Ein paar Fragen zur Religionsdarstellung

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Mein Problem mit deiner Idee ist, dass du deine Religiösität nur spielst. Ich bin der Meinung, dass jemand, der den Leuten etwas über Religion, Glaube und Christentum erzählen möchte, durchaus hinter dem stehen sollte, was er erzählt.
Ich denke, da kommen wir auf ein Kernproblem der ganzen Sache: Mich würde nämlich genau das Gegenteil stören. Wenn eben nicht ganz genau unterschieden wird zwischen der - heute nicht mehr aktuellen, längst vergangenen und gewandelten - Religionsausübung und -auslegung des Mittelalters (die auch innerhalb der verschiedenen Epochen des Mittelalters sehr unterschiedliche Strömungen kannte) und den heutigen, persönlichen Glaubensüberzeugungen des Darstellers. Ums mal überspitzt zu sagen: ich kann's auch nicht ab, wenn mir von Wiki- oder Sachsendarstellern ein verquerer Hippie-Birkenstock-"Tanzen wir um die alte Eiche"-Esoterik-Mix, dem die Darsteller vielleicht persönlich anhängen, als "Religion der Germanen" verkauft wird. Für christliche Religion gilt genau dasselbe. Unsere Einstellung zu vielen Dingen hat sich gewandelt. Der heutige christliche Glaube in Deutschland ist in seiner Ausprägung nicht mehr derselbe wie der im Mittelalter. (Okay. Beim Herrn Ratzinger vielleicht schon.) Andererseits kann ich deine Vorbehalte verstehen, ibba. Gerade, wenn es um Gebete und Liturgie geht. Das sind Dinge, die man nicht achtlos behandeln darf. Wie das Lorb gesagt hat: Respekt vor der Sache ist der Schlüssel. Denn auch wenn es nicht mehr dieselbe Auslegung des Glaubens ist, ist es doch derselbe Inhalt. - Wie gesagt, ich halte profunde Kenntnisse und ein häufiges Erklären und Erläutern zusätzlich zum reinen Darstellen in diesem Fall für unverzichtbar.
 
Wie ich bereits schon geschrieben habe, die religiöse Darstellung sollte schon mit dem nötigen Respekt vollzogen werden und darf keines Falles zur Belustigung der Zuschauer erfolgen, daher sollte besser diese Art der Darstellung eher von bekennenden Christen durchgeführt werden, d.h. es muss zwar nicht immer ein echter Priester sein, aber zumindest diejenigen die es darstellen, fest in ihrem Glauben sein, dann wäre auch eine würdevolle Lithurgie möglich, die ich auch unterstützen würde. Ich nehme meine Darstellung als Lazarener sehr ernst und habe mich über diesen Orden sehr intensiv informiert. Ich selber bin auch privat dem Lazarusorden verbunden und hätte garantiert was dagegen wenn sogenannte Lotterpfaffen unsere geistliche Darstellung durch Sauferei und unkeusches Verhalten eines Mitbruders anderer Ordensgemeinschaften unsere Darstellung verunglimpfen, leider habe ich das auch schon oft auf den Veranstaltungen erlebt und als ich jenen mal versucht habe die Bedeutung der 10 Stufen der Demut näher zubringen, wurde ich entweder dumm angeschaut oder ausgelacht mit der Begründung:" Ich würde meine Darstellung zu persönlich nehmen und wäre einfach zu Hardcore." Dies musste ich mir oft auf Veranstaltungen anhören von anderen Ordensdarstellern (Benediktiner, Franziskanern, Templern, Hospitalitern und Deutschrittern), aber was will man von absoluten Gromis auch schon erwarten.
 
ber was will man von absoluten Gromis auch schon erwarten.
GroMi = zusammengewürfelte Darstellung GroRe (Grobreligiöser) = dito in diesem Zusammenhang ?( Aber Freunde... diesen Ansatz befürchte ich nun gerade bei "Heidensohn" als Thread-Ersteller nicht... jedenfalls bei Erinnerung an seine (von mir) als profund und sachlich empfundenen Postings.
 
