Kutschen im Hochmittelalter

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Der Herzog

Guest
Ich bin schon lange auf der Suche nach Belegen von Kutschen um das Jahr 1250. Was für Arten von Kutschen gab es? Hat der Adel nur auf dem Pferd gesessen? Oder hat dieser auch Kutschen genutzt? ich finde einfach nichts.... Vielen Dank schon mal für eure Hilfe!
 
Von ca. 1250 muss ich passen, der früheste Beleg bzw. Abbildung von Reisewagen den ich kenne, stammt von 1340 Luttrell Psalter und von Zürich, ca. 1360: http://www.rdklabor.de/wiki/Festwagen (Quelle: Labor RDK). Interessant ist bei beiden, dass es sich um Planwagen handelt und der Kutscher ein Kutschperd reitet und nicht vom Kutschbock aus führt. Bei letzterer Abbildung ist noch die schwingende Aufhängung des Wagenkastens bemerkenswert. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
Eigentlich kenne ich eher Handelswagen, in denen Händler ihre Waren über Land transportierten. Da habe ich diesen Sommer einen sehr schönen Nachbau gesehen - manchmal trifft man auf Märkten, bei denen man gar nicht damit rechnet, ja doch auf kleine Juwelen ;) Johanna (Authomas) hat damals Fotos gemacht und hier verlinkt: https://drive.google.com/folderview?id=0BwON1hNDAeBtd3MtMFhSZDZaUzA&usp=sharing Außerdem weiß ich von einem Nachbau, den Experimentum e.V. vor Jahren gebaut, aber wohl inzwischen verkauft hat - Gilge hier aus dem Forum gehört mWn zu diesem Verein, vielleicht mag er ja was dazu sagen oder es gibt noch irgendwo Bilder? Grundsätzlich kann ich mir das Reisen in einem Wagen aber nicht allzu komfortabel vorstellen, bedenkt man daß diese Wagen auf ungefederten eisenbeschlagenen Holzrädern über überwiegend schlecht befestigte Strassen holperten...wer das Geld und die Wahl hatte und körperlich fit genug war wird eher geritten sein. Zumindest wäre das wohl meine Wahl gewesen. Auf dieser Seite hier: http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/MRK/MRK14-1.htm kommt wenn man etwas runterscrollt irgendwann ein Artikel über Reisen und Wagen mit einem Bild von einem sog. "Frauenzimmerwagen" von ca. 1360. Der Aussage "nur Gebrechliche und Damen wurden gefahren" weiter oben im Text möchte ich aber nicht völlig zustimmen. Frauen reisten auch durchaus häufig zu Pferde - entweder auf einem Sattelkissen hinter einem Reiter oder im Seitsitz allein auf dem (dann oft geführten) Pferd.
 
Der Nachbau, den Du verlinkt hast, ist anscheinend der von Gottfried von den Askaniern aus Berlin. Schönes Teil, hab den auch schon mal in Natura gesehen. Zum Thema reisen hätte ich hinzu zufügen, dass die Wege bei Weitem damals nicht so gut ausgebaut waren, wie heute. Wer gereist ist, ging per Pedes oder zu Pferd. Die Touren, die wir schon gemacht haben, wären mit einem Wagen gar nicht möglich gewesen. Ich schau aber trotzdem mal in meinen Büchern, ob ich was finde.
 
ich hab jetzt mal alle Bilderhandschriften, die ich habe, gesichtet. Habe aber lediglich in der Biblé moralisé (1. Hälfte. 13. Jh., Frankreich) was gefunden. Sind aber mehr Wagen, als Kutschen, aber auf einer Abbildung sieht man auch Menschen drauf. Das Problem liegt vermutlich darin, dass Psalter, Evangeliare und Perikopenbücher lediglich die Geschichte der Bibel nachzeichnen. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass dort Wagen eine große Rolle spielen. Selbst Maria reitet hochschwanger auf einem Esel. Meine Hoffnung war noch das Evangeliar von Heinrich dem Löwen, aber selbst der und seine Frau werden lediglich als Stifter dargestellt, nicht als Reisende. Die Miniaturen aus der Biblé moralisé habe ich mal abfotografiert und lade sie morgen runter. Kann sie ja dann hier verlinken.
 
