Ich möchte an dieser Stelle auch meine 2 Cent als bekennender Waagenfetischist dazu geben. Ich bitte Dich, das nicht als böswillige Kritik zu verstehen, sondern als Angebot zur Hilfe von jemandem, der schon mehrere Originalwaagen und -gewichte begutachten durfte und auch mehrere Silberschätze untersucht hat. Deine Idee finde ich nämlich sehr gut. Ich muss Nemi zustimmen, ich glaube, dass das mit dem Abwiegen von modernen Münzen nach hinten losgehen kann. Einzige Lösung wäre für den Show-Effekt, sich mehrere Gewichte für die einzelnen Euro- und Centmünzen aus Zinn/Bleizinn selber zu gießen. Dann erst den Kunden das Geld in die Waage legen zu lassen und die entsprechenden Gewichte in die andere Waagschale zu legen. - Dann macht das bestimmt ordentlich Eindruck. Oder eben einzelne Münzen abwiegen, um sie auf ihre "Echtheit" zu prüfen. Ich denke, dass das wirklich gut bei Marktbesuchern ankommt. Mit den wikingerzeitlichen Tatsachen hat das allerdings nur wenig zu tun. Wie Nemi und andere schon geschrieben haben, bist Du mit 920 mitten in der Gewichtsgeldwirtschaft. Wenn Du also mit Silber bezahlen lässt, kommt es auf zwei Dinge an: 1. Reinheit des Silbers 2. Gewicht des Silbers Die Reinheitsprüfung war offensichtlich Erfahrungssache und wurde durch Biegen / Einritzen / Einstechen / Enkerben und in der Folge offensichtlich durch Farbprüfung des Metalls durchgeführt. Probiersteine sind ebenfalls eine Möglichkeit, die auch nachweisbar ist. Denkbar ist außerdem die Prüfung des Gewichts im Verhältnis zur Größe des Stücks (hier kommt wieder die Waage ins Spiel). Zu allen diesen Methoden viel Erfahrung. Sehr viele der Silberfragmente aus wikingerzeitlichen Schatzfunden, die offensichtlich am Zahlungsverkehr teilgenommen haben, wiegen teilweise deutlich unter einem Gramm. Ob mit diesen nun alleine bezahlt wurde oder ob sie dazu dienten, das Gewicht einer größeren Menge Silbers zu ergänzen, kann im Einzelfall nicht entschieden werden. Eine Sache wird dadurch aber sehr deutlich: Die Waagen der Wikingerzeit haben definitiv Meßgenauigkeiten von midestens Zehntelgramm gehabt. Mein eigener Waagennachbau zeigt das auch (die Skjoldmuswaage). Was bei meiner Waage die Messgenauigkeit etwas herabsetzt, ist dass die Waagschalen etwas dicker sind als bei den Originalen und die kleine Waage (Gesamtbalkenlänge von 14 cm) eigentlich nicht für den Gebrauch mit Ketten gedacht ist. Die Ketten kommen eigentlich (mit der Ausnahme eines frühen Klappwaagentyps) erst etwa ab dem 11. Jahrhunderts in Mode. Zu einem Zeitpunkt als die Waagen deutlich größer werden und offenbar die Messgenauigkeit eine geringere Rolle zu spielen beginnt. Egal ob frühe oder späte Waage mit Kette. Sobald Ketten ins Spiel kommen, sind die Waagarme immer deutlich länger als bei den kettenlosen Waagen. Die Blechstärke der originalen Waagschalen, die ich bislang gesehen habe, liegt bei maximal 0,5 mm. Genau deswegen wurden Klappwaagen in separaten Beuteln oder Metalletuis aufbewahrt. Die Waagschalen selbst als Etui zu verwenden, klingt zwar erstmal plausibel, wurde aber während der Wikingerzeit nicht gemacht. - Dafür waren die Instrumente deutlich zu wertvoll und empfindlich. Bei Deiner Waage ist mir aufgefallen, dass die Waagarme beide herunterhängen. Das minimiert deutlich die Messgenauigkeit der Waage. Außerdem sind Deine Waagarme aus dickem Blech, wenn ich das richtig sehe. Das ist eine spätmittelalterliche bzw. neuzeitliche Entwicklung, die bei wikingerzeitlichen Waagen nicht vorkommt. Verstehe mich bitte nicht falsch: Ich habe großen Respekt vor Deiner handwerklichen Leistung. Aber wikingerzeitliche Waagen waren hochpräzise Messinstrumente, die auch entsprechend ausgeklügelt und fein gearbeitet waren. - Deine Waage geht in diese Richtung, aber erreicht das noch nicht ganz. Eine andere Alternative wäre auch eine Balkenwaage ohne Gelenke (muss es hier mal loswerden: Es heißt
nicht Balkanwaage...
