So, jetzt muß ich mal eine Lanze für die Museen brechen: Diese Wasserleitungen sind nicht so selten wie man meinen könnte, in Lübeck liegen/lagen 9.300 Meter Wasserkunst unter den Strassen. Dendrochronologisch und über Archivalien datiert vom späten 13. bis Anfang des 16. Jh., allerdings weiter unterhalten bis in die Mitte des 19. Jh (ab 1867 Einführung von gusseisernen Rohren). Literatur: Georg Schmidt, Eine hölzerne Wasserleitung ... in: Lübecker Schriften zur Archäologie und Kulturgeschichte Bd. 24, 1996, S. 309 ff. Museen sind in der Kulturverwaltung oftmals die Bereiche, in denen massivst gespart wird. Museen sind keine Pflichtleistungen wie der Sozialbereich der Kommune, das ist eine Kannleistung. Und wenn sich das Museeum nicht lautstark meldet und eine entsprechende Lobby aufgebaut hat, wird es immer weniger Personal halten und attraktive Veranstaltungen anbieten können. Das schliesst die Lagerung von Exponaten ein. Wenn für großvolumige Objekte kein Raum vorhanden ist, muß der Kustos abwägen: ist das ein Essential oder kann das weg. Niemand, der verantwortungsvoll mit Exponaten umgeht, tut das leichtfertig. Es ist daher bezeichnend, dass andere Sammlungen die Übernahme der Wasserrohre ebenfalls abgelehnt haben. In diesem Falle meine ich mich erinnern zu können, dass diese Wasserleitungen sogar schon publiziert sind. (Ich habe gestern in der Bibliothek gesucht, aber außer dem Nachweis für Lübeck, den aber mehrfach, nichts gefunden.) Man könnte sich ggf. noch darüber streiten, ob man die relevanten Teile (Verplombung, Absperrvorrichtung) rausschneidet und nur diese Teile einlagert. Aber mal ehrlich: nur weil ich eine Kindkeitserrinnerung an die Wasserleitungen habe, macht diese nicht zu einem unersetzbaren Kulturgut. Bei archäologischen Grabungen, gerade bei frühneuzeitlichen Siedlungsgrabungen kommen oftmals einige Tonnen (1000 x 1 kg) Scherbenmaterial zu Tage. Interessant sind die Randscherben, der Rest wird noch gezählt und dann? Restaurieren? Erhöht das Verpackungsvolumen exorbitant - siehe oben und ist unbezahlbar! An den "interessierten Laien" abgeben? Na klar, dann tauchen in einigen Jahren Sammlungen von Scherben an völlig fremden Standorten auf - ich liebe diese Nachlässe, am besten unbesehen in die Tonne. Und gerade kleine Museen leiden unter Schenkungen: Da wird für die "Heimatstube" Omas altes Bügeleisen abgegeben. Toll, ich bin das rostige Ding los, diesen alten Staubfänger, aber im Museeum will ich es sehen, mit dem Zettel dran "Schenkung von MIR". Nur dumm, dass das Museum schon drei Stück davon in der Schausammlung stehen hat (mit Zettel dran), das war ein Standard-Modell, das hatte jede Hausfrau am Ort. Und wenn dann nur eines dasteht, heißt es dann: Die stellen MEINE Schenkung nicht aus, diese undankbaren Gesellen, die kriegen nichts mehr von mir! Ein undankbares Geschäft für die Museumsleitung... Noch ein Hinweis: Museen zeigen in der Regel weniger als 10% ihres Bestandes. Man könnte den Rest sicherlich verkaufen, nur würde dann noch jemand dem Museum eine Schenkung übergeben, wenn das Risiko besteht, dass diese auf dem Kunstmarkt landet? Das könnte auch Begehrlichkeiten der Kulturverwaltung und Anderer wecken: Verkauft doch Euren alten Mist, dann könnt Ihr: - Euer Personal halten, - neue Objekte kaufen, - die notleidende Kulturverwaltung unterstützen, - Ach übrigens,Ihr habt doch das süße Bildchen da, ich hätte Interesse dran, wolle mir mache Geschäft? (Boshafte Unterstellung, wird niemals vorkommen...) Manchmal ergeben sich Gelegenheiten für Ausstellungen, wo auch diese Objekte mal zum Zuge kommen. Museen sammeln nicht in erster Linie zu Ausstellungs-, sondern zu Dokumentationszwecken! Und wer da zu spät kommt, den strafen die fliegenden Preise des aktuellen Kunstmarktes. Gruß vom Pfaffenbrunner, seit dreissig Jahren in diesem Geschäft unterwegs... :kopfstreichel