Ungebleichtes Leinen als Unterkleidung

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Firiel

Guest
Hallo, ich hab da mal einen Zweifel bzw. eine Theorie, mit der ihr vielleicht aufräumen könntet... Und zwar: Auf mittelalterl. Illustrationen ist das Untergewand, sofern erkennbar prinzipiell aus weißem Leinen - soweit gut. NUR: Wir wissen, dass die Psalter etc. üblicherweise von Adel & Klerus in Auftrag gegeben wurden, zwei Fraktionen die auch über Geld und sozialen Status verfügt haben; und es ist nichts Neues, dass die Illustrationen aus diesem Grund auch mit Vorsicht genoßen werden sollten. WEIL eben die dargestellte Welt an die "Welt" des Adels angepasst worden ist und nur bedingt die wahre Natur zeigt. Nun ist es ja auch in der Szene gang und gebe bei Untergewand generell von weißem, gebleichten Leinen auszugehen... ... jetzt kommt das große ABER: In dem Buch "Textiles and clothing, c.1150-c.1450" von Elisabeth Crowfoot,Frances Pritchard,Kay Staniland findet sich auf p. 18 unter der Überschrift Leinen, in der die allg. Herstellung von Leinenstoff erklärt wird, folgender Absatz: "The natural colour of linen is brown, and, therefore, it was often bleached to whiten it either before or after weaving. This was a slow process, taking several months to complete, and added considerably to the cost of the cloth." So meine Theorie/Vermutung grade: Im Adel und reichen Bürgertum kommt weißes Leinen sehr wohl in Frage; nicht aber für die einfache Bevölkerung! Was braucht ein Bauer z.b. weißes Leinen, wenn er sich einen mühevollen monatelangen, zeitraubenden Prozess ersparen kann? Und ob er dann viel Geld für gebleichten Stoff auszugeben bereit wäre (mit Ausnahme evtl. für einen Festtags/Hochzeitsstaat)??? Bitte um eure Meinungen/Wissenstände dazu ;)
 
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Ich habe zwar keine Belege dafür, jedoch zweifle ich auch an, dass in den unteren Schichten weißes Leinen genommen wurde. Vor allem, welchen Sinn macht es? All zu oft wurde die Wäsche sicher nicht gewaschen und bei der harten Arbeit, wie lange bleibt dann etwas weiß?
 
Original von Firiel So meine Theorie/Vermutung grade: Im Adel und reichen Bürgertum kommt weißes Leinen sehr wohl in Frage; nicht aber für die einfache Bevölkerung! Was braucht ein Bauer z.b. weißes Leinen, wenn er sich einen mühevollen monatelangen, zeitraubenden Prozess ersparen kann? Und ob er dann viel Geld für gebleichten Stoff auszugeben bereit wäre (mit Ausnahme evtl. für einen Festtags/Hochzeitsstaat)??? Bitte um eure Meinungen/Wissenstände dazu ;)
Hallo Firiel, ich glaube du brauchst gar keine Meinungen mehr dazu, du hast die Frage eigentlich schon selbst beantwortet. Vielleicht hast du ja mal die Möglichkeit Barbara Purruckers "Hochmittelalterliche Bauernkleidung" zu lesen. Eine sehr gute Abhandlung für jemanden der seine Kleidung rekonstruiert und für den "Hobby-Alltag" gebrauchsfähig macht.
 
ok, werd die Augen danach offen halten wenn ich in Ö bin wieder, vielleicht hat das die Nationalbibliothek irgendwo, bzw. die Büchereien Wien (auch wenn ich das bezweifle), danke!
 
Es ist leider genauso ein Vorurteil, dass Leinen der unteren Schichten generell Grob und ungebleicht sein muss..diverse Leinenfitzel zeigen feinste bis gröbste Verarbeitungsqualität. Das generelle Problem ist eh die Erhaltung... durch das schnelle Verrotten von Pflanzenfasern gibt es je weiter man zurückgeht immer weniger Leinen (Aussnahme koptische Textilien, aber hier gehts ja eher um Mitteleuropa) Mein Freund und ich haben auch einige Kleidung aus Leinen für eine einfache Handwerksdarstellung und auch ein Leinenzelt aus ungebleichtem Leinen... allerdings sind die Klamotten von meinem Freund trotzdem fast schon weiß (wir benutzen keine Bleiche im Waschmittel), da er sie öfter anhat als ich... und auch unser Zelt, obwohl wir es auch nur ein paar mal bis jetzt aufgebaut haben, ist schon extrem heller geworden... Da Leinen lange hält bei normalem Gebrauch ist heute nicht mehr wirklich feststellbar, ob ein Bauer etc. es gebleicht genommen hat oder es einfach ausgeblichen ist... so gesehen können die Abbildungen auch durchaus der Wahrheit entsprechen. Und dann ist die Zeitspanne des Buches ja auch sehr lang... Es kann also während des MAs mal so mal so gewesen sein... ich beziehe mich jetzt mehr aus das FMA die genannte Publikation bezieht die sich auf das HMA, oder das gesamte MA?
 
