Mittelalterlicher Schiffbau

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Edgar

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Tja, wo fange ich da a besten an? Wikingerschiffe sind ja allgemein bekannt, ebenso wie Koggen. Letztere zumindest der Bezeichnung nach, denn eine Kogge zu definieren, fällt auch Mittelalterbegeisterten oft ziemlich schwer... Einen groben Überblick über die wichtigsten damaligen Schwimmhilfen wird man jedenfalls schwerlich finden, da das Mittelalter meist äußerst selektiv behandelt wird und die einschlägigen Autoren Schiffstypen, von denen man so gut wie nichts weiß auch gar nicht erst behandeln, so als hätte es sie nie gegeben. Den Hulk zum Beispiel, auch Holk genannt. Dabei ist es gar nicht so schwer, genau drei nordische Schiffbautraditionen festzumachen: Die Schiffe der Wikinger (Langschiffe, Knorren und spätere Nefs), dann die originär friesischen, später auch baltischen Koggen und schließlich den ursprünglichen Binnenschiffstyp "Hulk", einem fülligen Rheingefährt, das sich später vor allem jenseits des Rheinmündung, in England, großer Beliebtheit erfreute. Kurz zusammengefasst hatte die Wikingertradition keine Zukunft, allenfalls im Bootsbau. Die kastellbewehrte letzte Generation dieses Typs, die "Nefs" der englischen "Cinque Ports" waren auch die letzten ihrer Art, denn die fragile Wikingerbautradition hatte einfach nicht das Potenzial, sich zum richtigen Schiff mit mehreren Decks und mehreren Masten weiterzuentwickeln. Die stabiler konstruierten Koggen waren da schon eher für eine Weiterentwicklung geeignet. Sie fuhren als erster Schiffstyp überhaupt ein stabiles Stevenruder anstelle des (bzw. der) seit der Antike üblichen fragilen Seitenruder. Daneben wiesen spätere Modelle bereits Webleinen in den Wanten auf. Und als diese Kogge dann um das Jahr 1400 mit dem Hulk verschmolz, entstand der eigentliche Prototyp aller späteren Großsegler... Später mehr, falls Interesse besteht. :´)
 
Das ist mal eine verständliche Darstellung. Danke! Eine Frage dazu: Was sind Wanten?
 
Eine Frage dazu: Was sind Wanten?
Das sind die Seile zum Verspannen der Masten.
Ja und nein, denn Schiffe kennen keine Seile. Sobald ein Seil an Bord gebracht wird, verwandelt es sich sofort in ein "Tau". :) Aber das mit den Wanten stimmt natürlich, wobei man es noch etwas konkretisieren kann: Wanten sind Teil des "Stehenden Guts", also der fest installierten Mast-Verspannung im Gegensatz zum "Laufenden Gut", dem Tauwerk, das der Bedienung der Rahen und Segel dient und dabei nach dem Seil- bzw. Tauzugprinzip durch Blöcke läuft. Das stehende Gut kann also auch geteert (Stockholmer Teer) werden, um es stabil und wasserfest zu imprägnieren, es braucht ja nicht geschmeidig zu sein. Diese Wanten stützen den Mast jedenfalls zur Seite und nach achtern hin ab und dienen als Gegenzug zum Press der Segel. So ein Segel kann aber schon mal backschlagen (Wind von vorne), und um diese Kraft aufzufangen, haben wir zusätzlich den "Vorstag", ein starkes Tau, das vom Masttopp zum Vordersteven hin verläuft. In früheren Zeiten gab es eigentlich wenig Gründe, in den Mast aufzuentern, denn die Rah wurde in der Regel an Deck gefiert, um das Segel anzuschlagen, Bonnets (Verlängerungsstreifen) anzubringen, oder was auch immer damit anzustellen. Erst die Erfindung des Mastkorbs machte es dann erforderlich, die Wanten auch als Strickleiter zu verwenden und sogenannte "Webleinen" einzuziehen. Wer schon mal ne Spinne beobachtet hat, kann sich diesen Ausdruck gut erklären. :)
 
Ja und nein, denn Schiffe kennen keine Seile. Sobald ein Seil an Bord gebracht wird, verwandelt es sich sofort in ein "Tau".
Klugsch... ich verkneifs mir. :D Wollte es nicht zu kompliziert machen und mit Begriffen wie "stehendes Gut" um mich werfen. Hast natürlich recht. Auf einem Schiff heißt ein Seil Tau!
 