Axel Gelbhaar "Mittelalterliches und frühneuzeitliches Reit- und Fahrzubehör" Mußte mal googeln, Buch gibts noch antiquarisch, aber nicht gerade ein Schnäppchen. Vielleicht auch Fernleihe. Ich habs nicht, will mal sehen ob wer aus meinem Dunstkreis das besitzt und mir mal leiht. Bei Frachtwagen war es sicher üblich daß der Wagenführer eigentlich ein Pferdeführer war und nebenher gelatscht ist. Wie oben schon beschrieben wurden Personenwagen sicher nicht vom Bock, sondern vom Sattel aus gefahren. Aufgrund der Wegebeschaffenheit und der Größe und Schwere der Wagen mußte mehrspännig gefahren werden und das ist mit Fahrern vom Sattel einfacher als mit langen Leinen. Die hier haben mal versucht das nachzuvollziehen: http://www.die-freidigen.de/html/home.html Gehst mal links im Menü auf Kalendarium und dann unten auf Bilder 2003. Zwar keine herzogliche Kutsche... ;) aber besser als Laufen. Sorry, mehr kann ich leider nicht beitragen... BTW: @ Admin: Wäre vielleicht eine Rubrik "Pferde, Kutschen, Sättel und Co." sinnvoll? Gruß Wilfried T.
 
Google mal bei wikipedia nach Kutsche. Da steht, dass es bei den Römern schon gefederte Reisewagen gab, die Technik aber mit der Antike verloren ging. Das Wort Kutsche kommt wohl aus dem Ungarischen und ist erst deutlich nach dem Mittelalter entstanden. Kriegs jetzt am Handy nicht so gut zusammen, schau mal bitte selbst. Vielleicht ist das eine Erklärung, warum man kein Darstellungen findet.
 
Kuck mal, hier findet man auch noch was: https://de.wikipedia.org/wiki/Wagen Das hier sieht mir auch sehr nach Maciejowski-Bibel aus - vom Stil her jedenfalls. Datierung und Quelle konnte ich leider keine dazu finden: http://www.comitatus1280.de/images/otm44vcd.gif Hier müsste man auf der Seite mal nachforschen, von wann das Bild ist. Vom Stil her könnte es auch 13. Jh. sein, habe jetzt aber leider gerade nicht so viel Zeit: http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/MRK/pics/Image34.jpg (Quelle: http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/MRK/pics/Image34.jpg) Habs schon gefunden: 1360, also leider später.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Maras 2. Link ist das Bild auf das ich in meinem Beitrag auch verwiesen hatte - lt. Text dazu ca. 1360, Südwestdeutschland. Bei dem 1. Link tipp ich auch mal auf KFB, interessant dabei dass man deutlich sieht dass das Zugpferd geritten wird.
 
@ Katharina: Sorry, dann haben wir es doppelt. Konnte Deinen Link gestern auf dem Handy nicht öffnen und hatte den meinen heute beim Internetsurfing gefunden. Naja, doppelt hält ja bekanntlich auch besser. Wg. des Reitens auf dem Zugpferd: das könnte daran liegen, dass die Drehachse für die Lenkung erst deutlich später erfunden wurde. Ich schau mal, ob ich noch finde, wo ich das gelesen habe. Edit: fündig geworden in meinem oberen Link bei wikipedia/ Wagen:
Trotzdem hatten viele vierrädrige Wagen in der Römerzeit keine lenkbare Vorderachse. Im Mittelalter zeitweise so gut wie vergessen, setzte die Drehschemellenkung sich ab dem 13. Jahrhundert dann allgemein durch.
 
Vielen, lieben Dank!!! Ihr habt mir seeehr weitergeholfen!!! :knuddel
 
Zwar keine Kutsche aber ein Nachbau eines oldenburgisch-friesischen Frachtwagens des 12ten Jh findet sich im Katalog zur Ausstellung "Aus dem Leben gegriffen - Ein Rechtsbuch spiegelt seine Zeit. (Der Sassen Speyghel) /Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland Band 10. In 2 Berichten sind in diesem Band die Grundlagen der Reko zusammengestellt. Der Wagen ist in allen Details beschrieben und könnte von einem Holzfachmann anhand der beigegebenen Zeichnungen nachgebaut werden. Interessant ist das dieser Wagen mit beweglicher, drehbarer Vorderachse ausgestattet ist. Leider habe ich hierzu keine gemeinfreien Bilder gefunden
 
@ Jonny: Auch wenn ich was vom Hortus deliciarum, also vom "Lustgarten" gepostet habe, musst Du nicht gleich an solche Sachen denken. Verkehr ist nicht gleich Verkehr, hier geht es ausschließlich um Fortbewegungsmittel...:D
 

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