Hallo zusammen :bye01 ,
Einen Scharfrichter gab´s aber doch zu der Zeit noch nicht so. Öffentliche Hinrichtungen? Mir nicht bekannt. Weiß da jemand mehr darüber? Und jetzt bitte nicht das Beispiel "Blutgericht" anführen
Der Scharfrichter trat erstmals im 12 / 13. Jhd. als solcher in Erscheinung. (siehe auch Beitrag Nr. 1) Davor galt meist das Prinzip: Der Geschädigte bzw. Angehörige musste /durfte die Strafe vollstrecken.
Genau, nach uralter Sitte war es die Sache des geschädigten, sein Recht und seine Pflicht, den Missetäter zu richten. Das Gericht stellte ihm dazu sogar das nötige Werkzeug zur Verfügung und war, wenn gewünscht, bei der Hinrichtung zu gegen und stand dem Geschädigten mit Rat & Tat zur Seite. Auf welche Weise der siegreiche Kläger den Missetäter vom leben zum Tode bringen wollte, war dem Geschädigten überlassen. Ein erhaltener Vertrag aus Bremen (noch von 1220) zeigt ganz klar auf, das der Räuber das Todesurtail aus den Händen des Beraubten erleiden soll. Eine schlaue Lektüre gab es auch. Das "Rechtsbuch der Distinktionen". Indem fand man alles was man zum Beispiel wissen musste, wenn man jemanden mit dem Rad zum Tode beförden wollte. Quasi eine Bedienungsanleitung. Da aber meistens "Laien" die Tötung vollzogen, waren Hinrichtungsarten bevorzugt, die relativ "leicht" zum "Erfolg führten. In dieser Zeit wurde sogut wie gar nicht mit dem Schwert gerichtet. Das Beil, der Strang und die bereits weiter oben erwähnte "Barte & Schlägel"- Methode und die "Diele" (oder auch Dille) waren häufig anzutreffen und machten allzu blutigen Dilettantismus unmöglich. Im Villinger Stadtrecht heist es noch im Jahre 1371, das
"man" die Strafe vollziehen soll. Sogar aus dem 15. Jhd ist im Schleswiger Stadtrecht noch ganz klar belegt:
"Wer seinen Dieb ergreift, der bringe ihn mit den Händen auf dem Rücken gebunden zu dem Gericht und hänge ihn." Das zeigt uns auch, dass es in dieser Zeit beiweitem nicht in jeder Region einen Scharfrichter gab. Die Jagsberger Ordnung enthält, trotz angestelltem Scharfrichter, noch den Zusatz, dass "wenn der Kläger wolle, er die Macht hätte, es selbst zutun!" Aus dem 15. Jhd gibt es noch zahlreiche weitere Fälle in dem die Geschädigten/Angehörigen das Todesurteil vollstrechen durften/mussten. Aber drehen wir die Uhr nochmal in die Zeit zurück, bevor es angestellte Scharfrichter gab. Wie wir gerade erfahren haben, musste also der Geschädigte oder Familienangehörige das Urteil vollstrecken. Nun folgte in großen Landesteilen eine Zeit, in der einzelnen Person "die Last töten zu müssen" abgenommen wurde. Es wurde die "
Hinrichtung mit gesamter Hand" eingeführt! Hierbei wurde z.B. beim Erhängen des Missetäters von jedem Bwohner einer Ortschaft der Strang berührt, mit dem er vom Leben zum Tode befördert werden sollte. So "verteilte" sich die Schuld auf alle und die LAst des Einzelnen war so schwindend gering, dass sie nicht groß ins Gewicht viel. Es ist belegt, dass zu einer Hinrichtung (bei Androhung hoher Strafen) selbst die Handwerker die im Umland zu arbeiten hatten, anreisen mussten. Wenn mehrere Dörfer miteinander die Blutgerichtsbarkeit bewahrt hatten, hatte jede Ortschaft ihren festgelegten Beitrag zur Hinrichtung zu leisten. Die einen Bewohner stellten den Galgen, die anderen begleiteten den Delinquenten zum Richtplatz, wieder andere mussten Eisenbeschläge und Werkzeug stellen.
(Bis weit in die Neuzeit hinein wurden zum Bau und der reparatur eine Richtstätte in vielen gegenden ALLE Zimmerleute an den Richtplatz bestellt. ALLE mussten "Hand anlegen". So wurde die Schuld und die später aufkommene Unehrlickeit auf alle verteilt und keiner wurde aus der Gesellschaft ausgeschlossen.) Auf die Dauer war der Starfvollzug den Kläger und zu gesamter Hand zu "unvollkommen" gewesen.Das heilige Recht auf persönlich Rache ist dem friedlichen Geschlecht nicht mehr zeitgemäß.
