Die "dunkle Seite" des Martin Luther

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

aixlibris

Well-known member
Registriert
14. März 2012
Beiträge
1.300
Reaktionspunkte
2
Ort
S-34373 Virestad
Gestern habe ich mal wieder "Heimat-Radio" gehört und auf WDR 3 lief eine interessante Sendung über Martin Luther. 2017 wird der 500. Jahrestag der Reformation ,wohl mit mehr oder weniger Aufwand, und damit einer der wichtigsten Reformatoren gefeiert. Aber der vielgelobte Martin Luther hatte auch eine düstere Seite ! Nicht nur sein Glaube an das geozentrische Weltbild oder seine Abneigung gegen die Türken, nein, Luther vertrat auch einen extremen Antisemitismus. Zunächst latent veranlagt, aber im Laufe seines Lebens immer deutlicher werdend kann man anhand seiner Schriften diese Wandlung sehen. Hier das Manuskript zur Sendung und der Media-Link: http://www.wdr3.de/zeitgeschehen/pdflebenszeichen184.pdf http://gffstream-4.vo.llnwd.net/c1/radio/lebenszeichen/wdr3_5_lebenszeichen_20130512_0900.mp3 Quelle: WDR 3, http://www.wdr3.de/index.html ,http://www.wdr3.de/zeitgeschehen/judentumimschattenderreformation100.html Erschreckend vor allem folgende Auszüge aus Luther`s Schrift "Von den Juden und ihren Lügen" aus dem Jahre 1543 :
„... Dass man ihre Synagoga oder Schule mit Feuer anstecke... dass man auch ihre Häuser desgleichen abbreche oder zerstöre ... dass man ihnen nehme all ihre Betbüchlein ... dass man ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbiete, hinfort zu lehren... dass man ihnen Geleit und Straße ganz und gar aufhebe ... dass man ihnen nehme alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold und lege es beiseite zum Verwahren ... dass man ihnen in die Hand gebe Flegel, Axt, Spaten, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiß der Nasen...“
zitiert aus: M. Luther :"Von den Jüden und jren Lügen" Wittenberg 1543, H. Lufft und Manuskript WDR 3 (s.o.) Zum Nachlesen der genannten Originalquellen: 1523: http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10168130.html 1538: http://dfg-viewer.de/show/?set[mets]=http%3A%2F%2Fdaten.digitale-sammlungen.de%2F~db%2Fmets%2Fbsb00023643_mets.xml 1543: http://www.bsb-muenchen-digital.de/~web/web1099/bsb10992318/images/index.html?digID=bsb10992318&pimage=00005&v=100&md=1&l=de Quelle: BSB
 
das sanftlebende Fleisch zu Wittenberg war ein Kind seiner Zeit und Gesellschaft... Antisemitismus war damals in weiten Teilen gesellschaftsfähig und blieb es bis weit in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts und bis zum Jahrtausendverbrechen der Nazis. Das damals vehement vertreten zu haben und den Verrat an den Bauern um Müntzer darf man ihm getrost vorwerfen.
 
das sanftlebende Fleisch zu Wittenberg war ein Kind seiner Zeit und Gesellschaft...
Genau ! ...Man kann ihm zwar, persönlich, nicht die Ereignisse des 20.Jhd. anlasten, jedoch schienen seine Äußerungen für evangelische Theologen der Zeit von 1933-45, im Sinne der damals herrschenden Meinung, durchaus für salonfähig und zitierfähig gehalten worden sein... ;( Alles in Allem also eine Herausforderung für 2017 ...
 
Ja, unter den Luther-Kennern und bei vielen Protestanten bekannt, würde es in der "Lobhudelei" der Jubiläumszeit sicher oft gerne verschwiegen. Und heute würde er sich sicher dafür schämen.
 