Ja und nein, denn Schiffe kennen keine Seile. Sobald ein Seil an Bord gebracht wird, verwandelt es sich sofort in ein "Tau".
Klugsch... ich verkneifs mir. :D Wollte es nicht zu kompliziert machen und mit Begriffen wie "stehendes Gut" um mich werfen. Hast natürlich recht. Auf einem Schiff heißt ein Seil Tau!
Die Briten haben´s da einfacher, für die ist alles "rope". 8´)
 
Ja und nein, denn Schiffe kennen keine Seile. Sobald ein Seil an Bord gebracht wird, verwandelt es sich sofort in ein "Tau".
Klugsch... ich verkneifs mir. :D Wollte es nicht zu kompliziert machen und mit Begriffen wie "stehendes Gut" um mich werfen. Hast natürlich recht. Auf einem Schiff heißt ein Seil Tau!
Die Briten haben´s da einfacher, für die ist alles "rope". 8´)
Was erwartest du von einer Sprache, die beim bestimmte Artikeln mit "the" auskommt? ;)
 
Ja und nein, denn Schiffe kennen keine Seile. Sobald ein Seil an Bord gebracht wird, verwandelt es sich sofort in ein "Tau".
Klugsch... ich verkneifs mir. :D Wollte es nicht zu kompliziert machen und mit Begriffen wie "stehendes Gut" um mich werfen. Hast natürlich recht. Auf einem Schiff heißt ein Seil Tau!
Die Briten haben´s da einfacher, für die ist alles "rope". 8´)
Was erwartest du von einer Sprache, die beim bestimmte Artikeln mit "the" auskommt? ;)
Ich finde diese Sprache ganz praktisch, weil man mit ihrer Hilfe die meist in Englisch abgefasste Schiffsliteratur besser versteht. Lustigerweise wurde das "the" bei Schiffsnamen sogar ins Deutsche übernommen. Vor Vokalen als "di" ausgesprochen führte die allgemeine Begeisterung für die Royal Navy zu Zeiten Wilhelms des Zwoten dazu, daß Ende des 19. Jahrhunderts plötzlich alle Schiffe weiblich wurden, die davor korrekterweise noch als "der Adler von Lübeck" oder "der König v. Preussen" angesprochen wurden. Und heute heißt es nun "die" Adler von Lübeck und keiner wundert sich mehr darüber...
 
Hey, ich hab nix gegen Englisch, ich hab's sogar studiert. :D Interessanter Fun Fact zur Benennung, das wusste ich nicht. :thumbup:
 
Hey, ich hab nix gegen Englisch, ich hab's sogar studiert. :D Interessanter Fun Fact zur Benennung, das wusste ich nicht. :thumbup:
Die Schiffe der Royal Navy hatten/haben alle das Kürzel "HMS" vorangesetzt (Her/His Majesty´s Ship), werden also grundsätzlich mit "die" angesprochen, auch wenn das "H" nicht unbedingt´n Vokal ist. Wie gesagt, dem Kaiser gefiel´s. Nur beim Seiner kaiserlichen Majestät gewidmeten Hapag-Riesendampfer "Imperator" bestand er auf dem männlichen Artikel, warum auch immer...%´) Aber hier geht´s ums Mittelalter. Später mehr dazu... :)
 
