Das Judentum im Mittelalter

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@ weedmaster+Petrus : Jungs, ich glaube Ihr verennt Euch da gerade etwas. Ihr habt beide ein sagenhaftes Wissen bzgl.des Judentums an sich, aber das Thema war : "Das Judentum im Mittelalter", also weder der Ursprung, noch das Leben in heutigen Tagen. Geschweige denn Verfolgung und Vertreibung im Verlauf der Jahrhunderte. Mein Vorschlag wäre daher : Versucht doch beide einmal das jüdische Leben in einer mittelalterlichen Stadt ausführlich darzustellen, also das Leben innerhalb der Stadtmauern, mit Talmud-Schule, Mikwe, Bestattungswesen und den jüdischen Riten. Natürlich werden wir immer an Bereiche kommen , wo es uns "eiskalt den Rücken runterläuft", aber ich denke das die jüdische Gemeinschaft in der mittelalterlichen Stadt einfach mehr zu bieten hat als Vertreibung und Totschlag. Wie hat der jüdische Mensch wirklich gelebt, wie sah sein Alltag aus, was ist mit Kunst und Musik ? Fragen über Fragen die ich mir so stelle, die man aber durch gute Beiträge bestimmt leicht beantworten, und uns allen eine Wissenslücke schließen kann. Mein Thema war schließlich erst einmal als Basis gedacht auf die man fruchtbar aufbauen kann, aber nicht als Diskussionsgrundlage über" Antisemitismus bis in die Neuzeit". Ich habe durch Eure Beiträge sehr viel dazu gelernt und ich denke Anderen im Forum geht es genauso. Dafür danke ich Euch, und bei dem Fachwissen Eurer bisherigen Beiträge erwarte ich da zu diesem Thema echt Großes von Euch. Also schaut einfach mal was Ihr zum mittelalterlichen Alltagsleben noch alles beitragen könnt. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt und wissbegierig.... L.G. :bye01 und seid mir bitte nicht böse, daß ich so direkt war... Anno von Köln
 
Hier noch einmal ein Nachtrag und "Gedankenanreger" zu dem im letzten Beitrag gesagten:
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Ich denke nämlich nach wie vor, daß uns hier noch spannende Beiträge bevorstehen, und wir einiges über das jüdische Alltagsleben im MA erfahren werden.... Quelle: Cod. Pal. germ 848, online Ausgabe des Digitalisates der UB Heidelberg,Url des Bildes: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglitData/image/cpg848/1/355r.jpg
 
