Mittelalter-Wikinger-mit-Fell-und-Trinkhorn“ wirklich schief angeschaut? Oder übertreibe ich es hier gerade kolossal und sollte einfach tragen, worauf ich Lust habe?

Ich bin gespannt auf eure Meinungen – und vielen Dank schon mal fürs Mitnehmen eines Neulings in diese spannende Welt!

Beste Grüße
Friedrich von Isenberg
 
Hallo Friedrich,
es zeugt von hohen sozialen Kompetenzen, dass Du dir Gedanken darüber machst, ob Du andere mit Deiner Gewandung vor den Kopf stoßen könntest (diejenigen, die vielleicht über Deine Klamotten meckern, machen sich garantiert nicht solche Gedanken :-( ).
Ich denke, es kommt vor allem darauf an, auf welche Veranstaltungen Du gehst. Wenn im Namen der Veranstaltung schon ein zeitlich fest umrissener Begriff auftaucht (z. B. "Wikingertage", "Stauferfest", "Barockpicknick") oder das ganze sogar als Museumsveranstaltung stattfindet, kannst Du davon ausgehen, dass man auf eine gut recherchierte Ausrüstung Wert legt. Wenn es aber "Mittelalter-Markt/Fest", "Spektakel" heißt oder gar irgendwelche Ypsilons im Titel auftauchen, kann man die Gewandungsfrage locker sehen. Wie Du schon selbst geschrieben hast, sind solche Veranstaltungen vor allem zum Spaßhaben da. Ich selbst habe den ganzen Weg von Grobmittelalter bis zum halbwegs "authentischen" Gerödel gemacht, aber ich sehe mir auf Mittelalterspektakeln sehr gern auch "unauthentische" Ausrüstung an - oft steckt gerade in dieser Ausrüstung sehr viel Kreativität, handwerkliches Können und vor allem Spaß an der Sache (ich war ganz hingerissen, als auf einem MA-Markt eine Frau in einem wunderbaren Eulengewand mit hunderten von selbst aufgenähten Federn auftauchte). Also kauf wenn möglich kein Zeug von der Stange, sondern mach Dir Gedanken, womit Du Dich wohlfühlst und "bastel" ein wenig herum. (Kleiner Tipp: Ein Kumpel von mir hat auf die naserümpfende Frage, was er denn darstellt, immer gesagt: "Ich stelle einen schlechtgemachten Fantasybarbaren des 21. Jahrhunderts dar!" Damit hatte er jedes Mal die Lacher auf seiner Seite, und es war klar, dass er die ernsthaften Darsteller mit seiner Ausrüstung nicht verhohnepipeln will).
 
Ich glaube, es funktioniert schon, da "locker" anzufangen. Tunika mit Gürtel drum und nen schicken Hut. Die Sachen die kritisch sind, hast du ja aufgezählt :-D ( "ein Kapuzenumhang, ein Fell und vielleicht sogar ein Trinkhorn am Gürtel" - damit begibt man sich dann in bestimmte Schubladen. Aber viele hier, werden mal ein Trinkhorn besessen haben oder noch irgendwo zu Hause haben...)

Ansonsten stimme ich meiner Vorrednerin zu - bis auf "Wikingertage": Wenn "Wikinger" im Namen auftaucht, kann man tragen, was man will. ;-)

Ich würd's nicht so eng sehen. Aber ggf. kannst du ja bestimmte Sachen direkt weglassen (außer natürlich, wenn es genau das ist, was du gut findest. Dann trag's trotzdem).

Ich persönlich finde es besser, wenn mehr Besucher in Richtung Gewandung gehen - auch wenn dann Dinge nicht passen (Kapfstiefel, falsche Hose, was weiß ich). Aber da scheinen die Meinungen auseinander zu gehen.
 

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