Das scharfe Schwert

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Hallo zusammen, ihr habt ja schon einiges zum Thema zusammengetragen, deshalb hier nur ein Nachtrag aus einer etwas "anderen" Sichtweise, nämlich aus Sicht der Rechtsmedizin: Es gibt im Mittelalter ein Ereignis, daß alles bisher da gewesene übertroffen hat, und zu einem Aufschrei im ganzen Reich geführt hat. Gemeint ist die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert v. Berg am 7.Nov. 1225. Walther v. d. Vogelweide betrauerte z.B. in seinem "Engelbert Preis" diese Tat und verflucht den Mörder Friedrich v. Isenberg mit den Worten: Swes leben ich lobe, des tôt den wil ich iemer klagen. sô wê im der den fürsten habe erslagen von kölne! Was macht diesen Mordfall so besonders und einzigartig ? Zunächst einmal ist die Ermordung des zur damaligen Zeit höchsten Kurfürsten und kaiserlichen Ratgebers schon ein Novum. Erst Thomas Becket konnte knapp hundert Jahre später die traurige Nachfolge antreten... Das für mittelalterliche Verhältnisse wirklich Aussergewöhnliche ist aber die detaillierte Tatbeschreibung zeitnah nach dem Mord! Bereits im September 1226 gab der Kölner Erzbischof Heinrich v. Molenark dem Zisterzienser Caesarius v. Heisterbach den Auftrag die "Vita Engelberti" zu verfassen. Und weil das Ereignis so frisch war, detaillierte Verhörprotokolle vorlagen (einer der Täter, ein gewisser Tobias, war Schreiber und hat sein Gewissen erleichtert...)und auch noch Zeitzeugen lebten konnte Caesarius aus dem vollen schöpfen und schuf damit einen Kriminalfall par excellance. Das nur als Vorgeschichte. Aber was hat das mit Schwertschärfe etc. zu tun. Ganz einfach: es gibt einen detaillierten Tatbericht und es gibt auch eine Leiche. Der Tote wurde nämlich nach der Tat aus Konservierungsgründen skelettiert und, da bereits ein Heiligsprechungsverfahren eingeleitet war, mit der nötigen Ehrfurcht bewahrt. Im jahre 1978 wurde im Rahmen einer Reliquienentnahme der Schrein im Kölner Dom geöffnet und bei dieser Gelegenheit die Gebeine rechtsmedizisch untersucht. Ich habe 1995 für eine Veröffentlichung eine Deutung dieser Befunde geschrieben und anhand der Obduktionsphotos die Verletzungsspuren mit dem Caesarius- Bericht verglichen. Tenor: neben dem üblichen mittealterlichen Geschwafel sind alle Spuren mit dem Bericht des Caesarius zu vereinbaren und damit liegt uns eine aussergewöhlich authentische Quelle vor wenn es um Hieb- und Stichverletzungen geht. Und damit: es hat sich um "scharfe" Schwerter gehandelt (ob nun bis zur Hälfte oder nicht) da ganze Extremitäten sauber und scharf abgetrennt wurden. Auch am Schädel finden sich neben den üblichen Defekten mit Berstungsbrüchendurch Streitäxte auch Knochen- Abtrennungen die nur mit einer scharfen Klinge und mit hoher Gewalt erklärbar sind, also durch ein Schwert. Und so beschreibt es auch Caesrius detailliert. Nur durch geschärfte Waffen konnten derartige Verletzungen entstanden sein, da bei stumpfer Gewalteinwirkung auch Bruchspuren zu finden sind. Bei Axtspuren sind ebenfals Bruchspuren vorhanden, da hier die beim Eindringen zunehmende Klingendicke den Knochen sekundär zum Bersten bringt. Caesarius beschreibt z.B. das die Dolche vor der Tat sogar noch extra geschliffen wurden. Wer also jetzt "Blut" geleckt hat und noch mehr zu diesem Mordfall erfahren möchte, kann sich gerne bei mir via PN melden L.G. Anno von Köln
 