Nicht dass ihr mich falsch versteht: Die Idee von Heidensohn an sich find ich super! Meine Bedenken gehen eher in die Richtung, dass ich es schon öfter erlebt habe, dass das ganze Thema im Zuge einer solchen Darstellung leider oft ins Lächerliche und/oder Groteske gezogen wurde. Vielleicht hab ich in meinem vorigen Beitrag auch nicht genug zwischen historischer Darstellung und gelebtem Glauben differenziert, das kann sein. Was bei einem solchen Thema aber unverzichtbar ist, ist die nötige Feinfühligkeit und Respekt gegenüber dem ganzen Thema. Und da bin ich der Meinung, dass vorallem die Darstellung eines mittelalterlichen Gottesdienstes mit Predigt eine heikle Sache ist, weil in einer solchen dann ja quasi gezwungener Maßen Glaubensinhalte verbreitet werden, die zum Teil nur noch bedingt mit heutigem Christentum zu tun haben (siehe z.B. Ablass, Hölle/Fegefeuer, etc.). Ich glaube nicht, dass "normale" Marktbesucher in der Lage sind, das in jedem Fall differenziert erkennen und richtig einordnen zu können. Das sehe ich als Hauptproblem bei der Sache. Gerade dann, wenn ein lebendiger Gottesdienst dargestellt wird.
 
@Lorb, ich wollte damit Heidensohns Eingangspost nicht abwerten, dafür schätze ich ihn sehr, hatte auch privat mit ihm oft über die religiöse Darstellung und dem Lazarusorden diskutiert. Diesen Thread finde ich sehr interessant weil auch andere Meinungen zu ersehen sind und ich kann auch ibba recht gut verstehen, da sie mir teilweise aus der Seele spricht. Das mit den Gromis war auf die Ordensdarsteller bezogen, die praktisch unseren Glauben und die jeweiligen Orden verunglimpfen, das empfinde ich so schlimm, sollte aber keine Verallgemeinerung sein.
 
Danke besonders an ibba für den Beitrag. Aber auch an alle anderen bisher. Der Punkt an dem ich mich selbst gerade am meisten aufhänge ist: Egal wie neutral, wie quellengestützt, wie wissenschaftlich - das beinhaltet auch etwas wie Glauben eben ernst zu nehmen und nachzuvollziehen, auch wenn es einem selbst weniger betrifft - und vorher erklärend kommentiert ich eine Religionsdarstellung aufziehe: Es wird immer einen nicht zu verachtenden Prozentsatz Leute geben, die einfach deshalb damit Probleme haben "weil es Christentum ist". Selbst wenn sie wissen, dass das was ich tue mit ihrer persönlichen Religion soviel zu tun hat, wie klassisches Latein mit Neapolitanisch. Denn es geht dann nicht um Glaube, oder Überzeugung, sondern schlicht um Gefühl. Ich möchte eigentlich keine Gefühle verletzen. Deswegen auch von Vornherein die Einschränkung, dass ich in der Darstellung keine Handlung vollziehen werde, die nach aktueller katholischer Lehrmeinung ein Sakrament sind (Taufe, Firmung, Eucharistie, Bußsakrament, Krankensalbung, Weihe und Ehe). Aber: Egal wie ich es drehe, ich werde Gefühle verletzen und wenn das eh nicht zu ändern ist, dann steht in meiner persönlichen kleinen Welt "historischer Fakt" (ich weiß: gibt es eigentlich nicht) höher, als Religion und persönliche Befindlichkeit. Nur: Wo die Grenze ziehen? Letztendlich steht dahinter ja auch die grundsätzliche Frage: Wie viel Rollenspiel in der Darstellung? Argh! Im Larp ist das alles viel leichter. :kopfwand Zumindest beim OFMConv werde ich vor einer Umsetzung sicherlich um Einverständnis anfragen. Allerdings erst, wenn ich mir über den Modus ganz sicher bin, denn die bei jedem persönlichen Kontakt vorkommenden Rekrutierungsversuche tun weh. Dort sieht man mich als gläubigen Katholik und bestes Ordensmaterial - und um diese Leute, die ich wirklich mag, nicht zu enttäuschen lasse ich sie in dem Glauben. ;(
 
