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Collin
Guest
Am Ostermontag habe ich zusammen mit einer ordentlichen Menschenmenge den MA-Markt in der Mainz-Kasteler Reduit, einer renovierten Festung aus dem frühen 19. Jahrhundert, besucht. Vielleicht liegt es an mir, aber mir fällt die zunehmend kommerzielle Ausrichtung vieler Märkte zu Lasten einer authentischen Darstellung und eines mittelalterlichen Warenangebots auf, und dieser Oster-MA-Markt machte da leider keine Ausnahme. Ich kenne natürlich nicht die gesamtdeutsche Situation, sondern kann nur für die Märkte in meiner Region sprechen, die ich besuchte. Ich bin mir vollständig bewusst, dass bei der Darstellung des Mittelalters Kompromisse gemacht werden müssen, aber mir persönlich gefällt es einfach nicht, wenn manche Händler mit Digitalkamera, Händi und/oder Zigarette in ihren Ständen agieren. Ich weiß, dass es so etwas heute gibt und dass man das manchmal benutzen muss. Aber zugunsten eines stimmigen Bildes fände ich es besser, das an verborgener Stelle zu tun (das wurde hier ja schon ausführlich thematisiert). Das Händler-Warenangebot war in Kastel in vielen Fällen aus industrieller "MA"-Produktion, also für den Marktverkauf maschinell hergestellt. Das Positivste, was ich über viele Waren zu sagen hätte, ist bestenfalls 'dekorativ', aber mehr auch nicht. Die Handwerksvorführungen waren unterschiedlich. Eine Buchbinderin konnte ihr Tun sehr kompetent zeigen und erklären, die Akteure auf zwei Schmiedeständen hingegen waren bestenfalls als Anfänger zu bezeichnen, die offenbar noch nie mittelalterliche Objekte in einem Buch oder im Museum gesehen hatten - da wurde lediglich versucht nachzumachen, was andere (mäßige) Schmiede anderenorts auch versuchen, an die Maid oder den Ritter bringen. Eine Wollfilzerin demonstrierte recht gekonnt das Verfahren, was ihr aber wohl nur unter Zuhilfenahme von Gerätschaften des 21. Jahrhunderts möglich war - schade aus meiner Sicht! Ein anderer Aussteller (Händler) hatte zwar qualitativ etwas bessere Messer mit Damastklingen zu bieten, diese waren aber zumeist stilistisch nicht mittellalterlich, einige trugen sogar Solinger Stempel bzw. Klingenätzung. Das bringt mich nochmals zum Thema 'Marktsprech': ich habe Verständnis dafür, dass man sich auf den MA-Märkten vielleicht nicht unbedingt in seiner Alltagssprache ausdrücken möchte. Ich finde es aber geradzu infantil, wenn Händler in ihren Texten am Stand lediglich die vorhandenen 'i' durch ein 'y' ersetzen und das dann für mittelalterlich halten. Das kann selbst auf den unbedarften Besucher nur ziemlich bescheuert wirken! Die Musikdarbietungen waren wohl recht gut, soweit ich das als musikalischer Laie beurteilen kann. Persönlich habe ich es lieber ein wenig leiser und melodischer, aber das ist bei Trommeln und Kesselpauken nun mal nicht so leicht zu machen.... Insgesamt hat es mir gereicht, einmal flott durchzulaufen - wirklich positiv Herausragendes kann ich nach meiner Beobachtung nicht vermelden. Ich habe aber, wenn diese Entwicklung nicht gesteuert wird, die Sorge, dass MA-Märkte zu banalen Jahrmärkten mit Verkleidung verkommen. Freundliche Grüße Jean