Liebe Leute!
Hier in diesem Thread wurden einige Sachen behauptet, die so nicht ganz richtig sind. Ist zwar schon etwas länger her, aber für die Nachwelt:
Ad Schneide auf Schneide:
Die Behauptung, daß beim Schwertkampf nie Schneide auf Schneide treffen sollte, ist so nicht ganz richtig. Möglicherweise wurde hier vom japanischen Schwertkampf auf den mitteleurpäischen geschlossen. Im japanischen Schwertkampf ist es m.W. tatsächlich so, daß man üblicherweise mit dem Schwertrücken pariert. Da dieser weich ist, sind die Spuren davon auf historischen Waffen auch zu sehen.
Beim mitteleuropäischen ist das aber anders. (Im Gegensatz zu den japanischen Schwertern sind die europäischen Schwerter auch zweischneidig.) Hier wird tatsächlich mit der Schneide pariert. Und ja, das gibt Scharten.
In den HEMA-Vereinen, die sich mit der Rekonstruktion des mitteleuropäischen Schwertkampfes aus den alten Fechtschulen beschäftigen, wird bspw. tatsächlich gelehrt, daß man einen Ober- oder einen Zwerchhau (aber nicht nur die) aus der Hut vom Tag mit der langen Schneide versetzt. (Versetzen = Parieren - dieser Begriff wird üblicherweise in den historischen Fechtschulen aus dem 15. und 16. Jhdt verwendet, wie z.B. im Peter von Danzig oder im Joachim Meyer.)
In den Vereinen wird sogar gelehrt, daß sich die beim Training und bei Turnieren verwendeten Fechtfedern hier anders verhalten, da sie eine breitere Schlagkante besitzen. Scharfe Schwerter können beim Versetzen "verhaken" - es gibt einige fortgeschrittene Fechter, die aus diesem Grund ein langsames, sehr kontrolliertes Sparring auch mit scharfen Waffen durchführen, um mit diesem Umstand umgehen zu lernen. (Bitte nicht nachmachen! Dafür muß man die Klinge schon sehr gut kontrollieren können!)
Eine Ausnahme wurde auch hier im Forum schon genannt: Wenn ich die gegnerische Klinge an der eigenen entlanggleiten lassen will (im Band), dann werde ich mit der flachen Seite parieren. (In dem Fall kann man das Schwert aber auch drehen.)
Ad Öl:
Ballistol wurde um 1900 herum als Waffenöl entwickelt. Der Name ist ein Kofferwort, das für "ballistisches Öl" steht. Das Öl ist im Wesentlichen ein medizinisches Weißöl, das auch Ammoniumoleat enthält. Es wurde zu der Zeit damals zwar für Schußwaffen entwickelt, aber würde es Stahl angreifen, wie hier behauptet wurde, dann wäre es dafür untauglich gewesen. Das heißt, dieses Öl ist in Wirklichkeit auch für die Pflege von Schwertern hervorragend geeignet und wird daher auch in vielen HEMA-Vereinen dafür empfohlen. Das liegt u.a. auch daran, daß medizinische Weißöle bei Hautkontakt völlig unbedenklich sind. Man könnte Ballistol sogar zu sich nehmen. Wo man tatsächlich etwas aufpassen muß, ist bei Kupfer und Legierungen die Kupfer enthalten, weil diese Metalle und Legierungen vom Ammoniumoleat tatsächlich angelöst werden. Das ist aber nur dann für Schwerter ein Problem, wenn diese Teile aus diesen Materialien haben. (Bspw. Parierstange oder Knauf.) Diese Teile können sich dann grün verfärben, wenn man das Öl längere Zeit auf ihnen beläßt. Der Hintergrund ist hier, daß auch Projektile diese Materialien enthalten, und das Öl daher Projektilrückstände aus dem Lauf einer Schußwaffe entfernen kann.