@ibba, sorry, war nicht böse gemeint, hab leider nur das Geschlecht verwechselt. :whistling:
 
Ein heikles Thema, aber wichtig, sich darüber Gedanken zu machen! zu 1. Es würde sicherlich der historisch-korrekten Darstellung des Mittelalters dienen, müsste dann aber auf eben diese historisch-korrekte Art und Weise dargestellt werden (und nicht satirisch, verunglimpfend o.ä.) zu 2. Sofern das Schauspiel auch eindeutig als solches zu erkennen ist und nicht als tatsächlicher Gottesdienst (manche Feste - historische Stadtjubiläen o.ä. - werden ja z.B. mit einem richtigen :!: Gottesdienst eröffnet), ja. Ich selbst bin bekennende Protestantin, eine Beteiligung an einem solche „Spiel“ wäre für mich also in jedem Fall ebenfalls ein „Spiel“ und nicht die Wiedergabe meines tatsächlichen Glaubens. Daraus folgt aber z.B. auch, dass ich das Ave Maria nicht mitsprechen könnte, auf deutsch nicht und auf latein schon gar nicht. Vielleicht ließe sich ein erkennbares Schauspiel erreichen, wenn man, wie hier schon mal jemand vorgeschlagen hat, Infozettel verteilt, in dem der Ablauf der Andacht und die Bedeutung der Handlungen zur damaligen Zeit erklärt werden (alternativ könnte ja ein „Nebendarsteller“ zwischendurch den Ablauf unterbrechen und den Erklärbären machen?). Auf solchen Zetteln könnte ja auch vermerkt werden, wann man sich zu bekreuzigen hatte damals und wie das Ave Maria auf Lateinisch geht... Und die Zuschauer um rege Teilnahme gebeten werden. Wichtig dabei wäre allerdings, dass wie gesagt, niemand in seinem eigenen Glauben verletzt oder verunsichert wird!! zu 3. Puh, schwierige Frage! Obwohl ich selbst Theologie studiere und immerhin schonmal eine Einführung in die Konfessionskunde erhalten habe, bin ich mir nicht sicher, ob ich die Unterschiede zwischen der damaligen Katholischen Messe und einer heutigen tatsächlich erkennen würde. Vom - ich nenne ihn mal so - 08/15-Veranstaltungsbesucher, der sich mit dem christlichen Glauben nicht über den Religionsunterricht hinaus beschäftig, bezweifle ich das mal stark. Vor allem von so heiklen Themen wie den Sakramenten (ich glaube, Heribert hat hier schon mal die Taufe erwähnt, aber in diesem Zusammenhang v.a. auch das Abendmahl!!!) würde ich als „falscher Priester“ die Finger lassen, das wäre auch in meinen protestantischen Augen ein nicht geringes Sakrileg, eigener fester Glaube des Darstellers hin oder her! Ich bin mir nicht sicher, ob die Kirche, wenn sie davon Wind bekäme, nicht sogar gerichtlich dagegen vorgehen könnte? zu 4. Ja, wie gesagt, ich bin bekennende Protestantin evangelisch-lutherischer Konfession (und das im katholischen Oberbayern - ha! :zunge ) und studiere Religionslehre (LA Gymnasium). Dabei ist mir aber immer wichtig: Ich bin Christ. Ich bin nicht „die Kirche“. Ich muss nicht alles, was „die Kirche“ sagt oder tut oder irgendwann einmal gesagt oder getan hat, gut finden. Das letzte Mal war ich, glaub ich, an Weihnachten in der Kirche, den Ostergottesdienst hab ich verpennt (Asche auf mein Haupt! Hab aber beim Meister da oben schon einen Antrag auf Entschuldigung eingereicht...), war aber mal ehrenamtlich recht aktiv in Sachen Konfiunterricht. Ich denke, das Thema Religion muss mit sehr viel Rücksicht und Respekt vor der Meinung und dem Glauben anderer behandelt werden, sei es im echten Leben oder in einer Darstellung! P.S. mir ist aufgefallen, dass überdurchschnittlich viele, die eine mittelalterliche Darstellung betreiben (unabhängig von ihrem Anspruch auf historische Korrektheit), mit dem Glauben dieser Epoche im echten Leben wenig bis gar nichts zu tun haben oder zu tun haben wollen. Woran liegt das? Oder täusche ich mich einfach in dieser Beobachtung?
 
