So, es ist WE und jetzt habe ich auch ein wenig mehr Zeit mich der Eingangsfrage zu widmen.
Gefragt wurde nach Trinkgefäßen der Zeit um
1250, und wir haben schon richtigerweise festgestellt, daß
Edelmetalle und
Zinn eher unwahrscheinlich,
Keramik oder sogar
Glas eher wahrscheinlich waren, bzw. mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sogar
Holz (gedrechselt oder in Daubenbauweise). Ich habe mir mal die Mühe gemacht den kompletten Fundbestand einer kleinen Burganlage, die im Rahmen der Schlacht von Worringen im Jahre
1288 komplett zerstört wurde, durchgearbeitet. Diese Anlage ist so zügig dem Erdboden gleich gemacht worden, daß selbst Münzen und Schmuckstücke in größerer Menge im Fundgut auftauchen, also damit die Funde auch durchaus als repräsentativ und realistisch für die Zeit des
13.Jhd. gelten können. Dieses Fundspektrum scheint daher von einer Plünderung der Burg vor ihrer Zerstörung weitgehend unbeinflußt zu sein. Das Resümee : Im gesamten Fundbestand ist der zahlenmäßig höchste Fundanteil im Bereich der Keramik zu finden, und hier alle Spektren der damaligen Siegburger Gebrauchskeramik, vom Becher bis zur Bratenschale oder Ofenkachel. Bronze ist fast nur in Form von Schmuck oder Beschlägen zu finden, Edelmetalle nur in Form von Münzen und die wenigen Glasscherben weisen auf Glasfläschchen hin, aber nicht auf Becher o.ä.. Holzreste sind aufgrund ihres natürlichen Zerfalls nicht nachzuweisen. Fazit: die Wahrscheinlichkeit, daß ein Durchschnittsadeliger der Zeit um 1250 Keramik- oder Holzgefäße benutzt hatte ist als sehr hoch anzusehen. Warum aber hat es in der Antike, also vor der Völkerwanderungszeit Trinkgefäße selbst aus Edelmetall, oder kostbarem Glas gegeben ( siehe z.B. das berühmte Diatretglas von Köln-Braunsfeld) und im MA nicht mehr ? Die Antwort ist simpel: Vorraussetzung waren in der römischen Antike:
- die antike Stadtkultur
- die manufakturartige und leistungsfähige Produktionsweise
- der ausgedehnte und ungestörte Fernhandel
- der gesamte Mittelmeerraum war eih abgeschlossenes Wirtschaftsgebiet
- ein breiter Abnehmerkreis mit einer reichen Oberschicht und auch einer großen Bürgerschicht
- ein funktionstüchtiges und etabliertes Wirtschaftssystem
Dies alles brach mit der Völkerwanderungszeit mehr oder weniger schnell zusammen, und verschwand im Dunkel der Geschichte, sodaß im beginnenden MA bis zum Hoch-MA neue Strukturen entstanden, die mit der Antike nichts mehr gemeinsam hatten. Ich möchte hier einmal aus dem Dexel, einem Standard werk für Gebrauchsgerätetypen, zitieren:
"...Die Stadt des späteren Mittelalters entwickelt sich dann aus ganz neuen Vorausetzungen, die von denen für die antike Stadt verschieden waren. Von einer leistungsfähigen oder gar manufakturartigen Produktionsweise kann nicht mehr gesprochen werden, das Handwerk, das es natürlich noch gegeben hat,die Töpfer, Weber, Holz- und Metallverarbeiter arbeiten nun in einer agrarischen Wirtschaft mit wesentlich geringeren Ansprüchen und sicher in der Mehrzahl der Fälle in Abhängigkeit von einer herrschenden adligen Oberschicht, nur noch die Kirche stellt ihnen höhere und anspruchsvollere Aufgaben, aber diese betrafen nicht das Gebrauchsgerät des Alltags. Je weiter die Entwicklung in dieser Phase fortschreitet, desto weniger anspruchsvoll wird allem Anschein nach selbst die herrschende Oberschicht. ...Von ausgedehntem, vor allem ungestörten Handel, gar von nennenswert gelenktem Fernhandel kann nicht mehr gesprochen werden.Der Wirtschaftsraum schrumpft auf das Gebiet des Karolingischen Reiches zusammen; Italien nimmt eine Sonderstellung ein, die es bis ins späte Mittelalter behält, hier zeigen sich die Ansätze zu einer Neu- und Weiterentwicklungdenn auch früher und in anderer Form...."
Ich denke damit sollten sich die Fragen beantworten lassen, und weitere mögliche Mißverständnisse ausgeräumt sein. Zitat aus:
Dexel, Thomas Gebrauchsgerättypen.Das Gebrauchsgerät Mitteleuropas von der römischen Zeit bis ins 19. Jahrhundert. Band I (Holz und Ton) und II (Metall, Metallgerät) in einemBand , Klinkhardt und Biermann, Braunschweig 1980, Ss. 35/36