Fusselhirnchen
Well-known member
Ganz lieben Dank für die vielen Hintergrundinformationen, so kann ich mir, die die Veranstaltung nicht kannte zumindest ansatzweise ein Bild machen.
Panzerreiter hat auch schon einen Aspekt, wie immer sehr sachlich, aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Der goldene Mittelweg. Lagerplätze sind begrenzt und für den ein oder anderen, mal ganz unabhängig von der Qualität seiner Darstellung, würde gänzlich der Reiz entfallen, wenn seine Ausrüstung im Schrank bleiben müsste. Herzberg wäre für mich in sofern interessant gewesen, da ich durchaus bereit bin ein paar Kilometer zu fahren, allerdings nicht um anderen in zivil "nur" beim Lagern zuzuschauen. Das hab ich lange Jahre getan. Das es dann zu Besucherzahleinbrüchen kommt finde ich nicht überraschend. Man muss ja nicht zwingend Gewandungsrabatte bewerben, um auch noch dem letzten Geizhals mit Gardine auf dem Kopf oder Schwert und Kettenhaube über dem Jogginganzug auf das Gelände zu locken.Und ich vermisse eigentlich stets den goldenen Mittelweg. Auf der einen Seite steht, kompromisslos, das kommerzielle Eventmanagement, das ein Angebot möchte, das möglichst viele zahlende Gäste anlockt. Dazu gehören nun mal Bratwürstchen, Hexen, saufende Barbaren, stolze Ritter. Viel Spasseken für kleine und große Kinder und ordentlich Fresserey und Sauferey für die Eltern, die ihre Bamsen mal eine Zeit lang loshaben wollen. Der anzusprechende Besucherdurchschnitt errechnet sich hier aus dem Bevölkerungsquerschnitt. Alles, was den statistischen Durchschittsbesucher unterdurchschnittlich anspricht, ist nach dieser Rechnung unrentabel und zählen tut nun mal allein der finanzielle Erfolg. Auf der anderen Seite steht, leider in der Regel genauso kompromisslos, die fachbetonte Hobbyistenszene, die unbedingt museumspädagogisch arbeiten möchte. Damit spricht sie einen Teil der möglichen Besucher auch stark an, aber rein quantitativ halt nur einen unterdurchschnittlichen Teil der deutschen Gesamtbevölkerung. Dem knallahrt rechnenden Veranstalter sind aber 100 Leute, die mäßig begeistert 50 € dalassen, wichtiger als 50 Leute, die sehr begeistert 70€ dalassen. Vom rein betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus wird es keine fachlich und didaktisch hochqualitativen Märkte geben, denn mit Pilleppalle ist bei gleichen Kosten schlicht mehr rauszuholen. So wie sich Multiplexkinos tragen, sämtliche Opernhäuser der Republik aber bezuschusst werden müssen.
Diese Massnahmen klingen für mich sehr begrüßenswert, denn wenn man in den Lagern keine Steckstühle, Gürteltrinkhörner etc. mehr sieht und auch bei der Gastronomie der Pannesamtüberwurf weg fällt, dann ist doch schon sehr viel erreicht. Ich bin ja gedanklich immer noch auf dem Trichter, kleine Anstecknadeln, an Mitwirkende auszugeben. Ggf. auch an Besucher, die einen gewissen Qualitätsstatus ihrer Ausrüstung erreicht haben. Vielleicht hinterfragt sich der ein oder andere in seinem Auftreten und dem Besucher würde einiges offenbar, was er sonst vielleicht gar nicht so wahrnimmt. Jetzt würde mich noch interessiern, wie hoch denn der Eintritt bisher war und ob es einen solchen Rabatt gab, der hier in Bonn einen Markt zum Supergau gemacht hat.Die Sommerveranstaltung hatte letztes Jahr erstmals einen eingeschränkten "Zeitenrahmen" bekommen: 11. - 13. Jhdt. Jedes Jahrhundert bekam auf der Wiese seine eigene, räumlich abgegrenzte "Zeitinsel", an deren Eingang jeweils eine große Infotafel angebracht war, was so in etwa politisch, modisch und sachkulturtechnisch im betreffenden Jahrhundert los war und die darstellenden Gruppen zeigten jeweils passendes Handwerk bzw. Alltagsleben. Zusätzlich gabs das Reiterturnier und eine kommentierte Feldschlacht (wie auch in den Vorjahren), Gewandungs- "Modenschauen" durch die verschiedenen Jahrhunderte und Musik von Knud Seckel und Aliquando. Kurz gesagt: ein wohltuender Kontrast zum üblichen Marktmittelalter-Schlonz.