Shalom Aleichim Dann empfehle ich dir als erstes das Buch vom Israel M. Lau - Wie Juden leben Als 2. solltest du dich über die Stämme Israels (ha-shvatim) informieren. Nachweislich eine jüdische Mutter zu haben macht es nicht leichter sondern erst damit durch Geburt möglich. Das Befolgen der Speisegesetze (Kashrut), Beschneidung ( Brit Mila )oder der Gebote ( Mitzwot ) machen noch keinen Juden. Ich schrieb absichtlich" ernst zu nehmende Gemeinde ". Ich weiß das es in einigen reformierten Gemeinden möglich ist ohne die Geburt vollwertiges Mitglied zu werden. Nur gab es das im MA soweit ich weiß nicht. Jedenfalls habe ich noch keine Belege dafür gesehen. Vieleicht ist auch dies hier interessant für dich: Im Traktat Jewamot des Talmud (47b) heißt es zum Beispiel: „Rabbi Chelbo sprach nämlich: Die Proselyten sind für Israel schwer wie ein Ausschlag.. Aber hier ist es wie in den meisten Religionen. Es gibt orthodoxe und reformierte. Wobei das orthodoxe Judentum wohl im MA vorherrschte
@ Weedmaster Vielen Dank für die gutgemeinten Ratschläge - kurz zu mir, auch wenn es Off Topic ist . Ich studiere seit 1988 das Alte und Neue Testament, Judentum, Judaistic, - wobei man kaum an den 12 Stämmen und auch nicht an den 10 verlorenen Stämmen aus dem Hause Jakob und allem was dazu gehört, vorbei kommt !?, die Geschichte des Judentums in Europa, inklusive MA und 3. Reich / Holocaust, die Geschichte des Staates Israel , von den Anfängen bis jetzt. Dazu kommen Biblische Archelogie, Frühes Christentum und modernes Christentum, Katholische Kirchengeschichte, die Reformation, den Koran ( nicht wirklich mit Herzblut ), Josephus Flavius - zugegeben, nur die Kurzform, und die für dieses Thema relevanten Bemerkungen von Tacitus und ähnlichen außerbiblischen Schreibern . Zu diesen Themen nenne ich ca. 150 Bücher mein eigen, bin dazu auch immer noch nach unzähligen Stunden in Seminaren, Vorlesungen, Ausstellungen usw. so gut wie jede Woche beim Bibelstudium und in verschiedenen jüdischen Gemeinden unterwegs . All das macht mich aber immer noch nicht " Allwissend " was dieses Thema anbetrifft, aber die Basics, - die habe ich drauf, wogegen ich auch Dir gewisse Grundkentnisse, wo auch immer die herkommem mögen - und das war nicht böse gemeint, nicht absprechen will . Wenn ich allerdings mehrfach den Ausdruck " ernstzunehmende Gemeinde " lesen muss, dann kommen in mir komische Gefühle auf, dann frage ich mich natürlich wer oder was die Messlatte für " ernstzunehmende Gemeinde " ist, ich denke nicht dass Du das bist - ich bin es übrigens auch nicht und das es dazu verschiedene Meinungen gibt, war mir vor Deinem Hinweis, dass es orthodoxe und reformierte Richtungen gibt bekannt , aber Danke nochmal . Die " komischen Gefühle " verstärken sich dann aber noch, wenn ich lesen muss, dass Du standhaft bei der Behauptung bleibst, dass jemand nur Jude / Jüdin sein kann, der von einer jüdischen Mutter geboren wurde und sich ansonsten nicht (voll )zugehörig fühlen kann, obwohl das Alte Testament, bis hin zu heutiger gängiger Konversionspraxis im Judentum ganz andere Aussagen machen . Das wohl bekannteste Beispiel im AT ist Ruth, die Moabiterin, die die Urgroßmutter von König David ist . Und bitte entschuldige, wenn ich jetzt am Ende noch was bissig werde, aber was glaubst Du was man mir entgegnen wird, wenn ich, so GOTT will, Anfang März das dreizehnte Mal nach Israel gehe und den Proselyten, die ich mit großer Wahrscheinlichkeit wieder treffen werde, dieses Mal erzählen werde :" Tja meine Damen, meine Herren, trotz Eures Glaubens, trotz der Konversionsriten und der Anerkennung durch die jeweiligen Rabbinatsgerichte, ist euer Übergang zum Judentum leider immer noch nicht perfekt, ihr könnt Euch leider immer noch nicht voll zugehörig fühlen, da ihr keine jüdische Mutter habt - und wer etwas anderes behauptet muss zwangsweise aus einer Gemeinde / Institution kommen, die man nicht ernst nehmen kann, der Quell meines neuen Wissens ist der Weedmaster aus einem Mittelalterforum in Deutschland " Was glaubst Du was man mir entgegnen wird ? Ich kann es mir schon denken, sie werden mich wohl fragen :" Willst Du jetzt eine Provocation aufs Tapet bringen ? " Wer weiß..... Aber nun ein weiteres Shalömmchen an ALLE und zurück zu Anno´s Thema .
 
