Bei jeder Gelegenheit nen Messer griffbereit dabei haben zu müssen ist doch wohl eher was für pubertierende Jungs denen die Hormone aus den Ohren wieder rauskommen.
Das mag sein und mir wäre auch bei vielen Gestalten, die ich so rumlaufen sehe, wohler, wenn ich sicher wäre, dass sie nichts derartiges dabei hätten, aber ist das ein ausreichender Grund, etwas zu verbieten? Dieses welches gibt vor, ein freies Land zu sein und nur, weil ich etwas befremdlich finde und ich selbst dafür keine Verwendung zu haben pflege, muss ich doch anderen das nicht verbieten. Ich finde zum Beispiel völlig unnachvollziehber, weshalb manche Frauen Stöckelschuhe tragen. Das ist doch nur was für Weiber, denen die Hormone... Nicht gefährlich? Ach, da kann ich problemlos was konstruieren. Verletzungsgefahr, wenn frau damit in Rolltrepppen hängenbleibt oder stolpert, weil sie schnell die Straße überqueren will. Von den Gefahren für andere, wenn die damit autofahren will, ganz zu schweigen. Gehören in der Öffentlichkeit verboten. Ich finde, wir sollten genau aufpassen, ob wir etwas verbieten oder sein Verbot befürworten, nur weil wir selbst das nicht brauchen oder wollen oder irgendwie bescheuert finden. Und uns dann als Alibi schnell irgendein abstraktes Gefährdungspotential zusammenreimen. Wenn das die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens ist, dann hätte ich gerne ein Verbot für getunte Autos, weil damit nur spätpubertierende Jungs sich und andere um Bäume wickeln und somit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Wenn der pubertierende Knabe oder seine Hormone das brauchen, ja mein Gott, dies ist angeblich, wie gesagt, ein freies Land. Solange er damit nichts anstellt. Besoffenes und zu schnelles Fahren sind verboten, nicht der Besitz von Autos. Das reicht doch. Zurück zu unseren Messerchen: Wir beruhigen uns immer mit dieser Brauchtumsgeschichte und dass wir ja damit automatisch auf der sicheren Seite wären. Leute, das ist trügerisch. Ja, grundsätzlich werden von 100 Polizisten 95 mein Messer auf einem MA-Markt wohl nicht beanstanden, aber nicht wegen der Brauchtumspflege, sondern weil sie das selbst für dämlich hielten, deswegen einen Aufstand zu bauen. (Bleiben immer noch 5, die das tun würden...) Wenn das aber einer tut, dann bin ich sehr skeptisch, ob der Staatsanwalt und das Gericht meinem Argument der Brauchtumspflege zwingend zu folgen haben. Denn, bei aller Liebe, das ist keine! Stellt Euch einen begeisterten Gromi vor, der sich ein Messerchen in den Strumpf steckt und einen Zweihänder über den Rücken hängt und damit freudestrahlend auf einem Standardmarkt vor dem Gruftischmnuckstand steht. Himmel, welches Brauchtum pflegt der gerade? Und nur weil ich in einer A-Klamotte auf demselben Markt Besuchern was über fränkische Waffenstatuten erzähle, pflege ich auch nicht mehr Brauchtum als der. Geht doch mal offenen Auges über die nächsten Lager und versucht zu erklären, welches Brauchtum da jetzt konkret gepflegt wird. Mir ist nicht bekannt, dass ein Todeskreis nach Codex Belli oder eine Feldschlacht oder das Polieren von Waffen pflegenswertes Brauchtum unserer Vorfahren war. Auch das Nähen von Tuniken oder andere Handarbeiten auf unbequemen Stühlen an Lagerfeuern sind höchstwahrscheinlich nicht als "Brauchtum" einzustufen, aber das ist in diesem Zusammenhang nebensächlich. Der Brauchtumspararaph ist ein Vermächtnis unsere eloquenten bayrischen Ex-Ministerpräsidenten, der ohne diese Einschränkung das Gesetz nicht mitgetragen hätte. Der dachte dabei aber eher an seine schuhplattelnden Trachtenvereine und begamsbarteten Traditionsschützen der berittenen Gebirgsmarine. (Ob das jetzt pflegenswertes Brauchtum darstellt, ist auch durchaus diskutabel, soll aber an dieser Stelle nicht vertieft werden) An uns dachte jedenfalls in diesem Zusammenhang niemand. Kurz: rein rechtlich gesehen ist das, was wir tun, nicht nachweislich legal, sondern bestenfalls geduldet. Eine Rechtssicherheit haben wir nicht. Sind Büttel oder Richter schlecht gelaunt, haben wir Pech. Dass die meisten das in der Regel nicht sind, stellt für mich keine ausreichende Beruhigung dar, denn in derselben Regel kann ich auch nachts U-Bahn fahren, ohne erstochen zu werden. Wenn wir uns auf den Regelfall verlassen, dann bräuchten wir eben fast gar keine Gesetze, schon gar keine verschärften. Gesetze sind für den Ausnahmefall gedacht, also hätte ich eben gerne ein WaffG, welches mich vor einer ausnahmsweise überkanditelten Exekutive schützt. Denn, ich verrate Euch ein Geheimnis, auch bei denen gibt es Idioten. Und nicht zu knapp. Das, was ich mit meinem Waffenladen, scharf oder nicht, mache, gefährdet nichts und niemanden. Sämtliche Waffengesetze und ihre Verschärfungen haben intentional nicht mich und das was ich mache zum Ziel. Allein, das steht so nirgends! Ich habe nicht die geringste Rechtssicherheit. Wenn der Büttel was von "Gefahr im Verzug" murmelt, kann er mehr oder weniger machen, was er will. Ob da wirklich eine Gefahr im Verzug war oder die bloß seiner verqueren Fantasie entsprang, juckt keinen, am allerwenigsten einen Staatsanwalt, dessen Job es ist, immer dann Leute vor Gericht zu verklagen, wenn außer ihm eigentlich niemand einen Grund dazu hätte.