Das Judentum im Mittelalter

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AvK

Guest
Wenn man im Kölner Dom den Chorumgang von der nördlichenSeite betritt, dann findet man nahe des Eingangs zur sog. Sakramentskapelle an der Wand eine mannshohe Steintafel mit einer lateinischen Inschrift. Was ist das Besondere an dieser unscheinbaren Tafel ? Nun, das außergewöhnliche ist, dass es sich hier um das sog.Kölner Judenprivileg aus dem Jahre 1266 handelt, mit dem, durch den damaligen Erzbischof Engelbert II von Falkenburg, die Gewährung von Freiheitsrechten der jüdischen Bewohner der Erzdiözese geregelt wird . Aber auch jetzt könnte man sich fragen: Was ist denn schon so besonderes an einem Inschriftenstein? Die Antwort lautet : Es handelt sich gar nicht um eine „Inschrift“ ( die sind auf Grabsteinen usw.) sondern es handelt sich um eine Urkunde . Und das ist schon etwas besonderes, da z.B. in Köln ca. 25.000 erhaltenen Urkunden nur 17 Urkunden-Inschriften gegenüberstehen. Und damit nimmt Köln, auf das deutschen Reich bezogen, von der Anzahl her, eine deutliche Spitzenposition ein. Wenn man sich diese Tafel im Dom ansieht, wird man merken, dass tatsächlich alle Merkmale einer Urkunde vorhanden sind, wie Eingangsprotokoll,Text und das Schlussprotokoll. Weiterhin ist auch der Sinn und Zweck einer Urkunde erfüllt, nämlich die öffentliche Verbriefung eines Rechtsvorganges. Lediglich ein Siegel, oder eine Unterschrift als Beglaubigung findet man aus logischen Gründen nicht. Das ist allerdings auch nicht nötig, da durch die Nennung des Namens des Erzbischofs ( Engelbert) , der Devotionsformel ( von Gottes Gnaden…), die exakte Datierung (1266) und die öffentliche Zugänglichkeit ( .. im öffentlichen Anblick des Menschen...) die Rechtssicherheit erreicht wird. Was steht nun in diesem Privileg: Zunächst einmal wird in der Einleitung darauf hingewiesen, die Juden seien in eine ungünstige Rechtslage geraten und hätten diverse Ungerechtigkeiten zu erdulden gehabt. Behandelt werden daher im Text drei, für die jüdische Bevölkerung wichtige, Dinge:
  1. das Friedhofs- und Bestattungsrecht
  2. Zollbestimmungen
  3. DasGeldleihmonopol
Gerade der letzte Punkt ist interessant, weil das Geldleihmonopol bekanntlich für die jüdische Bevölkerung existentiell war. In diesem Zusammenhang wird im Judenprivileg der Begriff „Kawertschen“ gebraucht. Hiermit sind lombardische, christliche Kaufleute und Kredithändler aus der französischen Handelsmetropole Cahors gemeint. Also alles in allem handelt es sich beim Kölner Judenprivileg um ein interessantes und außergewöhnlicheszeitgeschichtliche Dokument, dessen Existenz man im Dom aufgrund seiner Unscheinbarkeit man kaum wahrnimmt, da man von der übrigen Pracht der Kathedrale und ihrer Einrichtung so geblendet ist. Und es wirf auch ein anderes Licht auf die sonst übliche Stellung der jüdischen Gemeinden im 13.Jhd..... (Den übersetzten Text der Tafel habe ich übrigens als Anhang hinzugefügt.) Also ihr seht, ein Besuch im Dom lohnt sich immer… :D (Quellen: „Das Judenprivileg im Kölner Dom“ von J. Oepen in: Kölner Domblatt, Jahrbuch des Zentral-Dombau-Verein, 2008; Die archivalischen Quellen, von F. Beck und E. Henning 1994)
 

