Trageweise von Gambesons

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Es wurde schon sehr viel gesagt, deshalb geh ich nur mal auf die Theorie mit Gambi über Kette ein, die mir bisher auch bekannt war. Ich habe mal eine Aussage gehört, dass ein Pfeil, der von der Seite kommt sich in den Stoffbahnen verfängt und deshalb nicht seine volle Kraft entfallten kann und deshalb am Kettenhemd stoppt, während er auf einem Kettenhemd seine gesammte Kraft auf einen Ring entfalltetn den sprengt und kanalisiert in den Körper eindringt. Was meinen die Ballistiker von euch dazu? Im übrigen, ich hab mit der Katrin Kania mal diskutiert über Gambesons im 13. Jh. Sie ist der Meinung, dass das damals noch nicht Schicht um Schicht Leinen war sondern gepolstert mit Tierhaar, Wollresten und im Nordischen Raum sogar mit Walrossborsten. Also alles was irgendwie ging. Die Leinenlagen kamen erst sehr viel später (waren aber auch effektiver gegen Pfeile, so die Verknüpfung zum ersten Absatz). Ich dachte sogar auf dem Teppich von Bayeux Bischof Odo mit einem Gambeson über der Kette gesehen zu haben. Ist aber sehr lange her, dass ich mich damit befasst habe und damals war ich noch sehr grün hinter den Ohren. Ich trink jetzt drei - vier - zehn Kaffee und dann schau ich nochmal genau nach. ;)
 
ich finde diese Diskussion gerade total interessant, denn im letzten Teil der Hebammenbücher von Sabine Ebert beschreibt sie, wie zwei junge Kreuzfahrer durch einen Fluss schwimmen müssen und zwar an die Pferde geklammert und voll gerüstet, da sie Angriffe erwarteten. In der Beschreibung geht es weiter, das der eine mit Schrecken denkt, dass sie auf der anderen Flußseite schnell aus dem Gambeson raus müssen, weil der bretthart wird und sie dann nicht mehr aus dem Kettenhemd kommen. Das könnten sie zum Schutz wohl weiter anbehalten, denn Rost ist nicht so schlimm, das geht mit Sand wieder weg. Beim Lesen hatte ich gleich verschiedene Bilder im Kopf - also erst aus dem Hemd, dann aus dem Gambeson, dann Hemd wieder an... Macht einen aber dann für die Zeit des Umziehens sehr angreifbar. Gambeson vielleicht über dem Kettenhemd (so klang ihre Beschreibung) das kam mir komisch vor, hätte aber das Umziehen wesentlich erleichtert und es wäre noch ein Schutz gegen die Angreifer da gewesen. Also, ich bin gespannt, was hier noch weiter geschrieben wird! Viele Grüße Susanne
 
nach längerem grübeln... Jetzt nur mal so von der Überlegung her, was mir folgende Trageweisen für einen Vorteil verschaffen: a) Gambeson unter dem Kettenhemd Das Kettenhemd fängt Schnitte und zum geringen Teil leichte Stiche ab, während der Gambeson vor der Wucht des Schlages schützt. Ergo habe ich hier einen guten Schutz vor Attacken, die vor allem im Nahkampf vorkommen (wobei natürlich keinerlei ausreichender Schutz gegen kraftvolle Stiche und schwungvolle Hiebe mit Wuchtwaffen besteht). Außerdem habe ich einen nicht so hohen Verschleiss des Gambesons durch Schnitte. b) Gambeson über dem Kettenhemd Der Gambeson schützt gut vor punktueller Krafteinwirkung (dies zum gewissen Maße, siehe hierzu Jungrabans Beitrag bezüglich der Wirkung von Geschossen), während das Kettenhemd den Träger vor Schnitten bewahrt, die durch den Gambeson dringen. Außerdem wird das Kettenhemd mit einer weniger großen Beanspruchung belastet, als wenn ich es über dem Gambeson trage. Wenn ich mir hier die Vor- und Nachteile ansehe (auf deren Vollständigkeit und Korrektheit ich allerdings keinen Anspruch erhebe), dann frage ich mich ob die Trageweise nicht doch möglich wäre und viel mehr etwas mit der "angestrebten" Position im Kampf zu tun hat. Ein Verteidiger hinter den Burgmauern wird wohl eher weniger damit rechnen von einem Schwert getroffen zu werden als von einem Pfeil, während ein Ritter vor allem im Nahkampf steht und dadurch auch mehr vor Schnitten als vor Pfeilen geschützt sein muss. Ergo haben ja beide Varrianten ihren Sinn. Und wenn man sich die Bilder der KfB ansieht, dann bestägt sich mir auch irgendwie der Eindruck. Könnt ihr mir folgen, oder wandel ich auf abwegigen Pfaden? mfg
 
