Schon römische Schuppenpanzer kranken ja mitunter an der Belastbarkeit bei stichen in einem steilen winkel nach oben.
Das ist eine Schwäche, die dem Schuppenpanzer inhärent ist, die kriegst Du nicht weg. Dazu müsste man die Schuppen auch mittig am Trägermaterial fixieren und dann geht die vertikale Beweglichkeit flöten, die einer der Vorteile des Dings ist. Da könnte man dann gleich Platten nehmen. Abgesehen davon sind die römischen Schuppenpanzer eine recht zweiflehafte Referenz. Wenn man sich Originale von römischen Schuppen ansieht, dann erkennt man erstaunt, dass diese zumeist nicht nur sehr klein sind (etwa daumennagelgroß), sondern auch dermaßen dünn, dass man sie zwischen Daumen und Zeigefinger biegen kann. Das lösst den Schluss (Obacht: Vermutung) zu, dass römische Schuppenpanzer häufig weniger zu Schutzzwecken konzipiert gewesen sein könnten als eher zu repräsentativen Zwecken. Dazu passt auch, dass nicht Frontkrieger diese Rüstungen getragen haben, sondern wichtige Einzelsoldaten, wie Cornicheren oder Aquiliferen, die aus der Truppe optisch herausstachen und auch herausstechen sollten. Die Schutzfunktion war bei diesen Soldaten eher nebensächlich, nach dem Motto: Wenn der mal seine Rüstung braucht, haben vor ihm schon dutzende andere versagt. Dann reißt's der auch nicht mehr. Dagegen war es für die Truppe wichtig, ihn sofort, auch auf Entfernung, zu erkennen. Bezüglich Schuppenpanzern mit tatsächlicher Schutzwirkung aus dieser Zeit wären sarmatische Funde nicht schlecht, aber die kranken an einem kleinen, unwesentlichen Detail: Nix mehr da. Nur Bilder aus römischen Werken, wie etwa der Trajansäule in Rom, aber so wie die Dinger darauf gemalt sind, würden sie auf keinen Fall funktionieren. Also als Vorlage vollkommen untauglich. Ich habe aus dem HoMi auch keine verlässlichen Detailquellen zu Schuppenanzern, ich wäre froh, wenn ich die für meine eigene Zeit hätte. Aber ich sehe konzeptionell auch Probleme bei dem oben gezeigten Panzer. Nach meinen Erfahrungen passiert bei Pfeilbeschuss häufig folgendes: Der Pfeil trifft eine Schuppe, gleitet seitlich ab, bleibt an der Kante der nächsten Schuppe hängen, drückt die Schuppen auseinander und schlägt durch die Lücke. Wohlgemerkt, er muss die Lücke gar nicht mal dirket treffen, er rutscht auch gerne mal rein. Lässt man die Schuppen seitlich überlappen, und zwar im Idealfall so, dass sie von der Mitte des Körpers zur Seite hin überlappen, unterbindet man dieses Tendenz zum Durchrutschen. Allerdings wird der Panzer dadurch seitlich unbeweglicher, was beim Torso vernachlässigbar ist, an anderen Stellen (Schulterpartie) womöglich aber eher Probleme bereitet. Aber wenigstens den Torso kann man ohne Probleme überlappen. Auch hier: Ich habe keine Belege für die überlappte Bauweise, aber
dieses Argument ("zeig mir doch mal einen Beleg für Deine Theorie!") kann ich im Zweifelsfalle leicht zurückgeben: Zeig Du mir doch mal einen Beleg für die Deine...
Fakt ist, dass wir da quellentechnisch alle schwimmen und in solchen Fällen schlägt die Stunde der Vernunft. Versuch macht kluch und ich habe es probiert. Man baue einen Panzer, nehme diverse Waffen (u.a. einen 80 Pfünder mit Bodkinspitzen, was für meine Rüstung zeitlich gesehen absolut oversized wäre) und proiere es aus. Die Schuppen selbst wurden - auf realistische Entfernungen - seltenst durchschlagen, das wahre Problem habe ich oben beschrieben. Nach Änderung (Überlappung) schlupften keine Pfeile mehr durch. Bei einem Treffer auf die Schuppe riss nahezu sicher das Nahtmaterial (Sehne) und die Schuppe flog entweder davon oder hing hernach auf Halbmast. Aber: sie hatte ihren Zweck erfüllt,
dieser Schuss war abgewehrt.
kleinere Schuppen, dichter gesetzt, [...]
Dass kleinere Schuppen besser schützen ist so nicht zwingend. Nicht die Größe, die Dicke macht's. Ich sehe eher, dass die Probleme überwiegen. Erstens macht ein Teil aus kleinen Schuppen mehr Arbeit. Zweitens müssten auch diese kleinen Schuppen überlappen, was bei einer ausreichenden Dicke (der einzige karolingische Originalfund, der mir bekannt ist, ist aus Bronze und 1,3 mm dick) zum Einen ein ziemliches Gefrickel werden und zum Anderen beim Tragen wohl ständig haken würde. Drittens würde auch die vertikale Überlappung bei kleineren Schuppen entsprechend größere Sorgen machen. Viertens würde, da die Zahl der Überlappungen und damit auch ihre Fläche zunimmt, also die Fläche, auf der die Schuppen doppelt liegen, das Gewicht signifikant steigen. Große Schuppen sparen massiv Gewicht.