1) Keramik, die man direkt ins Feuer stellen kann, ist immer niedrig gebrannt; es handelt sich um Irdenware. Der Vorteil der (relativen) Feuerfestigkeit wird erkauft mit einem eher weichen Scherben. Steinzeug, also gesinterte Keramik mit einer Brenntemperatur von über 1.200°C, ist nicht feuerfest, sondern solche Töpfe platzen sehr schnell, wenn man sie direkt ins Feuer stellt. 2) Mergel ist ein Mineral bzw. ein Sedimentgestein, das aus Ton und Kalk in unterschiedlichen Anteilen besteht. In der Keramik kann man Kalk in den Massen nicht gebrauchen, weil er sich bei hohen Temperaturen zersetzt und durch Abgabe con CO2 mehr oder minder große Blasen in den Wandungen der Gefäße verursacht. Tone, die auch nur kleine Kalkbröckchen enthalten, müssen sorgfältig gewaschen werden, bevor man sie verwenden kann. Mit freundlichem Gruß Jean CollinOriginal von Kundryn.....Ich hab direkt ne Frage darauf: die unglasierten Kugeltöpfe, die man so in s offene Feuer stellen kann, sind auch aus extrem heißgebranntem Ton? Was ist dann eigentlich "Mergel" ?
Das waren keine Recherchen, sondern Kenntnisse. Das war früher mal eines meiner Spezialgebiete. Bei der RAKU-Technik - eine Variante der Irdenware - lag die Brenntemperatur traditionell (16. Jahrhundert, Korea und Japan) bei etwa 800°C, also sehr niedrig. Seit es RAKU auch im Westen gibt, macht man auch etwas höher gebranntes RAKU (bis etwa 1.000°C). Glasuren für diese Brenntemperaturen kann man auch OHNE Blei herstellen. Dennoch sind diese niedrig schmelzenden Alkaliglasuren empfindlich gegen Säuren. Schon Frucht- und Gemüsesäfte können die Glasuren angreifen, was man am Geschmack des Saftes und an der Oberfläche der Glasur sofort merkt. Außer für die japanische Teezeremonie, für die auch RAKU geschätzt wird, würde ich diese Keramik nicht verwenden. Wenn wir uns (wenigstens gedanklich) im mitteleuropäischen Mittelalter bewegen wollen, würde ich mich zunächst an den europäischen Techniken und Formen der Keramikherstellung orientieren. Leider war aber die Herstellung wasserdichter Gerätschaften an die Verwendung von Bleiglasuren gebunden. An dieser Stelle wäre für mich mit der Authentizität Schluss - für viele Töpfer im Mittelalter übrigens ebenfalls; deren mittlere Lebenserwartung lag bei 35 Jahren! Es gibt aber für kundige Töpfer genügend Möglichkeiten, ungefährliche Keramik im originären Design zu produzieren. Mehr muss man, glaube ich, nicht haben. Mit freundlichem Gruß Jean Collin P.S. Der ziemlich fehlerhafte WIKIPEDIA-Artikel über RAKU gibt nur einen Teil der Fakten wieder.Original von Viator.....vielen Dank für deine Recherchen und die ausführlichen Infos. Jetzt weiß ich, worauf ich beim nächsten Keramikkauf achten muss. zu RAKU: Die Keramik wird bei der RAKU - Technik ebenfalls sehr heiß gebrannt. Warum genau rätst du davon ab? .....
Ähm.. aber all die frühmittelaltrliche Keramik ist doch unglasiert. ?( Meine Tatinger Kanne war beispielsweise das ganze WE mit Wasser gefüllt und da ist nichts rausgeleckt. Und die ist selbstverständlich im Grubenbrand hergestellt und nicht glasiert.Original von Collin Wenn wir uns (wenigstens gedanklich) im mitteleuropäischen Mittelalter bewegen wollen, würde ich mich zunächst an den europäischen Techniken und Formen der Keramikherstellung orientieren. Leider war aber die Herstellung wasserdichter Gerätschaften an die Verwendung von Bleiglasuren gebunden.
