Schreibmaterial eines Fernhändlers (um 1180 in Münster) ?

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Pit der Schreiber

Well-known member
Registriert
31. Jan. 2010
Beiträge
1.437
Reaktionspunkte
325
Ort
48147 Münster
Hallo, ich habe ein "dumme" Frage und hoffe,dass mir hier jemand helfen kann. Ich arbeite ja an meiner Darstellung eines Fernhandelkaufmanns aus Münster,Zeitraum zwischen 1170/80 und 1200. Nun habe ich eine Frage. Für kleinere Notizen waren Wachstafeln usus,klar. (Und da ich keinen kleinen Krämer sondern einen Fernhändler darstelle,der Handel bis nach Flandern und Friesland führte,gehe ich davon aus,dass er lesen und schreiben konnte.) Aber was nutzte er wenn er Infos hatte,die längerfristig erreichbar sein musste oder umfangreicher waren,z.B. Warenbestände,Infos über seine Kunden oder Wiederverkäufer usw.)? Liebe Grüsse und auf Hilfe/Infos hoffend, euer Pit
 
Hallo Pit, vorbereitete Federkiele mitzunehmen war - neben den Wachstafeln - sicher kein Problem (im Spätmittelalter gab es dafür extra Behälter). Tinte musste nicht transportiert werden, da man für unterwegs sogenannte "Nottinte" mit Ruß anrühren konnte. Tintenfläschchen für die Reise sind mir für Deine Zeit nicht bekannt. Bleibt die Frage, worauf geschrieben wurde. Pergament war gebräuchlich, aber für "Notizen" eher zu teuer, geschöpftes Papier kam im Laufe des 12. Jahrhunderts auf. Vielleicht sogar in einem kleinen Buch gebunden, dass eingesteckt werden konnte. Für wichtige Notizen wie Kundendaten eine Möglichkeit, wenn man keine "Loseblattsammlung" haben wollte. Warenbestände, die sich ständig änderten, stelle ich mir da eher noch auf Wachstafeln vor. Das sind meine Überlegungen dazu bzw. Wissen aus Sekundärliteratur. Viele Grüße, Ewaldt
 
Hallo Pit Aus Genua sind Handelsbücher aus Papier bekannt von 1183 (s. Ausstellungskatalog Staufer-Ausstellung Mannheim). Ein Kaufmann könnte auch ein kleines Tisch-Skriptorium dabeigehabt haben. Aber das muss nicht sein, denn die überlieferten Verträge und Sozietäten sind meistens in Kapitelhäusern, also Handelshäusern, ausgestellt worden. Das heisst man traf sich in der Stadt in den Kapitelhäusern mit anderen Kaufleuten und handelte da, dort dürfte es dann auch Notare und das dazugehörige Material gehabt haben. Auf der Reise schätze ich wurde mit Wachstafeln operiert. Lieber Gruss Daniel
 
Aus Genua sind Handelsbücher aus Papier bekannt von 1183 (s. Ausstellungskatalog Staufer-Ausstellung Mannheim).
Ewald und Daniel,ich danke euch für die Antworten. @Daniel Daran dachte ich auch schon. In Greven habe ich beim Mittelaltermarkt der "Zaunreiter" einen Stand gesehen,an dem es kleine (Formatca. DIN A 5) handgebundene Bücher gab mit Blancoseiten. Ich kann mir vorstellen,dass ein bessergestellter,also "betuchterer" Fernhändler wie ich ihn darstellen möchte,schon so ein Buch dabeihatte in dem die Infos standen,die er bei der Hand haben musste,die aber konstant blieben. Bei Warenbeständen usw. wird er eher auf eine Wachstafel oder ein Diptychon oder Triptichon aus Tafeln zurückgegriffen haben.
 
, geschöpftes Papier kam im Laufe des 12. Jahrhunderts auf. Vielleicht sogar in einem kleinen Buch gebunden, dass eingesteckt werden konnte. Für wichtige Notizen wie Kundendaten eine Möglichkeit, wenn man keine "Loseblattsammlung" haben wollte.
Das denke ich auch,zumindest für dauerhafte Daten wie Adressen von Kunden usw. Ich kann mir ein kleines Büchlein im A5-Format oder ein wenig kleiner vorstellen,dass ich als Fernhändler in einer Tasche (Pilgertasche z.B.) mitnehmen könnte,dazu einen Federkiel.
 
Nur Vorsicht bei den Büchern, die es so auf den Märkten zu kaufen gibt. Bei dem Papier sind die Oberflächen meistens nicht geglättet (im Mittelalter benutzte man dafür Achat). Das hat zur Folge, dass das Papier die Tinte aufsaugt wie Löschpapier. Daher sind sie in der Regel nicht für das Beschreiben mit Federn geeignet. Es sollte schon gutes Büttenpapier sein. Im Zweifelsfall mal selbst eines binden oder binden lassen, so kannst Du die Qualität des Papiers bestimmen.
 
Hallo @Pit der Schreiber Du gehst ja hier vom vorhandensein eines Hauptbuches oder etwas ähnlichem bei einem Fernhändler dieser Zeit aus. Hast du bei deiner Recherche schonmal Hintergründe über die Arbeitsweise dieser Kaufleute zusammengetragen? Zum Papier Wenn ich das bei Tante Wiki richtig einordne kann man den Beginn der Papierherstellung für deinen Zeitraum in Südeuropa nachweisen. Für Norddeutschland müsste es demnach ein Importartikel sein.
 
