Kettenhemd gegen Schwert: Ein Test

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Wyrd

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Hallo zusammen Gestern hatte ich auf dem Mittelaltermarkt in Dillingen die Gelegenheit, zwei meiner Schwerter gegen historisch korrektes Kettengeflecht zu testen. Viele Tests wurden zu dem Thema schon gemacht, mit vielen verschiedenen Resultaten. 100% perfekt ist mein Test auch nicht, aber ich halte ihn dennoch für realistisch. Verwendet wurde vernietetes Kettengeflecht, hergestellt in Indien. Dafür echt ordentliche Qualität, 9mm Ringdurchmesser und gefertigt aus Baustahl. Ringstärke ca 2mm. Insgesamt durchaus vergleichbar mit dem Original. Es mag auch bessere Qualität (Wärmebehandlung) existiert haben, war aber eher die Ausnahme, denke ich. Schon Eisen von geringer Güte war sehr teuer. Schnitte und Häue braucht man gegen Kette gar nicht erst versuchen, Stiche sind die einzige Möglichkeit, irgendetwas auszurichten. Dementsprechend habe ich mich für die Tests auf Stiche beschränkt. Natürlich darf man stumpfes Trauma nicht vernachlässigen, aber das soll hier jetzt nicht Thema sein. Testhergang: Das Kettenhemd wurde für die Stichtests über aufeinandergestapelte Strohballen gehängt, sodass es für die Stiche auf vergleichbarer Höhe mit einem stehenden Gegner war. Zuerst kam das Langschwert an die Reihe. Es handelt sich hier um ein Schwert im Stil um 1520, mit steifer, rautenförmiger Klinge, die zwar auf den Stoß ausgelegt ist, aber durchaus in der Lage ist, einen effektiven Schnitt zu setzen. Die Spitze ist schlank und nadelförmig. Im Halbschwert gegriffen, genügte ein mäßig starker Stich von unten, das Kettengeflecht zu durchstoßen und 10cm tief in den Strohballen einzudringen. Dabei sprengte die Klinge einen Ring an der Niete, schnitt einen weiteren auf und verbog 2-3 andere. Ein stärkerer Stoß auch im normalen Griff wäre noch verheerender gewesen. Die Klinge trug keinerlei Schaden davon, als einziges Zeichen fand sich etwas von den Ringen abgeschabtes Metall an den Schneiden. Als nächstes kam ein Einhänder vom Typ XII an die Reihe, zeitlich um 1250-1300, also aus der Zeit, in der das Kettenhemd noch auf dem Höhepunkt seiner Verwendung war. Ein Bild des Schwertes habe ich leider nicht, es ist diesem Stück von Angus Trim aber sehr ähnlich: Typisch ist der breite, runde aber sehr scharfe Ort von elliptischem Querschnitt. 3 Mal stach ich mit dem Schwert von unten auf das Kettenhemd, jedes mal war das Resultat das Gleiche: absolut nichts. Abgesehen von ein paar oberflächlichen Kratzern in den Ringen war nichts zu sehn. Da das Schwert für seinen Typ recht steif ist, ging nur wenig Energie durch durchbiegen der Klinge verloren, sodass auch im Halbschwert gegriffen (was inkorrekt für die Zeit und Kampfkunst ist), das Resultat das Gleiche gewesen wäre. Abschließende Überlegungen: Für die Schwerter, mit denen sich das Kettenhemd als alleiniger Schutz konfrontiert sah, war es undurchdringlich. In Kombination mit einem Gambeson zur Dämpfung der übertragenen Energie bot es wirklich exzellenten Schutz. Die Nadelspitzen späterer Schwerter dagegen kann es nicht aufhalten. Bei Bodkins, die bereits sehr früh existierten, oder ähnlich geformten Lanzenspitzen wäre das Gleiche zu erwarten. Schließlich gab es einen Grund für die Entwicklung besserer Rüstungen...
 