Ja auf diesem Blatt http://www.themorgan.org/collections/swf/exhibOnline.asp?id=246 glaube ich aber auch den Beweis für die Tragweise Gambi unter Kette zu sehen. Schaut euch doch mal den Herrscher (Bildmitte links) und den mit Schild vor Ihm knieenden Ritter an beide habe den Gambi-Kragen sichtbar unter der Kette und ich vermute mal man trug nicht nur den Krage allein sondern ein ganzen Gambi.
 
Es ist balistisch gesehen genau andersrum wie du es beschreibst. Ein Pfeil wird durch das Kettenhemd schlagartig mit gleicher härte gebremst wie er selbst fliegt. Der Gambeson muss dann nur noch ein ganz kleinen Bruchteil der Flugenergie des Pfeiles abfangen. Wäre es andersrum, würde der Pfeil einfach durch jede Art von Gambeson schlagen und die Spitze durch die Ringe im Kettenhemd in die Haut eindringen, denn Stoff, egal, welche Webart oder Konsistenz, würde niemals einen Pfeil, auch nur von einem 20lbs Bogen, in irgendeiner Form nennenswert abbremsen.
Nur zur Info: Vor kurzem kam ein interessanter Bericht über Bogenschützen im Mittelater im Fernsehen und hier wurde auch der Gambesson behandelt. Viele Bogenschützen waren lediglich mit einem Gambesson bekleidet (ohne Kette). Lt. diesem Bericht gibt es einen Fund (Quelle weiß ich leider nicht mehr) eines Gambessons mit 21 Lagen Leinen die miteinander verklebt gewesen sind.. Lt. diesem Bericht konnte ein Pfeil diese dicke Leinenschicht nicht durchdringen. Ich konnte da nicht glauben und wir haben dann den Test gemacht. Wir haben auch mehrere dicke Leinenschichten übereinander leicht mit Leim verklebt (nicht viel - nur so dass sie zusammenhalten) und dann einen Beschußtest durchgeführt. Bis 18 Lagen gingen die Pfeile durch. Jede weitere Lage hielt den Schuß komplett ab. Als Bogen haben wir einen Langbogen mit 65 lbs verwendet. Entfernung 10 m. Grüße TvH
 