Wir hatten die Themen "dichte Gefäße" bzw. "Küchen- und Lebensmitteltauglichkeit" ja bereits an anderer Stelle erörtert. Ein im Grubenbrand hergestelltes Gefäß kann mit mehreren Techniken und Verfahren weniger durchlässig gemacht werden. 1) die Wahl eines sehr früh sinternden Tons; 2) die Oberflächenbehandlung (glätten, aber vor allem das Polieren in lederhartem Zustand); 3) die Oberfläche mit feiner Engobe (Tonschlicker) überziehen 4) räuchern (in manchen Kulturen gezieltes Verfahren, in anderen setzte sich durch den Gebrauch im Feuer Ruß/Kohlenstoff in die Poren der Keramikoberfläche); 5) im Gebrauch setzten sich Lebensmittelreste in die Poren und dichteten das Gefäß ab. Bei reinen Wassergefäßen (z.B. Vasen) können das auch kleine Algen besorgen. Wasservorratsgefäße wollte man nicht um jeden Preis dicht haben, weil die Verdunstung aus der Gefäßoberfläche den Inhalt kühl halten konnte. Es war also nicht zwangsläufig so, dass sich unter einem Irdenwaregefäß gleich eine Pfütze bildete, sondern auch durch Verdunstung gab es Wasserverluste (ähnlich wie beim Lederschlauch). Viele Hausfrauen kennen das Phänomen, dass die Steingutvase (nicht so die SteinZEUGvase) ohne Untersetzer Wasserringe auf dem Furnier des teuren Büffets (Eiche rustikal) hinterlässt.... VIATOR: Das zeitliche Aufkommen der Glasuren ist regional unterschiedlich. Für Norddeutschland wird z.B. in unterschiedlichen Quellen das 11. oder 12. Jahrhundert genannt. Das wird aus datierbaren Grabungshorizonten geschlossen, oft durch Münzfunde erhärtet. Bleiglasuren hat es in den Hochkulturen am Mittelmeer schon vor 2000 Jahren gegeben, allerdings vorwiegend zu dekorativen Zwecken. Bereits am Ende des 17. Jahrhunderts kannte man die Problematik der Bleiglasuren, da es aber keine Alternativen gab, wurden sie bei uns bis ins 19. Jahrhundert verwendet. Für die Töpfer gab es im Laufe der Zeit Verbesserungen, indem die Glasuren als Schlicker/dünner Brei aufgetragen wurden, während die Töpfer im Mitteralter das Bleiweißpulver in einen Stoffbeutel füllten und die Gefäße damit einstäubten! Dabei wurden natürlich relativ große Bleimengen inhaliert, was zu der weiter oben erwähnten frühen Sterblichkeit führte. Freundliche Grüße Jean CollinOriginal von Beate..... aber all die frühmittelaltrliche Keramik ist doch unglasiert. ?...Meine Tatinger Kanne war beispielsweise das ganze WE mit Wasser gefüllt und da ist nichts rausgeleckt. Und die ist selbstverständlich im Grubenbrand hergestellt und nicht glasiert.
Ja, eben. Es ist also gewollt, dass immer etwas Wasser verdunstet. Ich habe mal gelesen, dass beim Kochen mit Tontöpfen durch das Verdunsten eine konstant hohe Temperatur von 100 Grad gehalten wird. Stimmt das? (Ich habe den Artikel leider nicht wiedergefunden und Physik ist nicht meine Stärke. :whistling: )Original von Collin Wasservorratsgefäße wollte man nicht um jeden Preis dicht haben, weil die Verdunstung aus der Gefäßoberfläche den Inhalt kühl halten konnte.
Das habe ich auch gelesen. Mir leuchtet es auch ein; so lange Wasser verdampfen kann, steigt die Temperatur nicht über den Kochpunkt an. Ich glaube aber, dass das nicht von der Porosität der Gefäßwandung abhängt. Wenn Du in einem beliebigen Topf Wasser unter normalen atmosphärischen Bedingungen zum Kochen bringst, dann steigt die Temperatur nicht über 100°C an, so lange noch Wasser im Topf ist. Verändert man die physikalischen Verhältnisse, z.B. durch Verwendung eines Drucktopfs oder indem Du mit Deinem Kochgeschirr auf einen hohen Berg kletterst (z.B. Erstbesteigung der Harburger Berge ohne Sauerstoffgerät), dann verändert sich auch der Siedepunkt des Wassers. Mit freundlichem Gruß Jean CollinOriginal von Beate.....Ich habe mal gelesen, dass beim Kochen mit Tontöpfen durch das Verdunsten eine konstant hohe Temperatur von 100 Grad gehalten wird. Stimmt das?......
Kann... aber man muss nicht. Ich habe jedenfalls keine Problem mit der Durchlässigkeit meiner Keramik , so lange kein Riss drin ist.Original von Hergils "mjöksiglandi" Laut Aussage meiner Haus-und-Hofkeramikerin kann man im Grubenbrand hergestellte Keramiken auch mit Holzasche polieren um sie dicht zu bekommen.
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