Ich glaube nicht , das der strenggläubige Christ Marttin Luther sich für die in seiner Zeit getätigten Äußerungen schämen würde. Er war schließlich christlicher Fundamentalist. Sich gegen die "Herrschaft " auflehnen oder nicht an Jesus glauben ging für ihn garnicht. "Wider die Bauern" wird oft zitiert, "wider die Fürsten" sehr selten. Luther war eben ein wortgewandter Streiter für seine Überzeugungen, ein toleranter Mensch und ein Diplomat war er nicht.
 
Mit der Erfindung des Buchdruckes und der damit verbundenen immensen Verbreitung von Schriften, ist Luther tatsächlich ein Kind seiner Zeit. Gerade er setzt dieses neue Medium ja nun gewinnbringend als Mittel zum Ziel ein. Ohne Buchdruck wäre, nach Ansicht der Wissenschaft, die Reformation in jenen Ausmassen überhaupt nicht möglich gewesen (... und ohne das Karl V sich gerade mit den Türken rumschlagen mußte und damit, innenpolitisch, sichtlich abgelenkt war ebenfalls nicht... :D ). Zu der o.g. "noch judenfreundlichen" Schrift von 1523 existiert noch eine weitere aus dem selben Jahr: "Eyn Sermon an dem Jarsztag von der beschneidung der Juden, wie das sey ayn figur des newen Testaments" http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10161403_00003.html Quelle: BSB Hier läßt sich jetzt trefflich drüber streiten, welche Schrift nun die erste war... ;) Einer der bekanntesten Antisemiten dieser Zeit war jedoch der Kölner Spitalmeister Johannes Pfefferkorn, ein konvertierter Jude :!: (sic !), welcher im Umfeld der Dominikaner sein Unwesen trieb. Auf ihn gehen so bezeichnende Werke wie: "der Judenfeind" ("ch bin ain Buchlinn, der Juden veinde ist mein namen") oder "Furtrag, wie die blinden Juden yr Ostern halten" sowie andere Schmähschriften zurück. http://dfg-viewer.de/show/?set[image]=5&set[zoom]=default&set[debug]=0&set[double]=0&set[mets]=http%3A%2F%2Fdaten.digitale-sammlungen.de%2F~db%2Fmets%2Fbsb00004387_mets.xml Quelle: BSB Aber auch andere Zeit- und Glaubensgenossen Luthers bekleckerten sich, nach heutigen Erkenntnissen, nicht gerade mit Ruhm... ;) Insgesamt muß man also sagen, daß Luther in der Tat, ein ganz schön "schlimmer Finger" war. Und daher bin ich wirklich gespannt, wie die evangelische Kirche zum Jubiläum 2017 mit diesem "Makel" ihrer Geschichte umgehen wird.... :whistling:
 
... und er war von der Richtigkeit der Hexenverfolgung überzeugt ...
...Genau ! Kann man prima in Luthers "Tischreden" nachlesen.... :D Man muß allerdings der Ehrlichkeit halber sagen, daß selbst Friedrich Spee an Hexen glaubte, wie er in der "Cautio Criminalis" bereits mit der 1. Frage zugibt...allerdings mit der Einschränkung er habe bislang aber noch keine gesehen... ;) Luthers "Tischreden" ist übrigens ein wirklich excellentes Werk, wenn man sich über die wahren Ansichten des Reformators ein Bild machen möchte...auch wenn dieses Buch erst posthum herausgegeben wurde....
 
Es geht dabei nicht um die Abstammung, sondern um den Glauben .. Sowas ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Der Dr. Martin Luther hatte ja schließlich auch was gegen den Pabst, muß man ihn deswegen antiklerikal nennen? Übrigens bezog seine Familie das Haupteinkommen nicht aus den Schriften, sondern aus den Geschäften seiner Frau. Also den Buchdruck "gewinnbringend eingesetzt" hat Luther nicht. Seine Schriften wurden allerdings häufig gedruckt..
 
