Protzen mit Schlichtheit?!...

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Natürlich war das beileibe kein Einheitsbrei ... Nur, was ist ein Bauer? Ein Mensch der einen oder mehrere landwirtschaftlichen Betriebe in Eigenregie und auf eigene Rechnung leitet, im Frühmi und auch noch im HoMi wehrpflichtig, so er genug Land besaß Was ist ein Ritter? Ein Mensch, der einen oder mehrere Landwirtschaftliche Betriebe in Eigenregie leitet, wehrpflichtig mit genug Land ausgestattet, um dieser Aufgabe nachzukommen ... Ein Graf? Ein Mensch mit genug in Eigenregie geführten Landwirtschaftlichen Betrieben (ein oder mehrere) mit Verwaltungsaufgaben. Der Unterschied zwischen dem Sohn eines Ritters, der nicht die militärische Laufbahn einschlagen soll und dem eines "Bauern" , für den das gleiche gilt = erstmal keiner. Erst mit den Ministerialen am Ende des HoMi bildet sich sowas wie ein Ritterstand aus, aus Altfreien und Dienstmannen. Vorher gibts eben Adlige, Freisassen und und und ..., die Mehrzahl lebte von den Einnahmen ihrer "Güter", manch einer mußte selbst mitarbeiten, um über die Runden zu kommen. Dies gilt aber sowohl für "Ritter" als auch für "Bauern". Die Kleidung beider hängt mangels Kleidervorschriften vom Einkommen ab. Man konnte , glaube ich zumindest, nicht erkennen, ob der Mensch jetzt eine "Burg" (Motte o.ä.) bewohnt oder einen unbefestigten Hof. Der eine war Berufskrieger, der andere ? Richtig, hoffentlich trainierter Wehrpflichtiger. Der Ritter hat ein "Gefolge" aus Dienstmannen und anderen, der andere , je nach Einkommen, reiche Pächter als "Dienstmannen". Es gab da noch mehr Unterschiede, aber an der Kleidung konnte man das im Alltag wohl kaum festmachen. An der Begleitung auf "Reisen" denn schon eher, nur die Schlachtrösser der modernen "Ritter" sind ja nicht mit ... Der "Ritter" bezieht sein Einkommen z.T. aus geliehenem Gut, der "Bauer" vom Eigengut. Weswegen besser von Freisassen, Gefolgsleuten, Ministerialen, Hörigen sowie Leibeigenen und früher eben von Freien, Edlen und laten/Liten gesprochen werden sollte. Der niedere Adel entwickelt sich doch erst im/seit dem HoMi ..
 
Ich fürchte, da hat dir die Schule was falsches beigebracht, lieber Wilfried. Ein Ritter war IMMER ein Adeliger, das heisst Grundbesitzer. Ein Bauer war hingegen IMMER der niedrigere Stand. Letzerer war da, um die Arbeiten auf den Gütern des Adeligen (also des Ritters) durchzuführen, während dieser sich um die Politik und damit auch das Wehrwesen kümmerte. Soweit ich mich erinnere, gab es in der christlichen Welt schon recht früh auch Kleidervorschriften, erst, um den Klerus vom Weltbürger abzugrenzen, später, damit die hohen Herren sich von den Bauern abheben konnten. Das ganze jetzt einfach mal ohne weitere Belege, diese stehen an anderen Stellen hier im Forum. (Heisst natürlich nicht, dass es vollständig ist, soll nur mal ganz grob Wilfried's Aussage relativieren und ihr entgegnen)
 
Ojeweh, Wilfired, sei mir nicht böse aber das ist falsch, aber ich mach mal lieber was neues auf.
 
Echt mal, dieses Problem kenne ich! Da gibt man sich Mühe, um diesem "Ritterwahnsinn" in der Schule entgegenzutreten aber das ist ein Kampf gegen Windmühlen, der von allen Seiten boykottiert wird... :heul Eltern: Ach, ich habe gehört, Sie machen gerade Ritter und Burgfräulein in der Schule... Kollegen: Ein schönes Thema, da können sich die Kinder so schön als Ritter und Fräuleins verkleiden... Kinder: Die Burgfräulein hatten Kleider an. Die Ritter hatten Rüstungen an... oder: Die Kinder wurden später Ritter oder Burgfräulein... Burgführer auf der Burg: Ihr seit 7 Jahre? Oh, prima, dann hättet ihr gerade damit angefangen Ritter zu werden - und die Mädchen natürlich Burgfräulein... Es gibt zwei Wörter, die ich nicht mehr hören kann.... :help
Hehe, das kommt mir sooooo bekannt vor! Wir hatten vor kurzem einen Thementag in einer Grundschule, wir sollten den Kindern das Thema "Kleidung" näher bringen. In der Einleitung fragen wir also die Kinder so, wie sie sich vorstellen, wie die Menschen damals (für 1./2. Klasse noch ohne Unterteilung in F/M/SMA) so im Gegensatz zu ihnen gekleidet waren. Als wir also die Frauenkleidung haben und zu der Männerkleidung kommen, entwickelt sich folgender Dialog: Wir: "Und was denkt ihr, was ein Mann so anhatte?" Junge: "Eine Ritterrüstung!" Wir: "Na ja, aber das war ja nur zum Kämpfen. Was trug er wohl, wenn er daheim, also ganz zivil, war?" Junge: "Eine Ritterrüstung!" (...) Wir: "Und aus welchem Material waren dann die Hosen?" Junge: "Aus Metall!" Er war von seiner Überzeugung, dass die Männer alle Ritter und rund um die Uhr in Rüstung waren, nicht abzubringen.
 
