Zweitdarstellung gesucht

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Myeskathry

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Hallo liebe alte Hasen, Eigentlich fühle ich mich nicht so richtig als Anfänger, aber da wir uns gerade zu unserer um 1400 Darstellung eine zweite Darstellungszeit suchen bin ich hier wahrscheinlich doch richtig. Momentan lese ich mich hier quer durchs Forum, diskutiere mit meinem Mann mögliche Zweitdarstellungen durch und versuche über die in Frage kommenden Darstellungen möglichst viel heraus zu bekommen. Wie schon in meinerm Vorstellungsthread angesprochen, würde mich Ende 12. Jahrhundert, hier in der näheren Umgebung (Mitte Thüringen) sehr interessieren. Leider stelle ich natürlich fest, dass dafür die Quellenlage schon wesentlich schlechter aussieht als im 13. Jh. Außerdem ist mein Mann eher der Meinung mit Freunden 15. Jh. Erfurter Bürger machen zu wollen. Das wäre ja nicht allzuweit von dem, was wir momentan machen, reizt mich nur leider sehr, sehr wenig. Auf die männliche Waffenfaszination springe ich nun erst recht nicht an. Die dritte Möglichkeit wäre Ende Thüringer Königreich (um 500) - auch mit Freunden. Allerdings interessiert das meinen Mann sooo wenig und die Quellen stehen auch wieder recht schlecht. Mindestens was die Textilien angeht. Vielleicht fallen euch noch gute Links zu den möglichen Darstellungen ein oder (bei den Thüringern) stark ähnliche. Oder ihr seid selbst ähnlich unterwegs.? Da ich nun mal am meisten durch das Nähen in dieses Hobby geraten bin interessiert mich auch die jeweilige Kleidung sehr stark. Im 15. Jh. Ist das ja kaum ein Problem aber in den anderen beiden Zeiten komme ich noch nicht so recht auf einen grünen Zweig. Zumal ich sehr gerne vorsorglich stilltauglich nähen würde. Zu unseren zwei kleinen Wichteln soll mit etwas Abstand schon noch mindestens ein Kind folgen und stillen werde ich da voraussichtlich auch wieder lange. Außerdem halte ich das neben spinnen und Nähen für eine typische weibliche Beschäftigung mit mitte 20. Denn Geburten gab es angeblich im gesamten MA ja ständig, wenn auch weniger überlebten. Ok genug weitschweifende Erklärung. Stilltaugliche Alltagskleidung wäre so ein Wunschziel. Dabei ist mir eine entsprechende Konstruktion Ende 12.Jh. schleierhaft, denn Schlupfärmel finde ich leider nirgens zu der Zeit und die entsprechenden "Mariae lactans" kann ich nicht deuten. Ist evtl. eine einfachere Variante der Seitenschnürung irgendwem bekannt? Ich meine bei den Adligen Kleidern (Bliaut) blitzt sie ja ab und an auf Statuen oder Bildern hervor. Aber ob das auch bei Frauen von Handwerkern ankam? Evtl auch nur eine einseitige Schnürung. Das ist bisher nur spekulativ, denn Belege habe ich dafür auch noch nicht gefunden. Aber vielleicht klingelt da ja was bei euch? Zu den Thüringen fehlen mir generell noch Anhaltspunkte zur Kleidung. Habe ich das richtig verstanden, dass es hauptsächlich Vierfiebeltracht sein müsste? Ich habe bisher mehrheitlich Interpretationen mit langem leinenen Unterkleid, kürzerem wollenen gegürtetem Oberkleid und darüber eine Art Klappenmantel (Fiebelverschluss) gesehen. Verschiedene Ideen zur Fußbekleidung (genadelt, genäht, gewickelt) und meist mit langem Schleiertuch ohne großartigem Unterbau. Woher kommen diese Annahmen? Arnegunde habe ich natürlich auch gefunden, aber die ist ja auch eine hochadlige Frankenkönigin mit unbestimmter Herkunft. Bis auf den Übermantel ist davon auch nichts offensichtlich stilltauglich, außer man legt sehr lange Mittelschlitze an... Also wie ihr merkt geht es mir um eine Vorsondierung als Entscheidungshilfe. Falls ihr Quellen und Tipps wisst, bin ich sehr erpicht darauf. Dankeschön Eure Myeskathry
 
Bei Thüringen bietet sich doch nun wirklich die Spätantike und das Frühmittelalter an. Völkerwanderungszeit- was gibt es Spannenderes? ;-) Ich hänge mich mit meiner frühalamannischen Darstellung (nein, nicht die auf dem Avatar!) an eine befreundete Römergruppe dran. Und bin in Kontakt mit dem Alamannenmuseum Ellwangen. Also ICH find´s toll... Vielleicht guckst Du Dir mal mein alamannisches Häuschen an und bekommst dann Lust: In der Fotogalerie unter "Schöner Wohnen für Alamannen".
 