Das es im Mittelalter einen Körperschutz aus verklebten Leinenschichten gab ist mir neu.Das kenne ich nur aus der Antike und nannte sich Linothorax. Es mag durchaus sein das man einen Gambi ich über dem Kettenhemd tragen kann.Die Bilder sind ja interessant.Aber welchen tragekomfort soll ich davon haben? Kettenhemden ohne eine Polsterung darunter zu tragen kann sehr schmerzhaft sein. Ein schlag auf das Kettengeflecht treibt die Ringe in das Fleisch. Auch ein Schnitt oder besser gesagt ein Hieb der durch das Kettengeflecht durch geht würde sofort ins Fleisch schneiden.Mit einem Gambi darunter wäre man geschützt. Steht man mit dem Kettenhemd in der Sonne können sich die Eisenringe so aufheizen das man sich verbrennt. Außerdem denke ich unter dem Kettenhemd sicher noch eine art Gambeson getragen wurde. Vielleicht sieht man auf den Bildern ja einfach nur einen zweiten Gambi.Also Gambi-Kette-Gambi. Und die Römer trugen sehrwohl unter (hier liegt die betonung auf UNTER) der Lorica Hamata einen zusätzlichen Schutz der auch polsterte der Subarmalia genannt wurde. Ein aus mehreren Leinenlagen abgesteppt und gefütterter ärmelloser Körperschutz wie ein Gambi.Auch zb die Venatoren die Jäger die Löwen,Bären usw für die Arena jagten trugen diesen Schutz.Desweiteren trug man die Subarmalis auch wenn man im befriedeten Gebiet Wache schob.Das waren dann leichte Wachdienste ohne kompletter Kriegsausstattung.Ist zb für den Limes belegt. Der Grund warum die meisten Römerdarsteller keine Subarmalia tragen ist reine bequemlichkeit (außerdem sieht man Fett darin aus) oder die schlechte recherche und weil man ja bei anderen auch sieht das die keine tragen. Aber standart in der Legion war die Subarmalia sehrwohl.
 
Außerdem möchte ich hier nochmal auf Historia Vivens verweisen, die wirklich peniebelst recherchieren und ihrer Darstellung eines Ritters. Man könnte ja mal bei ihnen anfragen was sie von der Gambi über Kette Theorie halten oder was sie dazu sagen können.Der Andreas Bichler weis da bestimmt einiges.
 
Ich will die "gewöhnliche" Trageweise ja nicht verteufeln. Fakt ist, dass diese Männchen mit dem Gambi ÜBEr der Kette ausnahmen und nicht die Regel sind. Die Idee von Nikolaus gefällt mir. verknüpft mit der Variante eines verklebten "Spezial gambis" würde das für mich bedeuten, dass ich gerade bei Beschuss meine Kette Schütze, die höchstwahrscheinlich mit löchern daraus ginge. Das würde für mich bedeuteten, dass Gambi nicht gleich Gambi ist. wenn Gambeson nur eine textile Polsterung für den Oberkörper meint, gibt es da denke ich verschiedene Ansätze, die ja auch aus den wenigen Funden bzw Textquellen ersichtlich sind (wobei diese zumeist aus dem SpäMi sind...). Vielleicht konnte also der einzelne Kämpfer, je nach seinen Prioritäten und seiner Position/Aufgabe im Heer eine Individuelle Kette/Gambeson Kombination tragen, sofern er über das nötige Kleingeld verfügte. Leider ist das schlecht nachweisbar und deshalb nur meine Spinnerei. @Renatus: Danke für den WInk mit dem Zaunpfahl!^^
 
Was Gambi über der Kette bei Historia Vivens angeht kann ich auch schnell Antworten. Ich hatte die Jungs nämlich mal gefragt warum die gepolsterten Diechlinge ÜBER die Kettenbeinlinge kommen. Die Antwort war wirklich um einen Pfeil "unschädlich" zu machen. Während man reitet ist das Bein angewinkelt und genau das ist die optimale Postition für die Kombination Gambi Über Kette. Der Pfeil trifft nicht in einem optimalen 90 grad Winkel auf und durchschlägt die Rüstteile nicht. Aus balistischer Sicht kann ich es dir leider nicht erklähren. Ich weiß jedoch das es nur dann funktioniert wenn der Pfeil nicht im 90grad Winkel auftrifft. Durch den angeschrägten Aufprallwinkel hat das Geschoss ja nun auch eine viel dickere Schicht zu überwinden. Es wäre möglich das es darin viel an Energie verliert, letztendlich auf das Kettengeflecht darunter stößt und das dann nicht mehr durchschlagen kann. Laut Historia Vivens kamen diese Diechlinge etwa Zeitgleich mit dem Plattenrock, der dann wiederrum den hier umstrittenen Gambeson über dem Kettenhemd abgelöst haben könnte. Aber das ist meine eigenen spontane Spekulation.
 