Ich habe sehr oft die Erfahrung gemacht, dass die Eltern es auch gar nicht wollen, dass man die Kinder von dieser Meinung abbringt. Eltern (zeigen auf mich): Schau mal ein Burgfräulein. Ich: Ich bin kein Burgfräulein, ich bin eine Ordensschwester. Eltern: Ach, für die Kinder ist das doch egal. Diesen Dialog führe ich so oft, dass ich schreien könnte.
 
Am Wochenende haben wir uns auch mit einem Blidenbauer unterhalten, der erbaut war, dass ich wusste, dass seine Steinschleuder eine Blide oder ein Trebuchet ist - aber KEIN Katapult. Kinder würden oft sagen: "Guck mal, eine Steinschleuder!" Dann käme Papi mit:"Nein, das ist ein Katapult!" Und dann würde er zum 1000sten Mal erklären, dass Sohnemann recht hätte... Am nächsten Tag gab es auf dem Turnierplatz mit einer anderen Blide eine Vorführung. Und der "Herold" hat zu dem Ding dann gefühlte 150 x KATAPULT gesagt... Und ratet mal, wie am Montag das Bild in der Zeitung untertitelt war???!!
 
Lasst mich raten? Katapult? Oder hat der Reporter etwa zugehört? Seit dem jetzt laufenden Schuljahr dürfen wir in unserer Grundschule das Thema Mittelalter nicht mehr begleiten, weil wir den Kindern die Vorstellung von Ritter und Burgfräulein genommen haben... die Eltern waren dagegen, dass wir Mittelalter abseits von Hollywood vermitteln wollten.
 
Swanhild: geht uns/mir auch so, mit meinen langweiligen Klamotten, denen "selbstgezimmerten" Kochtöpfen (die sprechen von Tongrappen) und denen "unschpäktakuäre" Bücher (wir sprechen von handgeschriebenen, handgebundenen,...) könnte ich zu Hause bleiben, sie hätten jetzt eine RICHTIGE Gruppe gefunden, die das viel besser machen... öhm ja, die RICHTIGEN kommen in Jeans, Turnschuhen (immerhin schwarz) darüber ein Baumwolllappen mit einem bösen Drachen drauf (natürlich in rot gold mit Blinkiblinki-Borte aus ganz vielen Polytierchen)... die haben keine Kopfbedeckungen aber jeder zwei Langschwerter anhängen.... dazu dann Kettenhemd und Rüstung (wunderschöne Übersicht aus mind. 500Jahren und dem Faschingsladen um die Ecke) :kopfhau :kopfhau :kopfhau :kopfhau :kopfhau
 
Nicht nur in der Schule auch im Personenkreis, welcher sich nicht mit dem Thema beschäftigt.
Eine Bekannte, deren Sohn ich neulich mal auf einem Lager dabei hatte, brachte mir gestern einen großen Erdbeer-Spankorb mit, der würde doch so gut zum Mittelalter passen... ?(
 
Mein Sohn war bei seiner Geschichtslehrerin unten durch, als sie in der 6. Klasse erklärte, dass man im Mittelalter nur schwarz und braun (Also "Schafsfarben") getragen hätte. Am nächsten Tag nahm er sich 3 Proben pflanzengefärbte Wollstoffe mit: Zwiebel, Krapp und Indigo. Zwei sachen hat er an diesem Tag gelernt: Eine Lehrerin hat auch nicht immer recht - aber man sollte sie als Schüler nicht vor der ganzen Klasse darauf hinweisen... :whistling:
 
@Mara: Richtige Größe einer Lehrerin ist, wenn sie vom Kind daraufhingewiesen wurde, dass sich die Mode im MA sehr wohl unterschieden hat, sie einem dann abends anruft, am nächsten Tag bei einem vorbei kommt, sie sich kiloweise Bücher ausleiht und jetzt das Hobby teilt :))))
 
@ Mara: Das Erlebnis hatte die Tochter meiner Freundin auch, als sie die Lehrerin verbesserte, dass die dreizinkige Gabel im Buch eine Heugabel und keine Mistgabel sei, weil durch die wenigen, weit auseinanderstehenden Zinken der Mist ja durchfalle... Die Lehrerin bestand aber weiter auf ihre Mistgabel, so dass die Freundin dann aufklärend bei ihr angerufen hat... Kam sicher auch nicht so gut bei der Frau an - dafür aber bei der Tochter! @ Annie: Na hoffentlich waren wenigstens noch die Erdbeeren drin!
 
