Dann werde ich wohl auch die leidige Pflicht auf mich nehmen müssen, die Sache aus Sicht eines zahlenden Besuchers oder "Touri vulgaris" zu schildern. Wahrscheinlich klinge ich viel bitterer und harscher, als ich es eigentlich empfinde. Aber ich habe die Märkte im Moment tatsächlich ziemlich über und nehme die Gelegenheit wahr, hier den Advocatus Diaboli zu spielen. :wiki1 *Mal kurz die Finger entkrampfen* Vorab: ich weiß dank eifrigen Mitlesens hier natürlich sehr viel mehr als der normale Marktbesucher. Ich weiß, daß die Lagernden keine arbeitsvertraglich Angestellten des Veranstalters sind, die für ihre Arbeit bezahlt werden, sondern daß sie im Lager ihre sauer verdiente Freizeit verbringen. Ich weiß, daß Zelte, Waffen und sonstige ausgestellte Gegenstände Privateigentum der Lagergruppen sind, und ich weiß, daß der übliche Anspruch des Veranstalters (jedenfalls bei den Märkten, die ich bisher gesehen habe) an die Darsteller sich darauf beschränkt, daß die Gruppen in ihren mehr oder minder historischen Outfits das Wochenende über anwesend sind und eine ambientige Hintergrundkulisse bilden. Der normale Marktbesucher weiß das nicht. Für mich als zahlender Gast und Kunde gestaltet sich die Sache sehr einfach: Ich habe Geld für den Eintritt ausgegeben und erwarte dafür eine Gegenleistung in Form von Unterhaltung. Auf welchem Niveau diese Unterhaltung stattfindet (wie "A", z.B.), ist dabei zunächst mal völlig zweitrangig. In erster Linie will ich mich einfach nicht langweilen müssen. Dabei ist mir - Pardon - sch...egal, welche alten Kumpel irgendjemand von den Darstellern wieder trifft oder ob es für die Lagernden Möglichkeiten zum Einkaufen gibt, oder ganz grundsätzlich, ob sich die Darsteller gut amüsieren oder nicht. Ich will mich amüsieren. Aus Sicht des Kunden habe ich, sobald ich Geld hingelegt habe, einen glasklaren Anspruch an den Veranstalter - in dessen Auftrag die Lagergruppen agieren; insofern habe ich natürlich auch einen Anspruch an die Lagergruppen. Was, denke ich, auch schon erklärt, weshalb anscheinend so oft Besucher ohne Unrechtsbewußtsein in die Zelte laufen. Und wenn ich nun doch kurz auf die beiden Märkte eingehen darf, die ich heuer besucht habe, nämlich München und Erding: In beiden Fällen waren die Lager als Attraktion des Marktes eigentlich ein Totalausfall, mal ganz krass gesagt. Abgezäunt, weit weg von den Besuchern, und soweit sich auf die Entfernung erkennen ließ, Zelte und Einrichtung gleichermaßen eintönig... Mittelalter von der Stange. Da war also schon mal nichts, was man einfach nur - ohne Erklärung - wegen besonderer Schönheit oder Ungewöhnlichkeit hätte bewundern können. Es gab aber auch kaum Interaktion mit den Gästen, weder direkt durch Vorführungen, Gespräche oder Mitmach-Aktionen, noch indirekt durch z.B. Schautafeln oder Infoblätter. Viele Gruppen haben ein irrsinniges Hintergrundwissen, ihren Homepages nach zu schließen, und in ihrem Spezialgebiet durchaus sorgfältig recherchiert. Was spricht denn dagegen, eine kleine Broschüre zu verfassen (von mir aus handschriftlich mit Eisengallustinte auf Pergament, wenn's unbedingt ins Ambiente passen soll), und die eigene Gruppe darin vorzustellen, damit der Besucher auch weiß, was er da eigentlich gerade sieht und inwiefern sich die seltsam gekleideten Menschen in der einen Zeltgruppe von den seltsam gekleideten Menschen in der benachbarten Zeltgruppe unterscheiden? Die angeheuerten (und im Gegensatz zu den Lagergruppen wohl üblicherweise auch entlohnten) Musiker und Unterhaltungskünstler sind ein anderer Punkt. Hier ist einfach die Bandbreite ziemlich groß zwischen ganz gut und grottenschlecht. Viele sind einfach Amateure, und man merkt es ihnen an. Ich denke, daß das Niveau auf wirklichen Konzert- oder Kleinkunstfestivals doch um einiges höher ist - und mit denen müssen sich die Mittelaltermärkte wohl oder übel vergleichen lassen, wenn sie in deren Revier wildern. Was die Marktstände angeht, weiß ich nicht, wie man an dem üblichen Touri-Klimbim vorbeikommen soll. Handgeschnitzte Holzlöffel kann ich nun einmal für nichts gebrauchen, egal, wie schön sie sind. Auf der anderen Seite ist das ganze Kitsch- und Esoterik-Zeugs ja sonst auch an jeder Ecke zu kaufen und trägt zu einem besonderen "Mittelalter"-Ambiente nun wirklich überhaupt nichts bei. Also wird es letztlich immer darauf raus laufen, daß die einzigen Stände, die wirklich gut verdienen, die Imbißbuden und Bierzelte sind. Was mich von Veranstalterseite besonders stört: der Markt wirkt häufig lieblos organisiert. Es gibt außerhalb des "Sauf- und Freßbereichs" normalerweise kaum Sitzgelegenheiten. Auch für Sonnen- und Regenschutz wird meist nicht gesorgt, und Dekoration ist ebenfalls Mangelware; da verläßt man sich offenbar voll auf die Lager. Und ja, ich weiß, daß Biertischgarnituren sicher billig und in großer Zahl zu haben sind. Aber "ambientig" sind sie ebensowenig wie Sonnenschirme mit Werbeaufdruck der örtlichen Großbrauerei *hüstel*. In Summe: Ich bin ja nicht ganz sicher, wofür genau ich am Eingang die fünf Euro Eintritt zu entrichten habe, nur um aufs Gelände zu kommen. Aber wenn es dafür ist, daß ich dort etwas zu Schauen kriege, dann sollte auch dafür gesorgt sein, daß es etwas zu Schauen gibt, und daß ich mich in Ruhe hinsetzen und die Sache genießen kann. Meine zwei Cents. Petra (die sich, wenn sie ehrlich ist, aber trotzdem auch auf Märkten amüsieren kann)