Hi, auch wenn das Thema schon so gut wie gegessen ist, will ich noch kurz meinen Senf dazugeben. Die Stahlbezeichnungen oben sind typische Bezeichnungen für Stahl, die man im Internet oder in Broschüren öfters liest. Daran ist auch zunächst nichts falsches. Einen 105W1 als Kohlenstoffstahl zu bezeichnen ist absolut korrekt. Aus der Bezeichnung allerdings auf grundsätzliche Eigenschaften zu schliessen ist nicht möglich. Für viele Stahlsorten würden mehrere der Bezeichnungen zutreffen. Ein C60R z.B. ist ein Kohlenstoffstahl(Carbonstahl) da sein wichtigstes Legierungselement der Kohlenstoff (in diesem Fall ca. 0,6%) ist. Sein bevorzugter Einsatzzweck laut Datenblättern ist als Baustahl im Maschinen- und Fahrzeugbau und bei einem Gehalt von 0,02% Schwefel und Phosphor ist er gleichzeitig ein Edelstahl. Ausserdem ist er in Bezug auf seine Eigenschaften vergleichbar mit den meisten typischen Federstählen. z.B. 51CrV4 und 56Si7, weswegen er und seine Derivate gerne für Präzisionsfedern verwendet wird. Bei Messermachern ist der etwas weniger reine und leichter zu beziehende CK60 sehr beliebt für robuste Messer. Der Umkehrschluss ist, dass die Stahlsorten bei gleichem Typ sehr unterschiedliche Eigenschaften haben können. Ein C45 E und ein C125W sind beides Kohlenstoffstähle, aber während der C45E einfach und unkompliziert zu verarbeiten ist, verlangt einem der C125W schon einiges mehr an Können ab, wenn es ums Schmieden geht. Und dabei ist das einzige Element das den Unterschied ausmacht der Kohlenstoff (0,45 bzw 1,25% Kohlenstoff). Dafür wird der C125W aber um einiges härter und schnitthaltiger wenn man ein Messer machen will, während der C45E selbst für ein robustes Haumesser nur schlecht geeignet wäre. Das gleiche gilt für die anderen Bezeichnungen. Ein Baustahl wie S235JR lässt sich leicht schmieden und umformen, dafür lässt er sich nicht härten. Ein C60R ist schon etwas zäher zu verarbeiten lässt sich aber gut härten. Ein Messerstahl wie 1.2842 oder der C105W1 (beide rostend) lassen sich zum Beispiel beide unter normalen Bedingungen härten. Ein X70CrMo15 dagegen stellt selbst die meisten Messermacher vor eine Herausvorderung beim härten, da er wesentlich höhere Temperaturen und eine Kältebehandlung benötigt. Bei Federstählen sollte man ebenfalls vorsichtig sein. Während ein 51CrV4 bei einer typischen Härtetemperatur von 780 bis 800 Grad noch ein bisschen hart wird, kann man einen 56Si7 damit kaum beeindrucken. Als abschliessende Empfehlung kann man wohl sagen: Am besten ist es immer wenn man genau weiss was man verarbeitet. Werkstoffnummer, Kurzbezeichnung oder ähnliches. Dann kann man nachschlagen wie man den Stahl behandeln muss und wofür er geeignet ist. Um das obige Thema aufzunehmen: Bei reinen Kohlenstoffstählen ohne weitere nennenswerte Legierungsbestandteile, kann man alles bis 0,3% C verwenden, also z.B. den normalen S235(st37) um Töpfe, Pfannen und andere Alltagsgegenstände zu schmieden. Um die 0,45%C ist klasse für Rüstungsteile, 0,6-0,8%C ist interessant für scharfe Schwerter und Haumesser. Und zwischen 0,8 und 1,5%C ist der Stahl hervorragend geeignet um sehr scharfe, schnitthaltige Messer herzustellen. Generell gilt je mehr C desto härter und schnitthaltiger, aber auch empfindlicher ist der Stahl. Bei weiteren Legierungselementen verändern sich die Eigenschaften teils drastisch. Für Anfänger ist es empfehlenswert erstmal nicht über 0,8%C hinauszugehen Gruss Jörg