Hoppla, da hab ich so lange ein meiner Antwort gewerkelt, dass ich schon wieder einiges verpasst habe... @ ibba: bin auch schon mal für einen Mann gehalten worden, das passiert! Grüße an Ritter Kunz, falls er das hier zufällig liest! :bye01
 
@Pip, gewisse Sakramente lehne ich auch als Darstellung ab, da ich der Meinung bin, das diese nichts auf einer Veranstaltung gehören, wie z.b. die Taufe, Firmung, Konfirmation und Krankensalbung. Auch ich bin Protestant und somit evangelisch, trotzdem auch Mitglied des Lazarusordens (Ökumene machts möglich), aber wenn bei einer Veranstaltung ein echter Priester oder evangelischer Pfarrer das Abendmahl zelebriert, bin ich schon dabei, darf aber bitte kein Rollenspiel sein. Übrigens, ich beherrsche das Ave Maria, Paternoster und Credo in deutsch und Latein, da unsere Kongregation des Lazarusordens eben stark mit Katholiken besetzt ist und in der Erzdiözese Freiburg beheimatet ist. Außerdem steht es weder mir noch unserem Orden zu, Menschen zu missionieren, was wir auch gar nicht tun und das erkläre ich auch immer wieder den Zuschauern und Interessierten.
 
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wenn bei einer Veranstaltung ein echter Priester oder evangelischer Pfarrer das Abendmahl zelebriert, bin ich schon dabei, darf aber bitte kein Rollenspiel sein.
Da bin ich deiner Meinung, man muss klar zwischen einem echten und einem gespielten Gottesdienst unterscheiden! Aber auch bei einem echten Gottesdienst würde ich nicht an der katholischen Eucharistiefeier teilnehmen - ob das jetzt von der katholischen Seite bemerkt werden würde oder nicht, sei mal dahingestellt. Ich hätte kein Problem damit, im Rahmen eines "gespielten" Gottesdienstes das Ave Maria mitzusprechen - wenn ich halt den Text könnte. Den habe ich in meinem bisherigen Leben nicht lernen müssen... Bei einem "echten" Gottesdienst wiederum würde ich währenddessen schweigen, weil die Marienverehrung nicht meinem eigenen Glauben entspricht. Wie gesagt, ich würde da sehr strikt zwischen "echt" und "gespielt" unterscheiden! Übrigens: Die Konfirmation ist kein Sakrament ;) Was aber auf einer "mittelalterlichen" Veranstaltung kein Problem sein dürfte...
 
