Ich greif mal weit aus und fange ganz unten an. Ein signifikantes Problem bei der Wissensvermittlung an Laien ist der Umstand, dass ein großer Teil des korrekten Fachwissens in der Regel nur mit einem ordentlichen Vorwissen zu verstehen ist. Ich kann etwa in Mathematik niemandem erklären, wie Potenzen funktionieren, wenn er nicht vorher verstanden hat, wie das Multiplizieren geht. Das ist in jeder Wissensdisziplin so, sobald die Themen komplexer werden. Um nun komplexere Themen halbwegs verständlich erklären zu können, obwohl das Gegenüber kein ausgebildeter Fachwissenschaftler ist, muss der Lehrende auf eine Methode zurückgreifen, die man "didaktische Reduktion" nennt. Dabei versucht der Lehrende, den Stoff zu kürzen, zu vereinfachen und Teilbereiche wegzulassen oder diese vorgelagerten Teilbereiche zumindest nur arg verkürzt zu erwähnen, so dass er einen komplexeren Sachverhlt halbwegs erfolgreich vermitteln kann, ohne dem Lernenden vorher ein Grundstudium angedeihen lassen zu müssen. Diese didaktische Reduktion erfordert aber Erfahrung, Fingerspitzengefühl und einen guten Instinkt, was die wegzulassenden oder zu vereinfachenden Bereiche betrifft. Denn mit jeder eigentlich notwendigen Information, die fehlt, wird der eigentliche Lernstoff natürlich wackeliger, löchriger und schlechter untermauert. Fehlen entscheidende Informationen, wird er trotz aller Bemühung unverständlich. Wird er dann auf ein noch verständliches Maß modifiziert, wird er mitunter aus rein fachlich-objektiver Sicht schlicht unwahr. "Lehren heißt Lügen" ist ein alter Grundsatz unter Lehrern, zumindest unter solchen, die sich mit Pädagogik und Didaktik auskennen. Die Kunst besteht darin, eine Balance, einen goldenen Mittelweg zu finden, zwischen zwar wissenschafltich korrektem, aber für den Empfänger völlig unverständlichem Wissen und andererseits leicht verständlichem, aber absolut unwahrem Wissen. Selbstverständlich hat auch die beste didaktische Reduktion ihre Grenzen; einem Zweitklässler ist die Theorie einer physikalischen Singularität im Innern eines scharzen Loches selbst mithilfe der talentiertesten didaktischen Reduktion nicht zu vermitteln. Diese Balance, diese Kunst, einen Lernstoff didaktisch gut aufzubereiten, ist eben genau das: eine Kunst. Eine Kunst, die insbesondere in Deutschland leider völlig vernachlässigt wird. Allzu oft legt man hierzulande die Wissensvermittlung in die Hände von Fachwissenschaftlern oder sonstigen dedizierten Fachleuten, die auf der einen Seite fachlich gnadenlos überqualifiziert sind, auf der anderen Seite aber didaktisch völlig unbedarft. Es herrscht die Ansicht vor, der Lehrende müsse fachlich hochqualifiziert sein, der Rest (Pädagogik, Didaktik) sei eigentlich nicht so wichtig und komme schon von allein. Mit der Folge, dass man z.B. am Gymnasium Diplomphysiker vor fünfte Klassen stellt und sich wundert, wenn die dann in Mathe nichts schnallen. Das andere Extrem sind sogenannte "populärwissenschaftliche" Plattformen, wie etwa PM, WDW, Galileo usw. Die Macher dort sind in aller Regel Journalisten, die - nichts gegen diesen Beruf an sich - weder Ahnung von Didaktik noch von der Fachwissenschaft haben. Die beherrschen die Kunst, sich mal kurz etwas Pseudowissen anzulesen und dann daraus einen schmissigen Artikel zu formen. Nicht mehr und nicht wengier. Das sollte man immer im Kopf behalten, wenn man sich mit solchen Magazinen beschäftigt. Wie wenig Ahnung die haben und wie abstrus teilweise die Aussagen sind, die dort vermittelt werden, merkt man immer wieder dann, wenn man sich mal einen Artikel oder eine Sendung zu einem Thema reinzieht, mit dem man sich selbst wirklich gut auskennt. Da langt man sich dann an den Kopf und wundert sich, wie jemand solch teils blühenden Unsinn verzapfen kann. Bei Themen, zu denen man sich selbst nicht wirklich gut auskennt, fällt einem das wegen der Fähigkeit der Leute, schmissige, schön anzuschauende und kurzweilige Artikelchen oder Filmchen zu schaffen, nicht auf. Da denkt man sich: "ach, die können aber gut erklären, das ist doch eigentlich ganz einfach und verständlich." Es gibt nun eine Untergruppe der Journalisten, die sowohl von bestimmten Themenbereichen wie auch von Didaktik leidlich Ahnung haben. Diese Leute nennt man "Wissenschaftsjournalisten" und findet sie etwa auf Plattformen wie "Bild der Wissenschaft", "Archäologie in Deutschland" oder ähnlichem. Man erkennt sie unter anderem daran, dass sie eine zu dem Thema, über das sie referieren, passende(sic! Das wird oft missbraucht, um Glaubwürdigkeit zu schaffen, wo keine angebracht ist, etwa von Beratungsfirmen. Ein "DR. Müller" hat nicht automatisch Ahnung von Allem, er hat in einer Disziplin seinen Doktor gemacht, auch wenn er jetzt so tut, als ob er auch in allen anderen Bereichen klugscheißen kann) akademische Ausbildung, meist mit entsprechendem Titel haben (MA, dipl., oft auch Dr. ...). Zusätzlich dazu haben häufig eine journalistische und/oder didaktische Zusatzausbildung, teils über Lehramt, teils eben als Journalist. Leider neigen viele Leute, die über irgendwelche "wissenschaftlichen" Themen irgendwelche Artikel in irgendwelchen Magazinen schreiben, dazu, sich hochtrabend "Wissenschaftsjournalist" zu nennen. Das macht aber den Artikel oder die Plattform nicht seriöser. Speziell die vielen, sich in letzter Zeit stark vermehrenden populärwissenschaftlichen Plattformen, wie eben die oben genannten nebst zahlrecher Ableger und Klone, sind also als Klolektüre oder seichte Zerstreuung mit minimalem bis moderatem Bildungsanspruch durchaus geeigent und besetzen damit auch eine wichtige Nische. Man verstehe mich nicht falsch, ich halte diese Zeitschriften un Sendungen grundsätzlich für ein an sich löbliches und nützliches Mittel gegen die totale Volksverblödung und sehe/lese sie auch gerne selbst. Aber es ändert nichts daran, dass sie Laienwissen und Pseudowissenschaft vermitteln, keine verlässliche und seriöse Bildung. Sie sind gut geeignet, um sich ein erstes Bild von etwas zu vermitteln, zu erkennen, was es alles gibt und ob einen das interessieren könnte, aber darauf verlassen darf man sich um Himmels willen nicht. Die Leute, die das schreiben, sind weder dedizierte Fachleute noch dedizierte Didaktiker, sie sind lediglich Laien mit einer guten "Schreibe".