Zeltfunde?

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Grimmbold

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Ja, wie gesagt, wir haben ja Zeltstangen (Oseberg), Textstellen (Sagas) und Bildquellen (Utrycht Psalter, Bayeaux Comic), aber kennt wer Funde von Zelthäuten? Gruss, GB
 
Nein, kenne keine. Würde davon ausgehen, dass dazu das Segel umfunktioniert wurde.
 
Für das Oseberg sehr wahrscheinlich. Das hiesse aber auch, dass eine Oseberg Replika Wolle sein müsste...
 
Ja, oder Hanf (und seltener wohl auch Leinen). Bin allerdings nicht davon überzeugt, dass es sich bei den typischen "Wiki-Zelten" tatsächlich um Zelte handelte. Finde es wahrscheinlicher, dass die Gestänge Dächer für Thing-Buden waren.
 
@ Singa: Es fehlen für die Zeit alle Quellen dafür. Ein Punkt ist, das immer wieder bemühte nicht-dauerhaft-färben-können von Leinen und die bunte Darstellung von Zelten in Abbildungen. Römische Zelte waren Leder oder Wolle. @ Nib: Nachdem ich die Osebergteile vor einer Woche gesehen habe, bin ich davon auch überzeugt. Das war ein Dachgestell für eine Thingstätte.
 
@ Singa: Es fehlen für die Zeit alle Quellen dafür. Ein Punkt ist, das immer wieder bemühte nicht-dauerhaft-färben-können von Leinen und die bunte Darstellung von Zelten in Abbildungen.
Hmm, zieht ihr nicht die möglichkein in betracht, das der Stoff einfach angepinselt wurde, wie es heutige Hersteller von Leinenzelten auch betreiben. Extra Stoffbahnen zu färben um es dann zu vernähen halte ich persönlich für äußerst unpraktisch. Ich sehe auch Leinen mit seiner natürlichen Nässeabführeigenschaft jetzt nicht ganz so aus dem Rennen.
 
Auch das ist ohne einen einzigen Fund nur Interpretation. Daher die Frage nach Zelthäuten. Alternativ nach definitiven Textquellen, die klar auf einen Stoff schliessen lassen! Bedenkt man, dass Leinen, nach einzelnen Stimmen, im FMA zu teuer für 90% der Bevölkerung wäre, erscheint ein Zelt daraus sehr unwahrscheinlich. Zudem es zum abdichten ein Mindestgewicht haben muss.
 
Rein spekulativ könnten solche Zelthäute so gefertigt worden sein wie die Schiffssegel. Ich hab in einer Dokumentation mal etwas von einer Speziellen alten Schafsorte gehört, aus dessen Wolle der Stoff gemacht worden ist. Da das Unter und Oberfell dieser Schafe sehr fetthaltig war, wurden die Segel dadurch Wasser abweisend. alternativ habe ich auf Spiegel.de noch folgenden Artikel gelesen. Quelle: spiegel.de
Die Segel selbst waren Frauensache. Mit aller Wahrscheinlichkeit war das große Tuch fast so kostbar wie der ganze Rest eines Schiffes. Es musste fest genug sein, um im Sturm nicht zu reißen. Es musste auch unempfindlich sein gegen Nässe und Salz. Vor allem aber brauchte man zur Herstellung Fingerspitzengefühl und Geduld. Nur feinste Schafwolle durfte zu Segeltuch verarbeitet werden. Den dünnen Faden woben Frauen auf großen Webstühlen zu Bahnen von mehreren Metern Länge. Dann nähten sie die Bahnen zu den charakteristischen gestreiften Segeln in Form eines liegenden Rechtecks zusammen. Das fertige Tuch bestrichen sie mit Fett, um den Stoff zu imprägnieren. Begannen die Frauen mit der Herstellung des Segels und gleichzeitig die Männer mit dem Bau des Schiffs, waren beide wohl etwa zur gleichen Zeit mit ihren Arbeiten fertig.
 
Wird zwar zeitlich jetzt nicht passen, mir fällt da aber das Basel Zelt ein, dieses Spämi Zelt das dort im Museum steht.
 