Ad Schwerttypen:
Die Begriffe wie Einhandschwert, Zweihänder, Eineinhalbhänder sind historisch nicht belegt. Die stammen eigentlich aus dem 19. Jhdt, wo man versucht hat, die Schwerter von der Antike bis zur Renaissance zu klassifizieren. In den Fechtbüchern aus dieser Zeit wird die Waffe eigentlich nur als Schwert bezeichnet. Was es dagegen gibt, ist der Begriff "langes Schwert" oder "kurzes" oder "halbes Schwert" - das sind aber eigentlich verschiedene Kampfstile (wobei man beim langen Schwert auch die Waffe an sich so bezeichnet). In der damaligen Zeit war man eher pragmatisch - am wichtigsten war die Technik, die Schwerter hat man dann so gefertigt, daß sie am besten zur Technik bzw. dem Fechter gepaßt haben. Das lange Schwert ist die Technik, die man im Spätmittelalter beim sogenannten Bloßfechten, also beim Fechten ohne Rüstung, verwendet hat. Das lange Schwert wird auch (im Gegensatz zu dem, was man in Computer- oder Live-Rollenspielen behauptet) ausschließlich mit beiden Händen geführt - für das kurze oder halbe Schwert gilt das aber ebenso! Auch die Waffe ist bei letzterem dieselbe! Das ist nur eine Technik, die man im gerüsteten Kampf verwendet.
Die Spatha (und nicht "Sparta" bitte!) war 75 bis 110cm lang, und die kannten bereits die alten Römer (die auch den Gladius verwendet haben, wobei die Schriften hier tw. gar nicht unterschieden haben). Der Typ ist also schon viel älter.
Zweihändig geführte Schwerter sind weitgehend im Spätmittelalter aufgekommen, und zwar deswegen, weil man hier auch die Plattenrüstung entwickelt hat, die einen viel besseren Schutz bot als bspw. Kettenhemden. Aus diesem Grund konnte man bei Plattenrüstungen auf den Schild verzichten und damit wurde die zweite Hand frei, um das Schwert beidhändig zu führen. Daher wurden auch die Schwerter länger. (Das lange Schwert hat zwischen 120 und 140cm Gesamtlänge.)
Der hier auch erwähnte Bidenhänder kam übrigens erst viel später, nämlich in der Renaissance auf, und ist mitnichten bis zu 230cm lang. Übliche Gesamtlängen waren ca. 170 bis 180cm - man schaue sich dazu die Repliken an, die bspw. Schmiede wie Peter Regenyei fertigen. (Ein Vereinskollege hatte letztens im Training so eines mit. Gesamtlänge ca. 180cm, Gewicht 3,8kg. Wobei das stumpf ist - scharfe Schwerter sind üblicherweise leichter, weil sie weniger Material an der Klinge haben, und daher - wegen der Balance - auch der Knauf leichter sein kann.) Diese Längen hatten aber nur die deutschen Schlachtschwerter, in Italien und Spanien gab es kürzere und leichtere Varianten (das italienische Spadone a due mani und das spanische Montante). Diese waren ca. schulter- und nicht mannshoch und auch leichter.
Diese Schwerter wurden üblicherweise dazu verwendet, größere Bereiche freizuhalten. Eingesetzt wurden sie von Spezialisten, den Doppelsöldnern, oder aber auch von den damaligen "Body Guards". Die sind gut, damit man sich gleichzeitig gegen mehrere Gegner wehren kann. Ein Schlachtschwertkämpfer trug zu der damaligen Zeit auch eine Sekundärwaffe, den sogenannten Katzbalger.
Wenn man sich die dabei verwendeten Techniken anschaut (im Netz gibt es mittlerweile zahlreiche Videos dazu, schaut mal auf youtube), dann sieht man auch deutlich, warum das Schwert sicher kaum länger als mannshoch war: Weil man dann diese Techniken schlicht nicht ausführen kann!