"Das ist nicht belegbar, das machen wir nicht." Diese oder ähnliche Aussagen höre ich sehr oft von den verschiedensten MA-Reenactor(gruppen). Ich selbst stehe dieser Aussage eher skeptisch gegenüber, denn: Auch der beste Reenactor kommt nicht um die Interpretation herum. Das fängt bereits bei der Kleidung an, denn dort beruft man sich nur allzuoft auf den "Beleg" einer Miniatur in den bekannten Bilderhandschriften. Aber nur diese Zeichnungen umzusetzen ist in meinen Augen bereits eine Interpretation. Schliesslich wurden keine Schnittmuster überliefert, und auch Kleidungsfunde halten sich in Grenzen (sowohl zeitlich als auch regional). Hinzu kommt der Aspekt der künstlerischen Freiheit. Waren alle Menschen im MA gross und schlank? Auch die Qualität der Zeichnungen schwankt enorm. Von einigen wackeligen Männchen (Sachsenspiegel), über detailiertere (Manesse) bis zu sehr detaillierten (Kreuzfahrerbibel). Bei Kleidung beruft man sich meist auf die KFB (zumindest in meiner Epoche), obwohl diese in Frankreich entstand, auf der anderen Seite sollte man seine Darstellung örtlich einschränken?!? Eine Zeichnung, so finde ich, ist niemals alleine als Beleg heranzuziehen. Allenfalls als Ergänzung zu Ausgrabungsfunden oder (detailierten) schriftlichen Beschreibungen. Alles andere ist bereits Interpretation. Krassestes Beispiel: Die Bruche. Es wurde meines Wissens nie eine Bruche gefunden, auch nicht als Fragment. Aufgrund der Zahlreichen Miniaturen interpetiert man dass sie wohl aus viel Stoff bestehen müsse aufgrund der Falten, der Schnitt in etwa wie eine riesengrosse Boxershort. Genaueres ist nicht ersichtlich. O.K. würde man eine Miniatur mit einer ausgefalteten Bruche (z.B. an einer Wäscheleine ;-) ) finden wäre die Sache wieder etwas anders. Aber so? Meine Meinung ist, wer sagt: "Das ist nicht belegbar, machen wir nicht" der führt sein eigenes Hobby ad absurdum. Interpretation muss sein, um eine Darstellung zu machen, aber nur so wenig wie möglich. Die Grenze muss jeder selbst bestimmen. Wichtig ist nur dass man den geneigten Besucher auf die Interpretationen aufmerksam macht, wenn man direkt darauf angesprochen wird.