Ohne öffentlichen Hinrichtungsbeamten konnte man nicht mehr bestehen. Aber wie sollte das gehen? Es war fast unmöglich jemanden bürgerlichen zu finden, der "freiwillig" ein Todesurteil vollstreckte. Zudem gab es zu dieser Zeit in den Städten noch keine "unfreien" die man hätte "zwingen" können... In den Städten wurde nicht "zu gesamter Hand" gerichtet. Das wäre bei der großen Anzahl an Bewohnern auch kaum möglich gewesen. Hier tratt ein Kollegium von Schöffen aus dem Gericht zusammen. An einem dieser Schöffen musste die unangenehme Aufgabe nun hängen bleiben. Für die Stadt Reutlingen ist belegt, dass der jüngste Schöffe die Hinrichtung zu vollstrecken hatte. Er war als letzes in den Rat aufgenommen worden und musste in den sauren Apfel beissen. Auch in kleineren Ortschaften verfuhr man so. So hatte z.B. in fränkischen Gefilden der jüngste Ehemann die Pflicht ein Todesurteil zu vollstrecken. Dies blieb in manchen Landstrichen bis zum Ende des 14. Jhd so. In dieser Zeit gab es bei Massenverurteilungen auch die Möglichkeit für einen der Übeltäter seine Hals zu retten, wenn er dafür die anderen hinrichtet. In einer Kapitulare Karls des Großen heist es, dass "sich die Veruteilten selbst durchpeitschen und sich die Nasen abschneiden sollen". Friedrich Barbarossa hat einmal elf Adlige, die wegen Landfriedensbruch gehängt werden sollten, durch den zwölften Hinrichten lassen, dem dadurch das Leben geschenkt wurde. Nun setzte sich durch, das im Namen des Gerichts ein "freier" mehr oder weniger Berufsmässig die Hinrichtung zu vollstrecken hatte. Der sogenannte "
Fronbote" war erfunden. Er war ein freier Mann (dem keine Unehrlichkeit anhaftete!) mit hohem Ansehen. Im Sachsenspiegel findet man über diese Figur die genaueste Auskunft. Nach dem Sachsenspiegel wird der Fronbote aus dem Stand der freien gewählt. Und das offenbar auf Lebenszeit! Wie wichtig das Fronbotenamt genommen wird, zeigt auch die Betallung! Er ist quasi in direkten Dienst des Kögigs getreten. Diesem leistet er auch einen Amtseid und dafür wird er
"unantastbar"! Rechtlosigkeit und Ehrlosgikeit bringt nicht die Berührung durch seine Hand (wie später beim Scharfrichter), sondern das Verbrechen des Täters selbst, brachte Rechtlosigkeit über ihn. Auch wenn dieser sich oft mit Geldzahlungen von der Strafe loskaufen konnte. Es ist im Sachsenspiegel genau geregelt, welche Straftat durch ihn wie zu bestrafen ist (führe ich jetzt nicht näher aus, sprengt den Rahmen). Im Schwabenspiegel findet sich auch ein Eintrag, dass dem Fronboten jeder Zehnte Delinquent "zur freien Verfügung" steht. Er konnte mit ihm/ihr machen was er wollte. Es lag einzig und alleine in seiner Hand. Der Frohnbote begleitet also ein ein ehrvolles Amt...
Ein Ehrenamt = Das bedeutet, er erhielt für die Tötungsleistung ansich keine Geld! (das machte einen entscheidenden Unterschied!) Nun war es allerdings so, dass der "ehrliche", ja fast schon "heilige" Fronbote nur selten richten musste. Es war sicherlich auch die unangenehmste Arbeit in seinem Amt. Es entsprach sicher aus seinen Wünschen, dass das Amt des Scharfrichters von dem des Gerichtsboten getrennt werden sollte. Die Städte wurden größer, der Reichtum wuchs rapide durch Handel, Gewerbe etc. und die Verbrechen stiegen auf ein Maß an, dass für die Vollstreckung der auferlegten Strafen kein "ehrenamtlicher" mehr herangezogen werden konnte. Es war nicht mehr zumutbar. Sowenig wie man ab der Zeit ohne einen Berufrichter auskommen konnte, so wenig konnte man nun eine Person entbehren, die "Beruflich" (also gegen Bezahlung) für die Vollstreckung der Urteile zuständig war.
Zum ersten mal belegt ist das blutige Amt des Scharfrichters wohl im 13 Jhd. (Wir wissen nun aber, dass es im 15. Jhd. immer noch nicht überall einen gab.) Der
Scharfrichter, der nicht nur wegen der gerechten Sache willen, sondern für Geld sein Schwert führte, war fast vom Anfang an seiner Entstehung "ehrlos"! Er tat dies quasi "Gewerbsmässig" und das rückte ihn in eine schlechtes, unheimliches, ja "ehrloses" Licht. Wer soetwas "gegen Bezahlung" macht, kann kein Ehrenmann sein... So dachte die Bevölkerung... Der "heilige" Fronbote (der für seine Dienst allerlei Gebühren einstrich
, aber für die Tötungsghandlung selbst kein Geld nahm) war hingegen in der Meinung des Volkes ein Ehrenmann. Naja.. so ist das halt gewesen.
So, ich hoffe ich konnte mit diesem kleinen Exkurs noch "etwas licht" ins dunkle bringen. Nur mal so ganz "grob"... um sich ein Bild machen zu können, reicht das erstmal schon aus. Also ihr lieben... bis bald. Man liest sich... :bye01