So, hier geht´s jetzt gleich mal weiter mit dem sogenannten "Sussex Trug", einem praktischen Gartenkörbchen südenglischer Provenienz..: https://www.google.de/search?q=suss...svenQAhVEQBQKHfgyDZUQ_AUICSgC&biw=960&bih=532 (Google Bildersuche) Was dieses praktische Artefakt mit dem mittelalterlichen Schiffbau zu tun hat, liegt eigentlich auf der Hand. Es zeigt das Konstruktionsprinzip eines "Hulks", das von dem der Wikingerschiffe und Koggen vollkommen abweicht. Die alte schiffbauliche Herausforderung, alle Plankengänge zum Steven zu führen (was technisch gar nicht so einfach ist), wird hier elegant umgangen, indem man sie einfach parallel miteinander verbindet und den nötigen Zusammenhalt durch ein umlaufendes "Bargholz" schafft. Prinzipiell lassen sich auf diese Weise beliebig breite, flachgehende Rümpfe herstellen, was darauf hindeutet, daß solche Gefährte anfangs für die Binnenschiffahrt speziell auf dem Rhein entwickelt wurden. Niederländische Plattbodenschiffe weisen übrigens noch immer solche Schiffsböden auf, allerdings kraweel, also nicht geklinkert (dachziegelartig überlappend) beplankt. Demnächst werde ich ein paar mittelalterliche Siegel- und Münzabbildungen einstellen, die dieses Konstruktionsprinzip anschaulich zeigen. (Auf erhaltene Schiffswracks des Hulk-Typs warten wir leider noch immer vergebens.)
 
Hier nochmal Google, diesmal mit dem Suchbegriff "Rosenoble Coins"..: https://www.google.de/search?q=rose...k_unQAhXBuhQKHQ1WCZkQ_AUICSgC&biw=960&bih=532 Das sind sie nun, die Holkse. Oder Holks, Hulcs oder wie auch immer. Manche nennen diese einigermaßen stilisierten Darstellungen auch "Bananenschiffe", wobei natürlich zu beachten ist, daß die Gestalter solcher Münzen keinen Wert auf authentische Detailtreue legten, sondern nur darauf bedacht waren, den damaligen Inbegriff eines großen und mächtigen Schiffes einigermaßen rüberzubringen. Eines typisch englischen Schiffes natürlich, auch wenn es ursprünglich wie gesagt aus der Rheinmündungsgegend stammt...
 
Wow, das wird ja interessant hier! Kannst Du mir vielleicht einen Link zu frühmittelalterlichen Booten oder Schiffen geben? Ich habe mit einem alamannischen Hof angefangen und werde jetzt übermütig...Muss deutlich schwerer sein, ein Modell zu bauen, das nicht aus rechten Winkeln besteht. Römische Schiffe scheiden erstmal aus, weil ich mich auf die VWZ festgelegt habe- Gibt es Boote der germanischen Völker? Ich kann mich nicht erinnern, irgendwo etwas gesehen zu haben.
 
Wow, das wird ja interessant hier! Kannst Du mir vielleicht einen Link zu frühmittelalterlichen Booten oder Schiffen geben? Ich habe mit einem alamannischen Hof angefangen und werde jetzt übermütig...Muss deutlich schwerer sein, ein Modell zu bauen, das nicht aus rechten Winkeln besteht. Römische Schiffe scheiden erstmal aus, weil ich mich auf die VWZ festgelegt habe- Gibt es Boote der germanischen Völker? Ich kann mich nicht erinnern, irgendwo etwas gesehen zu haben.
Es gibt dazu einige Fachliteratur, die ich dir aber erst heute Abend empfehlen kann, da ich gerade auf Arbeit bin. :) Ansonsten gilt natürlich, daß sowohl die Wikingerschiffe wie auch Koggen und Hulke sich aus primitiven Vorgängern entwickelten. Letztlich sind sie eigentlich allesamt auf einfache Einbäume zurückzuführen, denen nach und nach immer mehr seitliche Erhöhungen (Planken) angesetzt wurden. Als einen Prototypen des Wikingerschiffs ließe sich etwa das "Nydamschiff"* aus dem 4. Jahrhundert anführen. Es wurde noch ausschließlich gerudert, zeigt aber schon alle Merkmale des späteren segelfähigen Langschiffs. Die Skandinavier kannten daneben auch schlichte Fellboote, die sich für eine modellbauliche Rekonstruktion eignen würden. Und auch die Kelten kamen wohl schon früh auf die Idee, schwimmfähige fellbespannte Körbe (Curraghs) zu bauen, die noch im letzten Jahrhundert weitverbreitet waren, etwa bei Anglern. Ansonsten gab es natürlich Kontakte mit der damaligen "zivilisierten Welt" der Römer, die bereits auf eine vielhundertjährige Schiffbautradition zurückblicken konnten, die eigentlich aber schon von den Karthagern, Griechen und Phöniziern initiiert wurde. Schiffe allerdings, die mit einfachen Mitteln nicht kopiert werden konnten und deshalb auch keinen Eingang in den germanischen Schiffs- bzw. Bootsbau fanden... *Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nydam-Schiff Zur Abwechslung mal ein Gedicht...: "Der Nordsee Woge klopft hell an die Planken In Rom blühen Kirschen Als der Nebel heraufzieht schreien Vögel Augen suchen die Spur des entgleitenden Schiffes Dunkel senkt sich der Himmel herab Nicht nur an Frieslands Küsten, auch über Rom Sturmmövenschrei zerteilt Gefühle in Furcht Römische Flotten mit Kurs auf den Nordschein." (Zum Flottenvorstoß bis Kap Skagen im Jahre 5. Aus H.D.L. Viereck: Die römische Flotte, Classis Romana)
 