Hallo gulfaxi Fraglich nur ob ein Bauer z.B. extra gebleichtes Leinen erworben hat......., aber insofern hast du Recht dass das Leinen natürlich mit der Zeit von allein ausbleichte. Ob nur grobes Leinen verwendet wurde mag ich nicht bewerten, allerdings wäre feines gebleichtes wohl ein wenig kostenintensiver gewesen. Die Abhandlung bezieht sich aufs HoMi um 1200
 
im FMA gibt es meist an jedem Gehöft auch Leinenverarbeitung, der Bauer produzierte u.A. für sich, aber auch für Abgaben, im HMA ändert sich das langsam (Aufkommen der Zünfte etc.) und dann kann es natürlich auch sein, dass der Bauer im HMA immer weniger für sich produzieren konnte und mehr für den 10ten und im SMA es nur noch spezialisierte Leineweber gab, aber das ist nur eine Vermutung... so könnte weißes Leinen im FMA ja nebenbei gebleicht worden sein... letzlich sind das alles nur Annahmen und man kanns nicht beweisen, Leinenfragmente sind zumeist farblich auch nur noch schwer bestimmbar...
 
wie sah es mit Handwerkern aus? Und ich meine jetzt nicht die vermögenderen, sondern eher die, die grad um die Runden kamen? Bzw. ich ziele ja darstellerisch auf Handwerkersehefrau ab, wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit für Wien eurer Meinung dass sich die gebleichtes statt ungebleichtem Leinen geleistet hat? Immerhin, im Unterschied zum Bauern, saß sie in der Stadt ja nicht wirklich an der Quelle zum Rohstoff. Gibt ja leider selten Abbildungen weiblicher Handwerker/ bzw. Ehefrauen von Handwerkern, sondern in den Zunftbildern ist ja meist nur Mann am werkeln :whistling:
 
richtig Firiel, denn die Frauenunterwäsche ist m.W. nirgends beschrieben und auch selten und dann nur in Ansätzen gezeichnet ( findet man aber in frz. Bibeln um 1250). Bei entsprechendem Interesse kann ich dir gern mal Bildchen geben von der HP meiner Freunde, dann allerdings per PM.
 
Ich habe die gleiche Erfahrung gemacht wie Gulfaxi, nämlich das auch naturfarbenes Leinen bei regelmässigem tragen recht schnell von selber ausbleicht. Ausserdem ist das ausbleiche Verfahren das gleiche, wie es unsere Grossmütter (zumindest meine) noch vor ein paar Jahrzehnten gemacht hat. Nach dem Waschen zum Trocknen raushängen in die Sonne, Wasser und Sonne erledigen den Rest. Gruss, Céline
 
@Celine, das mach ich heute noch so, Karottenflecken, z.B. bleichen am Besten aus, wenn man die Wäsche feucht auf den Schnee legt und wartet bis die Sonne dann den Fleck weggezaubert hat. Der Schnee verstärkt noch die "blendende" Wirkung.
 
Original von Hummelchen @Celine, das mach ich heute noch so, Karottenflecken, z.B. bleichen am Besten aus, wenn man die Wäsche feucht auf den Schnee legt und wartet bis die Sonne dann den Fleck weggezaubert hat. Der Schnee verstärkt noch die "blendende" Wirkung.
...und im Sommer ? oder habt ihr nur im Winter Karottenflecken ??
 
im Sommer lege ich die SToffteile einfach so nass auf den Balkon, funktioniert auch... übrigens gehen so fast alle Gemüseflecken aus Kinderkleidung raus :)
 
Ich selber finde komplett weiss für ein Unterkleid eh nicht gut. Kommt natürlich auf die Darstellung an. da wir im Bäuerlichen stil sind finde ich es besser wenn es etwas naturbelassener ist. Also eher so eine art beige oder so.
 
Hallo in die Runde, wie gut, dass ich diesen Beitrag vor meinem Leinenkauf gelesen habe :). Aber ich konnte noch kein Leinen finden, das wirklich unbehandelt/ungefärbt war. Wo seid ihr fündig geworden?
 

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