Ein paar Fragen zur Religionsdarstellung

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Zum Thema finde ich es besser wenn ein Pfarrer einen Gottesdienst leitet als ein Ordens Darsteller. Am Gottesdienst, zum Beispiel Ratzeburg nehme ich in der Damaligen Kleiderordnung teil. mit Kopfbedeckung und Schwert über den Arm gelegt. Ich finde dieser sollte in Andacht stattfinden und nicht als Schauspiel. Ich will damit niemanden angreifen den eine A Darstellung eines Geistlichen im Mittelalter als schwierig wenn man die jeweiligen Ordensregeln hält zum Beispiel keine Frauen anzusehen. Eine Darstellung als wandernden Bruder ohne Waffen finde ich als Bereicherung für einen Markt.
 
@ Heidensohn: Also eine Frage der Selbstverwirklichung/ Selbsterfüllung/ Selbstbestätigung? Könnte sein. Dann gehöre ich wohl zu den unersättlichen, die sich dazu gleich in mehrere Baustellen stürzen... :whistling:
 
Eine Darstellung als wandernden Bruder ohne Waffen finde ich als Bereicherung für einen Markt.
?( Wieso? Er geht herum, soll nichts sagen/ machen... nur "schön" sein? ICH sehe da keine "Bereicherung" für einen Markt.
 
... :D weil er wandert? Sieht ja eher seltsam aus, wenn er dabei so vor sich hinbrabbelt. Im Ernst: Weil er, WENN er etwas tut, dann nach Meinung einiger Vorschreiber in diesem thread dann ggf. die Gefühle anwesender praktizierender Christen verletzen könnte.... es ggf. nur "spielt". Wie schon geschrieben: Für mich wäre ein dargestellter Ausflug in die mittelalterliche Spiritualität kein Problem, aber MEINE Gefühle würden auch nicht verletzt. Für den einen oder anderen "Missversteher aus Prinzip" (eine ganz besonders deutsche Spezies) mache ich die Sache sowieso nicht... sie sind mir wurscht. :bye01 (Ich fühle mich als Held, weil ich den hier noch nicht benutzt habe: :angel1 ) 8)
 
@das Lorb, deine Argumentation sehe ich als bekennender Christ genauso, ein stummer Geistlicher ist keine wirkliche Bereicherung für eine Veranstaltung, ein Darsteller der einen Wandermönch darstellt sollte zumindest ein gewisses Maß an Grundwissen verfügen, auch wenn er es dann nur spielt, aber den nötigen Respekt sollte er aber auch nicht verlieren, jeder dieser Darsteller sollte das machen was er sich selber auch zutraut und in seiner Darstellung sicher ist, sonst wäre es glaubensverletzend und darstellungsverzerrend. Nur zu oft habe ich erlebt, das einige Mönchsdarsteller diese Art der Darstellung mehr als Karnevalsgag angesehen haben und im Grunde auf den Veranstaltungen die jeweiligen Orden verunglimpft haben und gerade diese sind besonders Beratungsresistent und das finde ich besonders beschämend.
 
Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst die keiner kann... Wußte schon meine Oma! :thumbup: Ich bin sicher, daß Heidensohn dieses Thema respektvoll und gut recherchiert angeht. Mehr kann ich nicht erwarten. Darstellung ist immer eine Rolle, die sich mal mehr, mal weniger mit dem eigenen Leben und eigenen Werten überschneidet. Ob die Darstellung gut ist, entscheidet doch nicht, wie kongruent sie mit mir als Person ist...
 
Wer spricht von Stumm ? Ich finde es nur nicht gut wenn dieser die Messe liest. Dies ist ja auch nicht die einzige Möglichkeit eines Geistlichen oder ? Als Berater am Hof oder Gericht etc. Ohne Smilley
 