), die sind ebenfalls belegt. Streng genommen sind auch Klappwaagen Balkenwaagen. Was Gewichte angeht, muss man deutlich zwischen den runden Kugelzonen- bzw. eckigen Kubooktaedergewichten und anderen Gewichten z.B. aus Blei-Zinnlegierungen unterscheiden. Die Kugelzonen- und Kubooktaedergewichte bestehen bis ins 11. Jahrhundert aus Eisen und sind mit einem hauchdünnen Bronzemantel überzogen. Erst danach werden die Gewichte komplett aus Bronze hergestellt. (Dabei ist der Begriff "Bronze" eigentlich verkehrt, da es sich während der Wikingerzeit nicht um Kupfer-Zinn-Legierungen, sondern zumeist um Kupfer-Zink-Legierungen handelt. Modern gesprochen, handelt es sich also am ehesten um Messing.) Die Kugelzonen- und Kubooktaedergewichte sind dabei deutlich normiert und orientieren sich am islamischen Gewichtsdirham, entweder in Bruchteilen oder dem Vielfachen desselben. Dabei repräsentieren die Kubooktaeder die leichteren Gewichte, während größere Einheiten nur von Kugelzonen gebildet werden. Die meisten erhaltenen Gewichte liegen deutlich unter 40 Gramm. In den meisten komplett erhaltenen Gewichtssätzen liegen die schwersten Gewichte um etwa 40 Gramm. Die schwersten Gewichte liegen bei etwa 100 Gramm oder knapp darüber. Kenntlich gemacht wurden die unterschiedlichen Einheiten durch Punkte auf den breiten Flächen beider Gewichtsformen. Hierbei zählte offenbar die Gesamtsumme der Punktzahl der beiden gegenüberliegenden Seiten auf den Gewichten. Vergleicht man die Anzahl der Punkte verschiedener Gewichtssätze miteinander wird deutlich, dass dieselbe Punktzahl nicht für ein bestimmtes Gewicht stand, sondern den Wert innerhalb eines vollständigen Gewichtssatzes angab. Gewichte aus unterschiedlichen Gewichtssätzen waren also nicht einfach austauschbar. - Entsprechend wurde ein Gewichtssatz komplett hergestellt. Wollte man ein Gewicht ergänzen, musste man dies individuell herstellen lassen. Genau genommen, brauchst Du eigentlich Eisengewichte mit Messingmantel. Weil man aber ohne Vergleich nicht sieht, ob ein Gewicht einen Eisenkern hat oder nicht, reicht Messing. Bei meinen Gewichten ist es auch so. - Aber eines Tages suche ich mir den passenden Handwerker.
Die Gewichte vom Podol sind eine gute Alternative. Dabei sollte man sich aber bewusst sein, dass sie so ähnlich aussehen wie Gewichte der Wikingerzeit, aber die flachen Seiten wölben sich nach innen, die Muster sind sehr nachlässig ausgeführt oder fehlen da, wo welche hingehören (der Kubooktaeder). Und es sind verschiedene Zeiten in dem Gewichtssatz vertreten. Nichts gegen das Angebot von Maik und Steffi, ich bestelle wirklich gerne bei den beiden. Aber der Gewichtssatz ist nicht so richtig der Treffer. Andererseits gibt's im Netz z.Zt. nichts anderes vergleichbares. Es würden sich drei Alternativen für Dich bieten: Entweder selbst aus Messing feilen und punzieren oder in Auftrag geben. Die andere Variante sind Blei-Zinngewichte, die Du Dir selber gießt. Diese Gewichte sind ebenfalls nachgewiesen und lassen gleichzeitig eine größere Vielfalt zu. Was 40 Gramm Silber als gewöhnliches Zahlungsmittel angeht, sprechen die Waagen und Gewichte schon selbst dagegen. Wenn 40 Gramm kein Problem gewesen wären, hätte man nicht derart fein wiegende Waagen gebraucht und größere Gewichte wären deutlich häufiger vertreten gewesen. Außerdem hätte man Silber nicht so klein geschnipselt, wie es häufig gefunden wird. Selbst die meisten Dirhamfunde der Wikingerzeit sind meistens zerschnitten und treten sogar in Depotfunden meistens nur selten komplett erhalten auf. Denn wie Isleif schon richtig geschrieben hat, liegt der Dirham bei etwa 2,8 Gramm (Ausnahmen bestätigen die Regel). Ab der ersten Jahrtausendwende werden die Dirhams in Skandinavien zudem durch westeuropäische Münzen ersetzt und die wiegen etwa 1 Gramm. Und selbst die wurden häufig genug noch zerschnitten. Wenn man regelhaft mit größeren Gewichtsmengen Silber bezahlt hätte, wäre das wohl kaum passiert. Prinzipiell hast Du mit Deiner Annahme, was das Vorherrschen von Dirhams um 920 im Ostseeraum angeht recht. Der Dirham von Isleif aus dem Jahr 776 unterscheidet sich von den jüngeren Dirhams des 9. und 10. Jahrhunderts nur durch sein Prägebild (und den Silbergehalt von den ganz späten Dirhams). Das Gewicht bleibt annähernd dasselbe. Außerdem wird der 776er Dirham höchstwahrscheinlich erst mit dem Einsetzen der Silberströme im 9. Jahrhundert in den Norden gekommen sein. Neben den Dirham kursierten im Norden aber auch vereinzelte europäische Münzen. Die englischen Pennies kannst Du also ruhig benutzen. Bei dem "Silber"-Münzsatz aus dem englischen Shop solltest Du allerdings aufpassen. Zum einen sind da Münzen unterschiedlicher Zeiten drin. (Was kein Problem ist, wenn sie älter als Dein Darstellungszeitraum sind.) Aber der Dirham ist im Verhältnis zu den europäischen Münzen deutlich zu klein. In Ribe war letztes Jahr ein Händler aus Deutschland, der Abgüsse von originalen Dirhams des 9. Jahrhunderts verkauft hat. Vielleicht kann Dir jemand hier im Forum weiterhelfen, der weiß wer das war. Vielleicht konnte ich Dir ein bisschen weiterhelfen und bin gespannt, wie sich Dein Projekt weiterentwickelt. Beste Grüße