Nomad
Well-known member
Liebe Forenmitglieder, es gibt da eine Frage, die mir aufschien, als ich schon wieder neue Pfeile bestellen musste, weil ich die Dinger dauernd verliere oder zerstöre: Wie sicherte man im Mittelalter eigentlich den enormen Bedarf an Pfeilen? Dazu eine kleine Modellrechnung: Sagen wir, ein Schütze kann max. alle paar Sekunden einen Pfeil abschießen. Gut, er schießt ja nicht die ganze Zeit, manchmal hat er grad kein freies Schussfeld, er geht zwischenzeitlich in Deckung hinter einer Zinne oder er nimmt sich Zeit zu zielen. All das inbegriffen, dürfte er, wenn er seinen Job richtig macht, aber dennoch im Schnitt alle 10 Sekunden einer Schlacht einen Pfeil abschießen können. Heißt, die vielleicht 20-40 Pfeile, die er so als Mundvorrat im Köcher mit sich führt, sind nach gerade mal 3-5 Minuten restlos verbraucht. In einer Zwei-Stunden-Feldschlacht würde ein Bogenschütze 720 Pfeile benötigen, um bis zum Ende wirklich effektiv sein zu können. Für 1000 Bogenschützen wäre das die sagenhafte Menge von 720.000 Pfeilen, für die 6.000 Schützen des alten Eduard 4.320.000. Pro Schlacht. Bei einer mehrmonatigen Belagerung (auch wenns da zu 90% ruhige Phasen gibt, in denen nicht oder kaum geschossen wird) wäre der Bedarf viele zig Millionen Pfeile, wenn man den großen Vorteil des Bogens, die potenziell schnelle Schussfolge, wirklich ausreizen will. Für jede Schlacht müssten also riesige Fässer Pfeile angekarrt und ständig unter die Schützen verteilt werden. Wie soll das logistisch gehen? Es geht aber noch weiter: Sagen wir, so ein Pfeil, arbeitsteilig gefertigt, braucht insgesamt, vom Pfeilspitzenschmieden bis zum Befiedern, eine Arbeitsstunde (glaube kaum, dass man unter dem ein vernünftig fliegendes, leidlich genormtes Gebilde herstellen kann). Soweit ich weiß, waren die auch ziemlich sorgfältig gefertigt, davon hing ja viel ab. Dann bedeutet das allerdings, dass pro Schlacht/Belagerung mehrere Millionen Arbeitsstunden (zig Millionen für einen längeren Kriegszug) allein in die Pfeilefertigung gehen. In Dinger, die man einfach wegschießt und die sich nur in Ausnahmefällen recyceln lassen. Und da frag ich mich wirklich: Wie konnte das eine mittelalterliche Gesellschaft (neben allem, was sie sonst so machte) eigentlich leisten? Oder hab ich irgendwo einen Denkfehler?