Wie authentisch soll es sein bzw. wieviel Eigenkreativität ist erlaubt?

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@ hummelchen: aber wenn es nicht gottgefällig ist sich mit tand zu behängen, dann haben die adeligen wohl was falsch gemacht und die bischöfe und anderen hohen kirchenämter auch :huh: außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass die menschen an den überlebenskampf gewöhnt waren und er zum alltag wurde wie unser job oder das einkaufen gehen. ich bin raus, ich merk schon ich kann nur verlieren und dann bin ich wieder der buh-mann der nix kapiert ;) tschüss
 
Aus leidvoller Eigenerfahrung heraus kann ich nur sagen: Vorsicht mit Spekulation in solchen Bereichen. Wenn auch einige Argumentationen hier äußerst logisch aufgebaut und nachvollziehbar sind, immer darauf achten, wenigstens einen Beweis ( Fund, Abbildung, Beschreibung in einem Codex, etc) anzugeben, da es Leute gibt, die nur darauf lauern, die Glaubwürdigkeit einer anderen Person zu untergraben um sie zu erniedrigen und sich selbst dadurch besser darzustellen. Nur mal so am Rande...
 
Ola! Wenn Authentizität angestrebt wird kann man sich nur an Funden, Abbildungen u. Schriften orientieren. Um entsprechend darzustellen kann man schlecht sagen "es gibt keinen Beleg, dass es nicht so gewesen ist, also kann ich es verwenden". Vielmehr benötigt man einen Beleg dafür, dass es eben so gewesen ist. Das ist für mich persönlich Authentizität in der historischen Darstellung. Das ist natürlich nicht leicht und setzt sehr viel Recherche voraus. Ich bin mit meiner Darstellung in der Hinsicht auch lange noch net zufrieden. Aber der Weg is ja das Ziel :) Aber auf die ursprünglich Frage nochmal zurückzukommen. Ich denke, du müsstest da sowohl Zeit als auch Region viel stärker eingrenzen. Ich glaube so Pauschal wird sich da keine Antwort finden. Viele Grüße Jörg
 
@T-T-B: Du bist nicht der Buhmann, du hast einfach eine andere Herangehensweise als ich... ich würde dich aber dafür keineswegs als -achwasweissich- bezeichnen. Jeder soll dieses Hobby nach seinem Gutdünken darstellen! ich verurteile da niemanden. Nur bitte die speziellen Begriffe wie z.B. Living History dann nicht verwenden, sonst kommt es zu Missverständnissen. Das ist wie bei e-Bay, wenn man dort nach einem Gartenstuhl sucht, dann möchte man einen solchigen käuflich erwerben, keinen Wohnzimmersessel, den vielleicht der eine oder andere auch als Gartenstuhl benützen würde... :) Ich für mich halte es so, dass wenn ich es nicht belegen kann ich entweder darauf hinweise, dass das "p" wie praktisch ist oder ich versuche darauf zu verzichten. und Ja, die Reichen, die den Armen vormachten, dass Geiz, Gier, Habsucht und Stolz nicht gottgefällig ist, die haben sich genau dieser Sünden strafbar gemacht!
 
Zu den gefärbten Stoffen: Mit Sicherheit wird der einfache Bürger und Bauer keine Mittel (und auch keine Zeit!) gehabt haben, Wollstoff zu färben. Erstens: es dauert zu lange ... so viel Zeit hatte niemand, der das nicht beruflich macht. Auch nicht Sonntags und im Winter. Zweitens: das Färbematerial ist viel zu aufwendig und langwierig zu sammeln, warum sollten sie das getan haben? Drittens: Worin sollten sie diese Mengen färben? Es dürfte wohl kaum ein einfacher Bürger einen 50 Liter Topf besessen haben .... Viertens: Beize dürfte für "Otto-Normalverbraucher" unerschwinglich gewesen sein Und zu guter Letzt: die Notwendigkeit bestand einfach nicht, da der einfache Mensch mit Sicherheit andere Sorgen hatte als in bunten Kleidern oder mit geschmückten Kleidern rumzulaufen, und wie Hummelchen schon mehrfach schrieb: es schickte sich einfach nicht. Die Denkweise des mittelalterlichen Menschen, die Vorschriften der Kirche zu befolgen war eine völlig andere als wir uns vorstellen können. Das selbe kann man auch für das schmücken von Kleidern sagen: Wann und warum und vor allem; womit sollten die Leute ihre Kleider verziert haben? Gefärbtes Wollgarn? An einem fadenscheinigen, grauen Kleid aus grober Wolle? Warum? Und vor allem wo? Am Halsausschnitt? Den sieht sowieso keiner, da der meistens auch noch verdeckt ist durch das Kopftuch oder ein Schultertuch. An den Ärmelsäumen oder gar am Saum unten? Warum? Wird es doch da bei der Arbeit ständig dreckig und dort verschleißt das Kleid am schnellsten. Lohnt sich also nicht mal ....
 