Ach, und nun hab ich auch den Rest von Deinem Post gelesen und habe DIE beste Motivation für frühe Alamannenzeit gefunden: Ein Peplos ist doch die allerstilltauglichste Kleidung, die man sich denken kann. Fibel raus, Brust raus, Kind dran, Stoff drüber!
 
Hm, ja ein Peblos ist wohl stilltauglich, aber kommt das denn auch für Alt-Thüringer in Frage? Und was trägt man da im kühleren Mitteleuropa drunter? Ist das dann auch stilltauglich? Sooo warmblütig bin ich leider nicht. Dein Hausmodell ist ja hübsch geworden. Aber ich weiß nicht, ob es für mich zum Hauptargument werden könnte ;) . Thüringer wären schon sehr interessant, könnt ihr mir vielleicht einen Buchtipp geben? Sind ja doch meistens, Waffen, Schmuck, Keramik,... die aus dieser Zeit erhalten sind und wie man da auf die Kleidung schließt ist mir bisher etwas schleierhaft.
 
Ich werfe die Franken in den Ring! Z.B. um 600 nach Christuns in Thüringen (z.B. wurde 2000 bei Bad Neustadt an der Saale in der Näche von Salz ein merowingisches Gräberfeld durch Sondierungsgrabungen erschlossen - Grab 19 ist durch sein gläsernes Trinkhorn recht bekannt und als einziges richtig publiziert - Lorenz Bauer hat in seinem Buch über die Grabung geschrieben). Für die männlichen Franken in der Merowingerzeit gibt es zwei relativ neue schmale, aber sehr lesenswerte Hefte (dritter Band steht noch aus. :( jedoch hauptsächlich Männer! ): Gagelmann, Andreas und Strassmeier, Andreas: Das Fränkische Heer der Merowingerzeit. Franken, Alamannen, Burgunder, Thüringer und Bajuwaren 5. - 8. Jahrhundert n. Chr. Teil 1: Bekleidung, Trachtzubehör, persönliche Ausrüstung, Rüstung. Berlin 2014. Bekleidung Frauen: Zudem gab es eine tolle Sonderausstellung zu den Königinnen der Merowingerzeit. Der Katalog dazu ist ebenfalls lesenwert: Wamers, Egon und Périn, Patrick (Hg.): Königinnen der Meriowingerzeit. Adelsgräber aus den Kirchen von Köln, Saint Denis, Chelles und Frankfurt am Main. Regensburg 2012.
 
Danke, ja über diese Ausstellung zu den merowingerischen Königinnen bin ich auch schon mehrfach gestolpert. Aber nach dem, was ich bisher dazu gelesen habe geht es ja um hochadlige Kleidung aus sehr edlem Material und ob man da etwas auf Thüringer anwenden kann, selbst wenn es Adel (nicht aus der Königsfamilie) ist? Aber ich werde mal schauen, ob ich den Katalog dazu irgendwo ausgeliehen bekomme. Eine Freundin will mir demnächst auch mal eines ihrer Bücher zu den Thüringen zeigen. Ich bin sehr gespannt. Weiß vielleicht noch jemand etwas zum Ende 12. Jh.?
 
Ja, Du bist natürlich sehr verwöhnt mit Bilddarstellungen aus dem Mittelalter! Buchmalerei, Tafelmalerei, Statuen, Schnitzereien...hach, davon kann man im FrühMi nur träumen. Aber natürlich kann man aus Schmuck, insbesondere den Fibeln, aber auch der Lage der Haarnadeln und dem Gürtelgebamsel eine glaubwürdige Tracht rekonstruieren. Für Franken/Merowinger kommen dann gleich noch Fibeln in Oberschenkel-Höhe und Riemenzungen am Unterschenkel hinzu, siehe Königin Kunigunde. Die Bibel der Alamannendarstellung ist der Katalog "Die Alamannen"! Wunderbare Fotos, ein darauf abgestimmter Text und vor allem die Funde oft im Grabzusammenhang!
 
