Verstärkung Nestellöcher Ordensmantel

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Hallo zusammen, nach Lektüre etlicher Threads hier und dem einem oder anderen Tipp zu externen Quellen bin ich in Sachen Nestellöchern an Ordensmänteln in etwa so schlau wie vorher. Hintergrund ist die Umarberbeitung eines Ordensmantels bei dem mir bei erstmaliger Nutzung die Nestellöcher ausrissen. Die saßen recht tief am Brustansatz statt in Höhe des Halses und daher gab wohl zu viel Zug auf dem Stoff. Gestopft sind die Löcher, müssen neu hergestellt werden. Um das Ausreißen bei Belastung zukünftig zu vermeiden möchte ich den Zug aus dem Zoff irgendwie ableiten bzw besser verteilen. Herauskristallisiert haben sich folgende mögliche Lösungsansätze:
  • Unterlegung des Kragenbereiches mit Leinen um die Bewegung bzw den Zug im Wollstoff mit dem eher unnachgiebigeren Leinen abzufangen. Historisch korrekt? Fraglich, bzw keine Nachweise gefunden
  • Basierend auf der Bildanalyse des Mantels der Grabplatte des Konrad von Thüringen könnte eine lange Schnur im verstärkten(?) Ḱragenbereich eingearbeitet gewesen sein die mit Metall, Holz oder Knochenplatten fixiert wurde. Zumindest interpretiere ich das X auf den Verschluss/ Verstärkungsplättchen sowie den Faltenwurf so. Funktional? Möglich. Historisch korrekt? Fraglich, reine Spekulation.
  • Unterfütterung der Nestellöcher mit dickerem Lederstücken, Metall-, Horn- oder Knochenscheiben? Historisch korrekt? Möglich, Frage der Nachweise.
  • Nestellöcher höher am Hals ansetzen
Um das zu testen habe ich zwei dünne Knochenplatten in den Abmessingen 2x3cm angefertigt um die als Verstärkung unter den Nestellöchern einzubringen. Die Plättchen werden rundum gebohrt um sie großflächig mit dem Mantelstoff vernähen zu können. Welche nachgewiesenen Lösungen kennt ihr und was hat sich in der Rekonstruktion bewährt?
 
Hast du die Nestellöcher vorher mit einem Dorn aus Knochen oder Holz gestochen oder ausgeschnitten?
 
Nichts für ungut, aber Nestellöcher welche ausgerissen sind, lassen unter anderem vermuten, dass diese vermutlich nicht richtig vernäht oder zu schwaches Garn verwendet wurde. Es muss schon sehr viel Belastung am Nestelloch liegen, damit dies stark beschädigt wird. Wieviel Kilo zug war am Nestelloch? Ein großer Fehler bei der Nestellochherstellung ist zb. dass der Webfaden durchbohrt oder durchtrennt wird. Hierdurch kann dann ein Nestelloch ausreisen. weil die Stabilität des Gesamtgefüges nicht mehr gegeben ist.
 
Ist das Stopfen von Kleidung überhaupt nachgewiesen? :/ Wenn man sowieso die üblichen Flicken aufsetzt hat man dann doch schon eine Verstärkung.
 
Flicken werden eigentlich nicht "aufgesetzt" sondern ersetzen den schadhaften Stoff tatsächlich. Nach dem Aufnähen des Flickens wird dazu auf der Rückseite der beschädigte Stoff ausgeschnitten und versäumt. Das hält besser und trägt dann auch nichts so auf. Bei großer Belastung und schon genannter Fehler bei der Herstellung können Nestellöcher auch eher ausreißen, wenn sie zu dicht beieinander liegen. Ein Futterstoff verstärkt die Haltbarkeit und empfiehlt sich bei dünneren Wollstoffen. Von festerem Material wie Horn oder Leder würde ich persönlich absehen. Ein Mantelstoff sollte das eigentlich gut aushalten. Wie schon oben beschrieben, unbedingt darauf achten, dass Loch mit einem Pfriem zu weiten anstelle von Schneiden. Ich habe mich ansonsten näher mit der Befestigung von Tassel-Bändern befasst und auch hier im Forum diskutiert. Häufig sind die Darstellungen (Gemälde, Skulpturen) so - sofern man das überhaupt richtig erkennt - dass es real nicht halten kann und habe für mich deshalb entschieden, die Bänder an der Innenseite anzunähen oder mit einem Haken zu fixieren. Bei Prunkmänteln habe ich gar keine Befestigungen entdeckt (konnte mir aber auch bisher Originale nicht näher ansehen), aber darin hat man sich auch nicht wirklich bewegt sondern repräsentiert. So zumindest meine Schlussfolgerung. Kann man aber sich auch anders interpretieren.
 
Wir haben je ein Stück doppellagien Wollstoff wie den Überstoff verwendet und diesen von innen als Patch aufgenäht. Dann durch die 3 Lagen die Löcher geschnitten (ganz "A" mit der Nagelschere" :whistling: ), dann ganz normale Nestellochversäubering wie bei Knopflöchern. Hält seit 9 Jahren einwandfrei.
 
Ich habe auf meine Nestellöcher ein Stück Leder aufgenäht. Das hält wie Bombe. Ansonsten wie @Mara beschrieb, ein Stück Stoff von hinten aufnähen. So etwas sieht man leider auch nicht auf Skulpturen oder Bilder.
 