Ich befürchte Wilfried, Du hast mich und auch die Thematik, wie leider sehr oft, gänzlich mißverstanden... ;( Mein Vorschlag: Ließ Dir doch bitte einmal das WDR-Manuskript in Ruhe durch und dann die Posts...Du wirst sehen...es hilft... :whistling: Ansonsten haben wir hier in Kürze nur wieder die üblichen haltlosen Spekulationen und das berühmte "gefährliche Halbwissen"...Und dazu fehlt mir, ehrlich gesagt, völlig der "Drive" ! :D
 
Ja, ich glaube auch, das "gewinnbringend" bezog sich auf die Verbreitung seiner Schriften und Ideen, nicht auf den "schnöden Mammon" direkt.
 
nun, ich denke, ich habe die Tendenz der Sendung verstanden.. Aber genauso, wie der Pabst als Oberhaupt der katholischen Kirche was gegen Protestanten haben kann, genauso ist die Ablehnung der "Juden" durch Luther. Und das das nationalsozialistische und andere nationale Regime Menschen mit "jüdischer Abstammung" verfolgten und auch alle möglichen und unmöglichen "Quellen" zur Rechtfertigung herangezogen haben, ist per se nichts neues. Aber diesen "dunklen Fleck" tragen ja nun alle Christen, nicht nur Luther. Und wie die evangelisch Lutherische Kirche damit umgehen wird? Na, ich denke mal wie Dietrich Bonhoeffer und die bekennende Kirche...
 
Aber genauso, wie der Pabst als Oberhaupt der katholischen Kirche was gegen Protestanten haben kann, genauso ist die Ablehnung der "Juden" durch Luther.
...Es geht hier aber in diesem Beitrag des WDR nicht um den Papst ( den man übrigens mit "P" schreibt...kommt schließlich von "papa" bzw. "pappas"... :D ) sondern um den Reformator Luther und seinen Meinungswechsel bezüglich der Juden. Hierüber ließe sich trefflich diskutieren, wie es dazu kam und das war ja auch ein wichtiges Thema des Beitrages. Die Evolution seiner Schriften spricht ja Bände... ;) Und damit ist doch eine der, wie üblich völlig unnötigen, Grundsatz-Diskussionen um Konfessionen hier auch fehl am Platz. :thumbdown: Ich mag dieses Vergleichen nämlich überhaupt nicht : also, wer war denn damals der "gemeinere" der Katholik oder der Protestant ? Abgesehen davon, daß eine Diskussion darüber ausser Ärger und schlechte Stimmung überhaupt nichts einbringt... Also lassen wir es mal lieber... :whistling: P.s.: wenn Du gaaaanz genau gelesen hättest, dann wäre Dir vllt. aufgefallen, daß ich auch einen Extrem-Verfasser der katholischen Seite namentlich und deutlich kritisch genannt habe.... :D
 
das sanftlebende Fleisch zu Wittenberg war ein Kind seiner Zeit und Gesellschaft...
Genau ! ...Man kann ihm zwar, persönlich, nicht die Ereignisse des 20.Jhd. anlasten, ....
aber es ist Faktum,dass viele Nazis sich gerne auf Luther "beriefen",selbst Hilter sagte einmal,er habe nur das vollendet, was Luther begonnen hatte. Luther war auch weniger Antisemit sondern Antijudaist,da er die Juden erst ablehnte,als er immer wieder feststellte,dass sie a) nicht den christlichen Glauben annahmen und b) wenn sie Christen wurden oft den katholischen Glauben annahmen. Interessant ist ja auch, dass den Nazis die ausgeprägte Obrigkeitstreue Luthers in den Kram passte (Stichwort:"Deutsche Christen").
 
.... Hier das Manuskript zur Sendung und der Media-Link: http://www.wdr3.de/zeitgeschehen/pdflebenszeichen184.pdf ...
Ich habe mir gerade den Anfang des Manuskriptes durchgelesen und eines bemerkt: Auch, wenn es bei dem Treffen 1530 besser gelaufen wäre,so wäre es denoch gescheitert,da Luther die jüdischen Gesandten auf Grund seiner eigenen Überzeugung- auch,was die Bibel betrifft- bzgl. des Glaubens garnicht verstehen konnte.
 
