Männer Bekleidung

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Julia

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Hallo an alle Ich und mein Freund sind noch ganz frisch und wollen heuer das erste mal Gewandet auf einen Markt auftreten . Ich bin ein kleiner Perfektionist :rolleyes: und will alles so gut es geht Perfekt machen . Deswegen habe ich ein paar Fragen an euch das ich mich auf den Märkten danach nicht lächerlich mache . Wir wollen eine Adelsdarstellung machen um 1180 . Wegen Rüstung hat er sich schon genau informiert . Ich habe jetzt auf einen Bild im Karfunkel Buch gesehen das dort jemand unter der Rüstung ein Bliaud trägt . Kann das sein ? und wenn ja gibt es wo für Männer Schnittmuster habe es bis jetzt immer nur für Damen gefunden . Es ist auch geschlitzt was ich sehe , weiß aber nicht ob mittig oder seitlich und wie ist das dann mit den Untergewand ( Nachthemd ) . Ist das normal das man das dann sieht ? Ich hoffe ich nerve euch mit meiner Fragerei nicht :D Lg Julia
 
Hallo! Erstmals Glückwunsch zur Entscheidung für dieses Hobby! Bevor ihr euch jetzt jedoch ans Schneidern aufs Geratewohl macht, einige ernst & zum Nachdenken gemeinte Inputs, bevor ihr in eine finanzielle, tiefe Grube fallt, in die alle Einsteiger im Living History vor euch auch gefallen sind: Wenn ihr nur Fantasy machen wollt: Macht was Karfunkel euch sagt. Wollt ihr es richtig angehen - und das entnehme ich deinem Perfektionismus bedenke bitte: 1. Karfunkel, Pax & Gaudium, Miroque: Das alles sind Zeitschriften, keine Fachpublikationen. Entsprechend liest es sich zwar nett am Klo oder Zwischendurch, der inhaltliche Wert dieser Heftchen endet aber meist auch bei ihrem Unterhaltungswert. Es finden sich leider - für Neulinge meist nicht erkennbare - Fehler in den Texten, bzw. erst recht in den Schnitten, die meist eher an 21.-Jh.-Faschingskostümschnitte erinnern (von einigen Tunika-Schnitten mal abgesehen vielleicht). Daher: Finger weg, wenn ihr "richtig" machen wollt. Alternativ schlag ich euch vor, euch von Sarah Thursfield "Mittelalterliches Schneidern" für die Nähgrundlagen zu besorgen; auch hier sind ab und an Fehler drin, aber im großen und ganzen ist die Übersicht, auch wenn anfangs evtl. erschlagend, da sehr detailliert, zumindest nicht uninteressant (z.b. Welche Nahtformen gabs usw.) Weiters als Ausbau von der von euch gewählten Zeitstellung - und das 12. Jh. ist nicht einfach, da die Quellenlage im Vergleich zum 13.-15. Jh. eher mau ist für eine "einfache" Reko, gibts noch die Einsteigerwerke, großteils auch über Bibliotheken erhältlich: Weiterer Hinweis: Ist euch bewusst das ADEL als Darstellung nicht nur ein Gefolge/Pferd im Fall des Mannes falls "Ritter" erfordern würde? Zudem ein Wollkleid und ein paar Schuhe keinen Adel machen? Und auch ein Schwert und Kettenhemd machen nicht automatisch einen Ritter aus Mann (auch wenns die gern so hätten), aber das zeigen bereits zeitgenössische Textquellen des Mittelalters, dass nicht nur die Wahl der Bekleidung, und auch Accessoires, "mehr" aus euch machen, sondern auch die Haltung damit kongruent gehen muss. Z.b. Meier Helmbrecht hält sich - dank seiner bestickten Kappe und von seiner Familie wie ein feiner Herr ausgestattet, quasi für den "König der Welt" (um es