Hi Anno, das ist ein interessanter Beitrag und er unterstreicht sehr schön, was hier vorher schon dargestellt wurde. Super geschrieben... Ich bin vor kurzem noch auf ein interessantes Bild gestoßen. Zwar etwas früher aber, wie ich finde, recht aussagekräftig. Quelle ist der Utrechter Psalter von ca. 820 n. Chr. Gruß Jannis
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Hi Anno, danke für den tollen Beitrag. Ich habe kürzlich ein Exemplar des Buches "Armour of Battle Visby" erhalten. Dort sind neben detailierten Funden auch die menschlichen Überreste der in der Schlacht Getöteten detailliert beschrieben und abgebildet (sowohl als original, wie auch als Skizze mit den deutlichen Spuren der Einwirkungen, die zum Tode geführt haben). Man kann daran auch sehr gut erkennen, wie die mittelalterlichen Waffen gewirkt haben und schon relativ eindeutige Rückschlüsse auf die Schärfe ziehen (wobei ich als Ungelernter, nicht mit der Rechtsmedizin Vertrauter, den Wahrheitsgehalt natürlich nicht nachprüfen oder bestätigen kann). Kennst Du, Anno, vielleicht dieses Buch und kannst uns etwas zu den Verletzungen sagen? Viele Grüße, Nik
 
...die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert v. Berg am 7.Nov. 1225. .... Erst Thomas Becket konnte knapp hundert Jahre später die traurige Nachfolge antreten...
Hallo Anno, ich denke, dass Dir hier ein Schreibfehler unterlaufen ist. Thomas Becket (Erzbischof von Canterbury und Kanzler von Henry II. von England) wurde am 29.12.1170 ermordet.
 
@ Hildegard: Oha, man sollte nicht schreiben wenn man müde ist ! :( Natürlich ist Becket im 12. Jhd. ermordet worden, ich glaub ich hatte da beim Schreiben noch die Lebensdaten des Anno im Kopf. Also klarer Fehler meinerseits und ein Hoch dem Forum, daß es interessierte Menschen gibt die es merken. Ich hoffe aber der Beitrag hat Dir trotzdem gefallen :D L.G. und Danke für dern Hinweis Anno von Köln P.S.: Der derzeitige Kölner Erzbischof begrüßte uns vor 2 Jahren zum Pontifikalamt am 1. Weihnachstag mit den Worten: "...begrüße ich Sie hier an diesem schönen Ostermorgen... :!: " Naja nach der Mitternachtsmesse noch müde und wenn dann noch vom Ministranten das falsche Gebetbuch vorgehalten wird.... Irren ist menschlich.
 
Hallöle, :bye01 ich hab doch glatt im Eifer des Gefechts das wichtigste vergessen: Man braucht sich doch nur die Originalschwerter anzusehen und kann sich dann ja selbst ein Bild davon machen, für wie scharf man die Klinge hält. Alle Original-Schwerter die ich bisher in der Hand hatte , egal aus welcher Epoche, waren jedenfalls scharf.( Auch das britisch-angelsächsiche Schwert aus meinem anderen Beitrag). Und an einem Richtschwert hab ich mich mal fürchterlich geschnitten, so scharf war das. Na, hoffentlich bringt das mal kein Unglück.... :huh: L.G. Anno von Köln
 
@ Anno, nein eher im Gegenteil ! Das Richtschwert hat Dich "gebissen" und Du lebst noch! Also wird Dir kein anderes Richtschwert was tun, denn es ist Dir nicht bestimmt, dadurch umzukommen/ die Götter wollen Dich nicht/ der Herr hält schützend seine Hand über Dich
 
Es gibt Berichte von Wikingern mit einem Hieb beide Beine ihres Gegners durchtrennt haben. Alle Techniken aus den Fechtbüchern lehren, dass man Sticht und schneidet mit einem Schwert. Der "Eisenknüppel" ist ein Mythos begünstigt durch den Mythos des übermächtigen japanischen Katana und Galilieo-Testreihen bei denen ein Schwertkampfmeister erst mit einem scharfen Katana, und dann mit einem "Schaukampfritterschwert!" (kein Witz) beweisen wollte, dass man mit dem rohen mittelalterlichen Prügel nur Knochen brechen konnte. außerdem wehrt man ein Schwert eigentlich nicht, wie es das Dach-Ochs-Eber-Gedengel der heutigen Märkte lehrt, im 90° Winkel ab. Eben weil die scharfe Klinge dann hin ist. Ich empfehle hierfür Medieval Swordmanship von John Clements und ich glaube es gab da auch mal ein schönes Buch über die Auwertung der Verletzungen von der Schlacht von Wisby dessen Name mir leider gerade nicht einfallen will. Beide Bücher aber nur in englisch. Ich muss jetzt leider 'nen Zug erwischen, aber ich such mal das Wochenende die Fakten aus ersteren Buch raus. Ach eins fällt mir noch ein. Die Buchreihe von Herbert Schmid "Schwertkampf" Band 1 und 2
 
@Wilfried: Hurra ich bin gerettet!!!!:thumbsup: Danke Dir Wilfried ! :knuddel L.G Anno von Köln
 