Luthers Ansichten zu Behinderten passt da auch gut ins Bild: "Zur Zeit Luthers wurden mit Behinderungen geborene Kinder Wechselbälger genannt, weil man sich ihre später ausgeprägte Behinderung damit erklärte, dass der Teufel das gesund geborene Kind heimlich gegen das behinderte Kind ausgewechselt habe. Luther übernahm diese Sicht und beschrieb Behinderte in seinen Reden und Schriften ausnahmslos als Teufelsgeschöpfe. Er folgte damit den Quellen, auf die er sich berief" Quelle: Wikipedia ... aber bei alledem lässt sich nicht übersehen das Luther NICHT der URHEBER dieser art Hetze gegen, Frauen/ Hexen, Juden, Türken, Behinderten war! Das war damals, zu seiner Zeit, die gängige form mit "Andesdenkenden/Minderheiten" umzugehen!
 
Luther war eben ein Kind seiner Zeit,Ironie ist ja auch,dass die Frauen vor der Refomation in einigen Regionen Deutschlands mehr Rechte besassen als nachher, wenn ich richtig informiert bin,denn allein schon die Frauenklöster und die Beginenhöfe wurden während der Reformation geschlossen.
 
Luther war auch weniger Antisemit sondern Antijudaist,da er die Juden erst ablehnte,als er immer wieder feststellte,dass sie a) nicht den christlichen Glauben annahmen und b) wenn sie Christen wurden oft den katholischen Glauben annahmen.
Genau darum geht es u.a. auch in dem Beitrag: Luther, zunächst noch wohlgesonnen, möchte nicht von den "Anderen" lernen, sondern seine Lehren vertreten und bekehren ! Damit war diese Treffen in der Tat ein Fiasko und...vllt. tatsächlich der Zündfunke für den tiefen Groll gegenüber der jüdischen Religion. Und die Person Luther darf man durchaus als schon etwas eigentümlich bezeichnen, wie zahlreiche Stellen in seinen Schriften und in den "Tischreden" belegen. :whistling: Ein Beispiel ? Aus dem Kapitel " von der Schöpfung" der Artikel :" Menner/Weiber"
“Männer haben eine breite Brust und kleine Hüften, darum haben sie auch mehr Verstand denn die Weiber, welche enge Brüste haben und breite Hüften und Gesäß, da sie sollen daheim bleiben, im Hause sitzen, haushalten, Kinder tragen und ziehen.”
Zitiert, und mal zum besseren Verständnis in modernem Deutsch, aus : Johann Aurifaber "Colloquia oder Tischreden" , FFM 1567, Fol. 62r ...und das ließe sich so noch weiter fortsetzen...nur auch das ist ja nicht das Thema dieses Threads... ;) Aber ich denke es ist somit einem jedem klar geworden, daß Luther ein Dickkopf war, der kaum eine andere Meinung als die seine gelten ließ...und damit, aus heutiger Sicht, schwer in diverse "Fettnäpfchen getreten ist... :D
 
Ja, wäre Luther gebürtig aus dem Westmünsterland gewesen- also aus meiner schönen Heimat- würde ich jetzt sagen "Er hatte einen westfälischen Dickkopf!" aber auch so war das eine seiner negativsten Eigenschaften, weshalb er sich auch schnell mit Melanchton anlegte, der auf einen Dialog mit Rom aus war. Luther wollte nicht von seiner Position abweichen und Kaiser Karl V.,der selbsternannte "letzte Ritter" wollte nicht "mit dem kleinen Mönchlein" reden--zwei unnachgiebige Egozentriker stiessen auf einander---und redeten aneinander vorbei. Aus dem selben Grund konnten Luthers Debatten mit den jüdischen Vertretern 1530 auch nicht gelingen,denn damals war "Doktor Martinus" dermassen davon überzeugt,dass er-und nur er- die Wahrheit vertreten und lehren würde,dass er keinen ernsthaften Dialog hätte führen können.
 

Neueste Beiträge

Oben