überspitzt auszudrücken :D ) - geht schief ;). Ebenso lief das ganze auch umgekehrt, vgl der z.b. soziale Abstieg eines Franz von Assissi, vom allseits beliebten "Geck", und als er aus diesem sozialen Räderwerk ausbricht, verachteten "Spinner" (in den Augen seiner von der - was die Abstammung anbelangt - sozialen Hierarchie her Gleichgestellten). Wenn dich das Thema Repräsentationscharakter von Kleidung interessiert lege ich dir "Die Wahl des Gewandes" von Jan Keupp (oder wenn du die selben Inhalte (das erstere ist seine Dissertation) kürzer, aber auch in der Formulierung populärwissenschaftlicher haben willst "Mode im Mittelalter" vom selben Autor) ans Herz! Weil wenn ihr nicht "komisch angeguckt" werden wollt, oder Mann vermeiden will, als ein Faschingsritter mehr aufzutreten, dann ist das Thema nicht zu unterschätzen! Mein Tipp: Klein anfangen - nicht umsonst beläuft sich die Anzahl der Adelsdarstellung auf ein Minimum in der Living History-"Szene". Es war damals bereits schweineteuer, und wenn ihr anfangen würdet es richtig zu machen, reden wir hier von in Handarbeit auf Kundenwunsch gefertigte Seidenstoffen, Broschierten brettchengewebten Borten aus Goldlahn, Schmuck aus Gold und Edelsteinen... kurz: Finanziellem Ruin. Die IG Wolf macht eine Darstellung Adeliger, aber da wirkt das ganze durch die Gesamtlinie der Gruppe auch stimmig: http://www.igwolf.net/ Fürs übern Markt schlendern reicht eine einfache Bäuerin, Magd, oder Handwerkerin, bietet auch für Frau/Mann den Vorteil ohne Gruppe "darzustellen" bzw. sich ggf in eine evtl. bestehende Gruppe rascher eingliedern zu können, als als Adelige! Ist auch in der Herstellung "rasch" gut umsetzbar: Unterkleid aus Leinen, im einfachen Grundschnitt von einem Rechteck mit 2 seitlichen Dreieckigen Keilen ab der Achsel bis zum Knöchel); Mann das selbe aber ca. Knielang, dazu lange Ärmel) Das Oberkleid ist im Schnitt ident (Keile bei Mann ab Hüfte, vgl. z.b. als ungefähres Richtschema http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/kraglund.html oder http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/arras.html), nur eben aus Wollstoff. Dazu Strümpfe/Beinlinge bei Frau bzw. Mann aus Wollköper, ein paar Schuhe, Ledergürtel um den Bauch, und einen Schleier für Frau bzw. entsprechend zeitlich passende Kopfbedeckung bei Mann. Der Bliaut ist tatsächlich ein Kleidungsstück des 12. Jh., aber auch hier gibt es Varianten abhängig von der jeweiligen Zeit (Anfang 12./Ende 12. usw.), und bedenke: Der Bliaut ist v.a. für Leute, die sich nicht bewegen mussten, d.h. wer Geld und nix zu tun hatte, und vieeeel Muße und Angestellte hatte. Was Mann/Frau im 12. Jh. so trugen zeigen Bildquellen, beachtet jedoch die Thematik der Quellenkritik (wer ist dargestellt? Heiliger oder "Normalo"? Arbeitender oder Adeliger? Für wen wurde die Handschrift gemacht? usw.): http://wh1350.at/literatur-und-quel...inierte-handschriften-quer-durch-die-epochen/ z.b. hier hat unsre Andrea schon einiges zu verschiedenen Zeiten an Digitalisaten gesammelt. Durchklicken! Diverse Schnittmuster nach Funden, Art der Bekleidung & Datierung: http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/bockhome.html Kann dir halt nur vorrangig im 14. Jh. wirklich helfen, da das meine Primärzeit ist!
 
