Im Prinzip Zustimmung, er spricht da ein grundsätzliches Kernproblem der Interpretation von Gräbern und Grabbeigaben an. Nur - wenn man diese nicht von der Hand zu weisende Grundproblematik konsequent berücksichtigt, dann sind Gräber, zumindest was die Beigabensituation betrifft, ja nahezu vollkommen aussagefrei. Man kann nur mit einiger Gewissheit sagen was für ein Mensch (Geschlecht, Alter, eventuelle erkennbare Erkrankungen, Körperzustand) drin liegt und wie wohlhabend und willig, den vorliegenden Aufwand zu betreiben, diejenigen gewesen sein dürften, die ihn bestattet haben. Man müsste also, wie ich ja schon in Beitrag 12 angemerkt habe, konsequent jedes Grab vollkommen neutral behandeln. Waffenbeigaben? Muss nichts heißen. Knochenabnutzungen und abgearbeiteter Körper? Muss nichts heißen. (auch Adlige können schlechte Körper oder fleißig gewerkelt haben) Gepflegte Körper? Vielleicht war der Typ zu Lebzeiten einfach faul und eitel? Muss nichts heißen. Das Problem, dem die Interpretationen von Geschichte, hier speziell Gräbern, regelmäßig anheimfällt, ist der unzulässige Umkehrschluss. Zwar ist es richtig, dass alle Hunde Tiere sind, aber deswegen sind noch lange nicht alle Tiere Hunde. Millionen von Kiddies besitzen und zocken Strategiespiele, ohne sich deshalb auf eine Karriere bei der Armee vorzubereiten. Ebensoviele zocken Ballerspiele, ohne einen Amoklauf zu planen. Tausende von eher einfach gestrickten Leuten fahren Autos, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Tausende von wohlhabenden Leuten fahren Autos, die in der anderen monetären Richtung nicht ihrem Kontostand entsprechen. Selbst wenn man also davon ausgehen könnte, daass ein "Krieger", wie auch immer das nun im (skandinavischen) FMA definiert sein mag, mit seinen Waffen begraben werden würde, dann muss im Umkehrschluss noch lange nicht jeder, der mit Waffen beerdigt wurde, ein Krieger gewesen sein. Ich stimme also vollkommen zu. Was ich aber vermisse, jetzt nicht speziell beim verlinkten Kaptorga-Beitrag, sondern generell in der wissenschaftlichen wie hobbyistischen Diskussion, wie bei so vielen anderen, nichthistorischen Alltagsthemen in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft auch, ist die Konsequenz. Woher wissen wir denn all das andere, "wissenschaftlich gesicherte"? Größtenteils doch aus genau diesen Umkehrschlüssen aus der Interpretation von Gräbern oder anderen, für den beschriebenen unzulässigen Umkehrschluss anfälligen Quellen. Nur weil sich das seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten viral in der Fachliteratur, die sich ja ständig gegenseitig zitiert (Man sehe sich nur mal eine typische Doktorarbeit an, die besteht zu 90% eben nicht aus eigenem Gedankengut sondern aus Verweisen und Zitaten - Forschen heißt oft genung nur Lesen und wiedergeben, was woanders schon steht), ausgebreitet hat, muss es nicht automatisch stimmen. Dass die Sonne sich um die Erde dreht, war auch jahrtausendelang wissenschaftlicher Konsens. Hat es aber nicht richtig gemacht. Fazit: Streng genommen wissen wir über die "Wikinger" so gut wie gar nichts. Fast alles, was "wissenschaftlich gesichert" ist, ist in Wahrheit nur eine Theorie, alles andere als alternativlos. Die Quelle ist nicht das Problem, ihre Interpretation ist der Ursprung des Irrglaubens.