Danke. Was ich noch hinzufügen möchte: Wirklich spannend an dem Test finde ich nicht, dass das Langschwert durch ging, sondern vielmehr, wie gut sogar "Billig-Kette aus Indien" vor Schwertern der zum Kettenhemd passenden Zeit schützt. Wirklich authentisches Kettengeflecht von der höchsten Qualität, die man damals bekommen konnte, dürfte sicher noch wesentlich besser sein. Ebenfalls ist beeindruckend, was das Klingendesign für einen Unterschied macht, ganz unabhängig davon, welchen Wert der Test für die Beurteilung der Schutzwirkung eines Kettenhemdes damals hat...
 
Danke dir für deinen Test. Er zeigt gut auf, wie sehr es schon auf kleinste Details und Unterschiede ankommen kann... Dieses Phänomen zieht sich bis in die heutige Waffenentwickung weiter. Das die Stahlqualtität des Kettengeflechtes (und im Gegenzug natürlich auch die Qualität der Klinge) entscheident ist stimmt. Aus "Fern-Ost" hab ich persönlich auch schon unterschiedliche Qualitäten in der Hand gehabt. Es war aber auch schon sehr ordentliches Material dabei, wo das einzig "billige" eben die niedrigen Arbeitslöhne der Angestellten waren. Auch bei Originalen Stücken (allerdings erst aus dem späten 14.ten und 15.ten Jhdt.) die ich schon "befummeln" konnte, fielen mir Qualitätsunterschiede auf, die im Einsatzfalle sicherlich auch unterschiedliche Schutzleistungen zur Folge gehabt hätten... Das ein Schnitt (oder Hau) das Geflecht nicht in jedem Fall zu schädigen vermag, glaube ich nicht. Hier bei uns (oder auf einer anderen Plattform, bin mir nicht mehr sicher) hatte jemand auch schon mal einen Schnitttest mit/an einem vernietetetem Kettengeflecht durchgeführt und für alle sichtbar eingestellt. Soweit ich es in Erinnerung habe, nahm das Geflecht dabei auch ziemlichen Schaden. Die Ausgangsfrage war damals wohl die, ob die überlieferten Bildquellen von Kriegszenen, bei denen mit Schwertern im Kampf Köpfe (mit Helm darauf), sowie Arme und Bäuche (mit Kettengeflecht geschützt) gespalten, abgetrennt, bzw. aufgeschlitzt wurden, tatsächlich so stattgefunden haben konnten. Hab gerade keine Zeit zu suchen, aber hier im Forum gibt es ein Thema zur "Schärfe von Schwertern", in dem die Frage (glaube ich) auch mal andiskutiert wurde.
 
Sehr spannend Wir machen ja mit ArsGladii auch regelmässig Schnittests (öffentlich) unter anderem auch gegen Gambesos (keinerlei Widerstände) Vernietet Kette ( ab und an mal ein kaputter Ringe sonst nichts) Platte (wird nur eingebeult) und Leder (keinerlei wiederstand) Also vom Ergebnis ähnlich zu deinem Wyrd, was ich spannend finde ist diese Stich Sache die sollten wir mal übernehmen :) Also kurz gesagt Kette schützen gegen Hieb und Schnitt nicht aber gegen stiche von Langschwertern vor allem im Halbschwert griff :)
 
Als ehemaliger Fleischer kann ich hier aus der Praxis beitragen, dass ein Kettenhandschuh vollständig vor Schnittverletzungen schützt. Diese Erfahrung lässt sich mit Sicherheit auch auf größere Gebilde übertragen. Eins ist jedoch auch sicher, rutscht man mit einem spitzen Auslöser ab schütz das Geflecht in keiner Weise vor einer Stichverletzung. In wie weit dabei Ringe aufgesprengt werden und eine Klinge tiefer eindringt hängt natürlich von der Qualität des Geflechts, der eingesetzten Energie aber auch vom verwendeten Werkzeug ab. Gruß Mike
 