Definitiv Papier. Erst recht bei einem Fernhandelskaufmann, der mit Sicherheit seine meisten Handelsbeziehungen in Südeuropa hatte und somit am Puls der damals bekannten globalen Welt war. "Cotton may also have played a role in early paper manufacture. ... In southern Europe from the eleventh century on, paper was gradually substituted for parchment in public and private acts. The first paper mills in Spain are recorded at Xatavia (present day San Felipe in the province of Valencia) in the late eleventh century. In almost the same period, paper is mentioned in Sicily in terms which imply a local product." Mazzaoui, The Italian cotton industry in the later middle ages 1100 - 1600, Cambridge University Press, 1981, S. 103 Der Import von Papier aus China, Samarkand, Chorasan über die Handelswege im Nahen und Fernen Osten dürfte bekannt sein. Natürlich gibt es in der Fachwelt Diskussionen über Beschaffenheit von Papier in jener Zeit, oder ob es nicht aus Maulbeerfasern anstatt Baumwolle hergestellt wurde und wie es benannt wurde usw. Allerdings ist schon in zeitgenössischen Quellen die Rede davon daß die Qualität nicht sonderlich war, weswegen am Pergament für Dokumente, Verträge usw. festgehalten wurde. Außerdem konnte mit Pegament die Nachfrage nach einem dauerhaften Schreibuntergrund nicht gedeckt werden, denn Australiens Schafzucht kam ein bißchen später... :) Nicht außer Acht lassen für einen Fernhandelskaufmann würde ich den Aspekt der Transportierbarkeit. Pergamentrollen im Regal eines Archivs zu lagern ist etwas anderes als sie quer - besser längs - durch Europa zu schleppen.
 
Allerdings ist schon in zeitgenössischen Quellen die Rede davon daß die Qualität nicht sonderlich war, weswegen am Pergament für Dokumente, Verträge usw. festgehalten wurde. Außerdem konnte mit Pegament die Nachfrage nach einem dauerhaften Schreibuntergrund nicht gedeckt werden, denn Australiens Schafzucht kam ein bißchen später... Nicht außer Acht lassen für einen Fernhandelskaufmann würde ich den Aspekt der Transportierbarkeit.
Danke für eure Tips. :) Persönlich bin ich nach den bisherigen Recherchen der Meinung,dass ein Münsteraner Fernhändler des ausgehenden 12.,frühen 13.Jahrhunderts durchaus zumindest ein Buch gehabt haben konnte,indem er wichtige dauerhafte (!) Infos festhielt. Von Münster aus gab es damals nachweislich Handelskontakte nach Flandern und Friesland. Flandern war wiederum schon durch den Handel Norditaliens beeinflusst. Ausserdem,da bin ich auch eurer Meinung,lässt sich ein kleines Buch besser transportieren als Pergamentrollen. Ich habe mich schon auf Mittelaltermärkten umgeschaut. In Greven auf dem Markt der Zaunreiter habe ich vor Kurzem ein Buch gefunden-- handgebunden,Büttenpapier handgeschöpft,Preis durchaus zivil. :) :thumbup: Und ich hatte keine Zeit mehr es zu erstehen weil ich zum Zug musste...! :cursing:
 
Für Norddeutschland müsste es demnach ein Importartikel sein.
Ein Importartikel wäre das Papier sicherlich und damit auch das Buch ein -- Luxusartikel -- ,aber warum sollte ein Fernhändler,der ja auch ein gutes Stück weit nach Aussen etwas darstellen und seine Bedeutung unterstreichen wollte,nicht sich diesen Luxus leisten,wenn er es finanziell konnte?
 
Ein Importartikel wäre das Papier sicherlich und damit auch das Buch ein -- Luxusartikel --
Das unterschreibe ich so nicht. Wir reden hier von einem Buch mit Papierseiten zum reinschreiben. Nicht von einem Pergamentfolianten mit handschriftlich kopierten Bibeltexten und Miniaturen usw. vom altehrwürdigen Zellenthaler Jesseesmariaunjosef-Kloster...
 
Korrekt. Papier war ein minderwertiger Beschreibstoff und kein Luxusartikel, auch im 12. Jh. Das sieht man gut an den Kaufmannsbüchern.
 
Papier war ein minderwertiger Beschreibstoff und kein Luxusartikel, auch im 12. Jh.
Danke für eure Infos,Wilfried und Daniel. Ich war zwischenzeitlich nicht mehr hier,habe aber genau diese Infos auch rausgefunden. Demnach wäre ein kleines - transportables - Buch für mich als Fernhändler des ausgehenden 12./frühen 13.Jahrhunderts denkbar.
 
Ich habe keine Ahnung davon..... Aber der Herr hier: http://www.zaehringerloewe.de/der-scriptor/ Ich kenne ihn von verschiedenen Veranstaltungen und wir waren schon zusammen bei Vorführungen usw. Er hat mir damals mal erklärt, wie die Tinte gemischt wurde, wie die transportiert wurde, wie man die Federn richtig schneidet usw. Er hat auf jeden Fall Ahnung von dem Thema. Vielleicht kann er dir helfen....
 
Ich habe keine Ahnung davon..... Aber der Herr hier: zaehringerloewe.de/der-scriptor/
Danke für den Tip,ich habe ihn direkt abgespeichert. In einem "tollen" Buch zum Thema Kleidung und Mode im Mittelalter habe ich übrigens gelesen,dass die Menschen im Mittelalter keinen Sinn für Ordnung und Lagerhaltung hatten und dass nichts aufgeschrieben wurde. Titel und Autorin nenne ich hier nicht (habe ich schon in einem anderen Thread gemacht),sonst rege ich mich nur unnötig auf.
 
Hallo chefe, was sagst Du zu dieser Information? "Wenn jemand schreiben konnte,hatte er auch nur wenige Möglichkeiten,seine Gedanken oder Ideen festzuhalten,denn es gab kaum Papier." Ich könnte angesicht solch geballten Unsinns :groehl :cursing:
 

Neueste Beiträge

Oben