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Hallo Julia, das Männerbliaut ist im Prinzip das Surcot im 12. Jahrhundert und wird über der Cotte getragen. Die Cotte solltest Du nicht mit dem Unterhemd/Hemdelin verwechseln. Dass man die Cotte darunter sieht ist mehr oder weniger normal. Bei meinem Gewand ist die Cotte gar einen Tick länger als das Bliaut/Surcot. Die Schlitze können sowohl seitlich als auch mittig sein. Schlitze in der Mitte sind i.d.R. sog. Reiterschlitze. Bitte achte darauf, dass Du die Schlitze der Cotte und des Bliauts aufeinander abstimmst. Ich habe den Fehler gemacht, dass das Bliaut einen Reitschlitz hat, die Cotte aber seitlich geschlitzt ist. Das muss ich demnächst ändern. Macht aber nix, da sowohl Cotte als auch Bliaut bei 25kg Gewichtsverlust nun sowieso abgeändert werden müssen. Ansonsten gebe ich definitiv meiner Vorrednerin Recht. Lass die Finger von Karfunkel-Schnitten.
 
Wie du an meinem Avatar siehst, ist das Mittelalter nicht meine Baustelle. Trotzdem hab ich hier einiges Grundsätzliche gelernt, dass ich dir gern weitergeben möchte - auch wenn es sich anhören mag, als möchte ich euch entmutigen: - Karfunkel ist nicht unbedingt die beste und seriöseste Quelle. Deshalb ist es gut, dass du nochmal nachfragst. - Dein Streben nach Perfektion in Ehren - das wollen viele hier. Aber eine perfekte Darstellung ist nicht aus dem Handgelenk geschüttelt. Schon gar nicht, wenn man sie schon in ein paar Monaten "zu Markte tragen" will. - Sich eine Adelsdarstellung für den Anfang vorzunehmen, geht meistens nach hinten los. Einmal verlangt sie mhr an Können und Wissen, als man sich relativ rasch aneignen kann. Dann dauert die Herstellung an sich sehr lange (schau einmal in Maras Galerie nach ihrem Bliaut). Und letztens, weil sie teuer ist. Sehr teuer. - Wer hat deinem Mann gesagt, dass eine männliche Adelsdarstellung eine Rüstung verlangt? Das sollte er schnell vergessen! Rüstungen trug man auf dem Schlachtfeld. Sie waren keinesfalls die mittelalterliche Version des Smokings! In voller Platte oder Kette durchs Schloss zu rasseln, ist etwas für Hollywood-Ritter und Hui-Buh. - Herrenschnitte gibt's leider in unserem Hobby ebenso selten wie Damenschnitte. Das heißt, selbst recherchieren und probieren. Aber bis ins Hochmittelalter hinein (also deine angepeilte Zeit) sind die meisten Kleidungsstücke noch recht einfach aus Rechtecken und Dreiecken abzuleiten. Das vereinfacht es dann wieder.
 
Ich möchte hier nochmal das Wort ergreifen zu dem allseits in "A"-Kreisen beliebte Thema "Wolle als Oberbekleidung". Hierzu verweise ich auf diverse Publikationen von Jan Keupp. Zwar ist die Fundlage als eindeutig zu bezeichnen, laut Jan Keupp aber nur deshelb, weil sich Leinenkleidung i.d.R. nicht erhalten hat. Leinen als Unterbekleidung hat sich laut Keupp nur dann erhalten, wenn Wolle darüber war und das Leinen quasi geschützt wurde. Wenn man sich nun noch vor Augen führt, dass es vor 1000 und mehr Jahren keine reinen Wollschafe sondern Schafe mit Fell und Wolle gab kann man sich die Qualität der Wolle gut vorstellen. Kurze Fasern, schwierig aufzubereiten etc. Übrigens war Deutschland bzw. das was heute Deutschland ausmacht in vielen Bereichen (gerade in den Flussgebieten) sehr sumpfig und (wieder laut Keupp) eine Flachs-Hochburg. Leinen wurde sogar in großen Mengen exportiert. Außerdem ist Leinen wesentlich besser zu waschen als Wolle, trocknet viel schneller und eignet sich gerade für Feldarbeit wesentlich besser als recht grob gewebte Wolle. Gute Wolltuche kamen im ausgehenden HoMi und beginnenden Spämi i.d.R. aus Flandern und England als Importware. So nun verhaut mich.
 
