Wir haben bei dem Originalkreuz (Ich rede im Folgenden ausschließlich vom Original) folgende Probleme: 1. Es gab mehrere Gisulfs. Unter dem Pontifikat Johannes VI. plünderten die Langobarden unter ihrem Dux Gisulf I von Benevent Kampanien. Er zog sich zurück, nachdem Gesandte des Papstes ihm Lösegeld (in den zeitgenössischen Quellen diskret "Geschenke" genannt) zahlten. Das war zwischen Oktober 701 (Amtsantritt Johannes) und Februar 705 (Tod Johannes) Der Gisulf von dem du sprichst, war Dux von Friaul. Welchem Gisulf das Kreuz zugeordnet werden soll, ist vollkommen unklar. Falls es dem Beneventer gehörte, ist 7. Jahrundert schon durchaus passend. 2. Einem Gisulf zugeordnet wird das Kreuz wegen einer Inschrift auf dem Sarkophagdeckel, in dem es gefunden wurde. Die Inschrift lautet CISVL und wird als "Gisulf" interpretiert. Welcher Gisulf nun genau, ist eben dadurch noch lange nicht klar. Wenn überhaupt: Die Inschrift ist - so nimmt die aktuelle Forschung an -möglicherweise eine Fälschung aus dem 19. (!) Jahrhundert, mit der, aus welchen Gründen auch immer, dieses Grab mit Gisulf in Verbindung gebracht werden sollte. Selbst wenn der Fälscher damit Gisulf von Friaul meinte und damit, setzt man die Datierung des Kreuzes auf Mitte 7. Jhdt als korrekt voraus, 100 Jahre daneben gelegen haben könnte - nun, es wäre nicht die erste dilletantische Fälschung der Geschichte... Zum Kreuz selber kann ich keine Datierung versuchen, da Langobarden nicht mein Gebiet sind, was mir aber auffällt, ist, dass auf dem Kreuz langhaarige Männerköpfe abgebildet sind, während die langobardische Ornamentik um 600 herum von Tierstil I und Flechtbandornamentik weitgehend auf Tierstil II wechselt. Damit ist das Kreuz für langobardische Ornamentik eher ungewöhnlich. Eine aus dieser spontanen Irritation hervorgegangene kurze Internetrecherche diesbezüglich ergab: Speziell bei den (langobardischen) Goldkreuzen überwiegen schwach verzierte Exemplare, während die reich verzierten nahezu ausschließlich mit Flechtbandornamentik oder Tierstil verziert waren. Das genannte "Gisulf-Kreuz" fällt aus dieser Norm vollkommen heraus und bildet sozusagen seine eigene Klasse der langobardischen Goldkreuze. Ob damit, in Anbetracht fehlender Vergleichsgruppen, eine derart eindeutige Datierung auf Mitte 7. Jarhundert überhaupt zuverlässig möglich und seriös ist, sei dahingestellt. Man müsste über den Fundzusammenhang des entsprechende Grabes gehen und der ist mir nicht bekannt. Selbst wenn er mir bekannt wäre, wäre ich als absoluter Laie diesbezüglich nicht die richtige Person, um mir da eine seriöse Datierung anzumaßen.
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