Patrik: Gottesdienst muss nicht Messe sein und eine Andacht ist keine Messe. Das Problem scheint tatsächlich zu sein, dass nicht nur kaum einer den Unterschied zwischen mittelalterlicher Religiösität und heutiger Religion wahrnehmen wird, sondern auch, dass die Feinheiten von Religionspraxis an sich keine weitere Bekanntheit haben. Und wer sagt, dass ein Schauspiel nicht andächtig sein kann? Oder, dass mittelalterliche Gottesdienste andächtig waren? ;) Die beiden Ordensgruppen, deren Vertreter ich darstellen wollen würde, gerade gewisse Franziskanerzweige, hatten übrigens mit dem Anschauen von Frauen und dem Bewegen in der Öffentlichkeit noch die wenigsten Probleme. Und wenn ich das Bedürfnis habe meine Freundin in den Arm zu nehmen, dann kann ich ja einfach die Kleidung und Rolle wechseln. Inzwischen bin ich aber für mich zu dem Schluss gekommen, dass ich mich auf den Aspekt der Predigt konzentrieren möchte. Liturgische Tätigkeiten waren eh nie wirklich geplant, da diese zu eng mit den Sakramenten verknüpft sind und ich dazu auch noch liturgische Kleidung nähen müsste. Und das beste: Es gibt sogar eine historische Begründung, warum auch ein geweihter Mendikantenbruder keine liturgische Tätigkeit ausübt. Ortsfremde Fratres mussten dafür erst die Erlaubnis des Ortsbischofs einholen. Wenn der nur eine Predigterlaubnis rausrückt, weil er um seine Kollekte fürchtet, dann hat man als Bruder die Finger vom Gottesdienst zu lassen. :thumbup: Dennoch. Eine Predigt kann nur dann einen Eindruck von mittelalterlicher Spiritualität erwecken, wenn sie mit einem aktiven Publikum stattfindet. Ohne Bekreuzigen, bestürzt gucken, bestätigenden Zwischenrufen, womöglich Jubel, raunendem bis zustimmenden Flüstern und dergleichen macht es keinen Sinn. Die Frage ist: Würden da Leute nach einer kurzen modern gesprochenen Erklärung mitmachen? Würdet ihr mitmachen? Mal ein gerade übersetztes wörtliches Beispiel aus einer Predigt Bertholds von Regensburgs von den Minoriten/Franziskanern aus den 1250ern oder 1260ern: "In der Hölle sind viele tausend, die glaubten das Gute zu tun und das Übel zu lassen, ohne mehr wissen zu wollen und auf die Predigt zu hören, obwohl sie eitle Thoren waren. Schaut her, jetzt haben wir in der Christenheit zehntausend Bücher und trotzdem sind es nicht genug um uns alle zu belehren wie man Gutes tun und Übles lassen kann. Denn das zu können ist wie gesagt die wahre Weisheit, von der die Heiligen ihre Fähigkeiten haben, die ein jeder Christenmensch erstreben soll und die zu predigen wir ausgesandt sind. Ob nun einer zu Sant Jakob nach Compostella pilgert oder nach Rom, oder Besitz an ein Gotteshaus gibt, er glaubt sich auf halben Weg in den Himmel, aber wenn er nicht das Üble lässt, wenn er eine Ehebrecher oder ein Wucherer, ein Räuber oder Betrüger, einer der Hass oder Neid im Herzen trägt bleibt: Dann hat er die Voraussetzungen nicht, die man für das Himmelreich braucht und er wird seine Seele an die Hölle verlieren. Ihr müsst weise sein um die Seele zu behalten und sie in den Himmel zu bringen oder es nützt euch all eure Schläue nichts. Denn in der Hölle sind viele tausend Seelen, die sich sicher waren in den Himmel zu kommen solange sie lebten, die durchaus viele gute Dinge taten an Gebeten, Almosen, Fasten, Messbesuchen, Wallfahrten und dergleichen mehr: Und trotzdem sind sie in die Hölle gekommen und müssen dort solange bleiben, wie Gott der Herr des Himmelreichs ist, denn sie ließen nicht vom Übel." (Berthold von Regensburg: Die erste Predigt - Tu das Gute und lass das Üble. Google-pdf: Pfeiffer – Berthold_von_Regensburg S. 43 ff.)
 
*raunt zustimmend und flüstert kurz mit dem Nachbarn*
Würdet ihr mitmachen?
Also ich fände das spannend und würde da mitmachen. Da kann man noch was lernen! :whistling: Und man müsste sich dann auch erst mal Gedanken machen, wie man denn in seiner Darstellung auf das gepredigte reagieren will. Eine Liturgie nachzuspielen fände ich auch kritisch. Ist wahrscheinlich auch von der Dauer her nicht wirklich geeignet. Die Predigten waren schon auch sehr lang. Aber wie sagte mal ein befreundeter Pater zu mir "Als Priester darfst du über alles predigen, nur nicht über 10 Minuten!" :D Grüße, Ewaldt
 
