Malfarben?

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Kein Problem, ich treib mich ja hier schon eine Weile rum und weiß noch dumpf, wo was war :)
 
Leinöl bindet durch Licht und Sauerstoff ab, ja das dauert. Moderne Siccative beschleunigen den Prozess erheblich. Das Abbinden wird bei reinen Ölen wie Standöl durch eine Voroxidation und Vernetzung durch Wärme und Sauerstoff deutlich beschleunigt. Das ist einfach durchführbar, schon damals. Und Zeit zum Aushärten war da. Die Schiffe lagen lange Zeiträume an Land. Leinöl war sicher teuer, aber dies war der Bau von Schiffen auch. Gerade bei den prestigeträchtigen Kriegsschiffen. Schon bei der Überlegung wieviel Material und Arbeit in einem Segel steckt. Ich bezweifle sehr, dass die Nachbauten in Roskilde a) ohne Basis einer archäologischen Quelle gestrichen wurden und das b) dazu moderne Ölfarben verwendet wurden. Ein Schiff ist kein Gemälde. Die Farbe muss nicht zwangsläufig feinst mit dem Glasläufer angerieben werden. Pigment ins Öl tut es auch.
Wie schon geschrieben, das interessiert mich jetzt. Über so frühe echte Ölfarbe bin ich bisher nie gestolpert (obwohl ich als Restaurator schon einige hundert Originale in der Hand hatte). Fände ich sehr spannend. Ich bin aber immer skeptisch, wenn in der Nachschau gesagt wird, das hätte so sein können, weil alles da war. Hast du z. B. Quellen dafür, daß Schiffsplanken in Skandinavien in der Regel ohnehin geölt wurden? Das wäre ein Hinweis auf vielleicht auch angefärbtes Öl. In der Literatur zu Stabkirchen kommt gesicherte Ölfarbe z.B. nicht vor, sondern nur die üblichen mittelalterlichen Farben. Ölfarbe müßte also ein Sonderfall für Schiffe gewesen sein. Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich will nicht stänkern, sondern bin nur ehrlich überrascht über so einen frühen Nachweis echter deckender ducchtrocknender Ölfarben. Wie gesagt, damit hatte man sogar in der Renaissance noch echte Probleme, ganz so einfach ist das nicht. Wie auch mit dem Pigment-in Öl-schütten-durchrühren-fertig. Eine gut deckende Ölfarbe gibt das nie und das Pigment wird völlig ungleichmäßig gebunden und wahrscheinlich zu dick um mit dem Pigment ins Holz einziehen zu können. Darauf kommts ja gerade an: Daß das Pigment mit ins Holz einzieht, und dafür muß es wirklich Teil des Öls geworden sein. Ansonsten zieht das Öl ein und das Pigment schilfert außen liegend sehr bald wieder ab. Ich verweise da mal ganz gegen meine Gewohnheit auf den Wikipedia-Artikel "Leinölfarbe". Der gibt den heutigen Kenntnisstand aber ganz gut wieder und auch dort wird für Leinölfarben erst das 15. Jh. angegeben. Das stimmt auch mit meiner Literatur überein. http://de.wikipedia.org/wiki/Leinölfarbe#Historische_Anwendung Hier ist besonders dieses Zitat witzig: „Die neu erfundenen Leinöl-Farben kann man überall anwenden, sie bestehen trotz aller Unbill von Luft und Himmel ewig.“ (Leon Battista Alberti: De re aedificatoria. Rom [1452], architekturtheoretischer Traktat, erste Veröffentlichung [1485]; deutsch: Zehn Bücher über die Baukunst. Wiss. Buchges., Darmstadt 1991, S. 324. (Unveränd. reprographischer Nachdr. der 1. Auflage. Heller, Wien/ Leipzig 1912)) 1452 wird die Farbe als neu erfunden bezeichnet.
 
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... Bin gerade etwas grummelig, da der lange Text den ich schrieb verschwunden ist... Also nochmal etwas gerafft und holperiger... Wegen dein Interesse geweckt ist kontaktiere das Roskilde Wikingerschiffsmseum, die sind dort sehr offen für Fragen und haben bestimmt eine Antwort wie und warum ihre Nachbauten so bemalt sind. Auf diese Forschungen habe ich mich auch bei meinen vorherigen Aussagen immer bezogen. Auch wenn mich das Thema ebenfalls interessiert habe ich gerade keinen Raum für Quellenforschung dafür. Doch hier einige Anregungen. ole Crumlin-Petersen hat ein Buch über den Bau der Schiffe von Haithabu und Roskilde rausgebracht. Habe heute mit einem Archäologen mit Schwerpunkt Wikingerzeit gesprochen, beim Ladby Schiff konnte etwas über Bemalung zu finden sein, evtl. auch beim Oseberg. In zwei oder drei Monaten gibt es die Chance auf ein Treffen mit einem Archäologen aus Roskilde, den Frage ich dann mal. Die gängige Konservierung von Nassholz durch PEG zerstört leider die möglicherweise vorhandenen Fassungen. Wenn nicht vorher Untersucht wurde ist es oft zu spät. Bei erhaltener Fassung können die Pigmente gut analysiert werden, das Bindemittel ist oft zu abgebaut. Theophilus beschreibt um 1200 genau die Herstellung von Firnis aus Leinöl und Harz. Plinius beschreibt es auch ohne Nennung des konkreten Öls und Harzes. Dies ist insgesamt aufwendiger als die Herstellung einer einfachen Ölfarbe. In meinen Augen ist die Verwendung von Leinöl und Pigment wesentlich simpler. Die von mir aus Standöl und Pigment hergestellte Farbe haftet noch immer auf Holz, Rohaut, Eisen und dem PVC-Fussboden. Das Pigment man ja auch ein bis zwei Monate eingesumpft werden um eine gute Benetzung der Pigmente zu erreichen. So wird es auch vorgedickt. Ich meine das Öl muss das Pigment nicht ins Holz ziehen um eine gute Haftung zu erreichen. Oft wird der Untergrund eher abgesperrt, damit das Öl nicht wegsackt und das Pigment ohne Bindung verbleibt. Wenn es eindringen muss für gute Deckung könnte Ölfarbe ja nicht auf Metall angewendet werden. Klappt aber sehr gut. Speziell für die Bemalung von Wikingerschiffen nochmals den Tipp Kontakt mit dem Museum in Roskilde aufzunehmen. Dies wird der einfachste Weg sein an Informationen zu kommen.
 