Hmm für die Bauern klingt das ja alles wirklich logisch, aber was ist mit den Handwerkern und Händlern? Auch wenn ich bedenke, dass es unter Umständen Familienberiebe waren und die Frau beim Bauen, Basteln und Werken mitgeholfen hat und dann noch den Haushalt führte hat sie unter Umständen doch mehr Zeit für Spielereien wie Zierden am Kleid und eventuell auch mehr Geld dafür. Warum sollte ein Händler seiner Frau nicht auch mal was Gutes tun? Ein Fellhändler z.B. irgendwo einen kleinen Fellbesatz, oder ein Perlenhändler vielleicht eine Kette? Klar, soche Dinge sind teuer und man wird sie lieber verkaufen wollen, als Geld an seine Frau oder sich selbst zu verschwenden, aber tritt auch da eine Kleiderregelung in Kraft? Sieht der Goldschmied also genauso aus, wie der Böttcher, oder der Schmuckhändler genauso, wie ein Wollhändler?
 
die meisten Städte hatten Kleiderordungen in denen ganz genau beschrieben wurde, was darf und was nicht: Der Rat der Stadt Leipzig erlässt eine neue Willkür und Polizeiordnung 31. März 1463 Item, daß keine Jungfrau mehr denn ein Spängchen und keine Reiherfedern oder Straußfedern zum Tanz oder sonst zur Wirtschaft oder auch öffentlich auf der Gasse tragen soll. Item, daß keine Frau noch Jungfrau mehr denn ein paar Sammetärmel, einen Tag zu tanzen oder [zur] Wirtschaft, tragen und zumal kein gülden Sammet zu ihrer Zierung haben soll. Item, daß keine Frau noch Jungfrau kein Vechel, Seiden noch sonst mit Ringen, Spangen oder allein über die Achsel oder sonst angeheftet tragen soll. Item, daß das Gesetz [für] Frauen und Jungfrauen, Jüpchen noch Koller nicht zu tragen gehalten werde, daß da beginnt abzunehmen. [...] Urkundenbuch der Stadt Leipzig, 1. Band. / entnommen aus „Leipzig: Dokumente und Bilder zur Kulturgeschichte“ von Wolfgang Schneider (1990, Gustav Kiepenhauer Verlag Leipzig und Weimar) Es wurde also sozusagen jedes Fädelchen am Kleid geregelt, da ist nichts mit sich mal kurz mit irgendeinem Fell oder Silberspängchen zu schmücken! DAS ist VERBOTEN!
 
Zum Thema Kleiderordnung: Es gab nicht nur Kleiderordnung sondern auch Verordnung, welches das tragen von Pelz, Schmuck und Schuhe regelten. zb. Auszug aus einer Verordnung der Stadt Frankfurt am Main ca. 1453 "Gefärbte Schuhe und Spitzen oder Schnäbel daran wird den Dienst- und Handwerksgesellen verboten, doch mögen sie Geiß-Schuhe tragen..... Ferner gab es noch Verordnungen zu welchem Anlass was getragen werden durfte. Diese Regelung gab es nicht nur in Städten sondern auch auf dem Land. Hier regelte der der Fronherr was getragen werden durfte.
 