Besteht hier eigentlich ein gewisses Interesse am mittelalterlichen Schiffbau...?
 
Aber Hallo besteht da Interesse. Selber Segler (Jolle und Dickschiff) und mit begrenzten Erfahrungen im Bootsbau (Stitch and Glue mal selbst gebaut und in der Marine-Zeit ein Praktikum bei A&R in Bremen gemacht). Natürlich auch schon einmal vom Bau einer Knorr geträumt ... aber naja, dafür reicht weder das Geld noch das Können. Aber Interesse am Thema ist definitiv vorhanden. Gruß Alvar
 
Informativer Thread, danke dafür... :) Wer sich für den Schiffs-Modellbau, vor allem für den Historischen, interessiert, dem möchte ich folgendes Werk empfehlen...: "Historische Schiffsmodelle" von Wolfram zu Mondfeld Einband; Orbis Verlag; ISBN 3-572-00847-6 Und nicht das jetzt ein falscher Eindruck entsteht, es geht dabei def. NICHT um einen Plastic-scale Modell-Katalog, sondern um historisch authentische, selbstgebaute Holzschiffsmodelle, wie sie auch teilweise in vielen Museen zu bewundern sind... Darüberhinaus geht es auch nicht nur ausschließlich um den Bau solcher Modelle, sondern dieses Werk klärt dabei auch umfangreich über die "speziellen" Begriffe, die bei vielen "Landratten" ;) ^^ immer wieder ein fragendes Stirnrunzeln hervorufen (siehe auch ein paar Posts weiter oben ;) ^^ ), sowie über die verschiedenen Ruder, Ankertypen, Takelagen, Gallionsfiguren, Heckverzierungen etc. und vieles mehr, auf... Und, was ich persönlich sehr mag, es beschränkt sich absolut nicht auf die imposanten Großschiffe, sondern es behandelt ebenso ausführlich das Thema Lastkähne, Gebrauchsschiffe, Beiboote (Gig, Kutter, etc.), sowie auch die verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten im Schiffsmodellbau (siehe z.B. Edgar´s Avatarbild, ein Spantschnitt Modell...) Um es kurz zu sagen, es ist nicht nur ausschließlich ein Werk für Modellbauer, sondern kann auch ohne weiteres als allgemeines Einstiegswerk für alle, die sich für historischen Schiffbau Interessieren, herhalten... :) LG Halfdan Horntrinker
 
Es gibt dazu einige Fachliteratur, die ich dir aber erst heute Abend empfehlen kann, da ich gerade auf Arbeit bin.
Auf Deine Ankündigung würde ich gerne mal zurück kommen... Im Februar habe ich eine Veranstaltung, für die ich mir nun doch allmählich mal ein Modellbau-Projekt suchen sollte. Wenn Du also was aus dem alamannisch-fränkischen Bereich findest, wäre ich Dir super dankbar. Ich hab hier auch schon einen Link gefunden (Quelle: Archaeologie-krefeld.de) http://www.archaeologie-krefeld.de/news/SchiffeMittelalter/flussschiff.htm Schöne Feiertage!
 

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