In den besagten Büchern ist von einer "Zwiebelknopffibel" die Rede welche den Mantel/Umhang hält. Ist das was anderes als von dem hier die Rede ist?
Ja. Die Zwiebelknopffibel ist eine schlichtere Art der Bügelfibel. Sie ist in spätrömischer Zeit recht verbreitet. Durch den Bügel hat sie gerade für Mäntel und ähnlichen dicken Stoff, der an der gefibelten Stelle auch noch doppelt liegt, viel Platz, die Nadeln sind für gewöhnlich auch recht robust. Die grundsätzliche Form ist sehr langlebig, es gibt sie schon zu Latène oder Hallstattzeiten. (Da nennt man sie allerdings nicht Bügelfibel, sondern Bogenfibel) Für die Fanken relevanter als die Zwiebelknopffibel, die nach der Form ihrer "Zierknubbel" benannt ist, ist aber die aus dem gotischen Raum stammende Bügelfibel, die nach exakt dem gleichen Prinzip arbeitet, aber stärker verziert ist, vergoldet, oft mit Almandineinlagen. Diese ist in merowingischer Zeit im fränkischen Raum recht verbreitet. Allerdings läuft die Bügelfibel in ihrer klassischen Form bei den Merowingern allerspätestens umd 700 aus. Danach ist sie schlicht nicht mehr in Mode. In der frühen Merowingerzeit haben wir Männer jedoch trotz der guten Fibelbeleglage ein kleines Problem: Fibeln sind in dieser Zeit ausschließlich für die Frauentracht nachgewiesen. In der späten Merowinger- und Karolingerzeit sind Fibeln auch für die Männertracht nachgewiesen. Diese Mode der männlichen Mantelfibeln kommt aus dem mediterranen Raum nach Norden über die Alpen, wo sie im 8. und 9. Jhdt ankommt. Die allermeisten gefundenen Fibeln (Rechteck-, Rund- und Kreuzfibeln) sind allerdings viel zu klein und zierlich, um einen schweren Mantel zu halten. Gleichwohl wurden solche Fibeln gefunden (Beisp. Karolingischer Friedhof Goddelsheim bei Kassel, eine Kreuz-, eine Rechteckfibel) die an Stellen lagen (rechte Schulter / Brust), wo man eine Mantelfibel erwarten würde. Ob das nun sehr dünne, leichte Mäntel waren oder die Fibeln eine andere Art des Mantelverschlusses nur verdeckten / verzierten, sei dahingestellt. Einen klassischen, schweren, doppellagigen Mantel aus gewalkter Wolle etwa hätten diese Fibelchen nie gehalten. Allerdings sind solche schweren, doppelten Mäntel zu dieser Zeit auch aus der Mode, der Trend geht tatsächlich zu leichteren Mänteln, die auch nicht mehr doppelt liegen. Zivil zumindest. Für einen Krieger auf Kriegszug wäre ein solch dünner Mantel nicht besonders nützlich. Es gibt vereinzelte Funde von Fibeln, die ebenfalls einen Bügel aufweisen und später datiert werden, so die Domburg-Fibel, die auf 8. - 9. Jhdt datiert wird. Das ist stilistisch zwar keine klassische Bügelfibel mehr, aber die Funktionsweise ist im Prinzip dieselbe. Man nennt diese Form "Gleicharmfibel". Grundsätzlich findet man diese Fibelform bevorzugt in Gräbern um 700 AD herum, aber auch noch später; regional gesehen eher im nordwestlichen Teil des Frankenreichs. Der gut gekleidete Karolingerdarsteller könnte also nun für seinen (schweren) Mantel eine solche Gleicharmfibel verwenden. Die wäre wohl in der Lage, ausreichend stabil gebaut, einen schweren Mantel zu halten. 8o Die Bildquellen zeigen als Mantelfibel aber durchweg Rundfibeln, meist klein, manchmal auch blumenartig verziert - jedenfalls keine Gleicharmfibeln.
