Alle meckern, aber keiner beschwert sich, keiner macht eine Anzeige, nur nicht auffallen aber dafür im stillen Kämmerlein die Faust in der Tasche ballen und leise vor sich hinschimpfen.
... und viele stimmen in die Meckerei ein, obwohl sie selber eigentlich gar nichts dabei finden, nur weil sie meinen, sie müssten da jetzt auch energisch gegen irgendwas sein, wenn alle andern das scheinbar auch sind. Lärm vermeiden? Gerne, bin sofort dabei. Flugzeuge verbieten, Rasenmäher verbieten, Bohrmaschinen verbieten, Kinder verbieten (was die Lärm machen...), Mann, da fällt mir ganz spontan eine Unmenge ein. Oder geht's eher darum, was anzeigen, verbieten, ächten zu wollen, was einem jetzt gerade mal nicht in den Kram passt? Dann hätte ich da auch noch ein paar Vorschläge: Lachende Schweine, die vor dem Metzger Reklame für Schnitzel machen (Find ich absolut pervers, obwohl ich gerne Schnitzel esse), Bild "Zeitung", Fußball (macht 'ne Menge Krach und dient eh bloß als Anziehungspunkt für gewaltbereite Hooligans, außerdem gibt's mir selber absolut nix, also sollen alle anderen gefälligst auch drauf verzichten; an meinem Wesen soll die Welt genesen, jawollja!) Was rühmt sich diese Gesellschaft regelmäßig der Toleranz! Alles Heuchelei! Wir tolerieren nur, was wir 'eh gerne haben, was wir gut finden. Das hat mit Toleranz aber nichts zu tun, denn Toleranz bedeutet, etwas zuzulassen, was einem an sich eben
nicht gefällt. Sonst müsste man ja schließlich auch nicht tolerant sein, wenn man's eh haben will. Mir gefällt die Böllerei auch nicht, ich bin kein Freund von Krach, hab's gerne betulich und still, aber wenn's denn ein Brauch ist und viele Leute glücklich macht - bitte, warum nicht? Eine oder zwei, meinetwegen auch drei Nächte lang halt ich das schon aus. Und was die armen Tiere betrifft: Stimmt, das irritiert und verängstigt die natürlich vorübergehend. Tut ein Gewitter aber auch. Und vorbeiröhrende Sportwagen. Mal ganz abgesehen davon, dass die armen Tierchen in der friedlichen Natur normalerweise Tag für Tag damit verbringen, sich gegenseitig zu fressen. Macht natürlich keinen Stress, das. Die eigene Katze hat einmal im Jahr Terror wegen der Böller? Armes Tier. Was haben die Mäuse und Vögel, die sie die restlichen 364 Tage im Jahr verputzt, wenn sie sie kriegt? Mit denen sie sogar noch spielt, bevor sie sie umbringt, das sadistische Vieh? Mein Mitleid der Katze gegenüber hält sich in Grenzen, da muss sie halt durch. Die Tiere haben ganz andere Sorgen; sich da über ein paar Böller aufzuregen, zeigt eigentlich nur, wie wenig die Leute zwischendurch ihr Hirn einschalten. Als ich Student war, musste ich einen Käferkasten machen. Wäre ich erwischt worden, wie ich eine Libelle fange, hätte ich massiv Ärger bekommen. Dass ich die Viecher nach der mir als Bio-Student durchaus bekannten Eiablage fing und sie eh ein paar Wochen später hopsgegangen wären, hätte weder Richter noch Polizei interessiert. Aber wenn der Teichwirt einen Teich ablässt, wobei hunderte hochgradig gefährdete Teichmuscheln sterben, ist das kein Problem, der Mann muss ja schließlich seinen Teich bewirtschaften. Oder wenn eine neue Autobahn gebaut und dafür ein Feuchtgebiet durchschnitten wird, was dauerhaft zigtausende Libellen ausmerzt, weil der Lebensraum vernichtet wird, dann ist das ebenfalls vollkommen legal. Die Leute wollen ja schließlich bequem Autofahren können. Und Autofahrer wählen, Libellen nicht. Die Leute fordern ununterbrochen irgendeinen totalen Schmarrn, weil sie keine Ahnung haben. Die Politiker gießen diesen Schmarrn in Gesetze, weil sie auf die Wählerstimmen scharf sind. So läuft das hier seit Jahrzehnten. Wäre ja normal für diese bescheuerte Spezies, wenn sich die Leute dann nicht obendrein auch noch für toll hielten. Und alle anderen, die tatsächlich Grütze im Hirn haben und nicht jeden Müll mitmachen wollen, beschimpfen und gesellschaftlich vernichten. Hauptsache, den Moralischen, den Besorgten heucheln und energisch gegen irgendwas sein, solange man davon ausgehen kann, dass genügend andere mithetzen. Und die Presse ist ganz vorne mit dabei. Erst heute morgen in der Zeitung gelesen: Die Deutschen haben Angst vor Terror. Im Artikel steht dann, dass nur 16% nicht mit einem großen Terroranschlag 2016 rechnen. Hallo! Gruß an die Schreiberpfeifen! Mit etwas rechnen und Angst davor haben sind zwei völlig unterschiedlich Stiefel! Ich rechne auch mit vielen Verkehrstoten 2016, aber ich habe keine Angst davor! Hier wird Angst gemacht, nicht gehabt! Hier werden Meinungen, Ängste und moralische Richtlinien vorgegeben, die dann der Durchschnittsmichel haben zu müssen meint. Wenn jeder die Meinung äußerte, die er tatsächlich hat, anstatt die, von der er meint, sie haben zu müssen, wäre vieles ehrlicher und besser in diesem Land. Und jetzt ein schönes, gesundes Neues. Bisschen mehr Gelassenheit wünsche ich. prost1