die meisten Städte hatten Kleiderordungen in denen ganz genau beschrieben wurde, was darf und was nicht: Der Rat der Stadt Leipzig erlässt eine neue Willkür und Polizeiordnung 31. März 1463 Item, daß keine Jungfrau mehr denn ein Spängchen und keine Reiherfedern oder Straußfedern zum Tanz oder sonst zur Wirtschaft oder auch öffentlich auf der Gasse tragen soll. Item, daß keine Frau noch Jungfrau mehr denn ein paar Sammetärmel, einen Tag zu tanzen oder [zur] Wirtschaft, tragen und zumal kein gülden Sammet zu ihrer Zierung haben soll. Item, daß keine Frau noch Jungfrau kein Vechel, Seiden noch sonst mit Ringen, Spangen oder allein über die Achsel oder sonst angeheftet tragen soll. Item, daß das Gesetz [für] Frauen und Jungfrauen, Jüpchen noch Koller nicht zu tragen gehalten werde, daß da beginnt abzunehmen. [...] Urkundenbuch der Stadt Leipzig, 1. Band. / entnommen aus „Leipzig: Dokumente und Bilder zur Kulturgeschichte“ von Wolfgang Schneider (1990, Gustav Kiepenhauer Verlag Leipzig und Weimar) Es wurde also sozusagen jedes Fädelchen am Kleid geregelt, da ist nichts mit sich mal kurz mit irgendeinem Fell oder Silberspängchen zu schmücken! DAS ist VERBOTEN!
...wobei man überlegen könnte: Warum war es verboten? Ein offizielles Verbot entstand wohl zumeist aus dem Bedarf für ein Selbiges. Es haben also vielleicht, oder sogar wahrscheinlich (?) zuvor Frauen die behandelten Stücke getragen. In welcher Form und Häufigkeit bleibt aber Spekulation, viell. aber genauso wie im Gesetz beschrieben... ...offizielle Institutionen (Stadtrat/Kirche...) nahmen daran Anstoß und setzten entsprechende Gesetze in Kraft. ...oder die Gesetze wurden rein präventiv erlassen - wobei der bürokratische Aufwand aber wiederum auch dagegen spricht.
 
offizielle Institutionen (Stadtrat/Kirche...) nahmen daran Anstoß und setzten entsprechende Gesetze in Kraft.
Das ist für Leipzigs Kleiderordnung (1.im wettinischen Sachsen überhaupt) klar auf die Predigten des Busspredigers Johann von Capristran im Dezember 1452 zurückzuführen... eine klare Anti-Luxus-Regelung... die spätere Kleiderordnung aus L.E. ist leider nicht in Schriftform vorliegend... erst die um 1504 ist wieder dokumentiert und bezieht sich fast vollständig auf die von 147... (kleine Erhöhungen und Senkungen von Bussgeldern incl.)... überliefert sind diverse Übertretungen und entsprechende Gerichtsakten... je nach Geldbeutel haben sich wohl nicht alle der Bürger(innen) an die Regeln gehalten ;)
 
@ hummelchen: aber wenn es nicht gottgefällig ist sich mit tand zu behängen, dann haben die adeligen wohl was falsch gemacht und die bischöfe und anderen hohen kirchenämter auch :huh: außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass die menschen an den überlebenskampf gewöhnt waren und er zum alltag wurde wie unser job oder das einkaufen gehen. ich bin raus, ich merk schon ich kann nur verlieren und dann bin ich wieder der buh-mann der nix kapiert ;) tschüss
Heute, in einer aufgeklärten, gebildeten Welt, in der Kirchenrecht nicht mehr gleich weltliches Recht ist, ist das ja schön und gut zu bemerken, aber am Wort der Kirche zu zweifeln und damit quasi an Gottes irdischer Institution ist nicht nur den Menschen damals aufgrund ihrer fehlenden Bildung nicht möglich, sondern auch eine sehr sehr sehr unkluge Sache, wenn sie die Hölle vermeiden wollen. Ich glaube, manche im Bereich Mittelalter-Hobby unterschätzen gehörig den Faktor "Gläubigkeit" zu dieser Zeit. Ein armes, karges und trostloses Leben, das nur auf den (allzu früh daherkommenden) Tod zusteuert. Und die einzige Hoffnung ist das Himmelreich. Und das kann man nur erreichen, indem man sich an die Spielregeln hält. Wenn du weißt, dass du bald sterben wirst und du dich zwischen ewiger Verdammnis und dem Paradies entscheiden kannst, würdest du lieber rebellieren und machen, wonach dir der Sinn steht, oder würdest du einfach mitspielen? Und bedenke, dass Gott alles sieht und du ihn nicht betrügen kannst und das der Kirche Wort gleich seinem Wort ist. Und wenn du aufbegehrst, darfst du einfach nicht mehr mitmachen, sie schließen dich aus, du kannst keine Vergebung finden und deine Christenpflichten nicht mehr erfüllen und gehst damit zum Teufel. Und deine Liebsten womöglich gleich mit dir. Das sich fügen in Regeln und das konform gehen mit den ungeschriebenen Gesetzen der Gesellschaftsordnung, das Hummelchen hier schon so oft erwähnt, ist nicht zu unterschätzen. Als Aussenseiter hast du keine Chance auf Glück und oft ist es sogar notwendig für das nackte Überleben. Wer sich nicht fügt, der spielt mit seinem Leben. Das ist nicht wie heute, dass man da Unterstützung vom Staat kriegt, wenn man sich selbst verwirklichen will und zeitweise keinen Job hat, da ist nix mit Sparbüchern von den Eltern und Stiftungen, die den Individualismus fördern. Und deswegen wird Individualismus und Einzelgängertum auch von Kindesbeinen an als "Pfui" behandelt. Nicht, weil sie nicht drüber nachdenken würden, die Eltern. Nein, weil das ihrem Kind das Leben retten wird.
 