Bei meinem Mantel hab ich das Ganze wie von @Mara beschrieben gelöst. Siehe Bilder im Anhang.
 

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Ich hab mal rumprobiert wie der Mantelverschluss von Konrad v. Thüringen so funktioniert haben könnte. Nach meiner Version müsste man den Mantelstoff gar nicht "löchern" sondern nur die beidem Plättchen (Material könnte Leder sein, evtl. auch Horn oder Bein?) am Mantelstoff festnähen. Wichtig wäre dann nur dass die Längsseiten der Plättchen frei bleiben damit die Schnur darunter frei gleiten kann. Vorderseite: Rückseite:
 
Ich glaube das probiere ich mal aus.... Danke fürs Mitdenken! :thumbup:
 
So, dann habe ich mal etwas experimentiert und es wie von Katharina de Lo vorgeschlagen umgesetzt. Ich finde diese Interpretation der Mantelschließe des Ordensmantels (Linkquelle= Pinterest.de) des Konrad von Thüringen recht gut gelungen. An der Umsetzung könnte ich noch etwas verbessern; die Knochenplatten sind nicht genau rechtwinklig und die Löcher nicht überall im gleichen Abstand gebohrt und die rechte Platte nicht ganz gerade aufgenäht, doch das ist eher Kosmetik. Die Funktion ist gegeben, der Lederriemen hält und das für mich Wichtigste: es sind keine Löcher im Stoff. :thumbsup: Danke @Katharina de Lo für den Denkanstoß und das Ausprobieren! Mindestens die erste Flasche geistige Getränke am Kreuzfahrertreffen (so es stattfindet) geht auf mich. :D KvD_Matelschliesse.jpg
 

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das mit dem etwas schief finde ich garnicht so schlimm und passt etwas die die "Pefektion" der Zeit. ;) Ich würde nur die Bohrungen so auschleifen das sie runde Kanten bekommen dann laufen die Schnüre (sofern man solche verwendet) besser und scheuern sich auch nicht so schnell auf. Hohlniete waren schon bekannt aber Beispiele auf Stoff kenne ich keine denn das wäre auch noch eine Lösung (vielleicht gibt es einen Gürte als Beispiel) :/
 
Da es sich hier anscheinend um Mäntel der Ritterorden handelt, möchte ich neben den bekannten Bildquellen auch schriftliche Quellen, zumindest für die Hospitaliter, beisteuern. Bei meinem Mantel habe ich auch solche Umschläge, welche aus dunklem Leder sind, angebracht und als Verschluss habe ich keine Lederbänder verwendet, sondern den gleichen Stoff, aus dem der Mantel gemacht wurde. A ist das sicher nicht, aber es ist ungemein stabil. Zu der Idee bin ich gekommen, da in den Statuten von Jean de Villiers von 1288 folgende Verordnung bestimmt wurde: Altfranzösisches Manuskript von ca. 1300: Quelle: MS. FR. 6049 vol. XCVII r: ms. fr. 6049.png Item establi est que les freres puissent porter mantel de pluie reont, de tout drap noir, sauve brunete, et le penent porter de camelin brun le quel puisse avoir gorgiere et soient fendu davant, ambotons de meissme le drap, et outre mer tout clous, et y soit la crois, davant. ...und sollen vorne geschlitzt sein, zu verbinden mit dem gleichen Tuch, und auf der anderen Seite des Meere komplett geschlossen,... Mittelhochdeutsches Manuskript Anfang 14. Jahrundert: Quelle: CLM4620 vol. 104r: CLM4620.png Die prudere mugen auch tragen sinewel regem mentele von swarzem tuche, ane praunet, swarzes kemmel mugent sie tragen mit Gollirn, unde vorne mit lappen und vorn ain creuze und da derunt mere shol sie gar beslozzen sein. Eine Übersetzung erübrigt sich, denke ich. Lappen sollten Flicken sein, bin mir aber nicht sicher. Lateinische Quellen fallen aus, da die älteste von 1357 ist (sehr spät)! Was man von den Texten halten soll, weis ich nicht. Die meisten Bildquellen, wenn detailiert, zeigen einen Verschluss wie oben bei Thoralf. Ist das mit den dünnen Lederbändern wiklich auch stabil oder müssen die hin und wieder gewechselt werden?
 

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Warum sollten das unbedingt Lederbänder sein ? Da die Bänder einiges an Gewicht und Zug aushalten müssen, und sicherlich auch mal einen Regenguss, könnte ich mir geloopte Bänder gut vorstellen. Die bekommt man im Gegensatz zu Leder auch noch auf wenn sie nass sind und werden nicht wie Leder länger. Es sieht handwerklich hochwertiger aus. Egal ob es um Beinarbeiten, Textilien oder Metall geht, meist sind die erhaltenen Originale feiner gearbeitet als wir uns das heute spontan immer ausdenken. Als Material kämen je nach Geldbeutel Seide, Wolle oder div Pflanzenfasern in Frage. Also Leinen, Hanf, oder Brennessel.
 
@Michael - "Fingerloop" - Technik. Eine gute und schnelle Methode, um z.B. Nestelbänder zu knüpfen.
 
Ok, das klingt sehr gut. Wieder etwas für die Einkaufsliste. Loopband mache ich mir eher einen Knoten in die Finger. :D
 

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