Anhänge

  • Judenprivileg 1266.pdf
    5,8 KB
Hallo alle zusammen: :bye01 Kleiner Nachtrag zum Thema: hier ist auch eine Abbildung dazu: http://www.koelner-dom.de/16891.html Ich hoffe damit ein interessantes Thema angestoßen zu haben und damit vieleicht noch zahlreiche Beitäge aus euch "heraus zu locken" und dann wie üblich lebhaft und mit viel Spaß an der Sache darüber zu diskutieren und zu fachsimpeln... L.G. Anno von Köln
 
Also alles in allem handelt es sich beim Kölner Judenprivileg um ein interessantes und außergewöhnlicheszeitgeschichtliche Dokument,
Hm , - ja - das ist es mit Sicherheit, aber eher durch die Tatsache, dass es in solch einer (steinernen ) Form die Jahrhunderte überlebt hat und weniger als " Zeugniss "dafür, dass man in der Stadt Köln " judenfreundlicher " war, als an anderen vergleichbaren Orten . Wer weiß, was die Oberen der jüdischen Gemeinde, hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen, der Obrigkeit der Stadt Köln und den für diesen Bereich zuständigen Erzbischof für wirtschaftliche Zugeständnisse machen mussten, um in den Genuss solch eines " Privilegs " zu kommen. Und sind wir doch mal ehrlich - das Wort Privileg in solch einem Zusammenhang ist reiner Hohn und nicht mehr.Vor allem, wenn man die " Vergesslichkeit " der christlichen Vertragspartner bedenkt, die urplötzlich immer dann eintrat, wenn die jüdischen Geschäfte nicht mehr so gut liefen, ein Kind in der Nachbarschaft ums Leben gekommen ist, eine Seuche die Bevölkerung hinraffte oder ein Pulk von " Gott will es " keifenden katholischen " Gotteskriegern " auf dem Weg ins Heilige Land, vor den Stadtmauern stand . Die Geschichte jüdischer Gemeinschaften ist in den meisten der großen und alten Städte Europas, entlang der großen Flüsse wie Rhein, Main, Donau, usw. schon sehr alt . Die erste große Welle von Juden kam in den Jahren, nach 70, nach der Zerstörung des Herodianischen Tempels in Jerusalem als Sklaven mit den römischen Legionären in unsere Breitengrade . Das Zusammenleben von Juden und Nicht-Juden in Europa war für mehrere hundert Jahre vollkommen unproblematisch, bis Kaiser Konstantin im 4. Jhd. den Grundstein für die Katholische Kirche , so wie wir sie heute kennen, legte. Und was dann kam , wissen wir ja ....
 
Dennoch muss ich gestehen,dass es im Vergleich zu vielen Urkunden, auf denen jüdischen Mitmenschen Privilegien garantiert waren, nicht das Papier wert waren, auf denen sie verfasst sind. Die verschwanden häufig in irgendwelchen Archiven und es scherte sich kein Mensch mehr drum. Köln hat mit der öffentlich sichtbaren Tafel an einem Gotteshaus (also wo definitiv jeder gläubige Christ zumindest einmal die Woche vorbei kommen sollte) ein Statement gegeben, was ich gut finde. Dass man einer menschlichen Minderheit Privilegien zugestehen muss, finde ich genau so traurig, wie Du - lieber Petrus - aber so ist es leider auch heute noch in einigen Ländern. Und man darf beim Zusammenleben der Völker natürlich auch nicht übersehen, dass gerade in den Ländern, aus denen die jüdische Bevölkerung ursprünglich kam, zu dieser Zeit häufig muslimische Herrscher ansässig waren und ein Zusammenleben aller drei Hauptreligionen völlig unproblematisch war - bis die Kirche sich einmischte (siehe Kreuzzüge...)
 
Köln hat mit der öffentlich sichtbaren Tafel an einem Gotteshaus (also wo definitiv jeder gläubige Christ zumindest einmal die Woche vorbei kommen sollte) ein Statement gegeben, was ich gut finde.
Ja Mara, ich finde es auch gut, dass man den " Goldesel " vor der Schlachtung durch das einfache Christenvolk schützt, - solange er brav Goldtaler spuckt und käckert ... ;) Sehr vernünftig .
 