Also....ich habe noch ein wenig geforscht und bin auf folgenden Fakt getroffen. Im englischen Raum gab es während des Rosenkrieges die Kombination Gambi ÜBER Kette, DOCH.... da im Rosenkrieg nicht alle Kämpfer mit einem Waffenrock ausgestattet waren und "Engländer" gegen "Engländer" gekämpft haben und so die Rüstungen weitgehend gleich aussahen, gab es einige "schlaue" Leute in der Armee, die vorschlugen einfach den Gambi über den Letten zu tragen, um im Gefecht nicht versehentlich einen eigenen Soldaten hinterrücks zu erschlagen. Soweit dazu noch :p Quelle ist laut eines Bekannten "The Morgan Picture Bible" der "The Morgan Library & Museum" (New York)
 
Mhm... das klingt mir irgendwie unlogisch. Wenn das der einzige Grund dafür war und es keinen praktischen Nutzen hatte, hätten sie auch gleich sagen können Die einen kämpfen mit Rüstung, die anderen Nackt, dann kann man sie gut auseinander halten. Ich denke nicht, dass eine Kriegspartei aus "Erkennungsgründen" Die SOldaten falsch herum anziehen würde... da steckt denke ich mehr dahinter.
 
Ich verweise nochmal auf den lieben Eschenbach. Da zog der brave MarkGraf die Rüstung eines getöteten Feindes an und nahm sein Pferd. Seines wurde im Kampf erschlagen und die Rüstung war auch besser als die seine. Kaum zu glauben denkt man an das Byssus Leibhemd. Das Problem. Nun erkannte ihn nicht mal mehr seine eigene Frau, welche die Stadt Orange verteidigte. Es war also üblich das man die Rüstung wechselte, sogar während der Schlacht. Interessant übrigens, das des Markgrafen Frau die Stadt voll gerüstet verteidigte.Zusammen mit ihren Jungfrauen und Zofen. Diese waren ebenso gerüstet Und Eschenbach erwähnt speziell deren Senftenier, welches ihnen so guten Schutz gewährte, das er sogar einen Falken dafür gegeben hätte. Übrigens gibt es auf dem Teppisch sehr wohl auch Bogenschützen in Kette. Aber auch ohne. Es ist zu bemerken, das jene in Kette auch mitten in der Schlacht stehen. Linothorax benutzten die Griechen. Alexander war damit wohl sehr erfolgreich.
 
ich finde diese Diskussion gerade total interessant, denn im letzten Teil der Hebammenbücher von Sabine Ebert beschreibt sie, wie zwei junge Kreuzfahrer durch einen Fluss schwimmen müssen und zwar an die Pferde geklammert und voll gerüstet, da sie Angriffe erwarteten.
Nun ja, ich kenne diese Bücher jetzt nicht und weiß nicht genau, wie gut sie recherchiert sind. Aber ich weiß, dass viele Reenacter ihre Rosshaar-Gambis durchaus mal in die Badewanne schmeißen, wenn sie zu dreckig werden. Von einem Wolkenbruch beim Lager ganz zu schweigen. Und dass die dann "bretthart" werden, ist mir jetzt neu... bisschen steif vielleicht, aber bretthart? Meines Wissens sind sie das eher, wenn sie neu sind. Ich persönlich trage zwar noch Carbone mit Polytieren drin und habe das daher nicht am eigenen Leib getestet (ja, es ist was anderes geplant, aber das ist nunmal erst meine zweite Saison und das Hobby ist teuer) aber wie gesagt, genug Freunde und Bekannte schon. Von daher überzeugt mich dein Argument jetzt nicht so richtig. Vom Kämpfen her und vom Tragekomfort her halte ich eigentlich Kette über dem Gambi (und dann evtl. was dünnes drüber gegen die Sonne) für sinnvoller, da, wie schon gesagt, das Metall sonst sehr drückt und auch bei Schlägen zu sehr gegen den Körper gedrückt wird. Allerdings halte ich angesichts der hier gezeigten Darstellungen durchaus für möglich, dass es als Variante auch Kette unter dem Gambi oder sogar, wie hier vorgeschlagen, Gambi - Kette - Gambi gab. Vielleicht ja auch, weil man irgendwas erbeutet hatte, das nur fast passte, und es andersrum einfach nicht ging? Ist natürlich nur eine wilde Theorie.
 