Dabei ist mir eine entsprechende Konstruktion Ende 12.Jh. schleierhaft, denn Schlupfärmel finde ich leider nirgens zu der Zeit und die entsprechenden "Mariae lactans" kann ich nicht deuten.
hm, habe mich noch nicht mit dem Thema befasst aber wenn ich die Maria Lactas so sehe würde ich von einem Schlitz in höhe der Linken Brust ausgehen. Es gibt auch spätere Abbildungen die etwas ähnliches zeigen, die wurden von Tempora Nostra so interpretiert das es Schlupfärmelkleider sind, aber sie könnten auch einen extra Schlitz aufweisen. VLG, Singa
 
Hallo, die Rekonstruktionsversuche von Tempora Nostera und Berwelf habe ich mir schon ein paar Mal angesehen und hinterfragt. Was Tempora Nostra zeigt ist ja eher 13.Jh. Und die Konstruktion von Berwelf kann mich einfach nicht überzeugen. Bei einigen Stilldarstellungen habe ich auch eher das Gefühl, dass der Künstler selbst nicht wusste, wo und wie die Brust aus dem Kleid kommt. Einfach ein Loch in den Stoff gemalt, zur Not durch das Schleiertuch! (Muss die Abbildungen noch mal suchen. ) Bei anderen sieht es wirklich nach einem senkrechten Schlitz vorne seitlich aus. Ich habe mir vor einigen Jahren mal ein Gromi Bliaut aus BW mit der Maschine genäht. Alles andere als A. Der Schnitt ist die geschnürte Interpretation, wo durch einen überlangen Rumpfteil die Falten entstehen (das klappt sehr gut). Nun habe ich festgestellt, dass ich die Schnürung am Besten unten befestige und dann nach oben durch nestel und oben mit einer Schlinge sichere. Um mit dieser Variante stillen zu können muss ich einfach nur die Schnürung etwas lockern - nicht mal ein Stück aufnesteln, wie ich meinte - und kann den Spalt gut Richtung Brust aufziehen. Dabei zieht sich das gesamte Kleid im Bereich des Oberkörpers um mich herum und mein Mann bemerkte zreffend: dann sitzt der Seitenschlitz, wie die Schlitze auf einigen Abbildungen und die Brust kann entsprechend schön rausgehalten werden. Also frage ich mich, ob wir es bei solchen "Stillschlitzen" nicht einfach mit offenen oder geschnürten Seitennähten zu tun haben. Der offene Bereich müsste ja keineswegs die gesamte Oberkörperlänge offen gelassen werden oder tailliert sein. In Verbindung mit einem mittig geschlitzem Unterkleid zieht dann auch nicht der Wind rein. Da man aber ja schon bei den eng sitzenden Bliauts eher selten auch die Schnürung dargestellt sieht, bin ich doch relativ mutlos auf der Suche nach solchen Seitenöffnungen vor 1200. Hat das jetzt irgendwer verstanden? Also mir scheint das bisher die logischte Variante, wobei noch nicht klar ist ob Logisch auch richtig ist.
 
Achja, unsere Recherchen gehen gerade sehr stark in Richtung Ende 12. Jh. Wobei wir auch immer mal wieder über Thüringer reden, aber eher am Rande.
 
Ich mag dich gar nicht zu einer Zeit überreden ;) aber ich kann aus Erfahrung heraus sagen, dass es nicht zwingend ein "Stillkleid" bzw. in unserem modernen Gedanken "stilltaugliche Kleidung" braucht. Ich mache 13. und 14. JHD. Im 13. sind die Kleider nicht soooooo viel anders als Ende 12. JHD. Hier ist die allereinfachste Lösung das Unterkleid zu schlitzen und das Oberkleid hoch zu raffen. Ich habe so mehr als eine Mittelaltersaison gestillt, und es hat immer super funktioniert.
 

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Hallo Manuela, danke für deine Antwort und die PN. Klar, ist das eine Lösung, wo man nicht viel falsch machen kann. Besonders die Quelle zu dem tief geschlitzten Unterkleid finde ich super. Für meine Schwangerschaften hatte ich auch nie ein extra Kleid. Mein Bauch ist aber auch beide Male sehr klein geblieben. Da ich meine beiden aber bereits auch bei Schnee oder Dauerregen im Halbfreien gestillt habe, und mir das mit nassem Saum und quasi im Unterkleid sehr ungemütlich vorstelle, ist das nun nicht meine erste Wahl. Außerdem gibt es ja aus dem 12. Jh. doch auch Abbildungen mit einer Schlitzlösung. Nur die Konstruktion ist hier für mich die Frage. Schlupfärmelstillen habe ich schon gesehen. Das funktioniert auch gut....
 