Hallo zusammen, ich wußte doch Ihr entäuscht mich nicht, auch wenn dies ein "schwer verdauliches" Thema ist. Ich habe es aber bewußt ausgewählt, einmal um der jüdischen Bevölkerung Respekt zu zollen und auch um mal etwas anderes zu zeigen als die klassische Darstellung : Krieg und Pest = Judenprogrom, zum Anderen, weil wir es hier mit einer öffentlich ausgestellten Urkunde zu tun haben die tatsächlich fast unvergänglich ist. Ich bin jahrelang bei meinen Dombesuchen immer wieder an dieser unscheinbaren Tafel vorbeigegangen und habe sie , da ich mir dummerweise nie die Zeit genommen habe mal genauer drauf zuschauen, eigentlich immer nur für einen der zahlreichen Grabsteine gehalten. So kann man sich halt irren... Aber jetzt mal zum Verhältnis des Erzbischofs und der jüdische Bevölkerung: Man darf dieses "Privileg" tasächlich nicht als pure Menschenfreundlichkeit ansehen, sondern als brutalen Eigennutz ! Dazu muß man folgendes wissen: Aus der Zeit von 1252 bis 1372 sind insgesamt 11 erzbischöfliche Schutzbriefe bekannt und man geht davon aus das bis zu den großen Progromen während der Pest im Bereich der Diözese ca. 2000 -3000 Juden lebten, also eine beachtliche Zahl, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Wir sprechen hier also von einer blühenden Gemeinde und einem Zentrum der Gelehrsamkeit mit überegional bekannter Talmudschule. Das förderte natürlich den Wohlstand, den eigenen aber auch den der Stadt und der Diözese. Es ging den Erzbischöfen daher tatsächlich nur darum den größtmöglichen Profit abzuschöpfen, da die Juden nicht nur eine nicht unerhebliche Steuerlast trugen, sondern auch durch Kreditvergaben so manchesmal die Erzbischöfliche Kasse auffüllten. Jener besagte Engelbert II von Falkenburg war z.B. bei der jüdischen Bevölkerung hoch verschuldet.. Es war also für jeden Erzbischof immer eine Güterabwägung ob er Schutz vor Verfolgung bot, da ein Progrom für ihn letzendlich immer ein "Vermögenschaden" bedeutete. Die schlechtere und traurigere Variante demonstrierte, mit dem Progrom von 1349, Erzbischof Wilhelm von Gennep, indem er sofort sämtliche Besitztümer annektierte. Daher als Resümee: Wir können hier nicht einfach nur Menschenfreundlichkeit postulieren, denn das Verhältnis der Kölner zu ihren jüdischen Nachbarn war, im Grunde wie woanders auch, nur vom reinen Eigennutz geprägt und eine tiefgründige Angst vor dem "Andersartigen" war immer gegenwärtig . @Petrus und @Mara ihr habt es wirklich richtig erkannt... L.G. Anno von Köln
 
Ja, davon lebt das Forum, und man muß auch den Mut haben mal "heiße Eisen" anzufassen, um von Generation zu Generation weitergereichte Irrtümer zu korrigieren. Und leider existieren viele Werke, v.a. gerade die, die sich mit den Kreuzzügen oder der Pest beschäftigen, in welchen so ein komplexes Thema einfach pauschal und ohne Nachdenken abgedroschen wird. Ich finde einfach das die jüdische Bevölkerung des MA, aber auch die Heutige, es verdient, daß man sie wahrnimmt und korrekt beurteilt, sowie wir es ja bei uns auch erwarten. Genauso sehe ich das auch im Umgang mit dem Islam. Denn was wäre heute, ohne das Wissen des Islam und des Judentums, aus dem Mittelalter an Wissen überliefert, ich denke erschreckend wenig. Für diese Erkenntnis muß man nicht den Medicus gelesen haben, sondern es ist gut sich objektiv und kritisch mit den vorhandenen Quellen und Artefakten auseinander zu setzen. Ich freue mich jedensfalls sehr über Eure lebhafte Diskussion und der damit verbundenen Erweiterung unseres Horizonts. :) Davon profitieren wir alle, der Schreiber wie auch der Leser...also weiter so !!! :thumbsup:
 