Also kurz gesagt Kette schützen gegen Hieb und Schnitt nicht aber gegen stiche von Langschwertern vor allem im Halbschwert griff :)
Als Neuling möchte ich dir mit allem Respekt widersprechen, eine Kette schützt Null vor einem Hieb. Bei gleichen Bedingungen Gambi plus Kette oder Gambi plus Lederrüstung, ziehe ich das Leder unbedingt vor. Bei Schnitten ist es im Wesentlichen natürlich umgekehrt, da sind wir uns absolut einig. :) Gruß Mike
 
Warum bitte Leder ?? Wir haben gehärtetes Leder ohne Widerstand geschnitten !!!! Die Kette bietet Schutz vor dem Schnitt, die Kraft des liebes wird durch die Gambi gemindert (gebrochen Knochen trotzdem möglich ) aber der Arm bleibt dran . Bei Leder ist er ab !! https://www.youtube.com/watch?v=P-u0trnvexY Ab 4.30. Erst Kette , dann Platte, dann Leder Schaust dir an u d sag mir deine meinung
 
Da hab ich mich immer gefragt, ob das nicht Übertreibung durch den Künstler war... @Habula: Vergiss nicht, dass ein Hieb immer eine schneidende Komponente hat (haben soll). Und Leder ist da nun mal nicht annähernd so gut als Schutz wie Kette oder anderes Metall.
 
Da hab ich mich immer gefragt, ob das nicht Übertreibung durch den Künstler war...
Auf den Satz hab ich gewartet... :D Jetzt fehlt noch jemand, der das Vorhandensein eines Kettenpanzers auf dem Bild in Frage stellt. :D Nein, Spass bei Seite. Natürlich könnte das auch eine Übertreibung des Malers sein, um die eigene Überlegenheit seiner Streitkräfte zu demonstrieren. Die Häufigkeit (und ja, es gibt wirklich einige Bilder davon) könte man damit erklären, dass sich dann jede Seite diese Zeichnerische Übertreibung zu nutze machte, um nicht hinten dran zu stehen. Ich bin dennoch der Überzeugung, dass ein Kettenpanzer irgendwann auch bein einem Hieb/Schnitt Schaden nimmt und seine Schutzwirkung diesbezüglich verloren geht. Man könnte aber auch vermuten, dass der Stahl vermutlich nicht (so wie heute) gehärtet war, der Kämpfer in einer Schlacht vermutlich mehrfach in den gleichen Bereichen getroffen werden konnte (oder wurde) und der Kettenpanzer vermutlich auch nicht jedesmal (zwischen zwei Schlachten) Fachmännisch in Stand gesetzt werden konnte. Und dann kam irgendwann der Hieb auf die "richtige Stelle" und..."Ratsssssch"... :ritter15
 
Ich halte es auch für übertrieben bzw glorifizieren (ist ja im heutigen Fernsehen nicht anders) Wir haben schon mit Albion und Peter Johnson Schwertern auf die Kette bzw Platte gehauen ohne Effekt, wir haben billigste unverarbeitete Chinakette genommen , und hier wurden nur ein Paar Ringe gesprengt. Egal was wir angestellt haben Kette wurde nie so zerstört um Tödliche Verwunderung düngen zu generieren, Naja bis auf die Auswirkungen von stumpfe Traumata
 
bisher war auf allen bildern die ich mit entsprechendem helm/kettenpanzer durchschneidenden hieb gesehen hab, derjenige der zuschlägt (und zum teil auch der empfangende delinquent) ein reiter. ich hab die starke vermutung dass das eine nicht zu unterschätzende rolle dabei spielt. wenn so eine halbe tonne salami unter mir meinen hieb unterstützt wird sich das sicher auf das ergebniss auswirken. und alle "schnitttests" die ich bisher gesehen habe waren von fußgängern und damit nur von begrenzter aussagekraft hierzu. falls ich mich mit den bildern täusche lass ich mich gern belehren :) und ansonsten, für alle reiter die sich berufen fühlen: legt los, das ergebnis würd mich interessieren :heupf1 (vielleicht reicht auch ein motorrad, andererseits will ich natürlich niemanden dazu anstiften mit scharfen und spitzen gegenständen experimente auf schnellen oder auch langsamen zweirädern durchzuführen :ups )
 
Das ist eine interessante Überlegung... ich kann mir durchaus vorstellen, dass man im Vorbeireiten und von oben gehauen wesentlich mehr Schaden anrichten kann... Im Stoß ist auf jeden Fall noch die Masse des Pferdes dahinter. Das wäre wirklich ein interessanter Test. Zu dumm, dass ich nicht reite...
 
