C
Collin
Guest
Es handelt sich um einen sog. Gruben- oder Meilerbrand: in einem Erdloch ausreichender Dimension wird auf kleingeschnittenen Zweigen, Blättern und Holzschnitzeln die sehr gut getrocknete Keramik mit den Öffnungen nach unten aufgestapelt. Zwischen die Objekte kommt immer reichlich Brennmaterial, so dass alles sehr gut bedeckt ist. Das brennbare Material wird angezündet und wie bei einem Kohlenmeiler mit Erde bedeckt, um ein schnelles Abbrennen zu verhindern. Der Grubenofen soll nur ganz langsam abglimmen. Heutzutage wird das Verfahren meist in einer Blechtonne durchgeführt, die mit Sägemehl gefüllt wird. Die Kunst ist dabei, den Brand langsam, aber möglichst heiß ablaufen zu lassen. Die auf diese Weise erzeugten Temperaturen (bis zu ca. 800°C) reichen aus, um den Ton so zu brennen, dass die Gefäße benutzbar sind. (Tongefäße sind UNGEBRANNTE Ware, gebrannte Tongefäße und Objekte sind immer KERAMIK). Gefäße aus dem Grubenbrand sind schwarz durch in die Oberfläche eingelagerten Kohlenstoff. Die Brenntemperaturen reichen nicht aus, um den Ton zu sintern, wie das bei Steinzeug (ab ca. 1250 im Rheinland) der Fall ist. Daher sind die Gefäße aus dem Grubenbrand nicht wasserdicht. Um die Dichtigkeit zu verbessern, werden die halbtrockenen Gefäße ("lederhart" ist der passende Terminus) mit glatten Steinen poliert, um die Oberfläche zu verdichten. Im Gebrauch setzten sich Lebensmittelreste in die noch verbliebenen offenen Poren und sorgten allmählich für Dichtigkeit. Allerdings kam es (und kommt bei solcher Keramik noch heute) zu einer Zersetzung dieser Lebensmittelreste in den Gefäßen, die nicht zum Kochen verwendet wurden. Das kommt einer permanenten Zufuhr von Schimmelpilzmaterial gleich. Wer also großen Wert auf Authentizität legt, sollte wissen, dass Essen aus solcher Keramik nicht unbedint gesundheitsfördernd ist. Durch sorgfältige Reinigung kann man hier sicher etwas verbessern, aber die Porostät bleibt. Die gesundheitlichen Gefahren gelten auch und besonders für die ersten Glasuren, die mit Bleiweiß hergestellt wurden. Der Töpfer hatte das Gift in einem Stoffbeutel und stäubte es vor dem Brand auf die Töpfe. Die Folge war, dass die mittlere Lebenserwartung der Töpfer in dieser Zeit etwa 35 Jahre betrug! Wen wundert's? Natürlich waren auch die Benutzer solcher Gefäße hochgradig gefährdet. Schon Fruchtsäuren konnten das Blei aus der Glasur herauslösen. Daher wäre es heute wichtig, einen Töpfer zu finden, der 1) profunde Kenntnisse von den geeigneten Tonen hat (frühe Sinterung wäre anzustreben), 2) die geeigneten Magerungsmittel kennt (Schamotte gab es noch nicht, wohl aber Sand und später Scherbenmehl), 3) die Unterschiede zwischen Irdenware, Steingut und Steinzeug kennt, 4) die Brennverfahren kennt und anwenden kann, und 5) die Herstellungsmerkmale der verschiedenen Perioden umsetzen kann. Reduktionsbrände könnte man im Elektroofen in der Tat nur mit dem sicheren Wissen machen, dass dabei auf Dauer die Heizdrähte kaputt gehen. Daher macht man solche Brände ausschließlich im Gasofen oder - wer hat und kann - im holzbeheizten Ofen (genehmigungspflichtig!). In diesem kann man dann auch eine Ascheanflugglasur erzeugen, die typisch für dieses Brennverfahren ist. Der materialle und zeitliche Aufwand ist allerdings groß - der Brand eines großen "Holzofens" kann mehrere Tage unablässiges Heizen erfordern! Da geht das Holz LKW-weise durch! Man kann aber auch eine dicke Aschenglasur auf den Scherben aufsprühen und dann im Gasofen brennen. Ist zwar ein Trick, ergibt aber eine gute Qualität mit weniger Aufwand und Kosten. Es reicht leider nicht, etwas "Rustikales" auf der Töpferscheibe entstehen zu lassen, bei dem man dann nur die Glasur weglässt und es als mittelalterlich deklariert. Noch ein Wort zu RAKU. Das ist ein japanisches Brennverfahren und wird hier bei uns häufig völlig falsch verstanden. RAKU-Keramik ist eine niedrig gebrannte, poröse Irdenware mit (traditioneller) Bleiglasur. Die Objekte wurden fast ausschließlich im Rahmen der Teezeremonie eingesetzt; es ist also eine reine Kunstform. Heute gibt es RAKU aber auch mit ungiftigen Glasuren. Der spezielle Ton, der dabei verwendet wird, erlaubt es, dass die Keramik mit langen Zangen glühend (!) aus dem kleinen holzkohlebeheizten Brennöfchen genommen wird. Manche Töpfer stecken diese glühenden Schalen für einen Augenblick in eine Tonne mit Sägemehl o.ä. Der dabei entstehende Qualm (= Kohlenstoff) setzt sich in die Glasurrisse und erzeugt so ein deutlich sichtbares "Netz" von Sprüngen (Craquelée). Das Gebiet der Keramik ist riesig groß und sehr spannend, wie ich finde. Für den, der sich ernsthaft dafür interessiert, lohnt es sich, einmal ein gutes Buch darüber zu lesen, z.B. das "Töpferbuch" von Bernard Leach, damals Hörnemann-Verlag, wenn es noch zu haben sein sollte. Freundliche Grüße Jean CollinOriginal von Beate Was ist "Keltenbrand"? (da werde ich nicht mal bei Google fündig ?( )