...oder ein Pulk von " Gott will es " keifenden katholischen " Gotteskriegern " auf dem Weg ins Heilige Land, vor den Stadtmauern stand ... ...Das Zusammenleben von Juden und Nicht-Juden in Europa war für mehrere hundert Jahre vollkommen unproblematisch, bis Kaiser Konstantin im 4. Jhd. den Grundstein für die Katholische Kirche , so wie wir sie heute kennen, legte...
Zum ersten Punkt: Natürlich waren zur Zeit der Kreuzzüge alle Angehörigen der Westkirche katholisch. Sie konnten auch gar nix anderes sein! Mit der Orthodoxie war es bereits zum großen Bruch gekommen und die Reformation stand noch in weiter Ferne. Dennoch ist Judenhass kein spezifisch katholisches Alleinstellungsmerkmal, sondern zieht sich durch alle großen christlichen Glaubensgemeinschaften, bis weit ins letzte Jahrhundert hinein. Die explizite Betonung der "katholischen Gotteskrieger" könnte in diesem Zusammenhang den Eindruck erwecken, dem sei nicht so. Zum zweiten Punkt: Zwar ermöglichte Konstantin der christlichen Religion ihren Durchbruch und schuf so die Voraussetzung für Strukturen, die der Kirche über Jahrhunderte ihre Macht sicherten. Wer aber die heutige katholische Kirche mit der Kirche zur Zeit Konstantins vergleicht, übergeht mal eben locker mehr als anderthalb Jahrtausende wechselvolle Kirchengeschichte. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Bundesrepublik in der Tradition des antiken Griechenland zu sehen, nur weil hier wie da, eine Staatsform namens Demokratie existent ist/war...
 
mhhhhhhhhhhhhhhhhhh Ich frage mich grade wer der Antisemit ist. Der der mit ner Glatze und nem Knüppel durch die Gegend läuft oder das Thema mal eben so als Provokation aufs Tapet bringt. Oder anders gefragt: Wer ist besser? Ich weiß es nicht und will niemandem etwas unterstellen. Shalom Alechim Thomas S.
 
@weedmaster: auch Dir ein Shalom ! Dieses Thema ist definitiv nicht :!: als Provokation gedacht und es ist schade das Du das in irgendeiner Form vermutest. Ich habe diesen Beitrag aus einem Artikel des Kölner Domblattes erstellt. Dies ist das Publikationsorgan des Zentral-Dombau-Verein zu Köln, dem ich seit Jahren angehöre und diese Ausgabe ( 2008 ) behandelt das Thema "Judentum" im Einflussbereichs des Kölner Doms. Ich fand schon damals beim Lesen diese Thematik faszinierend, einmal weil ich diese Tafel bisher nie wahrgenommen hatte, und andererseits weil ich mir zur damaligen Zeit eigentlich nie Gedanken über das schwere Leben der jüdischen Bevölkerung im MA gemacht habe. Ausser dem halt, was man mal so nebenbei gelesen hat, oder das man vielleicht mal einen interessierten Blick in die am Kölner Rathaus ausgegrabene Mikwe geworfen hat. Erst wenn man tiefer in die Materie eingedrungen ist, wird man feststellen, daß hier noch viel Nachholbedarf für jeden MA-Freund ist. Egal in welcher Form. Das andere" Novum" für mich war die Tatsache daß mitten im Dom eine mittelalterliche Urkunde, und zwar mit allen Urkundenmerkmalen, steht. Wie schon gesagt, auch ich bin erst durch Lesen des Artikels darauf aufmeksam geworden und hatte mich bei meinem nächsten Besuch im Dom intensiv mit dieser Tafel beschäftigt. Gerade weil "Steinurkunden" eine absolute Rarität sind, sollte man auch die Möglichkeit nutzen ein solches Exemplar zu besichtigen. Und dazu gehört natürlich das man von ihrer Existenz weiß ! Also in diesem Sinne und mit den Worten meines Lieblingsmonarchen Edward III: Honi soit qui mal y pense.... L.G. und trotzdem noch angeregte aber auch faire Diskussion Anno von Köln P.S. das Mittelalter ist nicht immer easy und heile Welt...Sorry
 