@ Nib: Nachdem ich die Osebergteile vor einer Woche gesehen habe, bin ich davon auch überzeugt. Das war ein Dachgestell für eine Thingstätte.
Bist Du dir sicher? Ich dachte die seien aufgrund schlechter Konservierung schon völlig verrottet? Die geringe Verbreitung von Leinen hat (denke ich) nicht so viel mit Wohlstand, sonderen eher mit Kultur zu tun. In England waren zur Wikingerzeit je nach Region 25-50% aller Textilien Leinen und Lise Bender Jørgensen schreibt, dass es wohl mit dem hohen Einfluss durch die fränkische Tracht zusammenhing.
 
Hätte ich präzessieren sollen: Die Nachbauten! Ja, mit dem Stoff ging ich auch eher auf das "Kein Leinen ausser Adel" Dogma ein, das lange Zeit herrschte. Wie kommst Du auf den Prozentsatz? Gibts da doch Textilfunde?
 
Hab ich frei aus "Dress in Anglo-saxon England" abgeschrieben und dort bezieht sich die Autorin eben auf Lise Bender Jørgensen.
 
[...] , dass Leinen, nach einzelnen Stimmen, im FMA zu teuer für 90% der Bevölkerung wäre, [...]
Das halt ich für eine der beliebten Authentik - urban legends. Dafür höre ich eigentlich immer nur ein einziges Argument: Für Leinen müsste man extra ein Feld anlegen und somit kostbares Ackerland vergeuden, während die Wolle beim Schaf sozusagen als Nebenprodukt ganz von alleine abfällt. Das wäre ein Argument, wenn Leinen nur auf eigens angelegten Feldern wachsen würde. Und genau das ist nicht der Fall. Leinen / Flachs ist sehr anspruchslos und wächst auch auf schlechten Böden. Lediglich nasse Böden verträgt er nicht. Soll heißen: Die Pflanze wächst, wenn man sie nur lässt, wie Unkraut auch auf Böden, die für den Ackerbau eher uninteressant sind. In den frühmittelalterlichen Regularien, in denen festgelegt wird, welche Abgaben die Anwohner den örtlichen Klostern zu leisten hatten, kann man die Vokabel für das "ernten" des Flachs eigentlich besser und passender mit "sammeln" übersetzen. Ein gezielter agrarischer Anbau von Leinen/Flachs ist nicht erforderlich. Aaaber: Das ist kein Zeltfund und auch kein sonstiger Zeltbeleg und deshalb keine befriedigende Antwort auf Grimmbolds Anfrage. Nur so zum Thema reflexartige Diskriminierung von Leinen. ;(
 
Ich erlaube mir mal einige maritime Gedankenspiele. Annahme: Das Segel wurde umfunktioniert: Die Zelte kamen m Einsatz, wenn das Schiff vor Anker liegt. Damit war das Segel gleich wieder ausgebreitet und in den Nordischen Bedingungen dadurch vor Gammel geschützt. Aber: passt die Größe der Segel zu den Gestängen? Und mit was wurden Vorder- und Hinterseite verschlossen? Würde allerdings dazu passen, dass das Segel vor Anker sinnvoll genutzt wird. Im Seebetrieb wären Zelte an Bord nur störend. Wasserfestigkeit/Kälteschutz: Leinen ist empfindlicher gegen Gammel. Die klimatischen Bedingungen im Norden und in Küstennähe haben eigentlich immer Wind und oft um die 180 Regentage im Jahr. Auch wenn Woll-Loden mega-Schwer wird wenn er wirklich mal nass ist, hält er immer noch Regen ab, lässt auch bei stärkerem Wind keinen Rwgen durch und ermöglicht es leichter, das Zeltinnere zu erwärmen. Gewicht: Kein Thema zum Transport via Schiff. 100 kg mehr oder Weniger fallen nicht auf. Wie gesagt: reine Gedankenspiele, keine Belege.
 