Ich widerspreche nicht, dass Leinen als Feldarbeitskleidung taugt. Betrachtest du diese Abbildungen agieren aber die Menschen dann in der Regel im Untergewand, d.h. Cotte / Surcot wurden garnicht getragen, wie wenn man heut mit Bermudahose und TShirt arbeiten tät. Die Belegslage Leinen als Oberbekleidung anzunehmen ist einfach sehr dünn. Bzw. macht es über einem Leinenhemd nicht aus, wenn die Wolle kratziger ist - hier stehen dann eher Wärme/ bzw. praktikable Überlegungen im Vordergrund, da wärmt Wolle einfach mehr als Leinen.
 
Vielen dank für die vielen Infos und das es so schnell gegangen ist . Oh ich wusste gar nicht das Karfunkel so schlecht ist , bis jetzt hat man mir es immer empfohlen . Ich weiß das ich mir sehr viel vorgenommen habe wegen dieser Darstellung .Bin gelernte Goldschmiedin und habe mir selber schon ein Schabel aus Silber mit eingesetzten Halbedelsteinen und ein Kreuz ( nach einen Historischen Fund ) aus Gold mit Halbedelsteine angefertigt . Deswegen will ich gerne diese Darstellung machen damit ich meinen Schmuck auch präsentieren kann . Wegen Pferde , Wachen und so weiter wie es früher Üblich war kann ich natürlich nicht bieten . Ich möchte einfach nur die Märkt besuchen , ein Lager möchte ich nie haben deswegen geht das auch gar nicht für mich . An Anfang werde ich noch nicht in dieser Darstellung auftreten denn ihr habt recht :D so etwas dauert sehr lange . Bin nämlich gerade dabei mein Kleid per Hand zunähen und das dauert . Kennt ihr natürlich alle wie das so ist ;) . Noch dazu reizt es ein wenig wegen der Fütterung . Habe mir vorher meine Stoffe auch gefärbt zwar ist es nicht 100 % genau aber Übung macht den Meister :) Wegen den Bliaut für den Mann : Danke für den Tipp BernarddeNoyer . Ich habe auf Flinkhand etwas gelesen kann ich dieser Seite vertrauen ? Es steht nämlich etwas dort Zitat : So reichte der Bliaut vorne und hinten bis etwa zum Schienbein, während er an den Seiten knapp über dem Knie endete. Hierzu muß man sagen, daß der Herr darunter natürlich eine knöchellange Cotte trug, so daß die Beine trotzdem bedeckt waren. Es gab aber auch die knöchellange Variante, die dann unten am Saum gerade geschnitten war. Hat man bei dieser Knöchellangen variante auch eine Cotte getragen ? oder nur die Bruche und Beinlinge ? Habe nämlich bei einer Abbildung aus dem 12 Jh. vom Hl Georg der einen Drachen ersticht nur das Knöchellange Bliaut und die Beinlinge gesehen
 
Dann dauert die Herstellung an sich sehr lange (schau einmal in Maras Galerie nach ihrem Bliaut). Und letztens, weil sie teuer ist. Sehr teuer.
Da muss ich Morgan recht geben. Das Bliaut liegt auch heute noch genau so da, wie e in der Galerie abgebildet ist, auf meiner HP (http://www.mara-vom-nikolassee.de/Bliaut-12-.--Jahrhundert.htm) sind die Kosten (die sich aufgrund von Selber Färben, besticken und nähen) gerade noch in Grenzen halten, aber die Zeit.... Über 200 Std. stecken schon drin. Ich komme nur im Moement nicht weiter, weil ein paar Auftragsarbeiten für freunde mich davon abhalten. Ich selbst habe 2-3 Kleider, die man als Adel durchgehen lassen kann, aber ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen, dass es ungleich viel mehr Spaß macht, die Ansprüche etwas herunter zu schrauben und in einfacherer Klamotte über den Markt zu schlendern. Du musst nicht ständig aufpassen, ob Dir irgendeiner mit einer Zigarettenkippe zu nahe kommt (Brandlöcher sehen auch in Seide unschön aus), es latscht Dir keiner auf den Saum, Du kannst Dich überall hinsetzen und Du kommst garantiert schneller mit anderen Darstellern ins Gespräch. Als Adel bist Du bestenfalls ein gutes Fotoobjekt für Touris, die nicht mal die Zeit anständig einordnen können. Glaub mir, ich weiß wovon ich rede. Die Marktrunden können sich so unendlich lange hinziehen, man traut sich mit dem feinen Stöffchen nicht mal, sich auf eine Holzbank zu setzen, aus Angst, Splitter könnten Fäden ziehen oder es könnte schmutzig werden. Einfach mal waschen ist dann nicht mehr. Mein Seidenbliaut, welches ich 2 Tage in der Schweiz bei 35°C Hitze anhatte, konnte ich bestenfalls lüften. Mit den Steinverzierungen mache ich mir entweder die Waschmaschine oder die Verzierungen kaputt. Oder Handwäsche - ist zwar "A", macht aber keinen Spaß. Meine Wollkleider schmeiße ich in die Waschmaschine udn hänge sie zum Trocknen auf einen Bügel. Was ich in den letzten Jahren an Assessoirs ausgegeben habe (Schapel, Gürtel, etc.) möchtest Du nicht wirklich wissen. Der letzte Stoffkauf lag bei 50 €/ m. Das sind dann für ein Bliaut gut und gern gleich mal ca. 300 € (nur für den Stoff). Also, tut Euch selber den Gefallen und fangt einfach an. Aufbauen kann man das immer noch. In dem Hobby ist nach oben hin viel Luft. :D
 