Wenn ich da etwas falsches angenommen habe möchte ich mich dafür entschuldigen. Vieleicht bin ich bei diesem Thema etwas empfindlich. Ich dachte grade wieder an die Progrome die grade im MA stattgefunden haben. Vieleicht hätte ich eher an einen Ausspruch meiner Großmutter denken sollen Sie sagte mir: Junge vergiss diese Zeiten nicht Aber lass uns,die wir überlebt haben, endlich zur Ruhe kommen und leben Thomas S. Nix für ungut
 
@weedmaster: na deswegen Dir doch das Shalom, da ich doch eigentlich immer an das Gute im Mensche glaube. Aber egal welches Thema wir hier im Forum diskutieren, ob es die Kreuzzüge sind oder die Inquisition oder was auch immer, wir werden immer auf Leid und Ungerechtigkeit stoßen. Das Ziel ist erreicht wenn wir nachdenklich werden, und uns vom " Robin Hood" oder "Ivanhoe"- Image verabschieden. Aber das läßt uns leider auch auf Tatsachen stoßen, die nun einfach nicht zu ignorieren oder wegzudiskutieren sind. Es liegt letzendlich an uns allen was wir daraus machen und wie wir es zum Beispiel in Darstellungen nach außen repräsentieren.... Aber ich stimme auch dem großmütterlichen Spruch zu: alten, schon kalten Kaffee sollte man wirklich nicht aufwärmen. Aber es schadet nicht einen neuen aufzusetzen, da der Geschmack des Kaffee und der Genuß des selbigen das entscheidende Merkmal ist... in diesem Sinne Anno von Köln P.S.: Mein Angebot: Wir machen mal einen Rundgang durch den Dom...
 
und die Reformation stand noch in weiter Ferne.
Die Reformation steckte noch in den Kinderschuhen, hatte aber bereits begonnen . Das beste Beispiel sind die Waldenser, die bereits im Ende des 12. Jhrd. ihr Leben für ihre Ansichten von einem biblisch orientiertem Leben aufs Spiel setzten. Diese Ansichten waren größtenteils alles andere, als im Sinne der KK. und deckten sich größten Teils mit den Formulierungen Martin Luthers, die rund dreihundert Jahre später gemacht wurden .
Dennoch ist Judenhass kein spezifisch katholisches Alleinstellungsmerkmal,
Sorry - aber dann würden sämtliche Geschichtsbücher , inklusive der Katholischen Bücher lügen / sich irren. Der Anti - Judaismus / Judenhass, so wie er sich durch das MA und bis beinahe in die Gegenwart durchgezogen hat, hat seine Ursprünge schon ca. im 2 Jhrd., ist aber erst nach der Machtübernahme durch Konstantin und die Einführung des " Christentums " als Staatsreligion zur Ausführung gekommen. Wir sollten dabei auch nicht vergessen, dass der " gute " Luther bis zu einem gewissen Grad immer ein Katholik geblieben ist und er sich deshalb auch zu Statements wie " tötet die Juden um Gott zu zeigen , dass wir Christen sind " hinreißen lies, was dem " Bärtigen aus Braunau " vierhundert Jahre später, u.a. für sein Tun als Argument diente.
sondern zieht sich durch alle großen christlichen Glaubensgemeinschaften, bis weit ins letzte Jahrhundert hinein.
Das ist leider auch nicht ganz richtig, - z.B. die sogenannte Substitutionstheologie, mit der immer noch sehr viele Dinge gerechtfertigt werden, wird tapfer bis zum heutigen Tag durchgezogen.
Zum zweiten Punkt: Zwar ermöglichte Konstantin der christlichen Religion ihren Durchbruch und schuf so die Voraussetzung für Strukturen, die der Kirche über Jahrhunderte ihre Macht sicherten.
Das und nichts anderes habe ich mit " Grundstein legen " gemeint .
Wer aber die heutige katholische Kirche mit der Kirche zur Zeit Konstantins vergleicht, übergeht mal eben locker mehr als anderthalb Jahrtausende wechselvolle Kirchengeschichte. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Bundesrepublik in der Tradition des antiken Griechenland zu sehen, nur weil hier wie da, eine Staatsform namens Demokratie existent ist/war...
Das hat doch auch niemand getan !? Zumindest nicht in diesem Thread . Und nun sage ich ganz laut : PEACE ! und lasst uns wieder zum eigentlichen Thema zurückkehren, schließlich hat Anno sich redlich Mühe gegeben, im Forum etwas beizusteuern, dass über die üblichen MA- Themen hinausgeht . :back
 