... von mir schon: :D "Lachen tötet die Furcht und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben. Wer keine Furcht mehr vor dem Teufel hat, braucht keinen Gott mehr […] Wenn wir über alles lachen, können wir dann auch über Gott lachen?" (Umberto Eco "Der Name der Rose")
 
Als aller erste mal einen Dank an Heidesohn für dieses interesaante Thema! :thumbup: Ich wusste auch nicht so genau ob ich was dazu schreiben soll... aber warum eigentlich nicht. :D @Urs: Ich möchte dich gerade mal zitieren (obwohl mir hier mehrere Leute aus der seele sprechen :thumbup: )
Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst die keiner kann... Wußte schon meine Oma! :thumbup:
:D und Ulf! Und die beiden haben Recht damit! Wenn man mit (dem schon viel genannten) Respekt damit umgeht, kann einen meiner Meinung nach auch Kritik nicht "umhauen". Das st dann halt so...und Punkt.
Ich bin sicher, daß Heidensohn dieses Thema respektvoll und gut recherchiert angeht. Mehr kann ich nicht erwarten.
Ich kenne kaum jemanden hier, der solch ein Thema mit mehr Fachwissen bzw. Hintergrundwissen und der nötigen kritischen Einstellung angeht, als ihn. :thumbup:
Darstellung ist immer eine Rolle...
So ist es! Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Letzten Endes entscheidet das jeder für sich selbst. Und wenn jemand für sich beschließt, sich sehr lange und intensiv auf eine "Geistlichenrolle" vorzubereiten, dann soll er die auch umsetzen dürfen. Ich selber bezeichne mich ebenfalls als Agnostiker und bin sehr am Thema "Kiche & Glaube" (allgemein) interessiert. Ich würde mir mit meinem jetzigen Wissensstand allerdings nicht herausnehmen zu "predigen" etc. Auch wenn ich als "Prämonstratenser Priester" über die ein oder andere Veranstaltung streife. Aber für mich ist das in dem Fall hauptsächlich ein "Gewand". (dass ich aus Interesse am Hobby und aus Respekt so "echt" wie möglich gestalten möchte) Das man über diese "Gewandung" informiert ist und auch Fragen antworten könnte, gehört für mich auch dazu. Für alle Fälle hab ich alle wichtigen "Infos" auch nochmal in einem kleinen Buch stehen, dass ich (meist) bei mir trage. Auf den Veranstaltungen auf den ich war, wurde darüber "gestaunt" , "geguckt" und "gefragt". Ob ich eine "Bereicherung" war weiß ich aber nicht... Aber es gab interessante Gespräche. "Dümmer" ist dabei mit Sicherheit keiner geworden. ^^ Negative Erfahrungen hab ich bis jetzt noch keine gemacht. :thumbup:
 
@ Lorb Ohne Smiley heißt nicht ohne Humor, sondern das ich hier und jetzt keinen setzen wollte. Aber es wird nichts so heiß gegessen wie manchmal getextet. :back Jeder Darsteller kann mit jeder Darstellung. das sein. was ein Besucher gesucht oder gewollt hat und dadurch eine Bereicherung für den Markt. Manchmal macht es die Vielfalt.
 
@ Patric... da hab ich wohl was falsch verstanden... denn im folgenden Sinne...
Auf den Veranstaltungen auf den ich war, wurde darüber "gestaunt" , "geguckt" und "gefragt". Ob ich eine "Bereicherung" war weiß ich aber nicht...
... sind wir wahrscheinlich gänzlich beisammen... denn wenn Besucher "staunen" und "fragen", dann IST es zweifellos eine Bereicherung für die VA gewesen. :bye01
 
@ Lorb Das ist doch glaube ich der Sinn, das wir Spaß haben, der Besucher und im wenn Möglich der Veranstalter auch. Also bedanke ich mich bei euch für die anregende diskussion.
 
@Heidensohn Die Predigt von Berthold von Regensburg ist in heutiger Sprache erstaunlicherweise gar nicht so weit von manchen Predigten der Gegenwart bzw. jüngsten Vergangenheit entfernt. In meiner Jugend ( ^^ ) gab es bei uns einen Priester, der begann z.B. jede Predigt mit den Worten "Geliebte im Herrn...". Der von Dir gepostete Text hätte auch von ihm sein können.
 