Hallo Myeskathry, Ich möchte Dir wie einige Zuvor auch die Thüringer bzw. die Thüringischen Franken des frühen Mittelalter empfehlen. Da ist für Dich Regional sicherlich einiges zu finden und es ist eine sehr interessante Darstellung. Bezüglich Stilltauglich sind ja schon einige Frauen mit Informationen zu Dir unterwegs - da muss ich mich als Mann eh weitestgehend raus halten. Aber sicher ist auch im Frühmittelalter wurde gestillt. Es grüßt Olegsson
 
Ja, die Thüringer sind auch spannend! Und dass im Frümi gestillt wurde, will ich ja wohl hoffen. Nes*tle haben die Römer ja glücklicherweise noch nicht gebastelt. ;) Aber wie die Kleidung da konstruiert war, dass Frau stillen konnte (Vierfiebeltracht?) weiß ich noch nicht. Lange Mittelschlitze? Und Kinder bekommen war ja nun weiß Gott kein Ausnahmezustand. Wenn man sich für das Thema natürliche Stilldauer interessiert kommt man auf mindestens 2,5 Jahre. (Übrigens auch die Mindestdauer die von der WHO empfohlen wird.) Davon bleibt bei vielen Frauen 0,5 bis 1,5 Jahre die Regel aus. Also könnte eine Gebährfähige Frau ca. Alle 1-3 Jahre ein Kind bekommen. Dass Stillen am besten gegen Kindersterblichkeit schützt wusste man schon sehr früh. (Wo habe ich das nur gelesen, da gab es doch alte Schriften? ?( ) Wie auch immer wir können wahrscheinlich davon ausgehen, dass junge verheiratete Frauen, soweit sie nicht unfruchtbar waren, oder mit Absicht die Fruchtbaren Tage ausließen, oder sonstwie verhüteten, einen Großteil ihrer Jahre stillten. Wir sprechen also quasi von einem Normalzustand für viele Frauen. Ich kann mir beim besten Willen nicht Vorstellen, dass es dafür keine Lösung gab - zumal es ja Stillabbildungen gibt. Und keine hebt da ihr gesamtes Kleid...
 
Du hast sicherlich schon den Suchbegriff "Maria lactans" eingegeben? Google Bilder spuckt jede Menge Darstellungen aus, es ist alles dabei: Oben raus, Schlitz im Kleid, Schlitz im Unterkleid und durch Mantel oder Kleid verdeckt, manchmal vielleicht sogar durch den weiten Ärmel.
 
Genau, wie gesagt, für den gesuchten Zeitlichen Rahmen sind diese Bildzeugnisse rar und zeigen nur wenige der genannten Varianten. Deswegen versuche ich diesen auf die Schliche zu kommen.
 
Also,...hm,...das kann ja jede machen, wie sie will! Aber in diesem Fall wäre ich doch mal wieder Vertreterin des PragMi (pragmatische Mittelalterdarstellung). Da es etliche Bildzeugnisse gibt, die 100 Jahre später verschiedene Formen der Stillkleidung zeigen, würde ich mir das heraus suchen, was für mich praktikabel ist. Aber vielleicht findest Du ja noch was aus dem 12.Jhd.!
 
PragMi gefällt mir :D . Da mein lieber Mann nun meinte, er würde einen gewissen Adelsstand in einer hypothetischen Darstellung Ende 12. Jh. bevorzugen, wäre dann für mich ein tailliert seitengeschnürtes Kleid auch ok und dann ist es ja Stilltauglich. Vielleicht nähe ich mir auch einfach ein Schnickschnackfreies Kleid, wo ich bei Bedarf die Seitennähte ein Stück öffne und später wieder zusammen nähe. Da meine letzte Stillzeit nun aber auch schon fast 2,5 Jahre andauert (wenn auch fast nicht mehr Tagsüber) hatte ich irgendwie gehofft etwae zu finden, das nicht nur als Übergangslösung gelten kann. Ich werde mir das noch mal überlegen und als "Praktischalternative" gefällt mir immernoch ein Schlupfärmelkleid sehr gut....
 

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