Hierzu verweise ich auf diverse Publikationen von Jan Keupp. Zwar ist die Fundlage als eindeutig zu bezeichnen, laut Jan Keupp aber nur deshelb, weil sich Leinenkleidung i.d.R. nicht erhalten hat. Leinen als Unterbekleidung hat sich laut Keupp nur dann erhalten, wenn Wolle darüber war und das Leinen quasi geschützt wurde.
In einem Fachgespräch mit Katrin Kania meinte diese, dass sich entweder Leinen ODER Wolle erhält und das liegt nicht daran, dass etwasvon beiden drüber war sondern, dass die Bedingungen damit sich das eine erhält mit dem widerspricht was das andere benötigt. Daher ein Veto gegen die Theorie, Leinen hätte sich nur erhalten wenn Wolle drüber gewesen wäre.
Übrigens war Deutschland bzw. das was heute Deutschland ausmacht in vielen Bereichen (gerade in den Flussgebieten) sehr sumpfig und (wieder laut Keupp) eine Flachs-Hochburg.
Auch hier ist ein kleiner Denkfehler drin. Ja, es gab hier sehr viel Flachs und ja es war sehr sumpfig - um nicht zu sagen nass-kalt. Und genau das ist der Grund warum man sich im deutschsprachigen Mittelalter den Tod geholt hätte wenn man schnell mit Nässe angefülltes Leinen anstat der isolierenden Wolle getragen hätte. Wer es nicht glaub soll einfach mal im Januar NUR MIT LEINEN-Gewandung, KEINE WOLLE durch den Wald spazieren. Nicht schummeln, kein Mantel aus Wolle. Nur Leinen. Danach glaubt ihr mir sehr schnell. ;) Eine Anmerkung, das Wetter wurde in Deutschland erst ab dem 14. Jh. sumpfig. Vorher herrscht das Mittelalteliche Optimum. D.h. Wärmeperiode. Abschließend und auf den Eingang zurück kommend, ich finde den Lehnart extrem schlecht für Einsteiger. Er ist genauso oberflächlich und volle Fehler wie die Karfundeklschnittmuster. Als nettes Werk zum durchblättern geeignet, aber eben nicht für die Herstellung von Gewandung nach historischer Fundlage.
 
meine Begeisterung fürn Lehnart hält sich auch in Grenzen - aber besser noch als Karfunkel, und kannst ja auch nicht gleich mit der Spezialliteratur kommen, wenn Karfunkel der aktuelle Wissenstand ist. Und ausbauen musst als Perfektionist literaturtechnisch dann ohnehin, da hätt ich noch einige englische Artikel zum ganzen Bliaut-Thema u.ä. an der Hand, aber ohne Grundverständnis für Mode im MA ist das sinnlos.
 