Eigentlich wollte ich in diesem Thread nicht mitreden, obwohl ich ihn von Anfang an interessiert verfolge. Aber ich glaube jetzt will ich es doch mal versuchen.
Ich denke, es ist klar geworden, dass man über Religion und Politik nicht reden kann, sondern streitet.
Warum? Ich lebe in einer Wohngemeinschaft, in der viel diskutiert wird, gerade über solche Themen. Unsere Meinungen gehen oft auseinander, aber muß man darum streiten? Streiten muß man doch eigentlich nur, wenn man seine Meinung mit Argumenten nicht darlegen kann, oder? Oder aber, es sind Themen, bei denen es ein Richtig und Falsch nicht gibt, wie eben bei dem Thema eigene Religiösität. Ich bin "Heide", bin es mit ganzem Herzen und Überzeugung, und weiß, das dies mein Weg ist, würde mir aber niemals anmaßen, jemanden "missionieren" zu wollen. Ich bin sicher, daß jeder Mensch seinen eigenen inneren Weg suchen und gehen muß. Ich möchte gar keine "halbherzig bekehrten" Heiden, denn ich habe gemerkt, daß ich gerade mit Menschen aller Religionen die ihren inneren Weg gefunden haben am Besten auskomme, sofern sie Tolerant anderen gegenüber sind. :back Ich persönlich glaube nicht, daß man einen "Gottesdienst" egal welchen Glaubens wirklich spielen kann. Ich selbst leite in einigen Kreisen auch Rituale, und es gibt für mich genaue Abstufungen was ich für welche Menschen tue, und was ich unterlasse. Ich persönlich könnte selbst den "historischen Schaukult" nicht bringen, ohne meine Überzeugung. Allerdings ist das eine zwiespältige Sache, ich kann es deshalb auch nicht zu "historisch" treiben. In alten Zeiten war religiöse Toleranz nicht sehr groß geschrieben, und ich könnte mich auch im Schauspiel nicht dazu bringen, andere verbal anzugreifen. ;) Vielleicht sollte ich doch mal :love:, dann könnte ich mal einige Wahrheiten aussprechen ohne gleich auf dem Scheiterhaufen zu landen :D . Vielleicht sehe ich das ja auch nur etwas enger, weil man als Angehöriger einer Religion, die vielen unbekannt und dadurch suspekt ist, allzuoft entweder als Schauspieler oder als geistig Entgleister gesehen wird. Darum versuche ich auch die "Schau" derart zu gestalten, das ich nicht nur versuche rüberzubringen wie die Leute früher gedacht haben, sondern auch warum sie so gedacht haben (was aber auch wiederum Interprätationssache ist). Deshalb könnte ich auch bei einem "Schaugottesdienst" die Gebete nicht mitsprechen, obwohl ich sie (als katholisch erzogene Christin) kenne, teilweise noch auswendig kann, manches sogar auf lateinisch. Einfach aus Respekt vor meinem und auch dem Glauben anderer. Viele der mittelalterlichen Geistlichen waren nunmal sehr weltlich, was Macht und Geld betrifft, aber so wie ich Heribert hier kennen gelernt habe, glaube ich nicht, daß er so eine Person verkörpern wollte oder könnte. Jeder von uns verkörpert eigentlich eine Person die er mit seiner Persönlichkeit ausfüllen möchte und kann. Deshalb (bitte nicht böse sein) kann ich den vielen "Agnostikern" in diesem Kreise nicht so recht trauen. (Der Unterricht meiner Kinder in der Schule nennt sich auch "Ethikunterricht" ist aber nichts weiter als eine Form des konfessionslosen Christentums!) ;( Warum glauben eigentlich alle, daß Toleranz eine christliche Eigenschaft ist, wären wir Heiden nicht so tolerant gewesen, gäb's Euch heute gar nicht :D :wiki2 " Ich möchte noch mal ausdrücklich sagen, ich finde die religiöse Darstellung auf dem Markt nicht falsch, weil eine Darstellung ohne die persönlichen Aspekte eigentlich nur eine sprechende "Museumspuppe" wäre. Aber ich glaube es ist schwierig diese darzustellen.
 
