Panzerreiter
Well-known member
- Registriert
- 06. Sep. 2010
- Beiträge
- 2.478
- Reaktionspunkte
- 2.253
Das ist doch generell seit langem so ein Trend in diesem Land: Ständig tolle Qualität fordern (es gibt da ein Lied von Reinhard Mey, das ich wärmstens empfehlen kann: "Ich wünsche, ich ford're, ja ich will"), aber nix dafür zahlen wollen. Rentable Fabriken werden ausgelagert, weil man in Hinterwaldistan noch ein paar Kröten mehr Gewinn machen kann. Gelernte Pädagogen bleiben bei Ganztgesbetreuungen in Schulen außen vor, weil die Caritas 1€-Jobber schickt. Und wie gutes Brot schmeckt, weiß auch keiner mehr, weil keiner mehr als 30ct für eine Semmel ausgeben will. Warum sollten Veranstalter da anders sein? Wie schon gesagt, es mag Teilnehmer geben, die auch nix wert sind. Könnte man zwar drüber diskutieren, weil auch deren Zeit endlich, nicht wiederbringlich und somit kostbar ist und auch deren Sprit was kostet. Das ARgument mit dem "Sehen" ist an sich schon richtig gemeint, aber trotzdem gebe ich zu bedenken, dass ich nach dieser Logik bitte ab sofort umsonst in den Zoo möchte, weil ich die Viecher da ja nur sehen kann, die bieten ja nix an. Und solange ich nicht selber auf dem Dürer rummalen darf, möchte ich auch im Museum keinen Eintritt zahlen. Ist also grundsätzlich so unanfechtbar auch nicht, das Argument. Und ob das bloße gelangweilte Rumsitzen der Lagernden den Zuschauer intellektuell unterfordert, wage ich in einem Land, in dem Sendungen wie Big Brother hohe Einschaltquoten haben, auch in Zweifel ziehen. Aber grundsätzlich sehe ich die Entwicklung ebenfalls schon lange skeptisch. Nicht das mit der Doofheit des Volkes, das schon auch, aber daran gewöhne ich mich langsam, sondern das mit den nicht zahlenden Veranstaltern. Das Problem war bei dieser Entwicklung weniger, dass es Veranstalter gab, die gerne nichts bezahlt hätten, sondern dass es genügend Lagergruppen gab, die das mitgemacht haben. Die haben's versaut. Vielleicht gut gemeint, aber trotzdem das System versaut. Genau wie die ganzen Ehrenamtlichen, die sich in sinnvollen Projekten für lau den Arsch aufreißen, damit der Staat die Milliarden lieber notleidenden griechischen Milliardären, Großkonzernen und Lobbyisten in den Arsch blasen kann. Ich gehe auch nicht mehr auf kommerzielle Märkte, schon lange nicht mehr. Als Teilnehmer aus Prinzip, als Besucher nur noch, um dort Leute zu treffen. Und dann nicht in Klamotte, sondern mit Jeans und T-Shirt als Touri des Grauens. 8) (Klappt aber leider kaum noch, mich kennen inzwischen zu viele ;( ) Als Teilnehmer oder gewandeter Tagesgast bloß noch zu Leuten, für die ich das gerne mache. Bei Museen kommt's übrigens drauf an, wie namhaft das Museum ist. Ich sehe nicht ein, das Schlagwort "Bildung" dafür zu missbrauchen, den Leuten ehrenamtliches Engagement abzupressen. Ich arbeite in meiner Profession ja auch nicht umsonst. (wenngleich auch für viel zu wenig, wenn man das in Bezug auf Ausbildungsstandard und Erfahrung mit der Wirtschaft vergleicht) Das Argument, das ich am Anfang dieser bedenklichen Entwicklung von den Umsonst-Fahrern bis zum Erbrechen immer wieder gehört habe, ist das mit dem Hobby. Ich kriege ja auch nichts von den Ösis, wenn ich da zum Skifahren hinführe. Stimmt, aber die bieten mir dafür auch ordentlich Hotels, funktionierende Lifte, eine vernünftige Infrastruktur und zur weiteren Unterhaltung eine drollige Polizei, die sich jedes Jahr neue Gags ausdenkt, die man übertreten kann. Das ist in der Tat etwas Geld wert, zumal ich dort 1. für mich skifahren kann, ohne dabei Publikum zu bespaßen 2. ich derjenige bin, an dem der Veranstalter Geld verdient und nicht der Touri, der mich sehen will Punkt 2 ist der Hauptdenkfehler an dem Hobby-Argument. Mein Hobby ist die Geschichte, nicht das Begafftwerden. Und dass ich stets den Erklärbären gebe, ist nicht etwa meiner unbändigen Lust geschuldet, mir neben den Wochentagen auch noch das ganze WE mit Dozieren um die Ohren zu schlagen, sondern eher dem Umstand, dass ich als Berufsklugscheißer für diesen Job innerhalb der Truppe wohl der geeignetste zu sein scheine. Faules Kameradenpack, jawollja! Ja, ich gestehe, es fällt mir leichter als vielleicht manch anderem, aber die mitunter kolportierte These, ich bräuchte das, um sexuelle Befriedigung zu erlangen, ist so nicht korrekt. Jedenfalls zahle ich nicht noch dafür, egal ob direkt oder indirekt über nicht erstattete Auslagen, in meiner Freizeit meinen Job zu machen. Wobei aber alles Lamentieren nichts dran ändert, dass das Kind inzwischen in den Brunnen gefallen ist und sich die Entwicklung wohl nicht umkehren wird. Weshalb der erste Trend war, dass sich neben den kommerziellen VAs mit sinkender Qualität eine Szene der "nichtöffentlichen Privatlager von hoher Qualität" bildete. Dass bei einigen davon ein nicht unerheblicher Teil der Motivation zur Abgrenzung von der Öffentlichkeit und anderen Gruppen darin bestand, sich gegenseitig zu huldigen, schönzureden und unliebsame fremde Meinungen auszusperren, ist nur ein böser Gedanke meinerseits, der mit der Realität sicherlich nichts zu tun hat. Asche auf mein Haupt, ich schäme mich. :schaem Der weitere Trend war leider auch, dass die VAs im Schnitt immer kleiner (weil halt viele Leute nicht für lau hizufahren bereit waren) und immer beliebiger wurden (weil halt nur noch aus dem bestehend, was man umsonst kriegen kann). Und der nächste Schritt wird sein, dass die ganze Sache einschläft, weil auch die Besucher erkennen, dass man da eigentlich nicht mehr extra hinfahren braucht, weil da ja irgendwie immer dasselbe langweilige Zeug geboten wird. Vielleicht eine Gesundschrumpfung, würde der Sache sicherlich nicht schlecht tun.