Mal was zum Lachen für Schmiede und Werkstoffkundler

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Wilfried

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Interessant. Aber an manchen Stellen seehr anstrengend zu lesen : )
 
Ja im alter wird das schlimmer mit dem Lesen,hast du noch keine Brille? :kopfstreichel
 
Ääääh Wilfried, für mich, der fast gar keine Ahnung vom Schmieden hat, ließt sich der Bericht sehr glaubwürdig. Wenn ich aber Deinen Post ganz nehme, drängt sich mir der Verdacht auf, daß da was nicht stimmt. Bitte um Aufklärung, danke! :huh:
 
Um diesen "Wootz- Kuchen " herzustellen, muß der Stahl flüssig sein. nicht teigig. Die nötige Temperatur dafür liegt deutlich über 1200 °C. In den Bildern ganz unten sieht man die "Ingredenzien" , unter anderem grüne Blätter und Glas. Wenn die alten Inder/ Araber feuerfestmaterial gehabt hätten, das flüssigen Stahl hält und sich nicht darin teilweise aufgelöst hätte, wären sie sehr viel weiter als die Hüttenindustrie heute. Auch die zum Schmelzen nötige Temperaturüberhöhung von ca. 300-400°, die zu einem Schmelzen der Stahlklumpen im Tiegel führt, ist nicht ganz so einfach. Um Reineisen zu erschmelzen, sind Temperaturen von über 1496° nötig. Das entspricht denn einer Tiegelaussentemperatur von ~1600 und einer Feuertemperautur von über 1700 °. Blätter verkohlen schon bei knapp über 200°, Glas schmilzt bei ~800°, danach löst es die Keramik des Tiegels an. Was da noch an Wasserdampf aus den Blättern überbleibt, ist bei 1100° ziemlich instabil und dürfte schon längst aus dem Tiegel sein, wenn das sorel eisen anfängt , zu schmelzen. Was das aber mit nichten tut, denn auch hier liegt der Schmelzpunkt über 1200°.Würde auch nichts nützen, da sich das andere Eisen in der Kalten Schmelze nicht lösen würde. Damit das Verfahren funktionieren kann, nämlich Dendritenbildung, langsames Auskristallisieren, braucht man aber die überhitzte Schmelze. Dann erst findet diese Art der Seigerung statt. Weiter, diese hohen Temperaturen sind im Kohlenfeuer sehr schlecht über Stunden zu halten. Also als historisches Verfahren nicht unbedingt glaubhaft.
 
Moin, naja meines bescheidenen Wissens nach ist die Wootzherstellung zumindest seit dem FMA für Indien durchaus belegt. In der Tat handelt es sich dabei um eine Tiegelschmelzverfahren, bei dem es zu besagter Dendritenbildung infolge Seigerung kommt. Das Zeug hat übrigens einen recht brutalen Kohlenstoffanteil von roundabout 2%. Das Glas auf den Bildern hat übrigens die Funktion des Sauerstoffabschlusses, der gleiche Effekt dürfte auch durch Sand erreichbar sein. Gruß, Timm
 
Anbei ein sehr schöner Artikel von Dr. Stefan Mäderer, der auch auf Tiegelschmelzstähle eingeht, auch wenn er primär mit dem Mythos "Damaszenerstahl" aufräumt : Scott´s "Talisman", Damastsalat und Nanodraht Insbesondere Seite 4 ist interessant (es sind auch diverse Literaturverweise vorhanden), insgesamt ist aber der komplette Text sehr lesenswert! Gruß, Timm
 