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Da muß ich nochmal meinen Theophilus durchblättern. Genau der beschreibt es, so weit ich mich erinnere eben nicht. Aber das ist ein alter Streit, wie seine Rezepte zu verstehen sind. Schon im 18. Jh. meinte man aus seinem Traktat Belege für Ölmalerei herauslesen zu können, aber das gilt heute, zu mindest nach meiner Ausbildung, als widerlegt, da es in der Textstelle eher um Firnisse als um Farben geht. Und da würde Öl stimmen, aben auch Harz. Aber danke für den Tip. Und wenn du was in Rosklide erfahren hast, wäre es nett, wenn du es hier posten könntest.
 
Ach so, und das mit dem Malen auf Metallgründen stimmt natürlich, das geht aber mit bestimmten Tempera auch gut, und gerade die Malerei auf Kupfer ist ja eben erst in der Renaissance und im Barock verbreitet. Aber ich merke schon, was ich diesen Sommer auf einer Rundtour mal erfragen werde.
 
Noch ein kleiner Nachschlag zur Verwendung von Öl als Bindmittel, da dies Thema schon spannend ist. Dies nun aber ausdrücklich als Anregung zur weiteren Recherche und NICHT als Quellenangabe oder Beleg! Mir liegt ein Chemie-Skript aus dem Studium für Restauratoren vor. Hier ist als Einführung in die ölhaltigen Bindemittel eine (sehr) kurze Historie der Verwendung von Leinöl angegeben. Leider fehlen oft die Quellenverweise, daher wie genannt als Rechercheanregung sehen... Verwendung: - 3000 v. Chr. in Nordeuropa - in der Antike zum Bemalen von Gebrauchsgegenständen und Schiffen - Malen mit Öl im 9. Jhd. bekannt: Anstrich, Schild und Bannermalerei und zum Bemalen der Steine und des Holzes im Freien (meine Anmerkung: schade, hier wären Quellen nun ja echt toll. Mir fällt jedoch ein das es neben den Gokstad Schiffsschilden ja noch mind. ein weiteres bemaltes Schild gefunden wurde... Bindemittel? auch könnte man mal bei den Runensteinen forschen, dort wurden ja auch Pigmente nachgewiesen.) - vereinzelte Anwendung von Ölfarbe zwischen dem 9. und 15. Jhd. Z.B. Cismarer Rentabel um 1300 - 1320. (meine Anmerkung: Aha, das ist schon konkreter. Und (!) Anfang des 14. Jhd. Also vor dem 15. Jhd. welches bisher als frühester Nachweis der Verwendung genannt wurden.) - Theophilus wird auch genannt, aber den hatten wir ja schon - Cennino Cenninis "Handbüchlein von der Kunst" um 1400 enthält bereits detaillierte Angaben über den Umgang mit Öl in der Malerei
 
Na das ist ja schon mal was, dann bin ich mit Leinöl nicht völlig falsch gewickelt im 12. Jh. Nebenbei malen wir jetzt auch noch mit Kasein. Mal sehen ob wir noch tiefergehende Quellen finden, momentan ist die Recherche in diesem Bereich aber nicht meine erste Priorität.
 
ich würd übrigens gern sagen: danke für eure wertvollen inputs, finde den thread hier überaus interessant für meine hobbyarbeit auch!
 
Hallo! Nochmal zum Thema Leinölfarbe: Das dänische Nationalmuseum hat Untersuchungen an bemalten Frümi Archäologiefunden gemacht. Bindemittel: Leinöl! Am Ladbyschiff konnte zwar kein Bindemittel festgestellt werden, aber immerhin verschiedene Farben wie gelb,blau, rot und grün. Quelle: Im englischsprachigen Buch über das Ladbyschiff in Dänemark (genauen Titel hab ich nun nicht im Kopf, hatte leider nur schnell die Seiten abfotografiert. Tut mir leid. ). Seite 239 ff.
 
Buchtitel: Ladby: A Dänisch Ship-grave from the viking age. Sörensen, 2001. In einer Publikation über das nachgebaute Langschiff "The Sea Stallion from Glendalough" aus Roskilde steht das für die Bemalung Leinöl als Bindemittel genommen wurde. Habe es kürzlich erst wieder gesehen. Und die Bemalung sieht eindeutig noch gut aus, ist also Seewasserfest.
 
Das dänische Nationalmuseum hat Untersuchungen an bemalten Frümi Archäologiefunden gemacht. Bindemittel: Leinöl!
Da die Thematik bei mir grad wieder aktuell ist, würd ich noch gern wissen, ob Du das auch aus dem genannten Buch hattest, oder ob Du vielleicht noch weißt, wo ich etwas darüber (Leinölfarbe im Frümi) lesen könnte?
 
Ja, die Untersuchung ist beim Ladbyschiff mit publiziert. Weitere, als die genannten Quellen habe ich nicht parat.
 
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