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Trotzdem gebe ich weedmaster Recht. Allerspätestens mit der fertigen Abfassung des Talmuds (besonders des strengeren babylonischen Gemara, deren Sprache recht eindeutig ist - siehe Jewamot-Zitat) im 8. Jahrhundert dürfte die jüdische Mission offiziell gestorben sein. Stark missioniert wurde wohl seit dem Ende der Zeit der Könige nur bei in jüdische Gebiete Einwandernden und seit dem Fall Jerusalems 70. n. Chr. hatte man sicher wichtigeres zu tun.
@ Heidensohn Es wirft sich die Frage nach der Definition von Missionierung auf . Nehmen wir als Beispiel die Formen christlicher Mission in der Neuzeit in Deutschland . Für den einen Christen ist es schon Mission auf einen richtigen Augenblick in seinem Umfeld, z.B , Arbeitsplatz, Nachbarschaft, " Zufälle " zu warten, um missionarisch tätig zu werden, während es für andere Gläubige erst eine " richtige Missionsaktion " ist, wenn man in der Fußgängerzone offiziel predigt und Traktate verteilt, der nächste Missionar geht dann sogar so weit und reist in arme Entwicklungsländer und wird da tätig . Wie Du siehst, ist Missionierung ein deeeehnbares Wort und wir kennen die Kriterien der jeweiligen Schreiber in der Vergangenheit nicht, deshalb sollten wir bei einer Pauschalierung vorsichtig sein, da es unter den verschiedenen Glaubensströmungen des Judentums, damals wie heute, mit Sicherheit verschiedene Ansichten zur Missionierung gegeben hat. . Was aber eine Tatsache ist, ist der Punkt, dass die KK in den letzten Jahren der Spätantike irgendwelche missionarische Tätigkeiten von seiten der Juden mitgekriegt haben muss, wie auch immer die ausgesehen haben mögen, was sie dazu gebracht hat die Sache auf den Konzilien zu thematisieren und die dementsprechenden Gesetzte zu erlassen, die dann natürlich nach der vollen Machtentfaltung der KK im MA erst richtig gegriffen haben . Von daher finde ich die Sache nicht ganz Off Topic, auch wenn meine Ausführungen vielleicht öfters mal (zu) weit ausholen .
 
Sorry Petrus Hier muss ich wohl einmal etwas bissig werden. Geh nach Mea Shearim ( Ein Stadtteil von Jerusalem in dem vorwiegend Orthodoxe / Chassidische Juden leben ) und vertritt dort deine Theorie. Lies bitte noch einmal was ich geschrieben habe und denke daran das das sein das Bewusstsein bestimmt. Bei mir kommen da keine komischen Gefühle hoch. Ich schreibe es so wie ich es gelernt habe. Logisch wird nicht in jeder Talmudschule das gleiche gelehrt. Wie du auf Grund deiner Studien sicher weißt gibt es doch sehr verschiedene Strömungen. Egal. Es gehört nicht hierher. Ich wehre mich nur dagegen wenn jemand mit Totschlagargumenten wie "Aber nun ein weiteres Shalömmchen an ALLE und zurück zu Anno´s Thema ." versucht seine Meinung als allgemein richtig zu verkünden. Es kommt halt immer darauf an von welcher Seite man das ganze betrachtet My Last comment Thomas S
 