Ich bin irgendwie von Anfang an davon ausgegangen, dass Gambi ungleich Gambi ist. Ich meine: in den paar hundert Jahren zwischen Kreuzzügen und 100jährigem Krieg wird man wohl verschiedene Typen entwickelt haben, die für verschiedene Nutzungen verschieden geeignet waren, oder nicht? Dass eine gesteppte Textilrüstung um 1100 in Dänemark mit Werg und Walroßborsten gestopft, um 1300 unter dem Reiterkettenhemd mehrere Lagen Leinen und Wollfilz, zur selben Zeit beim Fußsoldat ohne Kettenhemd einfach x Lagen Leinen und 1450 nur noch drei Lagen Leinen mit Schulterpolsterung aus Roßhaar - all das schließt sich doch nicht gegenseitig aus. Die weiche Polsterung unter dem Kettenhemd alleine zu tragen macht weniger Sinn, als eine tendenziell gleich aussehende Rüstung deren 10 Lagen festes Leinen auch ohne Verkleben schon ordentlichen Schutz bieten. Und natürlich kann man auch Polstergambeson+Kettenhemd+Rüstgambeson tragen. Denn die perfekte Rüstung gibt es sowieso nicht. Rüsten ist doch immer ein Kompromiss aus Schutz, Beweglichkeit und Kosten, der je nach Lage anders ausfallen kann. Ein 10-Lagen-Leinen-Panzer schützt vielleicht nicht gegen Pfeilbeschuss aus 10 Metern oder der Reiterlanze aus dem vollen Galopp, aber vor vom Helm abprallenden Schlägen, verirrten Pfeilen, schnellen Rückhandschlägen und er ist dabei billig und leicht. Ich gebe zu: Von Ballistik und Physik allgemein habe ich keine Ahnung. aber es geht nicht um absoluten physikalischen Schutz, sondern um relativen. Sich dank Schild/Kampfkunst nicht direkt treffen lassen ist immer noch die beste Wahl. Erst dann kommt die Rüstung. Zu C45H:
Quelle ist laut eines Bekannten "The Morgan Picture Bible" der "The Morgan Library & Museum" (New York)
Klassischer Zirkelschluss! " The Morgan Picture Bible" ist nur ein anderer Name für die Kreuzfahrerbibel (auch Maciejowski-Bibel oder gleich Ms M. 638 der Piermont Morgan Library, New York genannt) und aus der sind alle oben geposteten Bilder inklusive dem Threadaufhänger. Da kämpft ach kein Engländer gegen Engländer: Alles altes Testament. Dein Beispiel hört sich eher wie eine klassische Kriegslistgeschichte aus einer Rosenkriegschronik an, die man im Morgan Museum mit den hier besprochenen Abbildungen verknüpft hat und damit Informationen über die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Bildern aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts belegt hat. Dasselbe Vorgehen, dass uns schon in dieser Diskussion nicht weiter gebracht hat. Zu Jungraban: Ich liebe WvE und Willehalm gehört dringend verfilmt, aber: Achtung! Von "üblich" zu sprechen, weil ein Romanheld etwas tut (zur Erinnerung: Derselbe wird diese Rüstung während den folgenden Wochen nicht ausziehen, einen Heiden als Knappen aufnehmen, sowie seinen König und dessen Gemahlin übel anpflaumen - war das üblich?) halte ich für gefährlich. Es war vielleicht vorstell-/denkbar, aber vielleicht auch ein Mittel um Exotik, Besonderheit, die große Not zu illustrieren. "Boah, der ist wirklich am Arsch. Erst verliert er alle seine Ritter inklusive seines Lieblingsneffen und jetzt muss er auch noch die Rüstung eines anderen Anziehen, um durch die feindlichen Reihen zu kommen. Und die Frauen müssen die Burg verteidigen... echter Ausnahmezustand, da brennt die Luft!" Ebenso bei dem Seidenhemd: Sobald etwas im mittelhochdeutschen Roman mehr als drei Verse beschrieben wird (was bei dem Hemd wohl der Fall sein wird), bin ich sehr geneigt diesen Gegenstand als herausragend und nicht alltäglich zu betrachten. Seine Einzelteile und Funktionen können auf realen Vorbildern beruhen, oder aus bekannten Geschichten übernommen sein (zum Beispiel über die Hunnen, von denen der gut unterrichtete Adelige wusste, dass sie solches Taten...), das Gesamtobjekt aber dürfte meist ziemlich fiktiv oder zumindest sehr exklusiv sein - so wie die Autos von James Bond. (Überhaupt finde ich, dass die James Bond Filme einen guten Vergleich für mittelhochdeutsche Romane bilden.) Worauf ich hinaus will: Textilrüstung über einem Kettenhemd (mit Textilpolsterung drunter oder nicht) zu tragen war zumindest um 1250 vorstellbar. In bestimmten Situationen wird es auch sinnvoll gewesen sein. Dies negiert andere Trageweisen nicht. Ebenso sind verschiedene auf die jeweilige Nutzung abgestimmte Konstruktionsweisen denkbar und aus den verschiedenen sich scheinbar unterscheidenden Konstruktionsbeschreibungen wahrscheinlich.
 