Petrus, ich denke nicht, daß wir uns sehr offtopic bewegen, wenn wir in einem Thread über das Judentum im MA, über Kirchengeschichte und christlich motivierten Judenhass diskutieren - denn imho bedingt das eine das andere. Auch liegt es mir fern, Unfriede zu stiften, wenn es bei Dir so angekommen ist, tut es mir leid. Ich bin nur der Meinung, daß eine offene Diskussion auch konträre Standpunkte verkraften bzw. dadurch gewinnen kann. :thumbup: Im zweiten Punkt (Konstantin & Co.) habe ich Dich anscheinend missverstanden. Im ersten Punkt (Judenhass als Alleinstellungsmerkmal des Katholizismus) widerspreche ich weiterhin. Ein Antijudaismus entwickelte sich bereits mit der wachsenden Entfremdung zwischen Juden und "Nazarenern". Das Verständnis der Kirche als "neues Israel" war der christlichen Gemeinschaft vor der Spaltung zu eigen und findet sich auch danach bei den orthodoxen Kirchen, den Katholiken sowie protestantischen Kirchen. Damit einher ging die antijüdische Auslegung des Neuen Testaments (Juden als Gottesmörder). Erst nach dem Holocaust begann teilweise ein zaghaftes Umdenken. Natürlich hat die katholische Kirche - allein aufgrund der ungeheuren Macht, die sie lange Zeit inne hatte - sich in der Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung von Juden (wie auch anderen "Ketzern") zeitweise besonders schändlich hervorgetan. Aber das macht sie nicht zur einzigen antijudaistischen christlichen Gemeinschaft. Ich kenne auch kein Geschichtsbuch, schon gar kein katholisches Buch, in dem behauptet wird, daß Judenhass in den christlichen Kirchen ausschließlich durch Katholiken initiiert und praktiziert wurde. Die antijüdischen Tendenzen von Orthodoxen und Reformierten lassen sich nicht so einfach dem Katholizismus anlasten.
 