Logisch wird nicht in jeder Talmudschule das gleiche gelehrt. Wie du auf Grund deiner Studien sicher weißt gibt es doch sehr verschiedene Strömungen.
Geh nach Mea Shearim ( Ein Stadtteil von Jerusalem in dem vorwiegend Orthodoxe / Chassidische Juden leben ) und vertritt dort deine Theorie.
@ Weedmaster Dass es zum Thema Proselyten unter den verschiedenen Richtungen des Judentums verschiedene Ansichten gibt, über/mit denen weder Du noch ich, mit allen eine 100%tige Übereinkunft der Lehren / Meinungen hinbekommen werden, haben wir beide doch nun schon oft genug betont. Aber Dein Tip, dass Mea Shearim ein überwiegend von Orthodoxen bewohnter Stadtteil in Jerusalem ist, war schon sehr süss von Dir.... Aber nun zu meiner Theorie, die Du so betont ansprichst : 3 Und der Sohn der Fremde, der sich Jehova angeschlossen hat, spreche nicht und sage: Jehova wird mich sicherlich von seinem Volke ausschließen; und der Verschnittene sage nicht: Siehe, ich bin ein dürrer Baum. 4 Denn so spricht Jehova: Den Verschnittenen, welche meine Sabbathe halten und das erwählen, woran ich Gefallen habe, und festhalten an meinem Bunde, 5 ihnen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern einen Platz geben, und einen Namen, besser als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen werde ich ihnen geben, der nicht ausgerottet werden soll. 6 Und die Söhne der Fremde, die sich Jehova angeschlossen haben, um ihm zu dienen und den Namen Jehovas zu lieben, ihm zu Knechten zu sein, einen jeden, der den Sabbath hält, daß er ihn nicht entweihe, und die da festhalten an meinem Bunde: 7 die werde ich zu meinem heiligen Berge bringen und sie erfreuen in meinem Bethause; ihre Brandopfer und ihre Schlachtopfer sollen wohlgefällig sein auf meinem Altar. Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker. 8 Es spricht der Herr, Jehova, der die Vertriebenen Israels sammelt: Zu ihm, zu seinen Gesammelten, werde ich noch mehr hinzusammeln. Wenn ich jetzt " von Guttenberg " heißen würde, würde ich meine Theorie ziemlich geil finden, aber dadurch, dass ich nicht " von Guttenberg " heiße, sondern mir bewusst bin, dass ich ja nur der " olle Petrus " bin, muss ich nun leider zugeben, dass meine Theorie ja gar nicht meine Theorie ist und dass die Original -Theorie aus dem sogenannten " Alten Testament " Jesaia 56. 3 - 8 stammt . Schade eigentlich....... Eine weitere Theorie, die leider auch nicht von mir stammt, sondern von " Hillel " der pharisäischen Rabbiner - Ikone : " Liebe den Frieden und jage ihm nach, liebe alle Geschöpfe und bringe sie zur Thora. " Das klingt auch nicht gerade nach einer Absage an die Mission der Nichtjuden und dass sie sich ohne jüdische Mutter niemals voll zugehörig fühlen dürfen !? So viel zu meinen Theorien......
und denke daran das das sein das Bewusstsein bestimmt.
das das sein das Bewusstsein bestimmt ? Sorry, - aber was heißt das in der Sprache des einfachen Mannes ? :bahnhof
versucht seine Meinung als allgemein richtig zu verkünden. Es kommt halt immer darauf an von welcher Seite man das ganze betrachtet
Versucht seine Meinung als allgemein richtig zu verkünden ? Darf ich Dich daran erinnern, dass Du der jenige bist, der es wiederholt als allgemein richtig propagiert hat, dass nur wer eine jüdische Mutter hat, sich voll zugehörig fühlen darf und dazu noch so anmaßend ist, zu behaupten, dass die jüdischen Gemeinden, die das anders sehen und handhaben " nicht ernst zu nehmen " sind . Selbst die Hinweise auf die offiziellen Konversionsabläufe in Israel haben Dich Deine Ansichten nicht überdenken lassen. Was soll man dazu sagen ?
Totschlagargumenten wie "Aber nun ein weiteres Shalömmchen an ALLE und zurück zu Anno´s Thema ."
Okay, wenn " ein weiteres Shalömmchen an ALLE " und mein Vorsatz für mich, wieder " Back to topic " zu wollen, ein sogenanntes " Totschlags-Argument " ?( ist, dann möchte ich zu meinem Abschluss noch ein weiteres " Totschlags-Argument " :D drauf setzen, in dem ich ganz totschlagsargument-technisch schreibe : Ein weiteres Shalömmchen an ALLE und seit gesund und lasst uns wieder :back gehen.
 
Nun, der Streit um die richtige Auslegung bzw. welche Stellen der heiligen Schriften als tatsächlich verbindlich zu betrachten sind (da kann es ja auch durchaus widersprüchliches geben) ist wohl so alt wie die Religionen... Da wir hier aber Mitglieder haben, die sich mit den verschiedenen Strömungen des Judentums recht intensiv auseinander gesetzt haben, würden mich wirklich noch einmal Informationen zum jüdischen Alltagsleben im MA interessieren, eben was Anno auch schon angesprochen hat: Bräuche, Kunst, Feiern, usw. Ab wann ist eine Gemeinde eine Gemeinde? Leben in der Diaspora... Kann jemand auch dazu etwas sagen?
 