AMEN! Das hätte ich nicht besser Sagen können, Heldensohn. Das ist doch schon ein guter Schlusssatz für einen erfolgreichen und konstruktiven Thread... Ich habe bisher nämlich vergeblich nach Interpretationen für diese Abbildungen gesucht, mir scheint, dass die gerne mal aus bequemlichkeit übergangen werden, weil man sonst den Kanon in frage stellt. Jaja... es gibt verdammt faule Historiker, und einige hätten besser Romanautoren werden sollen, mit ihrer Fantasie.
 
Schließ ich mich gerne an. Und ja ich bin mir durchaus bewußt wie eine solche Geschichte zu nehmen ist. Gerade Willehalm durfte er ja auch nicht zuende schreiben. Gehört unbedingt verfilmt. Machste mit Heidensohn? Man kann ähnliche Aussagen auch im Rolandslied finden, in Parzivall und und und. Und das Rüstungen von Gefallenen genommen wurden, war üblich. Kann man auch aufm Teppisch schon sehen.
 
Mir fiel vor allen Dingen bei einigen Bildern auf, daß teilweise das Fußvolk zweiteilige Gambesons trägt. Vor kurzem konnte ich mich auch auf einem Markt mit jemandem unterhalten, der dieses nach den Abbildungen aus besagter KfB rekonstruiert hat ( Er ist Experimentalarchäologe). Dabei handelte es sich um einen langen Gambeson untendrunter und einer Art lange Weste mit diesen "Zungen" darüber. Beide Teile für sich alleine waren nicht sehr ****, aber diese Zweiteilung garantierte eine hohe Beweglichkeit, die sich angenehm von den üblichen Einteilern abhob. Der Schutz im Torsobereich und den Oberschenkeln war durch die Addition beider Teile genauso **** wie bei einem Einteiler. Am Hals hatte der untere Gambeson wie auf den Bildern einen dicken Halsschutz. Am genialsten aber fand ich die Vernähung: So gesehen wurden für beide Teile je 5 Lagen Leinen benutzt. Alle Lagen natürlich über Kreuz. Außen 2 Doppellagen, dann die Fülllage und schließlich die inneren 2 Lagen. Die Fülllage war jeweils in der Breite der Steppung 4 mal zieharmonikamäßig gefaltet und hatte dadurch regelrecht eine Art Luftpolstereffekt. D.h. daß als Polsterlage 4 mal soviel Stoff benötigt wurde und man pro Steppnaht 8 Lagen erhält. Zudem wird die Schlagenergie eines Treffers noch viel großflächiger verteilt als bei einem gestopften Gambeson. Hierzu nahm ich als Vergleich meinen "GdfB- Extra ****- Gambi" und malträtierte mich mit meinem eigenen Schwert im Torsobereich- Ich will jetzt unbedingt auch so einen Zweiteiler! Für einen Fußkämpfer ist dieses Teil auf alle Fälle hochinteressant. Vollkette bringt nach meiner persönlichen Analyse für mich eigentlich nur dann etwas, wenn man reitet. Und dann den Gambi untendrunter.
 