@Wilfried: Hurra ich bin gerettet!!!!:thumbsup: Danke Dir Wilfried ! :knuddel L.G Anno von Köln
Lieber Anno Köln, alleine davon, das Richtschwert in die Hand genommen zu haben, wurdest du zum Unehrlichen, hast Stand und Ehre verloren und nun ist nix mehr mit "von". :zunge
 
@Ulf: Ich sitze doch an der Quelle: ein Weihwasserbad "mittelwarm" das Kruzifix geküsst, gebeichtet und etwas Weihrauch geraucht und schon ist die Sache geritzt! :D Der Herr wirds schon richten...An Gottes Segen ist alles gelegen.... :angel1 Liebe Grüße aus dem Dom Anno von Köln jetzt wieder rehabilitierter Erzbischof :thumbsup:
 
@Anno von Kölln Ich dachte immer Geistliche dürfen nur stumpfe Waffen in die Hände nehmen weil sie kein Blut vergießen dürfen. :D Also, Finger weg von den Schwertern und die :keule1 ausgepackt.
 
@ der Söldner :bye01 aber klar doch ! Und die zweite Regel lautet: Kein Alkohol am Bischofsstab ! :D Nur Messwein cum spiritus sanctus... das ist Weißwein mit nem doppelten Doppelkorn....:D L.G Anno von Köln der Heute echt den Schalk im Nacken hat...Naja, Dienst macht doof P.S.: Hallo Bruno: Ich versuche mich gleich mal an der Übersetzung Deines Textes.... :thumbup:
 
Also anhand der Knochen usw. kann man schon etliches ersehen was auf die Tatwaffen bei Morden schließen lässt.Da wird der Anno schon recht behalten. Hierzu habe ich schon mit Prof Reiter von der Wiener Rechtsmedizin einige interessante gespräche geführt.Und bei uns auf der Gerichtsmed sehen wir ja auch immer wieder mal solche fälle. Sag Anno bist du Pathologe?
 
@Renatus: Nö, Pathologe bin ich nicht, habe aber 8 Jahre in der Rechtsmedizin gearbeitet. Jetzt widme ich mich den "gerade" noch Lebenden. Aber man kann halt wirklich viel an Knochenfunden ablesen und im Fall Engelbert ist jede kleine Scharte an den Verletzungen zu erkennen und auch dem Tatwerkzeug zuordnen. Und im Einklang mit dem Caesarius-Bericht ist das besonders spannend, weil quasi jeder Verletzung auch ein Täter zugeordnet werden kann. Apropos: es gibt da noch einen interessanten Beitrag vo meinen alten D´dorfer Dozenten Bonte und Pieper (der mit dem Neandertalerschädel...)im Ausstellungskatalog " Der Sassenspeyghel" über rechtsmedizinische Untersuchungen an Hingerichteten des MA. Werde ich vielleich mal bei Gelegenheit und Interesse was dazu schreiben. ;) L.G. Anno von Köln P.S.:Renatus, wenn Du weitere Fragen hast melde dich mal per PN, ich glaube wir könnten da einigen Gedankenaustausch betreiben...:whistling:
 
@ Ich hoffe aber der Beitrag hat Dir trotzdem gefallen :D L.G. und Danke für dern Hinweis Anno von Köln P.S.: Der derzeitige Kölner Erzbischof begrüßte uns vor 2 Jahren zum Pontifikalamt am 1. Weihnachstag mit den Worten: "...begrüße ich Sie hier an diesem schönen Ostermorgen... :!: " Naja nach der Mitternachtsmesse noch müde und wenn dann noch vom Ministranten das falsche Gebetbuch vorgehalten wird.... Irren ist menschlich.
Der Beitrag hat mir gut gefallen, Anno! Und für solche Hinweise is das Forum ja da. Mehr kann ich zu diesem interessanten Thema eh nicht beitragen.
 
@Hildegard; ich tu was ich kann .... und es macht Spaß :D Jeder gibt was er kann und irgendwann wird jedes noch so kleine Steinchen eine strahlende Kathedrale ergeben.... ^^ Anno von Köln
 
Es gab 2 thomas Beckett
??? ?( ??? Was möchtest Du uns damit sagen, Wilfried? Wahrscheinlich steh ich grad tierisch auf dem Schlauch und versteh den Witz nicht - aber Anno und Hildegard sprechen doch offensichtlich über ein und dieselbe Person.
 
Der eine thomas becket wurde 1170 ermordet, der andere Thomas Beckett wurde hingerichtet, weil er sich dem König bei der Abspaltung der anglikanischen Kirche widersetzte. Beides Bischöfe von Canterbury :). Anno und Hildegard sprechen vom 2.
 

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