Um die Diskussion wirklich mal wieder in die richtigen Bahnen zu bringen möchte ich noch einmal auf die Abbildung des Süßkind von Trimberg im Codex Manesse eingehen: Es ist eigentlich eine kleine "Sensation" diese Abbildung unter den 137, nach Stand geordneten, Abbildungen zu finden, also ein Unicum, genauso wie es nur eine Kaiser-Abbildung im Codex gibt. Die Darstellung eines jüdischen Mitbürgers im zeittypischen Habit ist an sich schon aussergewöhnlich. Sensationell ist aber, iconographisch gesehen, die Art der Darstellung. Wer schon mal die Bilder des Codex Manesse etwas näher betrachtet hat, und das unterstelle ich jetzt mal einfach jedem, dem wird nicht nur die besondere Detailtreue aufgefallen sein, sondern auch die Art der Personendarstellung. Man kann nämlich an den Bildern den Stand der entsprechenden Personen sehr leicht an der Darstellungsgröße ablesen. Diener, Bauern und andere nur die Darstellung schmückende Personen sind immer kleiner als die Hauptpersonen gezeichnet. Betrachten wir nun Süßkind von Trimberg , so werden wir feststellen, daß er nicht nur gleich groß wie sein Gegenüber ( unschwer als Bischof zu erkennen) gezeichnet ist, sonder auch die Sitze des Judenhutes die gleiche Höhe wie die Krümme des Bischofstabes erreicht. Wenn man noch genauer hinschaut, so wird man feststellen ,daß Hut und Krümme auch farblich den gleichen Farbton aufweisen, nämlich Gold, in der Manesse immer ein Zeichen für Wohlstand und Ansehen. Auch die Kleidung der beiden ist mit dem Pelzbesatz des Kragens identisch. Hier ist also ein Disput zwischen einem Bischof und einem Jüdischen Spruchdichter dargestellt, der aufgrund der Gestik und der Handhaltung friedlich und entspannt wirkt, und durch die Darstellungsweise vor allem auf einer Ebene stattfindet. Hier geht es also nicht um devote Haltung oder Bittstellerei, sondern um eine gleichberechtigte Diskussion. Was auch immer das Thema dieser Diskussion gewesen sein mag wird wahrscheinlich nie herausfinden. Was man aber mittlerweile herausgefunden (Manuela Jahrmärker, s.u.) hat, ist, daß es sich bei dem Bischhof um einen Kölner Bischhof handelt, und nicht, wie man zuerst fälschlicherweise angenommen hat um einen Konstanzer. Die Kreuzfahne ist jedenfalls von der Farbgebung her die der Diözese Köln. Und hier schließt sich wieder der Kreis: Süßkind lebte, den wenigen biographischen Quellen nach, in der zweiten Hälfte des 13. Jhd., also in der Zeit in der mit dem Judenprivileg von 1266 die Rechte der kölner Juden durch den Erzbischof gestärkt wurden. Köln war wie schon erwähnt eines der großen Judenzentren in Deutschland, mit hervorragenden Schulen und Gelehrten. Die Art und Weise der gleichberechtigten Darstellung des Bischofs und Süßkind und ihrer Diskussion und Verhandlung auf einer Ebene, könnte daher dieses historisch Ereignis von 1266 wiederspiegeln. L.G. :bye01 und ich hoffe, daß wir jetzt wieder beim Thema sind... Anno von Köln Quellen: cod. pal. germ.848,fol 359 r ; Manuela Jahrmärker :Die Miniatur Süßkinds von Trimberg in der Manessischen Liederhandschrift", in: Euphorion 1987 (1987 [Nachdruck mit Ergänzungen in: Der Herold 1988, S. 177-192]), S. 330-346. ; Aegidius Gelenius: De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae Köln 1645
 
Hallo schöne Menschen Ich kenne diese Abbildung ja nun schon auch seit ein paar Jahren und habe auch schon oft über " die gleiche Augenhöhe " die man zu sehen scheint, nachgehirnt und auch über die Tatsache, dass Süsskind ebenfalls sehr gut gekleidet dargestellt wird, nicht so wie üblich, in einer unterwürfigen Körperhaltung und dem Outfit des abgerissenen " Schmuddel - Juden ". Dass das Szenario in Köln spielt und im Zusammenhang mit den von Anno angesprochenen und in Stein gehauenen " Privilegien " im Kölner Dom steht, könnte eine Erklärung für das wirklich harmonisch wirkende Szenario aus dem CM sein . Dazu kann man es trotz der offiziellen Haltung der KK nicht ganz ausschließen, dass es auch in den Reihen der KK, Einzelpersonen gegeben hat, die A, die Heilige Schrift etwas genauer gelesen haben und auf Grund dessen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, eine etwas gemäßigtere Haltung gegenüber den Juden eingenommen haben und B, auch / oder Respekt vor dem relativ großen Vorsprung der Juden, in Bezug auf alle möglichen Wissenschaften, die u.a. auch durch die Verbindungen in die von den Muslimen domininierten Ländern stetig upgedatet wurde, hatten . Genau genommen, musste der gebildeten Oberschicht im christlichen Europa des MA´s, der relativ hohe durchschnittliche Bildungsstand der jüdischen Bevölkerung, gegenüber der durchschnittlichem Christenheit, aufgefallen sein . Dadurch, dass es den Juden sehr am Herzen lag, dass ihre Kinder zumindest für religiöse Zwecke, zur Erhaltung der eigenen Kultur und auch zur Aufrechterhaltung der Kontakte zu Juden außerhalb ihrer " Gastgeber - Länder ", lesen und schreiben konnten, wurde schon früh einiges in dieser Richtung getan . Jeder durchschnittliche Jude konnte im Normalfall, bereits im MA lesen und schreiben,- was man vom " neuen auserwählten Volk Gottes " und auch der späteren " Herren - Rasse " des 20ten Jahrhunderts nachweislich nicht behaupten kann....
 