Am Wochenende haben wir ja zum ersten mal unser Zelt auf einem Markt aufgeschlagen. Wir also im naturfarbenen Leinenzelt ( so ziemlich das einzige zwischen weiß und bunt), mit teilweise schon recht anständig recherchierten Klamotten (viel Wolle und Leinen, kaum Borten und Schnickschnack, ich immer brav mit Kopftuch, mein Mann besitzt weder Schwert noch Rüstung). Unsere Möbel schön funktional, Tisch auf Dreibeinböcken, Seilbett, nichts pompös bemalt, zum Essen das gute Selbstgetöpferte und-geschnitzte auf dem Tisch,... ... da kommt ein Ritter in unser Zelt, guckt sich interessiert um, guckt uns an und meint: "Ahhh, ihr macht also eine einfache Darstellung, UM AUFZUFALLEN! (zwischen all den Rittern hier...)" Ah ja, so hatte ich es noch gar nicht gesehen! Dekadent aber auch!
Nunja das ist doch immerhin mal was anderes *lach*Ich kenn leider die andere Seite , das man z.b während ich in meiner Handwerker-klamotte( gerade beim Bronzeguß aushife und jemand in Plaste-Blinke-blinke zur mir meint das ich mit meiner Hobbit-darstellung doch irgendwie fehl auf dem Markt wäre........ :kopfwand
 
So in etwa Hummelchen. Meine "ahlen" Lappen (gemeint war mein Schlupfärmelkleid walnussgefärbt) wären nicht gut genug. Ich habe nur versucht zu erklären das bei uns im Ort eben keine "Riddas" und Burgfräulein gelebt haben. Ich habe Nachhilfeverbot bei den Kindern, wenn es um Geschichte geht. Ansgar, ein Hobbit also wirklich :D
 
Ja, leider unterrichten die Schulen nurnoch das, was alle erwarten, da der Widerstand nicht so groß ist wie gegen das, was wahr ist... Also lernt man über das Mittelalter: Viele Kriege, Tod und Teufel, gottesfürchtig, Ritter, Burgfräulein und ein paar Bauern haben gemuckt und sich niedergerungen worden. Und dann natürlich noch der König und seine Königin.
 
Wir also im naturfarbenen Leinenzelt ( so ziemlich das einzige zwischen weiß und bunt)
Ja das kenn ich. Und ich kann auch bestätigen, daß ein Leinenzelt (Speichenrad) auch ob seiner Schlichtheit viel bewundert wird (...und ihr schlaft tatsächlich hier?). Aber für wen mach ich meine Darstellung? Für den typischen Marktbesucher in Gewandung, mit allem behängt was der Geldbeutel hergibt (nennt man Multiarmus medivialis)? Sicher nicht! Ich mache meine Darstellung zuerst für mich selbst, und der Wein schmeckt aus einem Becher von Ilia definitiv besser. In zweiter Linie dann für den interessierten Besucher der dann auch Fragen stellt. Hollywood ist neben an. Das heißt, den Anspruch stelle ich an mich selbst, nicht an die Besucher. Aber solche Veranstaltungen sind in erster Linie da um Geld zu verdienen. Und das Klientel will bedient sein. Alle wollen Spaß, ich auch. Und Spaß kann man auch haben, wenn man sich über die Nachbarn unterhalten kann....nein wir lästern nicht :nein Und nix ist lästiger als irgendwelche Besserwisser die einem erklären wollen, daß es im Mittelalter noch kein heißes Wasser gab :keule1 Nee echt, hat ein Papa vor unserem Lager mal zu seinem Sohn gesagt als der dampfende Kessel überm Feuer hing. Also, eigene Ansprüche ganz hoch, Ansprüche an die Mitlagerer niedriger und Ansprüche ans Publikum ganz niedrig. Dann hat man ein paar super nette Tage im MA. In diesem Sinne ein Grüßle von Doralf
 
Also, eigene Ansprüche ganz hoch, Ansprüche an die Mitlagerer niedriger und Ansprüche ans Publikum ganz niedrig. Dann hat man ein paar super nette Tage im MA.
Ja, das mag auf dem Markt gehen... aber in Bildungsinstitutionen erschrecken mich die Zustände schon "etwas"... 8| Denn da sollte es nicht um einen "netten Tag" gehen, sondern um korrekte Wissensvermittlung. Leider liegt der Schwerpunkt in Schulen im Moment eher auf den Naturwissenschaften, denn Archäologen, Geschichtswissenschaftler etc. braucht Deutschland grad nicht... :wacko:
 
Leider liegt der Schwerpunkt in Schulen im Moment eher auf den Naturwissenschaften, denn Archäologen, Geschichtswissenschaftler etc. braucht Deutschland grad nicht... :wacko:
Och, ich finde das ganz gut. So kann ich meine Schüler aus chemischer Sicht Pflanzenfarben mit historischem Hintergrund entdecken lassen und das auch noch gleich mit der Biologie verbinden (Stichwort: fächerverbindender Unterricht). :D
 

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