Da geb ich dir recht, Firiel. Allerdings habei ch Jahre gebraucht um in meiner Weiterentwicklung die ganzen Fehlinterpretationen aus dem Lehnart wieder aus'n Kopf zu bekommen ... ;)
 
Bernard, Wolle ist nicht nur ebenso leicht zu waschen wie Leinen (per Hand sogar erheblich leichter!) - sie muss auch gar nicht oft gewaschen werden, weil sie Schmutz abweisend ist, Gerüche durch Auslüften verliert etc. Sie nimmt auch erheblich mehr Flüssigkeit auf als Leinen bevor sie sich nass oder auch nur feucht anfühlt, ist also schon längst wieder "trocken", auch wenn sie noch nass ist. Dass man im Hochsommer nur in Hemd und Bruche bzw. Unterkleid arbeitete, ist genau dem geschuldet: Leinen ist schnell schweißdurchtränkt und hängt einem dann wie ein nasser, kalter Lappen am Leib - durchaus angenehm an Hundstagen. Schau bei Abbildungen auch mal drauf, ob die Kleidung bunt ist: Leinen ließ sich bis ins SpäMi eigentlich nur mit Waid (Küpenfärbung) akzeptabel färben. alle anderen Farben werden blässlich auf Leinen und lohnen der Mühe nicht. Wenn also ein Textil anders als weiß oder cremefarben dargestellt ist, dürfte es mit ziemlicher Sicherheit Wolle sein.
 
Zitat von »BernarddeNoyer« Übrigens war Deutschland bzw. das was heute Deutschland ausmacht in vielen Bereichen (gerade in den Flussgebieten) sehr sumpfig und (wieder laut Keupp) eine Flachs-Hochburg. Auch hier ist ein kleiner Denkfehler drin. Ja, es gab hier sehr viel Flachs und ja es war sehr sumpfig - um nicht zu sagen nass-kalt. Und genau das ist der Grund warum man sich im deutschsprachigen Mittelalter den Tod geholt hätte wenn man schnell mit Nässe angefülltes Leinen anstat der isolierenden Wolle getragen hätte. Wer es nicht glaub soll einfach mal im Januar NUR MIT LEINEN-Gewandung, KEINE WOLLE durch den Wald spazieren. Nicht schummeln, kein Mantel aus Wolle. Nur Leinen. Danach glaubt ihr mir sehr schnell. ;)
Ich muss Dir widersprechen mit dem Nasskalt. Nachweislich war es im 11. bis Anfang des 13. Jahrhunderts wärmer als heute, wenn man den Archäo-Meteorologen glauben darf. Und natürlich haben die Leute Mäntel aus Wolle über dem Leinen getragen. Ich will ja auch nicht behaupten dass die komplette Klamotte aus Leinen war.
 
naja, statt jetzt die Darstellung um ein Stück aufzubauen, bau doch die Darstellung und dann die Stücke. So "frühe Allemannia" z.B. Da gibts wundervolle Fibeln und andere tolle Accessoires. Für Männlein und Weiblein. Und reichlich Belege, was den Schmuck angeht. Und Deinen jetzigen Schmuck? Verkauf ihn, tausch ihn oder so. Biete Schapel gegen FrühMikleid, ich kann nicht nähen, schaffe das nicht... Und das Kreuz kannste wahrscheinlich auch so im 6.-7-Jhdt tragen.Oder es findet sich ein Abnehmer dafür, für die hlg Kommunion oder Konfirmation. Viele MA-Schmuckstücke sind ja wirklich zeitlos schön.
 
Amici schreibt ja weiter unten, dass es erst ab dem 14. Jahrhundert kühler wurde. Das war die so genannte "kleine Eiszeit", die sich bis weit in die Neuzeit hielt. Also stimmt genau, was er sagt.
 