Wir haben ja bereits gesehen,dass wir bei der Betrachtung des jüdischen Menschen im MA uns von einigen Klischee-Vorstellungen verabschieden müssen. Die Miniatur aus dem Codex Manesse, und das Kölner Judenprivileg beweisen dieses unschwer. Gerade in Köln, als eine der größten Städte des Reiches, und mit dem Dreikönigsschrein eine der wichtigsten Pilgerstätte, ist es daher nicht verwunderlich, dass die jüdischen Gemeindemitglieder durchaus respektiert und beachtet wurden. Hier einige Beispiele : Unter den Teilnehmern der Schlacht von Worringen im Jahre 1288 war, auf Seite des Herzogs von Brabant, in den Reihen der wichtigsten Kölner Patrizierfamilien wie den Overstolzen, Lyskirchen oder Hardevust ein gewisser Daniel Jude (oder auch Judde). Falls noch irgendwelche Zweifel trotz des markanten Namens wären, so könnten sie mit der Wappendarstellung dieses Herrn, nämlich 3 Judenhüte in Dreieckformation auf rotem Grund, ausgeräumt werden. Und wie schon gesagt: In einem Atemzug mit den christlichen Familien genannt. Im wichtigsten Quellenwerk der Kölner Stadt- und Bistumsgeschichte, im “De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae“ von Aegidius Gelenius, welches im Jahre 1645 in Köln veröffentlicht wurde, findet man neben einer Beschreibung der Jüdischen Gemeinde, die bis in die römische Zeit nachweisbar sei, auch in der Liste der Bürgermeister jüdische Namen. Hier findet sich zum Beispiel in der Amtsperiode von 1425 ein Johannes von Judde. Auch in weiteren Amtsjahren tauchen immer wieder Namen auf, die man problemlos mit jüdischen Familien in Verbindung bringen kann. Also auch hier kann man erkennen welch ein hohes Ansehen diese Familien hatten, da die beiden Bürgermeister vom Rat jährlich neu gewählt werden mussten. Wir können daher postulieren, dass jüdisches Leben in Köln durchaus unproblematischer war als man bisher vermutet hat und man muss durchaus mit einigen Vorurteilen aufräumen. Anders als Ketzer oder Heiden waren die Juden auf theologische Weise legitimiert, da sie an Gott und das Alte Testament glauben. Sie galten aber als „verblendet“ weil sie nicht den „einzig“ wahren Glauben annehmen wollten. Sie waren aber dennoch die einzige nicht christliche Bevölkerungsgruppe die, zwar als „Fremdkörper“, von der christlichen Gesellschaft toleriert wurde. Auch war das mittelalterliche Köln ein Quell des Wissens. Hier sei nochmals die berühmte Talmudschule erwähnt. Der viel geachtete Talmudgelehrte Rabbi Meir von Rothenburg (1215/120-1293) erwähnte ehrfürchtig seinen „Kölner Lehrer“. Auch Asher ben Jechiel (1250-1327) studierte lange Zeit in Köln. Und das jüdische Wissen wurde auch gerne von Christen genutzt. Wir sehen also, dass es hier wirklich einiges zu erforschen gibt, und man sich von seinen bisherigen oberflächlichen Vorstellungen verabschieden muß. Quellen: "De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae“von Aegidius Gelenius, Köln 1645 ; J. Oepen in "Kölner Domblatt 2008", "Katalog der Name der Freiheit, Köln 1988
 
Meines Wissens nach waren es auch nicht nur Christen, die ihren Leuten den Umgang mit Juden verboten, sondern auch Juden den ihren den Umgang mit Christen. Ich denke, dass beide Seiten mit Vorurteilen zu kämpfen hatten.
 