Ich hoffe nicht, dass ich jetzt den Frust aller auf mich lenke, aber ich stelle mal eine These in den Raum: Progrome, wie es sie im MA gegen die jüdische Bevölkerung gab (und davor und danach natürlich auch noch) erwachsen häufig aus einer Unwissenheit und Unsicherheit heraus. Genau so erging es während Hungersnöten und Pestepidemien auch den Sinti und Roma sowie anderen "Randgruppen". Menschen suchen sich einen Schuldigen für die eigenen Misere, leider müssen dafür häufig Unschuldige herhalten. Oder einige wenige versuchen sich auf Kosten anderer zu bereichern. Auch das ist leider ein Grund. Schon weil der andere eben anders ist, ob das nun sein Glauben ist oder sein Aussehen. Das beste Beispiel dafür hörte ich letztes in einem Film, in dem es um Palästinenser und Israelis ging, wo der eine zum anderen sagte: "Wenn Du im Flugzeug neben mir sitzen würdest, würde ich auch wieder aussteigen!" Harte Worte, aber ich vermute, so denken viele Menschen. Auch wenn sie es nie öffentlich zugeben würden. Ich finde das traurig. Ich frage mich immer wieder, warum sich die Angehörigen der drei Religionen immer wieder so anfeinden. Im Grunde genommen glauben wir doch alle an den gleichen Gott (er heißt nur jeweils anders). Das Christentum und der Islam haben beide ihre Wurzeln im Judentum, Jesus selbst war Jude, wird sogar bei den Muslimen als Prophet verehrt. Wenn man die Regeln der drei Religionen vergleicht, entdeckt man kaum Unterschiede. Alle drei weisen auf ein friedliches Zusammenleben der Menschen untereinander hin. Religionskriege, "Urkunden", Aufrufe zu Kreuzügen etc. haben für mich nur den Hintergrund, sich an dem Vermögen anderer zu bereichern, Machbefugnisse zu erweitern und entbehren damit jeglicher göttlicher Grundlage. Demzufolge sind alle, die was anderes behaupten (ich erinnere nur an Urban II mit seinem "Deus lo vult!") füt mich eindeutig Lügner. Schade, dass ihn damals nicht gleich der Blitz zur Strafe getroffen hat!
 
Die Menschheitsgeschichte wie wir sie kennen oder interpretieren ist eigentlich immer geprägt gewesen durch Angst oder Mißtrauen vor dem "Fremden", welches in seiner eigenen Kultur nicht vorkommt oder nicht begreiflich ist. Egal ob wir vom Menschen der Steinzeit oder vom moderene Menschen sprechen, wie uns ja jeden Tag leider immer wieder aktuelle Beispiele zeigen. Und egal welchen "Namen" das "Fremde" auch immer trägt, ob es real ist oder imaginär, , diese Angst ist, vermutlich als evolutionärer Schutzmechanismus, tief in uns verwurzelt und die hohe Kunst ist es damit richtig umzugehen. Aber gerade der Mensch ist auch das Lebewesen, daß logisch zu denken gelernt hat, und in der Lage sein sollte auch Recht vom Unrecht zu unterscheiden. Und so ist es die Vernunft und die Aufgeklärtheit die uns bis heute hat überleben lassen. Oder wie schrieb Immanuel Kant 1784 so schön: AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit... @mara: sehr guter Hinweis von Dir:dieser Film war nämlich ein Paradebeispiel zu dieser Diskussion, und ich fand gegen Ende des Films einen Satz bezeichnend für den Sieg der Vernunft, nämlich: "Wir leben nicht mehr in der alten Heimat, sondern in Amerika...Wir sind jetzt alle Amerikaner...! " L.G. :bye01 Anno von Köln
 
@ Anno: ich merke schon, wir haben am Sonntag beide das Gleiche geschaut. Eigentlich ein völlig schwachsinniger Film (aber neben dem Sticken muss ich keine schwere Kost haben), aber ich war erstaunt, wieviel Wahrheitsgehalt und Aktualität doch in so einer Slapstickkomödie steckt. Du hast völlig recht, dass der logisch denkende Mensch Recht von Unrecht unterscheiden sollte. Leider gibt es da dann noch den Gruppenzwang, Duckmäuser, die den Weg des geringsten Widerstandes gehen und und und... Ich sag nur: Stell Dir vor, es wäre Krieg und keiner ginge hin... Urban II. hätte sich aber ganz schön umgeschaut! Leider lehrt uns die Geschichte immer wieder, dass charismatische Führer die Menge (insbesondere die, die sich ansosnten kaum für politische Dinge interessiert) mitreißen können, leider oft in die falsche Richtung. Ich denke da nicht nur an Urban II., Hitler oder Stalin. Leider gibt es die auch noch heute. Was lernt man daraus? Das manche Menschen aus der Geschichte einfach nichts lernen!
 

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