Ich möchte mir erlauben, an dieser Stelle, doch noch einmal meine persönliche Meinung zum Ausdruck zu bringen: 1.Wir sollten klar unterscheiden zwischen Lesefunden auf, zTl. privaten, Äckern, und gezielten Sondierungen von archäologisch fundträchtigen, aber bis dato unangetasteten Arealen. Ich finde es schon recht bedeutsam, ob seit Jahrzehnten , oder noch länger, bebautetes Ackerland, welches durch z.B. Tiefpflugschäden (Und ich weiß was ich hier sagen, denn ich bin auf einem Bauernhof großgeworden ) eine komplette Zerstörung von relevanten Horizonten zeigt, nach entsprechenden Oberflächenfunden abgesucht wird, oder ob man wie im Falle von Nebra eine bis dato jungfräuliche Schicht zerstört. Im ersten Falle wird gerettet was zu retten ist, da es bereits eh an der Oberfläche liegt. Der Fundzusammenhang ist per se gestört, bzw. existiert so gut wie gar nicht mehr, und in nur wenigen Ausnahmefällen hat man das große Glück, den vom Pflug "abrasierten" Bodenteil einer Urnenbestattung zu finden. Im zweiten Fall, wo bis dato unberührtes Gebiet betreten wird sieht das schon etwas anders aus. Hier ist die Horizontschichtung noch intakt, und für den Archäologen manchmal wichtiger und wertvoller als das Fundobjekt selbst. Ist ja auch verständlich, denn darauf basiert ja auch die moderne Archäologie mit ihren ganzen Untergebieten wie Anthropologie, Archäobotanik etc. 2. Ich persönlich lehne jede Form der Raubgräberei ab, also ein gezieltes Suchen von Funden in unberührten Tiefen, mit der damit verbunden Horizontzerstörung. Diese Funde gehören, wenn gezielt oder durch Zufall entdeckt, an das zuständige Denkmalamt gemeldet, um dann professionell geborgen zu werden. 3. Sondengängerei ist imho zunächst einmal kein Vergehen, sofern nicht das getrieben wird, was ich unter Punkt 2 geschrieben habe. Eine Suche nach Lesefunden könnte, nach entsprechender Gesetzeslage, möglich sein und Sonden werden ja auch von den Archäologen eingesetzt. 4. Um direkt gleich jeder Kritik an Punkt 3 einen Riegel vorzuschieben: Ich würde es durchaus begrüßen, wenn Archäologieinteressierte Laien entsprechend geschult würden, und die entsprechenden Denkmalschutzämter durch regelmäßige Feldprospektionen ( auch mit Sonden) entlasten, und nach jedem Plügen die Äcker auf Funde untersuchen. Wenn man mal nur als Vergleich sieht, wieviele Menschen mit Jagdschein, durch hunderte von Arbeitsstunden, die wenigen staatlichen Förster unterstützen, obwohl sie das ehrenamtlich machen, ist dieses Argument vielleicht etwas nachvollziehbarer. Und wenn man sich die Entwicklung in unserem Land ansieht, daß selbst bis dato hoheitliche Aufgaben, in Teilen, an Privatpersonen oder Organisationen abgegeben werden, wäre auch das im Bereich der Archäologie denkbar. 5. Nicht jeder Lesefund ist spektakulär, sondern meistens eine Art Massenware. Auch der Zustand der Objekte ist nicht unbedingt immer museal.Ich denke nach wie vor, daß wenn man geschulten Laien die Möglichkeit läßt ihre abgelieferten Funde, nach entsprechender Taxierung, zum Teil auch zu behalten, dann wäre das ein Weg einmal definitiv alle Funde zu sichten, und weiterhin den illegalen Markt zu zerschlagen. Wichtig ist aber dafür eien Vertrauensbasis zwischen Sucher und Denkmalamt, und die wird dann funktionieren, wenn der Sucher sieht, daß selbst unbedeutetnde Funde ihm nicht mehr aus der Hand gerissen werden, 1 x abphotographiert werden, und dann mit einem kleinen Zettelchen versehen in irgeneiner großen Kiste im Keller verschwinden. 