inch: Nimmt man nun die Schnittmenge der Fund- und Bildbelege als Grundlage, dann bleiben einem als Karolinger nur diese kleinen, runden Fibelchen als Mantelspange. Und die, wie schon erwähnt, funzen einfach nicht, außer man hat einen leichten, dünnen Posermantel :whistling: , dann geht das. Die Verlegenheitslösung, von der wir hier reden, ist eine klassischen Ringfibel, in etwa so, wie man sie von den vielen Wikingern, ob auf Märken, in Comics oder in Film und Fernsehen kennt. Diese Form ist zeitlos. Sie ist in ihrer Grundform von 13.jhdt vC bis ins 14. Jhdt nC zu finden. Variationen sind rein stilistischer Natur, was Ornamentik oder Endknäufe betrifft. Es wäre nun schwer nachvollziehbar, dass die Karolinger diese Fibelform nicht gekannt haben sollten, war sie doch vorher, nachher und währenddessen (in Sakndinavien) in Gebrauch. Einzige Erklärung für ein Karolingerloch wäre eine temporäre Amnesie einer kompletten Volksgruppe - pathologisch höchst unwahrscheinlich. Was aber nichts daran ändert, dass die klassische Ringfibel werde in den karolingischen Bildquellen noch im Fundgut auftaucht. Wenn man also einen typischen Karolinger zeigen will, muss man sich irgendwie um die Ringfibel herummogeln. Nur - was ist die nachweislich belegte bessere Alternative?
Da ich die Merowinger als "Vorgänger" der Karolinger ansehe,könnte es doch durchaus sein das sich Gegenstände vererbt haben und halt je nachdem eine andere Fibel durchaus legitim sein kann. Oder befinde ich mich da auf vollkommen falscher Bahn?
Überhaupt nicht. Das ist problemlos möglich. Allerdings wird dieses Argument dann etwas arg gedehnt, wenn wir von mehreren Jahrhunderten reden. Abgesehen davon: Meine Frau hat auch Erbstücke von Oma, würde diese aber nicht tragen, weil sie einfach völlig aus der Mode sind. Und das zweite Problem: Was wollen wir darstellen? Zumeist einen "typischen" Karolinger. Nun ein Vergleich: Selbst wenn es natürlich möglich ist, als Deutscher des 21. Jhdts in einem alten Mercedes SS aus den 1930ern rumzufahren - ist man damit ein "typischer" Autofahrer des Jahres 2015? Man erkennt: "Grundsätzlich möglich" bedeutet für eine (charakteristische) Geschichtsdarstellung noch lange nicht "empfehlenswert".
Ich mache mir bez. meiner künftigen Darstellung auch so meine Gedanke.Die gehen Richtung Handel.Warum sollte es nicht möglich sein eine andere Fibel zu verwenden auch wenn es dafür keinen Beleg gibt? Auch evtl. andere Gegenstände. In einem der Bücher wird ein Grab genannt in dem ein es um einen Gefolgsmann geht der entweder als Söldner in Skandinavien diente oder von dort stammt.
Auch dieses Argument ist recht beliebt in der Darstellerszene und auch dieses Argument ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ja, ein karolingischer Händler, der oft in Skandinavien unterwegs ist und darob die etwas schwerere Variante des Mantels bevorzugt, könnte natürlich auch sinnvolle andere Anleihen von seinem Arbeitsplatz mitbringen. Wär ja auch blöd, wenn er es nicht machte. Ich denke nicht, das Ibn Fadhlan im dünnen Arabergewande durch den nordischen Winter lief. Aber bezüglich des Darstellungskonzeptes stellt sich auch hier, wie beim vorherigen Argument, die didaktische Sinnfrage:
Was will ich
wem eigentlich zeigen? Das kann aber
ich nicht für
Dich entscheiden.