Was mich bei der Aussage Kettenhemd: +Hiebe und Schnitte -Stiche ins Grübeln bringt ist, die Tatsache, dass während der gesamten "Kettenhemdära", also zu der Zeit und in dem Raum in dem Kettenhemden der verbreitetste Schutz war, vornehmlich Hiebschwerter benutzt wurden. Man könnte da fast schon eine Korrelation sehen: Römische Kaiserzeit, das Kettenhemd hat sich im der röm. Armee schon eine Zeit durchgesetzt: Übergang vom Stich-Gladius zum Hieb-Spatha. 14. Jahrhundert, Ende der absoluten Kettenhemddominanz: Aufkommen von spitzeren, stichlastigeren Schwertern. Hinzu kommt eben noch die Beobachtung, dass Tode von Gerüsteten durch Schwertträger im Krieg in den Darstellungen meist durch einen Hieb und seltener durch einen Stich zustande kommen. Es erscheint mir einfach sehr unlogisch, dass man seine Waffe, auch wenn es nur eine Sekundärwaffe ist, auf den Hieb auslegt, wenn dieser bei einem signifikanten Teil der Kontrahenden keine Wirkung zeigt. Denn wenn dem tatsächlich so wäre, hat man das ganze Früh- und Hochmittelalter über aufs falsche Pferd gesetzt -was ich mir wie gesagt einfach nicht vorstellen kann, denn wie wir ja alle wissen waren die ja auch nicht blöd damals ;) .
 
@ Skelkur + Wyrd Natürlich habt ihr recht, die schneidende Komponente bei einem Hieb habe ich nicht bedacht und war inhaltlich wohl zu sehr von den heutigen Schaukampfwaffen mit stumpfer Klinge determiniert. Da bleibe ich aber auch lieber bei gehärtetem Leder als bei einer Kette, denn gegen die stumpfe Gewalt schützt das definitiv besser, aber das war ja im Prinzip nicht das Thema, darum Sorry für die gestiftete Verwirrung. :whistling: Gruß Mike
 
SteuerBacchus vergiss nicht dass Kettenhemden auf dem Schlachtfeld im Verhältnis wohl eher wenige waren. Und ein Arm brechen kann ich dir mit dem Schwert trotzdem nur nicht abschneiden :) Schau dir doch mal die spätenen Kriegsschwerter an, die waren auch nicht für Vollplatte ausgelegt bzw nur den Stich. Auf dem Schlachtfeld brauche ich eine Universelle Waffe und mit dem Schwert sind Ungerüstet , leicht gerüstete und voll gerüstete Gegebenheit bar. Die ersten heiden Kategorien Sterben wahrscheinlich die letztern werden schwer verletzt.
 
Wie Skelkur sagt, Kettenhemden (und auch später Plattenharnisch, etc) waren TEUER. Das konnten sich nur wenige leisten, vorwiegend die, die auch ein Schwert hatten. Deren Gegner waren meist ungleich weniger gerüstet und gegen ungerüstete oder nur leicht gepanzerte Gegner ist das Schwert absolut verheerend. Was man ebenfalls bedenken muss, ist, dass Schwerter nie die Primärwaffe waren. Zu faktisch allen Zeiten haben Stangenwaffen auf dem Schlachtfeld dominiert. Schwerter waren Back-up und auch viel mehre als bloß Waffen, sie waren Statussymbol und Zeichen der eigenen Tugend.
 

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