@Hildegard: So ist es, und es ist dann doch schön, wenn man von Ausnahmen lesen kann, wo es doch zu einem relativ tolerantem Mitteinander kam. Leider hat es auch in Köln , gerade im 14.Jhd., auch einige unschöne Episoden gegeben, von denen auch heute noch Schnitzereien im gotischen Chorgestühl des Doms Zeugnis geben. Aber in der Zeit des Judenprivilegs schien zumindest ein relativ harmonisches Miteinander vorgeherrscht zu haben, von dem beide Parteien, aus welchen Gründen auch immer, profitiert haben und ihre Vorteile gewonnen haben. Finanziell hatte es sich für den Erzbischof allemale gelohnt diese doch scheinbar unbedeutenden Zugeständnisse zu machen, und die jüdische Gemeinde war relativ gut geschützt.
 
Meines Wissens nach waren es auch nicht nur Christen, die ihren Leuten den Umgang mit Juden verboten, sondern auch Juden den ihren den Umgang mit Christen. Ich denke, dass beide Seiten mit Vorurteilen zu kämpfen hatten.
@ Hildchen Im ersten Fall hast Du Recht, im zweiten Fall leider nicht - die Vorurteile bestehen nämlich bis zum heutigen Tage und die Aussicht auf Veränderung steht immer noch in weiter Ferne . Aus was für Gründen auch immer.....
 
Hier noch als Nachtrag zu meinem Beitrag über die Kölner Familie von Judde (Nr. 78), eine Darstellung des Wappens aus dem Gelenius. Dieses Wappen wurde, etwas abgewandelt, auch von der Famile Hardenradt (Nr. 79) geführt. (Quelle: "De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae“ von Aegidius Gelenius, Köln 1645, fol 126, Tafel 4)
 
Als ich grad für den anderen Beitrag nochmal auf der HP der Spandauer Zitadelle war, hab ich etwas entdeckt das vielleicht für den einen oder anderen interessant ist. Im Zeughaus findet z. Zt. eine Ausstellung statt.
Das Verhängnis der Mark Brandenburg - der Berliner Hostienschändungsprozess von 1510
Im Jahr 2010 jährt sich zum 500. Mal der Berliner Hostienschän- dungsprozess von 1510, in dem der Diebstahl einer Monstranz und zweier Hostien aus der Dorfkirche von Knobloch (Havelland) verhandelt wurde. Der Dieb gab unter der Folter an, eine Hostie an den Juden Salomon in Spandau verkauft zu haben, der sie mit anderen Juden geschändet haben soll. In einem großen Schauprozess wurden 40 Juden und der Dieb verurteilt und auf dem heutigen Strausberger Platz hingerichtet.
Die Ausstellung zeichnet die Anatomie dieses inszenierten Verbrechens an den Brandenburger Juden nach und setzt sich mit seiner Rezeption auseinander. In Zusammenarbeit mit dem Centrum Judaicum und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte zeigt das Stadtgeschichtliche Museum Spandau Urkunden, Gemälde, Frühdrucke und unterschied- lichste Gegenstände, die Aufschluss über die religiösen, sozial- psychologischen, politischen und wirtschaftlichen Aspekte des prekären Verhältnisses von Christen und Juden in damaliger Zeit geben können.
http://www.zitadelle-spandau.de/
 
Oha, das ist schlimm mit der Hostienschändung ! Aber auch wenn man das gerne der jüdischen Bevölkerung andichtete, der "christliche" Mensch konnte das auch, wie ein Holzschnitt aus den "Relevationes" des Methodius, gedruckt in Basel von Michael Furter im Jahre 1498 zeigt. Hier sind es sogar Mönche, die Hostien schänden, indem sie diese den Schweinen vorwerfen ! L.G. Anno von Köln Quelle: Einzelblatt, Privatbesitz
 
Shalömchen Leuts Zum Thema " Judentum im MA " habe ich einen Link zu einer tollen Sammlung von Abbildungen, von Judenhüten, Bekleidung im Allgemeinen und die unvermeidlichen äußeren Zeichen der Ausgrenzung, beim Googeln gefunden . Wer sich einen komprimierten Überblick verschaffen will, wird dort bestens bedient, auch wenn die Darstellungen explizit nicht nur das MA, sondern auch etwas spätere Jahrhunderte thematisieren . http://www.geschichteinchronologie.ch/MA/judentum-fleck-u-hut-d/
 

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