Lieber Heidensohn Religion ist immer schon ein sehr heikles Thema gewesen ob wohl das doch gar nicht sein soll,es sollen keine Kriege gefürth werden wegen Religion den Religion ist genau so unwichtig wie die Verpackung von Margarine. Ich möchte was da drin ist und nicht die Verpackung. Es ist schon schwierig in Einem Theater was über Gott oder Religionen anzubieten doch auf dem Mittelalter habe ich auch das gefühl man wird belächet oder sie bringen uns damit in Verbindung. Ich glaube es wird Ärger geben. 1.Heute wo doch jeder dritte keine oder eine andere Religion hat würde ich es nicht machen. 2.Ein richtiger Gottesdienst mit echtem Personal finde ich gut,wer will kann hin wer nicht dann ist es auch so,alles andere würde ich in grenzen halten. 3.Pip hat schon vieles geschrieben was ich genau so sehe. Wenn eine Gruppe beeten möchte dann soll sie es tun aber nur aus überzeugung und nicht spielen 4.Ich bin Katholisch das heist aber für mich nicht das ich hinter dem stehe was die Kirche macht,ich Glaube an ein Hohes etwas,wir können es Gott oder sonst wie nenne ich versuche mich so gut wie möglich zu benehmen ,schlage keinen Tot ,stehle nicht und verhalte mich anderen Menschen gegenüber wie ich es auch von ihnen erwarte. Ich würde mich niemals über eine andere Religion auslassen denn auch diese Menschen sind dort hineingewachsen und glauben es ist richtig was sie tun,wie unsere Kirche,jeder meint er hat recht und zack ist der nächste Krieg da. Es soll jeder das machen was er für richtig hält aber andere in Ruhe lassen. Aus welchem Grund sollte ich meine Religion wechsel da kann sich jemand den Mund fusselig reden das werde ich nicht tun weil ich mit religion so gut wie nichts zu tun habe,siehe Margarinenverpackung,drin ist überall das selbe. Wenn jemand aus Überzeugung durch die Stadt läuft und für sich betet ist das seine Sache versucht aber einer den anderen zu bekehren finde ich das bescheuert. Auch du kannst machen was du willst wenn du dahinter stehst das ist dein Wille und was du mit deinem " lieben Gott machst " ist deine Sache . Etwas das eine Gruppe macht ist schon was anderes wenn jetzt alle beeten und Besucher kommen ,dann werden viele sagen ,ach die haben diesen Glauben,nein da geh ich nicht mehr hin. Locker angehen lassen,neutral bleiben,nicht die Religion in den Vordergrund stellen das ist das Beste,finde ich. Dir wünsche ich alles Gute Lydia Wenn du es wirklich willst wird dir alles gelingen auch du wirst Berge versetzen können du must dich nur anstrengen. :)
 
Wie man unschwer erkennen kann bin ich in meiner Darstellung ein dienender Bruder des heiligen Tempels, oder kurz ein Templer. In den vergangenen Monaten habe ich mich sehr weit in die Geschichte der Templer eingelesen, ebenso wie in das gesamte Prozedere der "Kirche" und damit verbunden der Religiösität im MA. Die Fragen, die sich bisher hier auftun, sowie die Gefühle, Hemmnisse und die Ansichten sind genau die Punkte, die mich auch umtreiben. Als Templer gibt es für mich keine Wahl. Ich bin Christ und zwar Katholischer, denn 1190 -1200 gab es noch keinen Luther. Ich habe einem Orden den Gehorsam bis in den Tod gelobt, der das Christentum verteidigt und dazu bin ich Mönch mit allen Pflichten und Privilegien, die der Orden seinerzeit zu bieten hatte. Dazu gehört unter anderem auch das Zelebrieren der Stundengebete und eine Marienlastige Gläubigkeit. Daneben natürlich auch noch die Einhaltung der Ordensregeln, die auf denen der Zisterzienser aufgebaut sind. Mein oberster Herr auf dieser Erde ist der Papst und direkt danach kommt der Meister des Tempels und seine Komthure. Ich bin jederzeit bereit für das Christentum und den Schutz der Pilger sowie den Erhalt der heiligen christlichen Stätten in den Krieg zu ziehen und dafür zu sterben. Das ist meine Darstellung. Wenn ich diese nun versuche authentisch wiederzugeben und auch Publikum an dieser Darstellung teilhaben lasse, wird es nicht zu vermeiden sein, das der ein oder andere evtl. in seinen Gefühlen oder seiner Religiösität berührt sein wird. Es liegt doch an mir und anderen Darstellern, wie respektvoll und authentisch man seine Darstellung präsentiert. Jemand, der als Publikum einer solchen Veranstaltung beiwohnt, sollte ebenfalls in der Lage sein, zwischen Darstellung und Heutigem Sein zu unterscheiden. Wer dies nicht kann, hat wohl auch in anderen Lebensbereichen Probleme. Als Darsteller sehe ich mich in der Pflicht so nahe wie möglich an der damaligen Wirklichkeit zu sein. Als Zuschauer hat man die Pflicht zwischen Darstellung und Heutigem Leben unterscheiden zu können. Sonst sollte man vielleicht auch besser nicht ins Kino oder in den Zoo gehen. Dies kann sich von meinem Neuzeitlichen Denken und Fühlen sehr unterscheiden, muß es aber nicht. Ich habe in den letzten Monaten schon eine Zunahme von Spiritualität bei mir wahrgenommen. Mein Erleben von Spiritualität und Glauben ist mit Sicherheit ein vollkommen anderes als das der Menschen des 12. Jhdts. und ich werde dies auch niemals 100% erreichen bzw. darstellen können, denn mein Wissen ist ein ganz anderes. Aber mit Respekt und Ernsthaftigkeit, sowie der Bereitschaft sich in seine Rolle zu vertiefen, kann man da sicher sehr viel erreichen. So stehe ich Bruder Heribert sicher sehr viel näher, als jedem Saufenden Schotten oder Wiki, der sich nur über sein Schwert oder den Kilt definiert. My 2 Cent
 
