Man verstehe auch mich bitte nicht falsch. Die Liste ist interessant und ich danke herzlich für die Einstellung. Die Kritik zielt auch weniger auf die Liste selbst ab und schon gleich gar nicht auf denjenigen, der sie hier zur Verfügung gestellt hat, als vielmehr auf den zu erwartenden Umgang mit ihr. Ich bin zu lange im Geschäft, um nicht zu wissen, dass selbst die High-End-A-Szene auf solche Listen reinfällt.
Diese Liste zeigt ein (zugegeben) unscharfes Bild der Preisstruktur einer bestimmten Region zu einer bestimmten Zeit. Ich bin sogar der Meinung dass diese Liste in begrenztem Maß Rückschlusse auf die Preisstruktur im restlichen skandinavischen Kulturkreis zulässt,zumindest wenns um Alttagsgegenstände geht. Ich kann hier Pi mal Damen sehen was bestimmte Dinge im Verhältnis zu anderen wert waren. Wenn auch nur ungefähr und mit massiven Unschärfen.
Richtig,
wenn die Einzelpreise nachweislich aus derselben Zeit und derseben Gegend stammen. Aber das tun sie nicht, denn die Liste ist, wie Du ja schon angemerkt hast, aus verschiedenen Quellen zusammengeklaubt. Das ist bei der vorliegenden Liste so und das ist bei jeder derartigen Liste so, die mir in den letzten 12 Jahren untergekommen ist. Wenn eine solche Liste konsistent
wäre, dann
würde sie mir exakt in den Dingen und auf dem Level weiterhelfen, wie Du beschrieben hast. Solange sie es jedoch nicht ist, ist alles, was ich darauf aufbaue, mehr oder weniger Kaffeesatzleserei. Sinn machen solche Preisvergleiche nur im unmittelbaren Vergleich. Wenn ein Zetigenoose beschreibt, dass er für ein paar Felle, für die er in Riga soundsoviel bezahlt hat, in Pisa soundsoviel bekommen hat, dann ist da Information drin. Oder wenn in einem alten Klosterrechnungsbuch steht, dass 1 Sack Mehl 100 Jahre zuvor noch 5 Denare gekostet hat und jetzt nur noch 3 Denare kostet. Sobald aber die Preisangaben auf unterschiedlichen Waren zu unterschiedlichen Zeiten unter unterschiedlichen Umständen in unterschiedlichen Gegenden fußen, ist die inhärente Ungenauigkeit um Längen größer als jegliche mögliche reale Information. Selbst der Einwand, dass bei den Wikingerquellen zumindest das Problem der unterschiedlichen Währungen wegfalle, weil alles in Gramm Silber angegeben ist, ist mit Vorsicht zu genießen, da auch der Edelmetallwert über die Zeit schwankt. Teilweise sogar massiv. Ich kenne die Quellen nicht, auf die sich die Ersteller der Liste beziehen, aber, vorausgesetzt, die haben ordentlich recherchiert und ebenso ordentlich Quellenkritik gemacht, ist die Liste zugegebenermaßen insofern interessant, dass sie sich offenbar auf einen Zeitraum von nur 100 Jahren und nur eine größere Region (Danelag) bezieht. (Was heißt "Diverse Sagas"? Sagas, die um 950 im Danelag spielen, oder Sagas, die um 950 im Danelag erzählt wurden? Das ist ein himmelweiter Unterschied. Ohne die Ersteller zu kennen, wage ich, skeptisch zu sein.) Trotzdem fielen ja schon einige preisliche Ungereimtheiten auf, die einfach so hinzunehmen (steht doch nun mal so in der Liste...) möglicherweise etwas naiv wäre. Die Chance, dass da schlicht was nicht stimmt, ist schon signifikant. Abgesehen davon, das wurde ja auch schon erwähnt, sind Preise nur dann wirklich aussagekräftig, wenn man auch die Einkünfte der Leute kennt. Sich diese basierend auf einer möglicherweise schon fehlerhaften Liste herzurechnen, führt u.U. zu einem Zirkelschluss, nach der Logik, dass aus falschen Angaben nichts Richtiges entstehen kann. (Wobei sehr wohl aus richtigen Angaben etwas Falsches entstehen kann, das nur nebenbei). Man belegt also den einen Fehler mithilfe des Folgefehlers oder, noch krasser ausgedrückt, ein Fehler beweist (leider nicht: entlarvt) sich selbst. Was auch gerne vergessen wird, bei all der reinen Preisfokussierung, sind Angebot und Nachfrage. Der reine Preis von Glasaugen etwa gibt mir heutzutage keinerlei Rückschlüsse auf die Verbreitung der Dinger. Und wenn ich den reinen Preis eines Autos hernehme, dann frage ich mich, warum so viele von den Kübeln rumfahren. Wenn etwas teuer ist, heißt das noch lange nicht, dass es selten ist oder nur die Reichen es sich leisten. Es gibt sicherlich besonders protzige Glasperlen und eher bescheidene. Ein Preis nur für "Glasperlen" erscheint mir höchst unrealistisch. Daraus gar Rückschlüsse auf die Ausstattung anderer Leute zu ziehen, wage ich nicht. Was sagt mir denn konkret der Umstand, dass ich für eine Kuh 15 Wachhunde bekäme? Dass Kühe exorbitant teuer sind? Dass Wachhunde spottbillig sind? Dass Wachhunde in frühmittelalterlichen Dörfern häufiger vorkommen als Kühe? Karl der Große hatte eine Weste aus Otterfell. Wie jetzt? Der Kaiser trägt den (laut Liste) billigsten Pelz von allen? Und ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich aus rechtlichen Gründen meine entsprechende Weste aus Biberfell gemacht habe statt aus Otterfell... (Ja, Kalle war 100 Jahre vor der Liste und nicht im Danelag, schon klar, aber was ich damit sagen will, kommt rüber, oder?) Ich bin also mal ganz ketzerisch und sage: Solche Preislisten schaffen wur eine gefährlich unsichere Präsenz für Wertverhältnisse und helfen in keiner Weise, ein stimmiges Bild abzugeben. Nach dieser Liste läuft der Kaiser rum wie ein ganz normaler Bauer! Billige Felle, Standardgürtelschnalle, Standardsporen und wenn er sein Pferd gegen 10 Schweine tauscht, wäre das ein faires Geschäft. Solche Listen dienen, fürchte ich, mehr dazu, Klischees zu stärken. Präzise Wertangaben in präzisem Kontext, das macht Sinn und ist hilfreich. Aber eine oberflächliche, zusammengeschusterte Preisliste gaukelt nur Nützlichkeit vor. Das will keiner hören, schon klar, weil sich jeder (auch ich) so eine Liste sehnlichst wünscht. Aber solange der Wunsch Vater des Gedankens ist...