MA-Lieder mit "Beleg"?

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Lena

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Welche Lieder, Texte oder auch nur Melodien, kennt ihr denn, von denen ihr sicher seid, dass sie im Mittelalter bereits gespielt bzw. gesungen wurden? Bin diesbezüglich totaler Laie und habe keine Ahnung. Ich weiß (oder doch eher: glaube), dass es die Kleine Heidelberger Liederhandschrift (enthält u. a. das Palästina-Lied) und die Carmina Burana (Sammlung von Lieder aus dem 11. - 13. Jhd.) gab. Was gab es noch? Und gibt es dazu Texte und vor allem Noten (wenigstens Interpretationen) im Netz? Oder hat jemand entsprechende Buchtipps o. ä.? :blues
 
Wir hatten in Latein mal den bekannten Anfang der Vagantenbeichte des Archipoeta zu übersetzen (die kennen die meisten wahrscheinlich in der Variante von Corvus Corax oder In Extremo). Die Vagantenbeichte findet sich auch in den Carmina Burana, aber vom Archipoeta gibt es laut Wikipedia noch mehr erhaltene Lieder in anderen Handschriften. Vielleicht könntest du da weiterforschen?
 
die carmina burana ist doch deutlich nach dem MA erst aufgeschrieben worden und umfasst texte aus den verschiedensten ländern. aber ich wüsste nicht, dass da original-noten dabei gewesen wären, bestenfalls die interpretierten noten von carl orff.
 
Beim lieben Oswald von Wolkenstein wirst du mit Noten fündig, So weit ich weiss gibt es in den Cantigas de Santa Maria nur Texte und viele schöne Bilder von Musikanten, in St. Gallen gibt es Aufschriebe von liturgischen Neumen, Heidelberger Liederhandschrift wurde schon genannt, im Codex Manesse gibt es verschiedene Texte und Bilder, der Herr Neidhard von Reuental war sehr produktiv, von ihm gibt es zig Lieder auch mit Melodie (Neumen, so weit ich weiss), ... kommt noch mehr, sobald ich es zusammengestellt habe...
 
Es gibt so unglaublich viel überlieferte Musik! Ein paar Beispiele: - das gesamte gregorianische Reportoire, Notker/St. Gallen, Zisterzienser... - Chansonnier de Saint-Germain-des-Prés (2500 Troubadour-Texte, davon 282 mit Melodien, ca. 1235) - das "Rote Buch", "Llibre Vermell de Montserrat", 14. Jhd. - Pilgerlieder zur Marianverehrung - Rostocker Liederbuch - Lochamer Liederbuch (15. Jhd.) - viele ein-, und mehrstimmig gesetzte Lieder - die "Cantigas de Santa Maria" - 420 Marienlieder in galicischer Sprache mit Melodien, 13. Jhd. - Lieder des "Neidhart" (oft irrtümlicher Weise genannt "von Reuenthal") - verschiedene Handschriften - Jenaer Liederhandschrift - die Lieder des Oswald von Wolkenstein (in 3 Handschriften überliefert, 2 mit Melodien) - Codex Callixtinus - um 1150 - Cantigas de Amigo, 13. Jhd. - Lieder des "Guillaume de Machaut", 14. Jhd. - komponierte auch die erste überlieferte 4-stimmige Messe, quasi der erste "Komponist" - ... Einige Buchvorschläge (von vielen mehr): - "Die Musikwelt des Mittelalters", Bernhard Morbach, Bärenreiter - sehr gut gegliederte Übersicht über Musikgeschichte und Quellenlage; dazu eine CD mit MIDI-Dateien, inkl. Notenbildern auf Audio+Daten-CD - SEHR EMPFEHLENSWERT! - Oswald von Wolkenstein, Lieder, Reclam - 41 Lieder sind mit Melodien wiedergegeben, Frühneuhochdeutsche Originalübertragung+Neuhochdeutsche Übersetzungen - "In hymnis et canticis" und "Handbuch Gregorianischer Choral" von Stefan Klöckner - Geschichte und Aufführungspraxis gregorianischer Gesänge - "Die Melodien der weltlichen Lieder des Mittelalters", Ronald J. Taylor, Sammlung Metzler - "Ausgewählte Melodien des Minnesangs", Ewald Jammers, Niemeyer - "Ostdeutscher Minnesang", Margarete Lang, Jan Thorbecke Verlag - "Die Trobadors, Leben und Lieder", Sammlung Dietrich - "Das Musikwerk, Troubadours . Trouvères, Minne- und Meistergesang", Friedrich Gennrich, Arno Volk Verlag Köln - Deutsche Lieder des Mittelalters, Hugo Moser - ... Es sind so unglaublich viele wahre Schätze darunter, dass ich mich wirklich frage, warum zum großen Teil immer wieder die gleichen "Kracher" auf den Märkten erklingen (Ganz abgesehen von dem vielen Reportoire, welches noch nicht übertragen und publiziert wurde). Zur Erhältlichkeit mag ich raten, die Titel mal bei "Amazon" oder "ZVAB", o.Ä. in die Suchmaschine zu geben - ebenso dort einfach mal Schlagwörter wie "Minnesang", "Mittelaltermusik", usw. reinsetzen - da gibt's immer mal wieder was zu entdecken.
 
die carmina burana ist doch deutlich nach dem MA erst aufgeschrieben worden und umfasst texte aus den verschiedensten ländern. aber ich wüsste nicht, dass da original-noten dabei gewesen wären, bestenfalls die interpretierten noten von carl orff.
Die Melodien der CM sind von dem Musikwissentschaftler Prof. René Clemencic rekonstruiert worden. Z.T. nach den teilweise eingetragenen "Neumen", welche nur den ungefähren Melodieverlauf wiedergenen, z.T. nach "Kontrafrakturen", welche eine altüberlieferte Melodie im gleichen Versmaß unterlegen - das Ergebnis ist beeindruckend... ...und in aller Munde: In Taberna, Chramer gip die varve mir, Tempus transit gelidum, es waz ein chint so wolgetan... Sollte jemand diese Lieder je öffentlich aufführen wollen, und einen GEMA-Bogen ausfüllen müssen, kann ich raten als Quelle "Benediktbeurer Liederhandsachrift" anzugeben - da wissen die nicht wirklich, was gemeint ist. Gibst Du Carmina Burana an, musst Du erstmal zugunsten der Erben Carl Orrf's bezahlen, und Dir dann die Kohle über extremen bürokratischen Aufwand zurückholen.
 
Super, vielen Dank für die Infos! Da hab ich ja mal was zu lesen ... Vor allem die Seite von Monacensis ist für den Einstieg sehr informativ. Hören durfte ich ja authentische Musik vor allem in Ulm schon von Hummelchen, deshalb kam ich ja überhaupt auf das Thema.
 
Täusch ich mich, oder warn da nicht in meiner Reclam-Ausgabe vom gesammelten Werk Walter von der Vogelweide's Noten dabei?
 

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