Ich denke, es ist klar geworden, dass man über Religion und Politik nicht reden kann, sondern streitet. Appropo... Wer stellt einen überzeugten Monarchisten dar? Um die Fragen zu beantworten, muss man sich auch Fragen, wie man sein Hobby versteht. Infotainment? Lagerfeuerromantik? Recherche und Experimentierfreude? Ich denke, wer das Thema ernst nimmt, sollte dabei wissenschaftlich neutral nachforschen. Aber egal wie, man wird immer Gegenstimmen finden. Womit wir wieder am Anfang wären.
 
P.S. mir ist aufgefallen, dass überdurchschnittlich viele, die eine mittelalterliche Darstellung betreiben (unabhängig von ihrem Anspruch auf historische Korrektheit), mit dem Glauben dieser Epoche im echten Leben wenig bis gar nichts zu tun haben oder zu tun haben wollen.
Meinst du damit dass die Leute sich nicht mit dem Glauben befassen (Recherche etc) oder dass sie im echten Leben nicht dem heutigen Christentum verbunden sind?
 
Hallo miteinander Hab lange überlegt ob ich zu den Fragen antworten soll. Wie verschiedene von euch wissen habe ich meine Anfänge im Mittelalter bei der Templer Komthurey Berlin genossen. Einer der Hauptgründe warum ich mich von den Templern getrennt habe war genau der Punkt das ich den Religiösen teil nicht "Spielen" will. Ich gehöre zwar keiner Konfession an aber meiner Meinung nach sollte man so etwas nicht spielen. Dafür habe ich zuviel Achtung vor dem Glauben anderer. Zu dem Punkt "es gehörte zum täglichen leben" im Mittelalter. Zum täglichen Leben eines Ministerialen gehörte es auch zu Rauben, Morden und zu vergewaltigen. Sorry aber das werde ich auch nicht spielen. Erklären werde ich es aber gerne. Euer Jerome :)
 
Zum täglichen Leben eines Ministerialen gehörte es auch zu Rauben, Morden und zu vergewaltigen.
Wirklich? Gehörte das zum täglichen (!) Leben eines jeden (!) Ministerialen? Oder ist das auch so ein versoffener-Pfarrer-intriganter-Bischof-notgeiler-Mönch-Pauschalurteil? Ich habe mich mit Ministerialen bisher nicht näher beschäftigt, aber diese Vorstellung fällt mir grad schwer... @ Hjalmar: Ich meinte damit, dass viele Leute (wie gesagt, ein spontaner, persönlicher Eindruck meinerseits, nicht statistisch belegt o.ä.), die sich im echten Leben dem christlichen Glauben und der Kirche wenig verbunden fühlen, ausgerechnet eine Darstellungszeit aussuchen, die wie keine andere vom Christentum geprägt ist. Oder sehe ich das anders? Es gibt ja Umfragen (Shell Jugendstudie ist die, die mir spontan grad einfällt, meine aber, auch schon von anderen gelesen zu haben), die zeigen, dass Dinge wie Religiosität und christliche Werte den Menschen zu einem großen Teil doch (wieder?) wichtig sind. Mein Eindruck ist, dass da der Anteil unter den - ich nenne sie mal Mittelalterleuten, also alles vom Gromi bis zum ernsthaften Reenactor - eher geringer ausfällt? Ob man sich in diesem Hobby mit dem historischen Christentum und dessen Alltag tatsächlich auseinandersetzt, ist aber wieder eine andere Frage...
 
