Das beliebteste Social Network der Welt verschärft die Spielregeln - wie immer, ohne die User richtig zu informieren. Wer das Netzwerk weiter nutzt, ist automatisch einverstanden. Oder selbst schuld. Dicke Post für die Facebook-Nutzer. Wobei »Post« das falsche Wort ist. Denn das würde ja bedeuten, daß man persönlich über etwas Wichtiges benachrichtigt wird. Bei Facebooks jüngstem Streich ist das anders: Praktisch durch die Hintertür ändert das weltgrößte soziale Netzwerk die Spielregeln. Auf der Facebook-Website hat der US-Konzern ein ellenlanges Dokument zu den neuen
Nutzungsbestimmungen[1] aufgeschaltet. Die europäischen Datenschützer reagieren entsetzt. Den Facebook-Mitgliedern werde die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, ob ein Update installiert werde oder nicht. Zudem werde das Übermitteln von Nutzerdaten zwischen den verschiedenen Facebook-Anwendungen (Apps) erleichtert. Diese sensiblen Informationen sind bekanntlich der Rohstoff, mit dem Facebook seine Werbemillionen verdient.
Auch Nicht-Nutzer betroffen 20 Minuten Online hat den Eidgenössischen Datenschützer Hanspeter Thür um eine Stellungnahme gebeten. Seine Antwort fällt deutlich aus: »Im Westen nichts Neues.« Facebook habe noch nie etwas zu Gunsten seiner Nutzer verbessert. »Neu ist unter anderem, daß die folgenden Bestimmungen für Nutzer sowie Nicht-Nutzer, die mit Facebook außerhalb der USA interagieren, gelten.« Das seien beispielsweise Personen, die auf eine Homepage gehen, welche den Like-Button eingebunden haben und damit ohne es zu wissen mit Facebook »interagieren«. Für sie gelte, daß sie einverstanden seien, daß die Daten in die USA weitergeleitet, dort verarbeitet und kommerziell genutzt werden. Wer Facebook weiterhin nutzt, erklärt sich automatisch einverstanden mit den Änderungen im Kleingedruckten. Änderungen wohlgemerkt, die seit dem 15. März auf der Facebook-Seite zur Diskussion gestellt worden sind. Zahlreiche Nutzer haben darauf mit einem ablehnenden Kommentar reagiert. Doch die überwiegende Mehrzahl der 800 Millionen Mitglieder dürfte davon nichts mitbekommen. Bis Freitag, 1 Uhr, konnte man Änderungsvorschläge machen, dann endete die von Facebook lancierte »Vernehmlassung« der Nutzer. Sollten mehr als 7000 Kommentare zu einer Änderung eingehen, wollte der US-Konzern mehrere Varianten zur Abstimmung bringen. Bis Donnerstagnachmittag waren es gerade mal 550 Kommentare, meist negativen Inhalts. Zudem gebe es auch noch die Hürde, daß eine solche Abstimmung nur verbindlich würde, wenn sich 30 Prozent der weltweiten Facebook-Nutzer daran beteiligen. Kritiker sprechen von einer Farce.
»Plump formuliertes Regelwerk« Facebook lege »ein weiteres, sehr plump formuliertes Regelwerk« vor, schreibt der Datenschützer Thilo Weichert in einer Medienmitteilung. Facebooks Datenverwendungs-Richtlinien seien nicht mit europäischem Datenschutzrecht vereinbar. Zudem habe Facebook die seit Monaten von Datenschützern weltweit geäußerte Kritik zu verschiedenen Aspekten nicht aufgegriffen. Auf der Website des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein können die Kritikpunkte im Detail nachgelesen werden. Facebook verpasse es, das Recht der Nutzer, selbst über den Umfang der Datenverwendung zu entscheiden, »hinreichend zu beachten und technisch umzusetzen«, zitiert »
Spiegel Online[2]« den Hamburger Datenschützer Johannes Caspar.
Man muß »Fan« werden Fakt ist: Facebook-Nutzer werden nicht automatisch informiert, wenn wichtige Änderungen geplant sind. Vielmehr muß man ein »Fan« der sogenannten »
Facebook Site Governance[1]«-Seite werden, um auf Änderungen vorab hingewiesen zu werden. Das US-Medium »TechCrunch« hat ganze Arbeit geleistet und zeigt sämtliche Änderungen farblich markiert in einem PDF-Dokument, das bei
Scribd[3] abrufbar ist. Dabei handelt es sich um die originalen Facebook-Nutzungsbedingungen auf Englisch.