Bruchen und der Tuchverbrauch

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Ulf

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Hallo Forenmitglieder, Wenn man so die Bruchen betrachtet, fällt auf, dass diese alle sehr weit und mit viel Stoffverbrauch versehen sind. Das stellt sich doch die Frage: Widerspricht sich dies nicht mit den stets auftauchenden „Früher waren Tuche teuer, weshalb man alles am Tuch ausnützte“ Wenn man bedenkt, das Bruchen auch in ärmeren Bevölkerungsschichten getragen wurde, weshalb der große Tuchverbrauch? Ist dies alles ein Irrtum und wird falsch interpretiert? Welche Gründe könnten für einen sehr weiten Schnitt gesprochen haben, dass sich dies auch die ärmerer Bevölkerungsschichten leisteten? Bequemlichkeit? Das Tragen der Bruche von mehreren Personen (Sohnemann bleibt zuhause bis Papa mit der Burche kommt)? Modeerscheinung (hat aber dann lange angehalten)?
 
Kleidung galt im ganzen Mittelalter als Statussymbol. Das Gewand definierte den Träger als zugehörig zu einer sozialen Gruppe im Rahmen einer "gottvorgegeben" Lebensordnung. Sprich Kleidung diente der Selbstverortung, als Identitätsmerkmal. Der Mensch war nichts ohne die standesgemäße Kleidung, siehe hierzu auch div. Literatur des HMA, wo der Träger "nackt" ist und sich erst nach Einkleidung mit standesspezifischen Kleidungsstücken z.b. wieder als Ritter wahrnimmt, bzw. auch von der Gesellschaft als solcher wahrnimmt, davor jedoch in einer Identitätskrise steckt. Kurz: Kleidung hat man sich geleistet, um jeden Preis! Der feine Unterschied lag dann eben in Qualität und Verarbeitung des Stoffs bzw. des Materials - ein Reicher nutzte mehr feinstes Leinen & Wolle oder gleich Seide in unterschiedlich leuchtenden Farben, aus Goldfaden etc (bis hin zum niederen Adel war Seide offensichtlich sehr beliebt); ein Armer eher grobes Tuch, billig gefärbtes. Wer ganz arm war: Häufig kam es beim Tod von Vermögenden zu Stoffspenden an Bedürftige im Austausch gegen Begleitung der Sterbeprozession. Das Thema Stoffverbrauch ist ja nicht nur bei der Bruche offensichtlich, wobei sich hier allerdings der Stoffverbrauch im Verlauf des MA zunehmend minimiert hat. Und sooo extrem ist der Stoffverbrauch ansich für eine Bruche nicht (glaub 1,5 m oder so); wenn man bedenkt dass ein einfacher Bürger ja auch nicht über zig Bruchen sondern wohl eher nur eine zweite zum Wechseln besaß und die sicher häufig geflickt wurde? Siehe dazu auch: Jan Keupp: "Die Wahl des Gewandes." oder die Testamente des Wiener Bürgerspitals
 
ich weiß ja nit wie man den verbrauch berechnet. aber für die bruche wird zwar viel stoff verwendet. aber der schnitt ist extrem gering. deshalb würde ich sagen, aus rein ökonomischer sicht, hat die bruche nicht viel mit stoffverschwendung zu tun.
 
Stimme Firiel zu. Lieber an der Qualität sparen als an der Menge. Denn zumindest die Abbildungen von bäuerlichen Bruchen, die ich kenne, sind allesamt recht üppig dargestellt. Den Preis macht hier auch nicht so sehr der eine Meter mehr oder weniger aus, sondern die darin verwebten Meter an Faden (Webdichte) und die Feinheit des Stoffes (entspricht Feinheit des Fadens). Tatsächlich war die Mode damals sehr viel wichtiger als heute (auch wenn man es subjektiv vielleicht genau anders wahrnimmt). Sowas wie Individualismus oder Ausbrüche aus den bekannten Kleidungsschemata um Geld zu sparen oder einfach aus einer Laune heraus, das gab es nur in hochadeligen Kreisen (quasi die Trendsetter). Wer was werden wollte und respektiert werden wollte damals, der MUSSTE sich gut anziehn.
 

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