Ein paar weitere Gedanken auf Grund von Belegen: Canvas-Zelte (schwerer Baumwollstoff für Zelte und Segel - meist Mischgewebe) waren bei den Römern speziell ab der Regierungszeit Neros in Gebrauch. Baumwollsegel gab es auf arabischen Schiffen schon vor dem 10.Jhdt. Gebrauch im Westen nicht vor dem 13. Jhdt, da erst da eine größere, billigere Produktion - in Verbindung mit Leinen - möglich war. Venedig schrieb für seine Schiffe in den Maritimen Codes Segel aus Baumwolle und Sturmsegel aus Hanf vor. (1229 und 1255) (Quelle: Mazzaoui: The Italian Cotton Industry in the later Middle Ages 1100 - 1600; Seitenzahl weiß ich jetzt nicht da Übersetzungsnotizen) Also, @Grimmbold, das hilft Dir jetzt zwar nicht wirklich für Deine Zeit weiter. Da aber Zelte aus Baumwolle und Baumwollmischungen (BW-Wolle, BW-Leinen usw.) erwiesenermaßen die besten sind und seit Jahrtausenden bewährt und Baumwolle nicht erst seit dem Siegeszug der Bluejeans auf dem Markt ist und Wikis Händlerbeziehungen bis zum Nahen Osten hatten und Originale nicht mehr existent sind ... ... würd ich persönlich für Nachbauten genau das nehmen.
 
Bitte bei Ist-Aussagen auch die Quelle nennen, speziell für Baumwollplanen bei den Römern, denn das wäre ein Novum, Quellen sprechen hier vor allem von Haut! Das Thema ist auch nicht Arabien und/oder Italien, sonder Skandinavien/Wikingerzeit. Und bitte Nesselstoff nicht mit Baumwolle verwechseln, Baumwolle ist es nur, wenn aus der Gattungg der Malven...
 
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Man verzeihe mir den Doppelpost, aber ich habe mich mal weiter eingelesen: Baumwolle, so wie wir sie kennen, wurde in Europa nicht vor dem 17ten Jahrhundert (um 1650) kultiviert. Die 4 Arten, die als Kulturpflanze angebaut wurden, waren Gossypium hirsutum und Gossypium barbadense (Amerika) und Gossypium arboreum (Asien) sowie Gossypium herbaceum (Afrika). Über Alexander d.G. kam es nach Europa und ware begehrte Handelsware, im röm. Imperium teilweise teurer als Seide gehandelt. Okhams Scalpel: Garantiert NICHT als Zeltstoff für Soldaten, die einen aus Rationalisierungsgründen zusammen gekochten Brei aus Gerste, Käse, Speck und Schmalz bekamen hergenommen! Okhams Scalpell II: Baumwolle muss imprägniert werden! Auch wenn es ebay Händler nicht leid werden es zu predigen: Nein, Baumwolle (in Atlasköperbuindung wie bei Zeltplanen) quillt nicht ausreichend, sie dichtet nicht selbständig ab, sie sappt irgendwann durch! Das Gerücht kommt daher, dass der Zelthersteller Hilleberg einen quellenden Naturfaden für seine Zelte nutzt, der abdichtet. Das ist aber ein ganz anderer Bereich und der Wasserdruck der darauf lastet ein ganz anderer! Die Wikingersegel waren, laut Museeum Trondheim, gefettete und teilweise geteerte Wolle. Macht Sinn, war bei Tauen noch bis ins späte 19te üblich! Quellen: Zander - Walter Erhardt | Erich Götz | Nils Bödeker | Siegmund Seybold Wikipedia Ausstellung "Die Wikinger" (Stadt Rosenheim / Museum Trondheim
 
Der Punkt mit der geteerten Wolle macht mich nachdenklich. Ein Punkt, der beim Teeren von Tauwerk bedacht warden muss, ist dass der Teer die Bruchlast negativ beeinflusst. Geteertes Tauwerk ist im Normalfall stehendes Gut (das nicht bewegt werden muss). Es hat einen Kern aus trockenem nichtgeteertem Tauwerk (das die Last traegt), der mit einer Leinen-Umwickelung vor dem Teer geschuetzt wird und dann eine aussere Umwickelung aus geteertem Faden/Garn, die vor Witterungseinfluessen schuetzt. Diese Wickelung wird oft durch einen dickeren Farbauftrag geschuetzt. Geteertes Materiel neigt ausserdem bei waermeren Temperaturen dazu, klebrig zu werden oder gar zu tropfen. Und gefaltet wuerde so ein geteertes Segeltuch dazu neigen, zusammen zu kleben. Geteertes Segeltuch war eigentlich nur die Sturm-Verschalkungen fuer Luken. Sonst nutzte man auch da normales Segeltuch. Gefettete Wolle kommt mir daher fuer Wikinger-Segel realistischer vor.
 

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