6. Zum Thema Funde: Bisher war man in der Archäologie der Meinung, daß Funde, wenn sie derzeit nicht zu bergen sind, am besten im schützenden Boden verbleiben sollen. Das ist leider nicht mehr ganz so richtig, da sich die Bodeneigenschaften seit Beginn der Industrialisierung, der Massentierhaltung und der modernen Landwirtschaft deutlich zu ihrem Nachteil verändert haben. Leider konserviert der heutige Boden in vielen Fällen und Regionen nicht mehr, sonder er zerstört. Gerade Metallobjekte müssen jetzt dringender denn je aus dem mit Chloriden, Sulfiden und Nitraten belasteten Boden geborgen werden um eine fortschreitende Korrosion zu stoppen. Heutzutage weisen z.B. Bronzeobjekte nämlich leider nicht mehr die schützende museale Malachitpatina auf, sondern die hellgrüne, fortschreitende und tiefzerstörende Chloridpatina. Also gibt es einen gewissen Zeitdruck für die wenigen Archäologen, verglichen mit der Vielzahl der ungeborgenen Objekte. 7. Rettungsgrabungen: auch hier ist ein Zeitdruck vorgegeben, den die wenigen Archäologen kaum bewältigen können ( und das auch noch bei immer knapperen finanziellen Mitteln). Also auch hier: warum sollte man nicht interessierte Laien als Grabungshelfer einsetzen. Viele langjährige Grabungen machen das bereits und bieten Grabungswochen an. Und wenn ich z.B. die rheinischen Braunkohlereviere sehe, wo der Archäologe im Angesicht der riesigen Baggerschaufel verzweifelt versucht zu bergen was zu bergen ist, dann kommen mir schlichtweg die Tränen. Anderes Beispiel: in einer rheinischen Großstadt, deren Namen ich hier nicht nennen möchte, wurden vor vielen Jahren in einer gigantischen Baugrube mehrere Brunnen freigelegt. In jedem dieser Brunnen wurden hunderte von intakten mittelalterlichen Keramiken gefunden. Was passierte: Um alles abzutransportieren, wurden diese Keramiken in Kisten gepackt, und weil die Deckel aufgrund der Menge nicht zu schließen waren, wurden die obertsten, bis dahin intakten, Gefäße zerschlagen ! Tolle Nummer ! :thumbdown: Aber Hauptsache geborgen. Und diese Problematik läßt sich unendlich fortsetzen, egal wer letztendlich den Schaden verursacht. Resümee: Ich bin ein Gegener von gezielter Raubgräberei, habe aber persönlich keinerlei Berührungsängste, wenn geschulte Sondengänger ihre Lese (!)-Funde einem Experten vorlegen, die Spreu vom Weizen getrennt wird und der Finder dann den Rest, von mir aus auch nach gründlicher Dokumentation behalten darf, sofern also kein öffentliches Interesse an diesen Objekten vorliegt. Ich denke die Magazine sind mittlerweile voll genug. Einzige Einschränkung sei hier nur die Region in der der Fund gemacht wurde. Es ist klar, das im Rheinland eine römische Bronzefibel kein Highlight ist, aber ein bis dato für die Region unbekannter Feuersteinabschlag vielleicht schon. Aber hierzu ist ja der fachmann da um die regionale Bedeutung des Objektes zu prüfen. Ich bin nun kein gelernter Archäologe, kenne aber die, auch hier vehement geführte, Diskussion zu diesem schwierigen Thema sehr gut, da ich sie als langjähriger Abonnent der Fach-Zeitschrift " Archäologie in Deutschland" oft genug zu lesen bekommen habe. Daher kenne ich vor allem die Argumente der Archäologischen Seite besonders gut. Nur ich denke, um auch in Zukunft Funde machen zu können, muß man einfach auch mal neue Wege gehen. Jedenfalls ist imho eine pauschale Kriminalisierung von Sondengängern nicht der richtige Weg.