. Darum versuche ich auch die "Schau" derart zu gestalten, das ich nicht nur versuche rüberzubringen wie die Leute früher gedacht haben, sondern auch warum sie so gedacht haben (was aber auch wiederum Interprätationssache ist).
Dies ist ein schweres Thema den die Mentalität der Menschen war durch ihre Kultur und Lebenssituation eine andere als die unsere. Dies wird am deutlichsten in den Tierprozessen, in denen zum Beispiel Mäuse verurteilt wurden, weil sie ein Feld kahlgefressen hatten und in der Art wie die Menschen früher ihren Glauben verstanden. Gottesurteile zur Rechtsfindung nicht als Strafe, zum Beispiel das glühende Eisen etc. Aber dieses Thema wird bereits in Büchern thematisiert, deshalb will ich jetzt mich nicht verzetteln. Dies ist ja auch ein Punkt was das Mittelalter so Interessant macht. Aber manchmal auch so unverständlich.
 
[...] weil eine Darstellung ohne die persönlichen Aspekte eigentlich nur eine sprechende "Museumspuppe" wäre.
Das ist großartig ausgedrückt! Genau das will ich haben! Nur die Museumspuppe, ohne jegliche Nuance persönlicher Glaubensüberzeugungen der Darsteller. Denn, bei aller Liebe zu den netten Leuten, die auf dem Markt lagern: wenn's um Geschichtsvermittlung geht, ist mir der Vermittler egal. Aber sowas von. Ich will wissen, was die Leute damals geglaubt haben. Nicht, was der Typ da vorne heutzutage glaubt - das ist seine Privatsache und geht mich auch überhaupt nichts an. Insofern halte ich Nicht-Gläubige für geeigneter, eine solche Darstellung aufzuziehen. Die Gefahr, private Gläubigkeit und historische Fakten miteinander zu vermischen, ist geringer, kommt mir vor.
 
Ich zitiere mal aus meinen Tutoriumsunterlagen, weil Perchta mich da auf einen interessanten Gedanken gebracht hat.
Diese „Großen Drei“ der Geschichtstheorie stehen auch für die Merkmale eines wissenschaftlichen Textes Ranke: quellenbasierend und nachvollziehbar Bloch: fragestellungsgeleitet und grenzüberschreitend Weber: werturteilsfrei und selbstreflektiert
In der wissenschaftlichen Arbeit spiegelt sich dass in den Fußnoten/dem Literatur- und Quellenverzeichnis, sowie der Einleitung/dem Schluss. In der idealen Darstellung könnte man es auf Belegmappe, sowie einführende Worte/Aushang zu Gegenstand und Ziel der Darstellung übertragen. Ranke hält es wie Perchta. Er meinte:
Ich wünschte mein Selbst gleichsam auszulöschen und nur die [historischen] Dinge reden, die mächtigen Kräfte [der Vergangenheit] erscheinen zu lassen
[L. von Ranke: Fürsten und Völker. Geschichten der romanischen und germanischen Völker von 1494-1514, hg. v. W. Andreas, Wiesbaden 1957, S. 4 (Vorrede zur ersten Ausgabe, Okt. 1824)] Allerdings halte ich es da eher mit Weber:
Freilich können die Herausgeber [des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik] weder sich selbst noch ihren Mitarbeitern ein- für allemal verbieten die Ideale, die sie beseelen, auch in Werturteilen zum Ausdruck zu bringen. Nur erwachsen daraus zwei Pflichten. Zunächst die: in jedem Augenblick den Lesern und sich selbst scharf zum Bewußtsein zu bringen, welches die Maßstäbe sind, an denen die Wirklichkeit gemessen und aus denen das Werturteil abgeleitet wird (...). Das zweite fundamentale Gebot wissenschaftlicher Unbefangenheit ist es (...): in solchen Fällen den Lesern (und — sagen wir es wiederum — vor allem sich selbst) jederzeit deutlich zu machen, daß und wo der denkende Forscher aufhört und der wollende Mensch anfängt zu sprechen, wo die Argumente sich an den Verstand und wo sie sich an das Gefühl wenden. Die stete Vermischung wissenschaftlicher Erörterung der Tatsachen und wertender Raisonnements ist eine der zwar noch immer verbreitetsten, aber auch schädlichsten Eigenarten von Arbeiten unseres Faches. Gegen diese Vermischung, nicht etwa gegen das Eintreten für die eigenen Ideale richten sich die vorstehenden Ausführungen. Gesinnungslosigkeit und wissenschaftliche "Objektivität" haben keinerlei innere Verwandtschaft.
[M. Weber: Die "Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904), in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1973, S. 156 f.] Mal so als Denkanstoß.
 

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