Ich finde an dieser Diskussion eigentlich besonders lustig, dass ich mich gestern abend gerade mit einem anderen MA-Darsteller über das Thema "Gambesons" unterhalten habe. Es ging zwar eher um das Waschen völlig verdreckter Gambis, aber der Inhalt, den ich aus dem Gespräch gezogen habe, war Folgender: Laut seiner Aussage gab (gibt) es wohl keine Funde, die z. Bsp. Material und Füllung belegen. Wir hatten darüber gesprochen, dass sie meiner Meinung nach mit Rosshaar gefüllt waren. Darauf meinte er, dass man dieses dann nicht hätte tragen können, da sie furchtbar gekratzt hätten. Wenn ich mir nun die Bilder in der KFB anschaue, vielleicht war dies der Grund, weshalb man die Gambis über der Kette trug? Ich denke mal, wenn man Unterhemd + ein etwas dickeres Wollgewand (alternativ Leinen) unter der Kette trug, dann drückte sie vielleicht nicht so ein. Der Gambi darüber dann als zusätzlicher Schutz und zum Abschwächen der Pfeile. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass sich Kette bei starker Sonneneinstrahlung gut aufheizt. Ein Gambi darüber reflektiert die Sonne wieder. Schaut mal, das habe ich noch zum Thema Gambesons gefunden.
 
Moin zusammen, nur mal so als zusätzliche Information. Ab dem späten 14. Jahrhundert (Stichworte: Joppe, Jupon und Jack) wird es immer üblicher die Textilpanzerung über dem Kettenhemd (oder zumindest um den Jahrhundertwechsel auch anderer Panzerung) zu tragen. Da gibt es x Abbildungen und Schriftbelege zu. Die Gründe sind mit zwar nicht vollkommen klar, doch macht die Argumentation des besseren Schutzes gegen Beschuß für mich Sinn, da seit dieser Zeit auch der Fernwaffeneinsatz eine größere Rolle spielt. Die Erfahrungen des 100-jährigen Krieges könnten da mitspielen. Bis denn Thorsten P.S.: Was die Funde angeht: es gibt einige Funde, jedoch erst aus späterer Zeit - sprich ab der zweiten Hälfte des 14. Jhdts. Z.B. der Jupon von Charles the Bold und der von Henry V. waren mit Baumwolle gefüttert, während die in Lübeck existierenden Textilpanzer aus dem 15. Jhdt. aus mehreren Lagen Leinen bestehen. Da gibt es auch einige Schriftquellen zu, die Panzerungen von bis zu 20 Lagen Leinen beschreiben. Es kommt auch drauf an, wozu die Panzerung gedacht war - für z.B. einen Aketon d´Armer - also eine Wattierung unter anderer Rüstung - von Edward III. wurde Baumwolle gekauft, während englische und italienische Quellen die Textilpanzerung aus Leinenlagen als perfekte Panzerung für den Fußsoldaten beschreiben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das meiste wurde denk ich schon gesagt, weil ich allerdings vor ein paar tagen beim informieren über gambesons und aketons über einen artikel gestolpert bin dacht ich, das ich euch an meiner neu erworbenen weisheit teilhaben lassen kann ;) http://www.viatores-temporis.de/info/militaer/gambeson.html ich glaube das meiste das im artikel steht wurde hier auch schon zusammengetragen, aber eventuell nochmal als zusammenfassung ganz interessant :)
 

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