Ich bin da sachlich eher bei Jehanne. Klösterliche Strenge war (und ist) kein überall und immer im Orden gleiches Absolutum. Je nachdem welche Leute zuständig sind (Äbtissinen, zugeordnete Geistliche, Äbte der zugeordneten Klöster) und aus welchen Umfeld diese ihre Ausbildung haben, können vor 1250 sehr unterschiedliche Handhabungen der Klausur angetroffen werden. Das ändert aber nichts am Ideal. Das Ideal der klausurierten Nonne, ist, dass sie im Kloster nach einer Regel lebt und außer zu ihrem Beichtvater und vielleicht den Zelebranten der Messen zu keinem Mann Kontakt hat. Das Ideal der nichtklausurierten Schwester ist, dass sie in einem Stift nach einer Regel lebt und zu Männern nur wenn nötig direkten Kontakt hat. Je höher man als Frau dann in der Gemeinschaft steht, desto eher kann sie sich von diesem Ideal wegen "Sachzwängen" (echten oder konstruierten) entfernen, ohne ihre Glaubwürdigkeit oder ihren Status zu verlieren - man hat sozusagen per Stellung ein "Heiligkeitskapital", das ihr weniger akzeptierte Verhaltensweisen erlaubt. Und Kraft dieses Status und Kapitals kann man dann natürlich auch Mitschwestern auf Reisen schicken - nach den Regeln in dem Rahmen, den Jehanne schon genannt hat. Speziell beim Thema Kreuzzug - noch spezieller bei Templern und Hospitalern - habe ich aber Bedenken. Auf einer so weiten Pilgerreise sind die Ordensregeln praktisch nicht einzuhalten. Mag sein, dass Nonnen mit zogen, die hätten dann aber wohl danach ordentliche Probleme in Konventen als gleichberechtigte Schwester/Nonne angesehen zu werden und somit zwischendurch den klösterlichen Lebensablauf "aufzufrischen". Man ist, für was man gehalten wird: Selbst mit Fürsprechern werden sich fremde Konvente querstellen reisende Nonnen als "echte Nonnen" anzusehen. Auf kleinen Reisen kann die Äbtissin mit Briefen die Stationen informieren. Auf einer Jerusalemfahrt nicht. Hinzu kommt, dass es aus mittelalterlich-theologischer Sicht schlicht keinen Sinn macht als Nonne/Schwester nach Jerusalem zu pilgern. Man sitzt als Magd/Eheweib Christi doch schon am Seelenheilsquell schlechthin - man produzierte davon soviel, dass man es sogar gewerbsmäßig weitergab (=Stiftungen für Gebete). Dieses Seelenheil riskiert man nicht um eines unsicheren anderen Heils willen. Wer Nonne wurde, hatte es aus seelenheilsökonomischer Sicht schon gewonnen. Eine klar definierte Aufgabe einer Ordensoberen und schützende Begleitung mag als Bürde angenommen werden, aber aus Eigeninitiative den eigenen Status durch längere Klosterabsicht zu gefährden, ist nah an Hochmut und Häresie. Beides sind Vorwürfe, die natürlich noch nicht auf den Scheiterhaufen führen, aber ohne den vorher bestehenden Ruf großer Frömmigkeit und eines großen Namens z.B. durch hochstehende Verwandtschaft zu gefährlich sind, um ignoriert zu werden (herausragende Äbtissinnen wie die mit vielen wichtigen Leuten in Briefkontakt stehende Hildegard konnten sich so etwas erlauben). Bernhard von Clairveaux sieht den Ursprung aller Sünden in der curiositas, der Neugier. Ritterorden fallen aus dem Rahmen und sind wesentlich aktiver als klausurierte Männerorden. Aber auch der später noch viel aktivere und öffentlichere, menschennahe Franziskus von Assisi hat für Frauen ein Ordensleben in der rigorosen Klausur empfohlen. Das Gegenstück zu den Franzsikanern sind nicht etwa die (aus dem dritten Orden, also den Laienverbünden entstandenen) Franziskanerinnen, sondern die heute noch weggesperrten Klarissen. Ich sehe keinen Grund warum strenge Männerorden - was die Ritterorden und frühen Zisterzienser ja waren - bei Frauenorden nicht dieselbe Strenge angewendet haben sollten. Nur eben im Bezug auf das Frauenordensideal. Templerinnen mögen in ihren Häusern verwundete Templer versorgt haben und Hospize geführt haben, ja sogar direkt an Templerkomtureien angebaut haben, aber deswegen müssen die Templer sie noch lange nicht mit auf Reisen oder gar Heerzüge genommen haben. Um diesen Punkt zu vertiefen: Templer/Hospitaliter gehen nicht auf Pilgerreise nach Jerusalem. Sie sind nicht in erster Linie als Pilger im Heiligen Land. Eine größere Gruppe Ordensritter ist meiner Ansicht nach fast immer entweder in einer Ordensniederlassung oder auf einem Kriegszug anzutreffen.Templerinnen oder Zisterzienserinnen mögen als Pilger ins Heilige Land kommen, oder dort in einem Kloster sein - sie sind nicht auf Heereszügen dabei. Wie man es dreht und wendet in einem Heerlager treffen sie sich nicht. Und zu guter Letzt der praktische Punkt: Templer sollten nicht mit Frauen reden, Zisterzienserinnen nicht mit Männern. Der einzige erlaubte Ausnahme- und Verknüpfungspunkt ist der Kaplan. Die Trennung zwischen Männer- und Frauenorden, auch wenn zusammengehörend, ist so groß, dass es letztlich zwei Lager sein müssten.