Schau bei Abbildungen auch mal drauf, ob die Kleidung bunt ist: Leinen ließ sich bis ins SpäMi eigentlich nur mit Waid (Küpenfärbung) akzeptabel färben. alle anderen Farben werden blässlich auf Leinen und lohnen der Mühe nicht. Wenn also ein Textil anders als weiß oder cremefarben dargestellt ist, dürfte es mit ziemlicher Sicherheit Wolle sein.
Dem wage ich jetzt erst einmal ohne Quelle zu widersprechen, aber ich reich die Quelle noch nach sobald ich sie auf meinem Rechner wieder finde.
 
also die mir bekannten Färberezepte stammen ansich erst ausm Spätmittelalter, sind somit eh nicht für den Kontext relevant, da ist jedoch u.a. Kreuzdornbeere und Waid/Indigo ein heißer Tipp fürs Leinenfärben - auch bereits erfolgreich erprobt. Aus dem Frühmittelalter gibt es was ich mich dumpf erinnere einzelne kleine Fragmente, u.a. einen mit Krapp gefärbt. Leinenfärbung dürfte nicht unmöglich sein, aber mit meinen Experimenten mit anderen als den oben erwähnten Farbstoffen (Rotholz, Cochenille, Reseda, Saflor, usw.) wars eher blass-pastell, d.h. eher unbrauchbar in meinen Augen für eine schöne Bekleidung, im Vergleich mit Wollstoffen. Nur wegen der Temperatur sich jetzt auf "Leinen als Oberbekleidung" rausreden, ist für mich mehr ein Schönreden aus Bequemlichkeit des 21. Jh. denn Untermauern einer These mit wissenschaftlich stichhaltigen Fakten. Was mich am ehesten noch von der These der Leinenoberbekleidung überzeugen ließe wäre eine Abbildung aus dem Tacuinum Sanitatis aus der 2. H. des 14. Jh., wo ein Händler mit seinem Verkaufsstand abgebildet ist, welcher mit "Leinen" bezeichnet ist, und Kleidung herumhängen hat. Aber damit sind wir wieder 200 Jahre nach der Darstellungszeit der Threaderstellerin.
 
Bevor ihr Euch hier kloppt, man konnte Leinen mit Tricks färben, auch kräftig und relativ wasch und lichtecht. Nur der Aufwand !!! Und dann eben Amicis Argument mit dem Tragekomfort. Es ist nämlich ein schwerer Irrtum, zu glauben, Wolle auf Leinen sei im Sommer zu heiß. Irgendwelche Wolle mit Wolle vom Polyester/Polyamidschaf, ja, die ist im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt. Vor allem über Leinen vom Baumwollstrauch. Reines Leinen vom Flachs unter reiner Wolle vom Schaf ist nun mal von +38 bis -28° unschlagbar. Wenns gaaaaanz kalt und windig ist, einen Leinen oder Wollkittel mehr, möglichst schön eingelaufen/verfilzt. Allerdings warne ich Neugierige. So eine einfache FrüMi-GroMi Klamotte ist stoffmäßig kaum unter 500 € zu haben, mit viel Glück kann man bei einem Händler was ambientiges für kleines Geld schießen ,Radmantel aus gewebtem Walkloden mit Kapuze für knapp unter 100€, das ganze in groß, feiner Stoff, Wolle gefüttert, 2 farbig ~200 €, da darf man dann aber keinen "A"nspruch haben. Mehr so schöne Grüße von den Hobbits. Für das Geld kann man den Stoff nicht kaufen Leinen als Oberbekleidung wegen Temperatur ist schlicht eine Geschichte aus der Yuccapalme, es ist für mich praktisch erwiesener Unsinn
 
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Ähm ... Ich wäre echt dankbar wenn man meine Post's bis zum ende lesen würde. Wie Morgan bereits ausgeführt hat, ich schrieb bereits, dass im 11. - 13. Jh. eine Warmperiode vorherrschend war bei uns. Das bedeutet aber nicht, dass wir hier sizilianische Verhältnisse hatten. Lagert einfach mal nur mit Leinen, ihr werdet es sehen. Keine Tricks. Keine warme Bundeswehrunterhosen, keine Mäntel. Spätestens wenn der Morgentau kommt freut ihr euch, dass ihr bald endlich wieder Sonne auf eurer - inzwischen nassen - Haut spürt. Edit: Andrea hat ein Wollgewand, feiner als einige ihrer Leinenhemden... Nur mal so ...
 

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