Danke Rotschopf, genau das versuche ich seit geraumer Zeit zu vermitteln :)
 
Da muß ich mal so gaanz vorsichtig widersprechen Zumindest für Norddeutschland / Sachsen 1. der Pastor hat immer Recht, ausser der Bauer sagt was anderes s. Vita Heinrichs des Stolzen, Lothar von Süplinburg, Heinrich der Löwe, Stedinger krieg, div Sachsenaufstände. 2. Gefärbte Stoffe bei Bauern, gefärbte Garne: s. Sachsenspiegel -online: Es wurde farblich passend getragen und kombiniert 3. Grob gewebte Wollstoffe, Leinenstoffe: man trug gern mal auch ein feineres Tuch und es war und ist anrüchig, wenn die "Angestellten" schlecht gekleidet rumlaufen $. Fellbesatz und Pelz ist was für Leute, die sich keine gewebten Stoffe leisten können oder solche Barbaren, wie die Franken welche sind -> Sachsnspiegel
 
ist nicht von mir, ist von Eike von Repgow, dem Verfasser des Sachsenspiegels nach der Abschrift aus Celle von 1369?, bei dem fränkisches Recht für Leute mit Fell/Pelz an der Kleidung gilt ! ;-). Aber irgendwo hat der ja auch recht, oder?
 
2. Gefärbte Stoffe bei Bauern, gefärbte Garne: s. Sachsenspiegel -online: Es wurde farblich passend getragen und kombiniert
Vorsicht ... und wieder wird mit modernem Denken interpretiert. Die Farben im Sachsenspiegel geben keineswegs die reelle Kleidung der gezeichneten Personen wieder, sondern sind Teil eines Chiffresystems, mit dem den Leseunkundigen gesagt wird, welche Personen zusammengehören, sprich, die Kleiderfarben dienen als Identitätszeichen, als Ausdruck von Verwandtschaft oder zur Kennzeichnung von Amtsträgern. Z.B. werden lehensrechtliche Beziehung und Sachverhalte in grün dargestellt. Über den Personen in grün stehen diese in Rot und so weiter ... (Quelle: Der Sachsenspiegel in Bildern / Dr. W. Koschorrek, Uni Heidelberg / S. 13 ff)
 
"Fellbesatz und Pelz ist was für Leute, die sich keine gewebten Stoffe leisten können" Nun ja, wir reden hier auch nicht von Schafsfell oder Wildschweinborsten, sondern von Hermelin, Fuchs, Zobel, Edelmarder usw.
 
Genauu, am purpurroten Seidenen Krönungsmantel OttoIV ist kein Hermelinbesatz wie an anderen Mänteln dieses Zeitrahmens für Kaiser üblich. Ein wenig Goldstickerei ist allerdings vorhanden ;-) Dieser Mantel sieht richtig gut aus, aber Fell, und auch Hermelin ist Fell, ist da nicht dran. Und dieser Mensch war ein Machtmensch, der auch seinen Anspruch auf den Thron zeigen und demonstrieren wollte.
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http://www.braunschweig.de/kultur_t...hichte/welfengeschichte/kaiserstadt_otto.html Und wenn der Kaiser keinen Pelz trägt, ist das wohl für andere auch nicht schicklich
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das ganze bringt mich wieder zum Anfang 1 Welche Region Die Bauern lebten in jeden Land anders, weil die Umstände andere waren, man kann keinen Bauern aus dem Land der Staufer mit einen Bauern in Yorker Umland vergleichen. 2 Welches Zeitfenster Die Kleidung im Zeitraum 1180-1220 Unterscheidet sich zum Zeitraum 1380-1420 3.Der Stand bzw. Gilden Zugehörigkeit und Stadt und Land ist ebenso wichtig. Maciejowski Bibel (Frankreich, um 1250) Ist dies jetzt eine Primär oder Sekundär oder keine Quelle das sollte jeder für sich klären. :ups
 
Abgesehen davon, das es "die Bauern" die meiste Zeit des Mittelalters garnicht gab. Denn zwischen Leibeigenen, Hörigen, zinspflichtigen und freien landbearbeitenden Menschen gabs ja doch Unterschiede. Und auch sehr viele "Landadlige" konnten wohl mit der Mistgabel besser umgehen als mit dem Schwert.
 

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