naja, um einen Artikel in der Science zu bringen, muß das schon sehr glaubhaft sein :)). Also nehmen wir den bekannten und nachgewiesenen Wootzkuchen, der ist bekannt, dann Glas als Schlackebildner, glaubt auch jeder Hüttenmann.(über den armen Tiegel denkt ja keiner nach bzw den schluckt man ja auch noch) Dann verlassen wir das reine Eisenkohlenstoffdiagramm und behaupten ein Vielstoffsystem (Vanadium , folgende). Da könnte ja eine Schmelzpunkt Erniedrigung, erleichterung der Zementitbildung und Dendritenneigung der Schmelze erfolgen. Um das zu prüfen, müßte man sich die Käfige dazu angucken. Und dann gehts los: Reineisen gemischt mit hochgekohltem Stahl, dazu Kohlenstoff in Urform und Wasserstoff aus den Blättern, damit der Kohlenstoff im Stahl sich löst. Was würde jetzt passieren? Die Blätter verkohlen, das Glas schmilzt und um schließt erstmal als "zähe Brühe" die eingesetzten Stücke, die Temperatur steigt, die Schlacke, das Glas, wird dünnflüssiger und dünnflüssiger, das ganze "Bad" bewegt sich. Die Restkohle schwimmt auf, nachdem der Restsauerstoff zwischen den Stücken eigentlich schon vor der Glasschmelze aufgebraucht ist, ein Teil der im Glas enthaltenen Elemente wird reduziert und versaut die Schlackenanalyse, der Tiegel wird angelöst. Irgendwann schmelzen die hochkohlenstoffhaltigen Stahlstücke und umfließen das Reineisen. Das löst sich gaaaanz langsam in der Schmelze, bis die Liquiduslinie erreicht wird. Steigt die Temperatur weiter, löst sich mehr.Wir erreichen ~1450° und halten, das Reineisen löst sich komplett und eine Schmelze von ~1,5% C entsteht. Wenn der Tiegel noch nicht Schlacke ist , lassen wir das ganze im Ofen kalt werden, es bildet sich eine "Speckschicht" von der aus Dendriten in den Kuchen hineinwachsen, bei ~1100 ° erstarrt das ganze Stück auch im Innern schlagartig. Ausgeschmiedet aber nicht gefaltet und ohne Lösungsglühen ergibts nach dem Schliff das beschriebene, eine Klinge mit hartem Kern und weicher Aussenhaut. Das haben Herr Professor gemacht, er behauptet aber , die 1200° nicht überschritten zu haben ;-) und geheimnisst nun auch ne ganze Menge in die Einsatzstoffe hinein. Und DAS ist der Ulk.
 
Ach , ich hatte vergessen zu erwähnen, Siliziumhaltige Keramiken geben so ab 1100 ° C auf und werden flüssig. Also, wir machen uns einen Topf, tuen da Stahlstückchen rein, machen Feuer drunter und innen schmilzt´s, is nich. Schmilzt in den meisten Fällen erstmal aussen. Und innen passiert auch ne Menge mit dem Tiegel, wenn denn erstmal Schmelze da ist. War schon hohe Kunst, was die Inder und Perser da gemacht haben.
 
Moin Wilfried, ich habe mir den Text jetzt nochmal zu Gemüte geführt. Für mich klingt selbiger inhaltlich durchaus plausibel und nachvollziehbar. Dazu kommt, dass sich der Herr Verhoeven in Metalurgen- und Schmiedekreisen einer gewissen Reputation erfreut, was bei mir als interessiertem Laien doch ein gutes Quantum an Vertrauen erzeugt. Wenn ich den Text korrekt verstanden habe, wir primär der Einfluss von Vanadium als Legierungselement und dessen Auswirkungen auf die Seigerungen beleuchtet. Zentrale These ist demnach, dass dieses Legierungselement (mit anderen funktioniert es wohl auch) zwingender Bestandteil ist, um die für Wootz typische Lamellenstruktur in daraus hergestellten Klingenwaffen zu erzeugen. Allerdings geht er in seinem Text an keiner Stelle auf die notwendigen Temperaturen zur Erzeugung der Schmelze und die verwendeten Tiegel ein. Sehr wohl geht er jedoch auf die notwendigen Schmiedetemperaturen ein, die eingehalten werden müssen um die Struktur und Zeichnung des Stahls zu erhalten. In diesem Zusammenhang tauchen auch die 1200°C auf, jedoch in einem Beispiel bei dem sie historische Klingenstücke bis zu diesem Punkt erhitzt haben, was eben einen dauerhaften Verlust besagter Zeichnung zur Folge hatte. Das macht übrigens aus meinem Verständniss heraus auch durchaus Sinn, denn bei einer Temperatur von 1200°C haben wir bereits eine ausgesprochen hohe Diffusionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs. Verhoeven weißt zudem auf die Diffusion der anderen Legierungselemente hin. Also nochmal: die 1200°C haben nichts mit der Schmelztemperatur zu tun, sondern (auch dort nur am Rande) mit der Schmiedetemperatur. Letztere sollte laut Text im unteren schmiedbaren Bereich liegen (und zwar unter dem Austenit [Acm] ) um die Zeichnung zu erhalten bzw. erst voll auszuarbeiten. Interessant ist, dass die erzeugten Klingen offenbar nicht gehärtet wurden, denn das hätte ja gemäß dem Text zum Verlust des Musters geführt, aber dass ist natürlich ein gänzlich anderes Thema. Das Tiegelthema ist im Text nicht bearbeitet, Fakt ist aber ganz offensichtlich, dass die Inder (und anderen Ethnien die Schmelztiegelstahl erzeugt haben) über passende Tiegel verfügt haben müssen. Gruß, Timm
 
