weltenwanderer
Well-known member
Nicht umsonst erwähnte ich in meiner Vorstellung, dass mir die Sparte "20. Jahrhundert" hier fehlt, welches inzwischen ja auch Geschichte ist... ^^ Ich spiele ja schon lange Blockflöte, aber ohne Notenkenntisse, einfach was mir in den Kopf kommt. Da ich das Gitarrespielen fast aufgeben muss wegen meinen eingeschlafenen Händen habe ich mir vor einiger Zeit Gedanken gemacht, was ich nun tun kann, da ich immer irgendwie Musik und Instrumente um mich brauche. Als meine Holde sich eine Drehleier zulegte keimte in mir der Gedanke: Blockflöte, das hast du und das kannst du. Nun ja, ich hatte eine uralte Tenorflöte, welche mir mal ein Freund schenkte und eine Moeckenhauer Sopran, die habe ich mir mal aus zwei Teilen zusammen gebastelt und eine kleine Sopranino von Molli. Mit dem Tenor fing alles an, denn da fehlte schon lange der Hebel für die Klappe. Ich machte mich dran eine zu basteln aus Vollmessing und entfernte noch dabei den verdorbenen Lack Während dessen wunderte mich immer mehr das Logo auf der Flöte, ein Bär mit einem Stern darüber und ich begann zu Gockeln im Netz. Ah, Bärenreiter hies die Firma, die gibt es heute noch als Verlag für Noten. Wahrscheinlich wurde sie schon von Mollenhauer gebaut nach dem Krieg, oder von der Firma Kruspe-Hüller??? Und Stück für Stück fiel ich in ein Zeitloch, aus welchem ich so langsam wieder erwache... Inzwischen habe ich ein paar mehr Blockflöten und bin um einiges schlauer geworden, denn die Blockflöte wurde im 20. Jahrhundert tatsächlich "neu erfunden". Zwischen den beiden Weltkriegen gab es einen Blockflötenboom in Deutschland, wo aus unterschiedlichen Gründen die Blockflöte neu belebt wurde, denn sie war seit dem 1800 Jahrhundert fast in Vergessenheit geraten und alle alte Blockflötenmusik schon lange umgeschrieben auf Traversflöten, denn die sich immer verstopfenden Blockflöten wollte niemand mehr haben. Die Instrumentenbauer, welche vornehmlich im Musikwinkel zu finden waren, hatten nach dem ersten Weltkrieg alle schlechte Auftragslagen und durch den neuen Boom angestachelt fingen nun die Werkstätten an Blockflöten zu bauen, nachdem sie neue Aufträge aus verschiedenen Richtungen und Gründen bekamen. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges erstarb die neue Hoffnung und wurde nach dem Krieg "beinahe" vergessen. Viele Handwerker blieben im Krieg und die noch vorhandenen wurden nach und nach in der ehemaligen DDR verstaatlicht, bis auf wenige, aber auch da wurden zum Teil noch sehr gute Flöten hergestellt. Im Westen war die Blockflöte wieder "out" bis auf ein paar kleinere Werkstätten und wenn nicht Herrmann Moeck in weiser Voraussicht schon in den 30er Jahren angefangen hätte Blockflöten und Daten zu sammeln, wären wir um so manche Information ärmer. Auch dem Flötisten Peter Thalheimer verdanken wir, dass er akribisch nachgeforscht hat und viele Informationen, die schon beinahe in Vergessenheit gerieten wieder ausgrub, Zeitzeugen befragte und das ganze in Buchform brachte. Sein Werk: "Die Blockflöte in Deutschland 1920–1945" ist meine Hauptquelle bei Nachforschungen. Inzwischen habe ich einige wunderbare Exemplare aus der Zeit von ca.1930 bis 1970 erworben, teils noch prima erhalten, teils in erbarmungswürdigem Zustand. Stück für Stück restauriere ich sie und erfreue mich an der irren Vielfalt welche ich nun direkt neben mir stehen habe und täglich werden einige davon zur Hand genommen und gespielt. Hier könnt ihr ein paar meiner "Schätzchen" sehen, inzwischen habe sind noch einige dazu gekommen und irgendwie werden es immer noch mehr... Viele dieser Werkstätten kennt man heute kaum noch und da damals die Händler ihre "Markungen" anbrachten ist es auch nicht immer einfach nachzuvollziehen woher sie kamen. Dazu halfen sich die Werkstätten untereinander aus, da der Bedarf an Blockflöten in dieser Zeit riesig war und manche kopierten dazu auch noch die Modelle der Kollegen... Die heute überwiegend bekannten Firmen, wie Moeck und Mollenhauer waren damals noch Händler. Als ich diese Mollenhauer erwarb fragte ich mal bei der Firma nach, ob sie mir was dazu sagen könnten. Als Antwort bekam ich: Diese Flöte ist uns nicht bekannt... Erst eine Anfrage bei Herrn Thalheimer konnte mir etwas Licht ins Dunkel bringen. Sie wurde in etwa 1930 gebaut, drei der alten Werkstätten kämen in betracht und das Kopfprofil wurde nach 1935 wohl nicht mehr verwendet: Nun könnte ich noch endlos ins schwärmen kommen, aber ich werde jetzt lieber mal wieder eine Flöte zur Hand nehmen und noch etwas dudeln bevor der Abend wieder vorbei ist ^^