Es gibt ja Umfragen (Shell Jugendstudie ist die, die mir spontan grad einfällt, meine aber, auch schon von anderen gelesen zu haben), die zeigen, dass Dinge wie Religiosität und christliche Werte den Menschen zu einem großen Teil doch (wieder?) wichtig sind.
das ist wohl eher dein Wunsch ;) ... Gerade mal 44% der katholischen Jugend empfinden Gott als wichtig für ihr Leben. Von den konfessionslosen schweige ich... Shell 2010 sieht für die Jugendlichen in den alten BL mäßiges Interesse an Religion... in den neuen BL ist das Interesse gering. (Ausnahmen: Jugendliche mit Migrationshintergrund) "Werte" sind wichtig und gewinnen an Bedeutung... aber universelle... ohne explizit religiösen Bezug. :bye01 :back Ich fände es eher seltsam, dass man sich um Belege um verwendete Lebensmittel und Naht- bzw. Webarten an seiner Kleidung Gedanken macht, aber die gesellschaftlichen Bezüge in seiner Darstellung ausklammert. Ich erwarte z.B., dass jemand nicht nur seinen Landesherrn, sondern auch "seinen" Papst im Darstellungszeitraum kennt... :thumbsup: Und: Ich finde es spannend, wenn jemand die Hintergründe seiner Darstellung packend darzulegen weiß. Die Diskussion "Darf ein heute A-Religiöser auf VA christliche Rituale darstellen" ist für mich irrelevant... vor allem, wenn dies mit dem von vielen bereits angemahnten Respekt geschieht. Als Anfang der 80er eine Leipziger PUNK-Band in einer ev.Kirche spielte (nur dort durften sie 8o ) und einen extrem kritischen Song über "Kirche" und "Papst" spielten, stand am Ende des "Konzerts" der Jugendpfarrer auf... und gab zum besten, dass er sich gefreut hat, dass die Jungs sich auch mit Religion auseinandergesetzt haben. Diese Gelassenheit und das Vertrauen darauf, selbst das Richtige zu tun/ zu glauben, hat mich fasziniert und täte vielleicht auch unserer Diskussion gut :bye01
 
@Pip: Das ist eine Frage, die ich mir auch schon häufiger gestellt habe. Meine derzeitige persönliche (und durch Erfahrungen jederzeit abänderbare) Erklärung wäre folgende: Das Mittelalter ist eine wunderbare Projektionsfläche für die eigenen Sehnsüchte, gerade, wenn man mit dem Hobby anfängt. Es ist gerade nah genug, um noch relevant zu sein (eigene Wurzeln und so), aber weit genug weg um reichlich Interpretationsspielraum zu bieten und dient medial bestens aufbereitet schon seit einem Jahrhundert als Projektionsfläche der Deutschen. Für den Einsteiger bietet die Szene - nicht das historische Mittelalter - doch in erster Linie: Seltsame Kleidung tragen, anders sein als der Rest, auf Touris herabblicken, neue Freunde finden, Teil einer Gemeinschaft sein, am Lagerfeuer sitzen und Lieder singen, neue Erfahrungen machen. All das hat sich ein in der Kirchenstruktur gut eingebundener und gläubiger Mensch doch längst geholt. Familienfreizeiten, Pfadfinder, das Wissen zu den Guten zu gehören, einen entsprechenden Freundeskreis haben, Grillabende machen, auf Exerzitien gehen, wallfahren und pilgern. Ich glaube, dass die Markt-Grobmittelalterszene für solche Leute schlicht weniger interessant ist, da die dort befriedigten Sehnsüchte schon befriedigt sind oder an bekannter Stelle einfacher befriedigt werden können.
 

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