Hi Leute, als erstes muss gesagt werden, dass Verhoeven ein erstklassiger und renommierter Metallurge ist, dessen Ausführungen man ruhig mal glauben kann. Aber er ist eben Metallurge und kein Historiker oder Schmied, seine Zeitangaben und historischen Bezüge müssten nochmal überprüft werden. Seine vielen Forschungen zu Blankwaffen, Messern, Schweißmusterstählen, Wootz etc. sind durch seine enge Freundschaft zu Alfred Pendray begründet, der selbst auf dem Gebiet des Messerschmiedens und der Wootzherstellung ein Kuryphäe ist. Außerdem ist der Artikel meines Wissens bereits überholt. Soweit ich mich erinnere hat Verhoeven selbst seine Aussage bezüglich langer Glühzeiten bei ca. 1200 Grad wiederrufen und geht davon aus, dass die ursprünglichen Wootz nach dem Schmelzen erst für viele Stunden diffusionsgeglüht wurden und anschließend durch mehrfaches einformen ein erneutet Karbidwachstum an den Korngrenzen hervorgerufen wurde, welches letztlich für den Kontrast verantwortlich ist (nagelt mich nicht darauf fest, müsste ich nochmal nachgucken). Bei den Beschreibungen mit Glas, Blättern etc. haben sich die Beiden meines Wissens an historischen Quellen bezüglich der Herstellung orientiert. Selbstverständlich geht das auch ohne irgendwelche exotischen Zutaten. Das Tiegelschmelzdamast schon seit vielen Jahrhunderten hergestellt wurde, ist eine Tatsache. Welches Material sie allerdings für die Tiegel verwendet haben, kann ich auch nicht sagen. Würde mich aber auch interessieren... Gruß Jannis
 
Also , ich sehe das mit den Blättern etc als Ulk an. Der Mann ist emeritierter Professor und eine Koryphäe auf dem Gebiet der Eisenhüttenkunde. Wenn so einer anfängt, "alte Hüte" wie die genannten Legierungselemente mit sowas wie "Grünen Blättern, deren Wasserstoff die Kohlenstoffaufnahme erleichtern soll" zu mischen, erlaubt der sich einen Spaß. Die ~ 1200° und mehr zur Schmelze ergeben sich aus dem Eisenkohlenstoffdiagramm, Schmiedetemperatur unter 1200° wegen des "Lösungsglühen" vom Zementit. Was ja nicht passieren soll, sonst gibt s die Zementit -Bänder nicht. Ist ja nun auch keine neue Erkenntnis, nur will man die in modernen Stählen ja nicht haben.
 
Moin,
Die ~ 1200° und mehr zur Schmelze ergeben sich aus dem Eisenkohlenstoffdiagramm, Schmiedetemperatur unter 1200° wegen des "Lösungsglühen" vom Zementit. Was ja nicht passieren soll, sonst gibt s die Zementit -Bänder nicht.
genau das sagt der gute Verhoeven in seinem Text doch. Auch schreibt er nicht, dass diese Weisheit irgendwie bahnbrechend sei. Was ich nicht vestehe ist, wo da nun die Lächerlichkeit verborgen ist. Ein paar Postings zuvor schriebst du noch, dass Verhoeven Stahl bei 1200°C schmelzen wolle... 8) Wenn die Geschichte mit den Blättern und dem Glas in Textquellen erwähnt ist, finde ich es durchaus folgerichtig, es mit einzusetzen. Ob es nun erfolgreich und notwendig ist oder nicht, muss man dann halt im Trial and Error Verfahren herausfinden. Glas halte ich nach wie vor als Oxidationsinhibitor für plausibel, die grünen Blätter sind schon etwas erstaunlicher, da halt zumindest zweifelhaft ist, ob ein Effekt als Kohlenstofflieferant oder als Wasserstoffquelle infolge der Zeit und Temperatur signifikant ist. Ließe sich wie gesagt nur im Versuch herausfinden. Ähnliche Ingredenzien gibt es auch im Bronzeguß, wo traditionell mit grünen Fichtenstangen umgepolt wird. Scheint sich halt bewährt zu haben. Um die Blätter als Altherrenwitz zu identifizieren fehlt mir jedoch vermutlich einfach der Humor... ;) Wie bereits erwähnt, ist die zentrale These des Textes halt der signifikante Einfluss des Legierungselementes Vanadium auf das Dendritenwachstum im (indischen) Wootz. Und offenbar war dieser Zusammenhang zum Zeitpunkt der Entstehung des Textes neu. Gruß, Timm
 
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