Was das Feindbild angeht, schrieb @Panzerreiter, dass Juden und Schwule hierzulande kein Feindbild mehr wären.
Das schrieb er nicht. Er schrieb, dass der Staat selbst aus populistischen Gründen - oder, wegen des demokratischen Grundprinzips, besser: populistischer Nützlichkeit - Feindbilder schafft bzw an der Entstehung von Feindbildern in der Gesellschaft munter mitzündelt. Das nennt sich dann euphemisitisch: "die Bevölkerung sensibilisieren". Wunderbar seit etwa 15 Jahren in Bezug auf Pädophile zu beobachten. Als "offizielles", staatlich gepflegtes Feindbild nun, so schrieb der Panzerreiter, seien Schwule, Juden und Zigeuner inzwischen nicht mehr verwendbar, weshalb der Staat, sich des gesellschaftlichen Bedürfnisses nach Feindbildern nur allzu gut bewusst, auf andere Randgruppen ausweicht. Und dieses Vorgehen hält der Panzerreiter schlicht für verbrecherisch, weil es eigentlich den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Nur wird der Staat leider nicht sich selbst richten. Damit aber dieses, wenn man schon die Strafwürdigkeit des Vorgehens leider nicht durchsetzen kann, zumindest moralisch zweifelhafte Verhalten des Staates nicht auffällt, kommt quasi als propagandistische Ablenkung dem um so spektakuläreren Kampf gegen Symbole, Schlagwörter und, diesen Begriff gibt es in der Rechtswissenschaft tatsächlich, "abstrakte Bedrohungsszenarien" eine bedeutende Rolle zu. Immer wenn eine solche Bedrohungstheorie sich als haltlos herausstellt (Computerspieler, Rollenspieler...) wird flugs nach den gleichen (eigentlich widerlegten!) Argumenten eine neue Bedrohungsquelle generiert. Der Staat leidet hier mehr oder weniger am Helfer-Syndrom, indem er selbst Bedrohungen künstlich und mutwillig erzeugt oder auch nur definiert, um sie dann selbstgefällig und medienwirksam bekämpfen zu können. Gerade hier im Forum dürften etlichen Leuten die inzwischen in die grandiose Unsinnigkeit abgedrifteten Waffenrechtsverschärfungen nicht entgangen sein. Das ist auch so ein Kampf gegen selbstbeschworene Dämonen.
Nochmal @Panzerreiter:
Zitat Man hat das Hakenkreuz verboten, warum aber keine Fackelumzüge, Totenköpfe und Schäferhunde?
Mir ist klar, was du meinst, aber wollte man *alles* auslöschen, müsste man auch diverse Begriffe aus der deutschen Sprache tilgen [...]
Die Frage war rhetorisch. Solche Fragen stellt der Panzerreiter öfters, dafür hat er ein Faible... Die hinter dieser Frage versteckte Aussage ist ebengenau die Deine. Nur etwas negativer gedacht: Man kann vieles aus pragmatischen Gründen nicht verbieten, aber da man wenigstens
irgendetwas verbieten will, sucht man sich die entbehrlichsten Begriffe und Symbole, aber auch Minderheiten aus. Aus der gleichen Problematik heraus kämpft der Staat verbissen gegen den legalen Schusswaffenbesitz, erlaubt aber gleichzeitig das Autofahren, obwohl dadurch pro Jahr sechshundertmal mehr Menschen in Deutschland sterben als durch legal besessene Schusswaffen (Tote durch Polizeimaßnahmen mal rausgrechnet, denn das ist davon interessanterweise der größte Brocken). Ähnliche Verhältnisse ergeben sich, wenn man z.B. die reale Bedrohung durch Pädophile mit der durch Skifahren vergleicht oder den Konsum von Hasch mit dem von Alkohol. Habe ich schon die Anzahl Kinder erwähnt, die alljährlich beim Baden ertrinken? (2011: 22) Jedes einzelne ist eines zu viel, jawollja! Anders zu denken, ist ja wohl menschenverachtend, noch dazu, wo es hier um die Kleinsten, die Schwächsten unserer Gesellschaft geht, das ist wirklich unterste Schublade! Da muss der Gesetzgeber doch energisch gegensteuern und dieses unverantwortliche Freizeitvergnügen unterbinden! Und nebenbei offensiv gegen Stimmen vorgehen, die dieses gefährliche Tun als an sich sinnvoll propagieren. Wenn nur ein einziges Kind pro Jahr durch ein entsprechendes Verbot gerettet werden könnte, dann hätte es sich bereits gelohnt. Sorry, natürlich klingt das vollkommen bescheuert, aber genau so läuft die Argumentation. Ich habe mich sogar beim Wortlaut streng an aktuelle Argumente in anderer Sache gehalten. Ich habe hier nichts ersponnen, sondern nur eine gängige Vorgehensweise persifliert. Da werden Dinge nicht aus rationalen, vernünftigen Gründen heraus verboten, verfolgt, geächtet, sondern schlicht nach dem Parameter der gesellschaftichen Verbreitung. Mit den hier thematisierten Symbolen verhält es sich genauso. Deshalb differieren auch meine und Hermanns Ansichten. Der Staat, so meine nach langjähriger Beobachtung erlangte Überzeugung, erstellt viele Gesetze aus eigenem Nutzen, nicht aus rationaler Überlegung heraus. Er redet uns nur ein, sie wären notwendig; siehe obige Vergleiche der realen Bedrohungsverhältnisse. Wenn ich so die übliche Verteilung von Demonstranten und Gegendemonstranten bei NPD-Aufmärschen ansehe, dann bin ich überzeugt, dass diese Gesellschaft sehr wohl in der Lage ist, den Wiederaufstieg nationalsozialistischer Kräfte selbst zu verhindern, ohne vom Staat mit symbolischen Verboten dazu gezwungen zu werden. Die ersehnte Situation
In der Hoffnung, dass das Verbot dann irgendwann -in einer nicht ganz absehbaren, aber wohl fernen Zukunft- nichtmehr nötig ist.
haben wir doch schon längst. Oder wollen wir verbieten, bis auch der letzte Rechte ausgemerzt ist? Das wird aber nun mal nicht gelingen, akzeptiert's! Nebenbei:
Der Mann ist ein Verbrecher, denn er hat gemordet. Damit hat er die bürgerlichen Rechte verloren und also auch kein Recht auf politisches Gehör.
Das sind die wahren gefährlichen Meinungen. Gegen solche Meinungen geht der Staat aber nicht vor, denn die passen ihm gut in sein Konzept, die kommen ihm gelegen. Die sind nämlich interessanterweise salonfähig, wie Hermann mit Verweis auf die Kinderschänder (Und jeder Pädophile ist ja ein Kinderschänder, das wissen wir doch alle...) dankenswerterweise angemerkt hat. Man muss nur die richtige Zielgruppe bestimmen und schon bricht das Monster raus. Ganz ohne Hakenkreuze.